Verflixte Gastfreundschaft
| Film | |
| Titel | Verflixte Gastfreundschaft |
|---|---|
| Originaltitel | Our Hospitality |
| Produktionsland | USA |
| Originalsprache | Englisch |
| Erscheinungsjahr | 1923 |
| Länge | Längste Fassung: 75 Minuten |
| Altersfreigabe |
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| Stab | |
| Regie | Buster Keaton Jack G. Blystone |
| Drehbuch | Clyde Bruckman Jean C. Havez Joseph A. Mitchell |
| Produktion | Joseph Schenck Buster Keaton |
| Kamera | Elgin Lessley Gordon Jennings |
| Besetzung | |
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Verflixte Gastfreundschaft (Originaltitel: Our Hospitality, Alternativtitel: Bei mir - Niagara) ist eine US-amerikanische Stummfilm-Westernkomödie von und mit Buster Keaton aus dem Jahr 1923. Hier setzte Keaton sein Bemühen um eine glaubwürdige Geschichte, in den Verlauf der Handlung eingebaute Gags sowie historische Authentizität erstmals konsequent um. Die Komödie stand somit im Gegensatz zu den allermeisten der damaligen Slapstick-Komödien und gilt daher in der Entwicklung der Filmkomödie als besonders bedeutsam.[1]
Handlung
Ein kleines Südstaaten-Dorf im Jahr 1810: Zwischen den Familien McKay und Canfield herrscht seit langem eine Blutfehde, bei der niemand mehr weiß, wie sie einst begonnen hatte. Eines Nachts erschießen sich der Vater des einjährigen William McKay und der verfeindete James Canfield gegenseitig. Williams Mutter möchte nicht, dass ihren Sohn dasselbe Schicksal ereilt, und zieht deshalb mit ihrem Kind in das weit entfernte, noch provinziell wirkende New York.
Zwanzig Jahre später: William, dessen Mutter inzwischen gestorben ist, lebt noch immer in New York und ist volljährig geworden. In einem Brief wird ihm der Besitz der Familie McKay übertragen. Weil William von seiner Tante nur einen groben Überblick von der Blutfehde erhalten hat, reist er weitgehend unbedarft in die Heimat seiner Familie, um sein Erbe in Anspruch zu nehmen. Während der turbulenten Zugfahrt verliebt er sich William in seine Sitznachbarin Virginia, von der er nicht ahnt, dass sie die Tochter der feindlichen Familie Canfield ist. Virginia wiederum weiß nichts über Williams Herkunft und lädt ihn zum Abendessen in das Haus ihrer Familie ein.
Doch sinnt Virginias Vater Joseph, Bruder des einst von Williams Vater erschossenen James Canfield, noch immer auf Rache an den McKays. Er hat auch Virginias Brüder Clayton und Lee in diese Hinsicht erzogen. Bald nach seiner Ankunft spricht William zufällig einen der Canfield-Söhne an und verrät seine Identität. Die Canfields treffen Vorbereitungen, ihn zu töten, während William ahnungslos durch das Dorf schlendert. Sein Erbe stellt sich zu seinem Leidwesen als wertlose Hütte heraus, die nach zwanzig Jahren ohne Bewohner baufällig ist.
Während Williams abendlichem Besuch im Haus der Canfields wollen Virginias Brüder ihn zunächst erschießen. Ihr Vater hält sie jedoch davon ab und verweist auf den Ehrenkodex der Gastfreundschaft: solange William Gast ist und das Haus nicht verlässt, darf er nicht angegriffen werden. William findet erst nach einiger Zeit heraus, dass es sich bei seinen Gastgebern um die Canfields handelt, nutzt aber dann den Familienkodex der Gastfreundschaft aus, um sich bei den Canfields dauerhaft einzuquartieren und damit am Leben zu bleiben. In einem unbemerkten Moment stiehlt er sich im Frauenkostüm aus dem Haus, woraufhin eine abenteuerliche Verfolgungsjagd mit den Canfields entbrennt.
Virginia versucht William zu helfen, fällt dabei allerdings in einen Fluss und droht einen Wasserfall herabzustürzen. Im letzten Moment rettet William ihr das Leben. Es gelingt William schließlich, die Fehde zu beenden, indem er Virginia – ohne Wissen ihrer Familie und unter Mithilfe des örtlichen Pfarrers – heiratet. Als Joseph Canfield von der Hochzeit seiner Tochter erfährt, gerät er in Wut, sieht dann jedoch an der Wand ein Schild mit dem Bibelzitat love thy neighbor („dt.: Liebe deinen Nächsten“, Levitikus) und willigt zum Frieden ein. Die Canfields legen schließlich die Waffen beiseite, wobei sich herausstellt, dass sich William fast mit dem gesamten Waffenkabinett der Canfields ausgestattet hatte.
Produktionsgeschichte

Die Geschichte um die Feindschaft zwischen den Familien „McKay“ und „Canfield“ wurde von der echten Familienfehde der McCoys und Hatfields inspiriert, die sich zwischen 1878 und 1891 in den Appalachen abspielte.
Im Film selbst spielt nicht nur Joe Keaton mit, der Vater Buster Keatons, der in vielen weiteren Filmen seines Sohnes mitwirkt. Keaton steht auch mit seiner damaligen Ehefrau Natalie Talmadge – welche die weibliche Hauptrolle verkörpert – zum einzigen Mal gemeinsam in einem Langfilm vor der Kamera (sie drehten auch zwei Kurzfilme, in denen Talmadge aber jeweils nur kurz auftrat). Weiterhin im Prolog zu sehen: Busters Sohn Joseph Talmadge Keaton, damals noch ein Baby, als der einjährige Willie McKay.
