Venus de’ Medici

Venus Medici, Benennung in der Sammlung der Uffizien, Florenz[1]

Die Venus Medici ist eine in Florenz ausgestellte antike Statue vom Typus der Venus pudica, der schamhaften Venus. Sie wird auch Venus de’ Medici und im Italienischen Venere de’ Medici genannt.

Geschichte

Die Statue entstand im 1. Jahrhundert v. Chr. und gehört wie das mögliche Vorbild der Kapitolinischen Venus (Rom) in das Umfeld hellenistischer Umbildungen der Aphrodite von Knidos, deren Original um 350/40 v. Chr. von Praxiteles geschaffen wurde. Bei einer Höhe von 1,53 Meter ist die lebensgroße Statue aus Marmor 0,42 Meter breit und 0,56 Meter tief. Der separat angefügte Sockel trägt die (im 18. Jahrhundert hinzugefügte) Inschrift ΚΛΕΟΜΕΝΗΣ ΑΠΟΛΛΟΔΩΡΟΥ ΑΘΗΝΑΙΟΣ ΕΠΩΕΣΕΝ („Kleomenes, Sohn des Apollodoros aus Athen“).[1][2]

Die genaue Herkunft ist unbekannt, doch legt die früheste Erwähnung der Statue in einem der Manuskripte des neapolitanischen Antiquars Pirro Ligorio nahe, dass die Skulptur vor 1550 bei den Trajansthermen in Rom gefunden wurde.[3][4] Wohl bereits am Ende des 16. Jahrhunderts gelangte sie in den Besitz der Familie Medici; im Jahr 1638 wird sie erstmals gesichert erwähnt und ihr Standort in der Villa Medici in Rom dokumentiert.[5][6] Im August 1677 wurde sie von Rom nach Florenz geschickt, wo sie 1688 in der Tribuna der Uffizien Aufstellung fand.[7][6] Während dieses Transportes brachen Arme und Kopf sowie die Statuenstütze in Form eines kleinen Delphins, auf dessen Rücken zwei Eroten reiten.[8] Nach 1800 kam sie unter Napoleon für zwölf Jahre nach Paris und wurde im damals als Musée Napoléon bezeichneten Louvre gezeigt. Seit 1815 befindet sie sich unter der Inventarnummer 224 wieder in der Sammlung der Uffizien.[9]

Chemische Analysen des Objektes ergaben, dass das Haupt der Statue ursprünglich goldene Blätter zierten. Sie hatte rote Lippen und Ohrlöcher.[7]

Verwendung des Figuren-Typus in der Malerei

Nicht die Venus Medici, aber eine Statue dieses Typus war Vorbild für das berühmte Gemälde Sandro Botticellis (1445–1510) Die Geburt der Venus (um 1486). Ein Gemälde mit einer Darstellung der Tribuna in den Uffizien des deutsch-britischen Malers Johann Zoffany aus den 1770er Jahren, heute im Besitz der Royal Collection der britischen Königsfamilie, demonstriert das hohe Maß an Bewunderung, das der Venus Medici neben den anderen in der Tribuna der Uffizien präsentierten Werken zukam. Dass sich Reproduktionen der Statue in verschiedenen Materialien, auch in Porzellan, in bildungsbürgerlichen Haushalten bis weit ins 19. Jahrhundert höchster Beliebtheit erfreuten, beweisen die Verse aus der „Frommen Helene“ von Wilhelm Busch (1872), in denen ein Kater die auf dem Kamingesims aufgestellte Porzellanreplik der Venus Medici zum Absturz bringt: „Sehr in Ängsten sieht man ihn/ Aufwärts sausen am Kamin// Ach! - Die Venus ist perdü-/ Klickeradoms! - von Medici!“.[10][11]

