Vasomotorik

Als Vasomotorik bezeichnet man die Regulation der Weite der Blutgefäße und damit auch der Durchblutung. Sie findet vor allem auf der Ebene der Arteriolen statt, über Veränderung des Tonus der glatten Muskulatur in der Tunica media dieser kleinen Arterien. Dabei kann sich der Tonus verringern, womit sich die Gefäße erweitern (Vasodilatation), oder erhöhen und die Blutgefäße verengen (Vasokonstriktion). Die Vasomotorik wird durch Nerven (nerval), aber auch durch Hormone (hormonell) und die Stoffwechselsituation (metabolisch) reguliert.[1]

Nervale Steuerung

Die nervale Steuerung der Blutgefäße erfolgt über das vegetative Nervensystem, genauer den Sympathikus. Die Erregung des Sympathikus bewirkt eine Gefäßverengung (Vasokonstriktion), eine verminderte Sympathikus-Aktivität eine Gefäßerweiterung (Vasodilatation). Die Blutgefäßnerven werden als Vasomotoren bezeichnet.[1] Die Steuerung des Gesamtsystems für die Gefäßverengung liegt in der Medulla oblongata, das entsprechende Nervenzellgebiet wird als Vasomotorenzentrum bezeichnet.[2]

Hormonelle Steuerung

Die hormonelle (Syn. humorale) Steuerung der Vasomotorik wird über Adrenalin, Noradrenalin, Histamin und Kinine realisiert. Bei Adrenalin ist die Wirkung dosisabhängig: Geringe Konzentrationen bewirken eine Vasodilatation, hohe eine Vasokonstriktion. Noradrenalin wirkt vasokonstriktorisch, Histamin und Kinine vasodilatatorisch.[1]

Metabolische Steuerung

Kommt es im Gewebe zu einer Übersäuerung (Azidose) oder zu einem Anstieg im CO2-Gehalt, werden eine Gefäßerweiterung und damit eine bessere Durchblutung ausgelöst. Bei einer Alkalisierung (Alkalose) wird die Durchblutung reduziert.[1]

Steuerung durch Ionen

Bestimmte Ionen haben einen Einfluss auf die Vasomotorik. Calciumionen wirken vasokonstriktorisch, Kalium- und Magnesiumionen vasodilatatorisch.[2]

Steuerung durch die Endothelzellen

Die Innenauskleidung der Blutgefäße, das Endothel, ist ebenfalls an der Steuerung der Vasomotorik beteiligt. Endothelzellen stellen Stickstoffmonoxid (endothelium-derived relaxing factor, EDRF), welches auf die Media stark vasodilatatorisch wirkt. Bradykinin, Histamin, Acetylcholin, Thrombin und Vasopressin steigern über die Stimulation der Guanylylcyclase und damit über einen erhöhten cGMP-Spiegel die EDRF-Produktion im Endothel. Auch Prostacyclin bewirkt eine Vasodilatation. Zudem bilden die Endothelzellen Endothelin-1 und Thromboxan A2, welche vasokonstriktorisch wirken.[3]

Störungen

Bei einer Schädigung des Rückenmarks kann es auch zum Ausfall des Sympathikus der entsprechenden Segmente kommen. Hierbei kommt es im betroffenen Dermatom unter anderem zu einer Vasodilatation mit Rötung der Haut.[4] Gleiches gilt bei Schädigungen des Grenzstrangs, die vor allem durch bösartige Tumoren verursacht werden.[5] Bei Nervenschädigungen wie dem diabetischen Fußsyndrom kommt es zur Störung der Vasomotorik mit Rötung des Fußes, die sich im Stehen verstärkt. Zudem ist die Anpassung an Temperaturreize gestört.[6]

Bei nahezu allen Arten des Schocks führt die Übersäuerung des Gewebes zu einer Störung der Vasomotorik.[7]

Einzelnachweise

  1. a b c d Jürgen Zervos-Kopp: Anatomie, Biologie und Physiologie. Georg Thieme Verlag, 2. Auflage, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-13141352-9, S. 172.
  2. a b Reinhard Larsen: Physiologie des Herzens und des Kreislaufs. In: Springer eBooks. 2016, S. 646–663 doi:10.1007/978-3-662-50444-4_47.
  3. Christian Mueller-Eckhardt: Transfusionsmedizin: Grundlagen - Therapie - Methodik. Springer-Verlag, 2. Auflage, Berlin / Heidelberg 1996, ISBN 978-3-66210599-3, S. 55.
  4. Martin Trepel: Neuroanatomie: Struktur und Funktion. 8. Auflage, Elsevier Health Sciences, München 2021, ISBN 978-3-43706278-0, S. 314.
  5. Roland Schiffter: Neurologie des vegetativen Systems. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 1985, ISBN 978-3-64293269-4, S. 179.
  6. Roland Schiffter: Neurologie des vegetativen Systems. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 1985, ISBN 978-3-64293269-4, S. 269.
  7. Herbert Benzer, H. Burchardi, Reinhard Larsen, Peter M. Suter: Lehrbuch der Anästhesiologie und Intensivmedizin: Band 2: Intensivmedizin. 6. Auflage, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 1993, ISBN 978-3-64297183-9, S. 701.