Während der Produktion erlitt Keatons Langzeitfilmpartner und Lieblingsbösewicht Joe Roberts einen Schlaganfall. Er konnte zwar nach mehreren Wochen Pause seine Rolle als Patriarch der Canfields noch zu Ende spielen, verstarb jedoch nur einen Monat nach Drehschluss an einem weiteren Schlaganfall.[2] Für das Szenenbild war Fred Gabourie zuständig.
Für Buster Keaton, der seinen Ruhm auch darauf aufbaute, die gefährlichsten Stunts selbst auszuführen, wurde es in dieser Produktion zweimal höchst gefährlich. So riss beim Dreh im Truckee River ein Draht, an dem Keaton zur Sicherheit festgebunden war. Er wurde von der Stromschnelle erfasst. Da der Kameramann die Anweisung hatte, weiterzudrehen, egal, was passiert, findet sich dieser Moment auch im fertigen Film. Risikoreich verlief auch der legendäre Stunt am Wasserfall: Der an einem Stück Seil festgebundene Willie McKay schwingt sich in dem Moment, als sie den Wasserfall hinabzustürzen droht, seiner Geliebten entgegen. Es gelingt ihm, sie an den Händen zu fassen und am sicheren Felsvorsprung abzusetzen. Die Geliebte wurde von einer Puppe gedoubelt und auch der Wasserfall auf dem Studiogelände nachgebaut. Dennoch schluckte Keaton, als er unter dem Wasserfall hing, so viel Wasser, dass sein Magen ausgepumpt werden musste.
Analyse
In seinem zweiten abendfüllenden Film (nach dem episodenhaft erzählten Three Ages) konzentrierte sich Buster Keaton erstmals auf die Handlung seiner Geschichte zugunsten einer Reduktion absurder Gags. Er war der Überzeugung, das Publikum würde einer Geschichte nicht mehr folgen, sollte ihm ein Gag unglaubwürdig erscheinen. Auch in späteren Filmen versuchte er, diesem Grundsatz treu zu bleiben: Im folgenden Sherlock, Jr. kommen zwar unmögliche Gags vor, doch nur innerhalb der geträumten Handlungsebene. Laut Jim Kline fällt Our Hospitality für eine Komödie streckenweise fast zu ernsthaft aus. Bezeichnend für den neuen Stil – in seinen Kurzfilmen bemühte er sich regelrecht um Absurdität und Übertreibung – ist der Prolog des Films. Die Feindschaft der beiden Häuser McKay und Canfield wird in einer betont tragischen Szene dramatisiert, die sich jedem Anflug von Komik verschließt. In der Verbindung von Komik mit ernst gemeinten, dramatischen Sequenzen folgt Keatons Verflixte Gastfreundschaft den kurz zuvor erschienenen Filmen The Kid (1921) von und mit Charlie Chaplin sowie Großmutters Liebling (1922) mit Harold Lloyd. Diese Filme waren mitverantwortlich dafür, dass sich die amerikanische Filmkomik zunehmend vom reinen Slapstick hin zu abendfüllenden Spielfilmhandlungen weiterentwickelte. Keaton selbst kommentierte über den Unterschied zwischen seinen Lang- und Kurzfilmen:
„Wir waren uns unserer Geschichten sehr bewusst. Wir lernten schnell, dass wir einen Spielfilm nicht so drehen konnten wie unsere Zweiakter; wir konnten keine unmöglichen Gags verwenden, die wir als „Cartoon-Gags“ bezeichneten, also Dinge, wie sie Cartoonfiguren durchleben. All das verloren wir, als wir begannen, Spielfilme zu drehen. Die Gags mussten glaubwürdig sein, sonst hätte die Geschichte nicht funktioniert.“[3]
Das Bemühen um Glaubwürdigkeit spiegelt sich auch in der authentischen Ausstattung des in den 1830er Jahren spielenden Films. Besonders auffällig dabei: Der originalgetreue Nachbau einer der ersten Dampflokomotiven im Linienverkehr, The Rocket. Wegen seiner ambitionierten Bildgestaltung zählt Our Hospitality zu Keatons am schönsten fotografierten Filmen.[4]
Kritiken
„Zweiter Langspielfilm von Buster Keaton, eine der köstlichsten Komödien der Filmgeschichte, voller genialer Gags, atemraubender Artistik und märchenhaft versponnener Poesie.“
Literatur
- Jim Kline: The Complete Films of Buster Keaton. Citadel Press, New York 1993, ISBN 0-8065-1303-9, S. 93–97 (englisch).
Weblinks
- Verflixte Gastfreundschaft bei IMDb
- Verflixte Gastfreundschaft. Der Film ist abrufbar im Internet Archive
Einzelnachweise
- ↑ Our Hospitality bei Turner Classic Movies (englisch, derzeit von Deutschland aus nicht zugänglich) unter „Articles“
- ↑ Our Hospitality. In: The International Buster Keaton Society. Abgerufen am 1. September 2025 (kanadisches Englisch).
- ↑ Our Hospitality. Abgerufen am 1. September 2025.
- ↑ Vgl. Jim Kline: The Complete Films of Buster Keaton. 1993, S. 94.
- ↑ Verflixte Gastfreundschaft. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 1. November 2016.