Trivia

Eine Bronzekopie der Venus Medici aus dem 18. Jahrhundert gehörte zu den von Hermann Göring geraubten und in Carinhall aufbewahrten Kunstschätzen. Sie wurde zu Kriegsende im April 1945 im Großdöllner See versenkt, erst im Juli 1990 durch das Zentrale Kriminalamt der DDR geborgen und nach der deutschen Wiedervereinigung dem Eigentum des Bundes, organisiert in der Kunstverwaltung des Bundes, zugeordnet. Nach der Restaurierung durch die Werkstatt Haber & Brandner wurde sie 2012 im Foyer des Dienstsitzes Berlin des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) aufgestellt.[12][13] 2025 fand das Kunstwerk einen neuen Standort im Leipziger Grassi Museum für Angewandte Kunst.[14]

Literatur

  • Wiltrud Neumer-Pfau: Studien zur Ikonographie und gesellschaftlichen Funktion hellenistischer Aphrodite-Statuen. Habelt, Bonn 1982, S. 183–191.
  • Angelos Delivorias: Aphrodite Nr. 419. In: Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (LIMC). Band II, Zürich/München 1984, S. 53.
  • Brunilde Sismondo Ridgway: Hellenistic sculpture 1. The styles of ca. 331-200 B.C. Bristol Classical Press, Bristol 1990, ISBN 0-299-11820-7, S. 354 Tafel 179.
  • Martin Flashar in: Peter Cornelis Bol (Hrsg.): Die Geschichte der antiken Bildhauerkunst. Band 3. Zabern, Mainz 2007, S. 338–340, Abb. 342 a–b.
  • Dietrich Boschung: Die Rezeption antiker Statuen als Diskurs. Das Beispiel der Venus Medici. In: 'Schade, Rößler u. a.: Zentren und Wirkungsräume der Antikerezeption. Paderborn 2007, S. 165–175.
Commons: Medici Venus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b https://www.uffizi.it/opere/venere-dei-medici
  2. https://www.kollerauktionen.ch/de/96995-0005------1154-MARMORFIGUR-DER-VENUS-MEDICI_-1154_43679.html?RecPos=1
  3. Anna Schreurs: Antikenbild und Kunstanschauungen des neapolitanischen Malers, Architekten und Antiquars Pirro Ligorio (1513–1583). Walther König, Köln 2000, S. 255 ff.
  4. Dieter Boschung: Die Rezeption antiker Statuen als Diskurs. Das Beispiel der Venus Medici. In: Kathrin Schade, Detlef Rößler, Alfred Schäfer (Hrsg.): Zentren und Wirkungsräume der Antikerezeption. Paderborn 2007, S. 165–175, 165.
  5. Ersterwähnung 1638 in Rom
  6. a b Francis Haskell, Nicholas Penny: Taste and the Antique. The Lure of Classical Sculpture 1500–1900. New Haven und London 1998, S. 325.
  7. a b Pressebericht telegraph.co.uk
  8. Lucia Simonato: Joachim von Sandrart e il digitulus della Venere de' Medici. In: Leonarda Di Cosmo und Lorenzo Fatticcioni (Hrsg.): Le componenti del Classicismo secentesco: lo statuto della sculutura antica. Rom 2013, ISBN 978-88-98158-20-1, S. 277–315.
  9. Erwähnung bei virtualuffizi.com
  10. Wilhelm Busch: Die fromme Helene. In: Wilhelm-Busch-Seiten. Jochen Schöpflin, abgerufen am 28. März 2022 (deutsch).
  11. Manfred Papst: Die Venus ist perdü. Hrsg.: Neue Zürcher Zeitung. 18. Februar 2007, S. https://www.nzz.ch/articleEUDTH-ld.398208.
  12. Versunkene Venus aus dem Jagdschloss von Hermann Göring. In: kunst-denkmal-metall.de. 21. März 2012, abgerufen am 27. Mai 2025.
  13. Venus Medici. In: kunstverwaltung.bund.de. 8. Oktober 2024, abgerufen am 13. Juli 2025 (Beschreibung und Provenienz des Kunstwerkes).
  14. Grassi Museum: Neuzugänge, abgerufen am 17. Sept. 2025