Ungarn-Steppenbirkenmaus

Ungarn-Steppenbirkenmaus

Ungarn-Steppenbirkenmaus (Sicista trizona)

Systematik
Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria)
Ordnung: Nagetiere (Rodentia)
Unterordnung: Mäuseverwandte (Myomorpha)
Familie: Sminthidae
Gattung: Birkenmäuse (Sicista)
Art: Ungarn-Steppenbirkenmaus
Wissenschaftlicher Name
Sicista trizona
(Frivaldszky, 1865)

Die Ungarn-Steppenbirkenmaus (Sicista trizona) ist ein mit zwei kleinen Populationen auf dem Balkan verbreitetes Nagetier in der Gattung der Birkenmäuse. Diese galten noch bis 2016 als Synonyme der gewöhnlichen Steppenbirkenmaus (Sicista subtilis). Die Anerkennung als Art erfolgte vorwiegend aufgrund der abweichenden Konstruktion des männlichen Penisknochens.[1]

Merkmale

Diese Birkenmaus wird ohne Schwanz 54 bis 66 mm lang, die Schwanzlänge liegt bei 63 bis 95 mm und das Gewicht variiert zwischen 3,5 und 14,5 g. Damit ist das Tier der kleinste Vertreter seiner Gattung. Es sind 14 bis 16 mm lange Hinterfüße vorhanden. Die Fellfarbe kann oberseits dunkel-, hell- oder gelbbraun sein und die Unterseite ist je nach Fall heller oder nicht. Der schmale schwarze Aalstrich ist deutlich, wobei dieser oft von hellerem Fell begrenzt wird. Abhängig vom Alter der Tiere und von der Jahreszeit ist die Färbung unterschiedlich intensiv, wobei bei Jungtieren die gelben Anteile am deutlichsten sind. Der diploide Chromosomensatz enthält 26 Chromosomen (2n=26).[1]

Verbreitung

Der deutsche Trivialname des Tieres ist leicht missweisend, da das Typusexemplar im Umfeld der Stadt Cluj-Napoca gefunden wurde, die heute zu Rumänien gehört. Zur Zeit der Auffindung war die Region Teil des Königreichs Ungarn. Eine weitere kleine Population ist aus der Pannonischen Tiefebene im Osten des heutigen Ungarn bekannt. Laut IUCN wurden subfossile Überreste in Österreich, in der Slowakei und in Serbien gefunden. Die Ungarn-Steppenbirkenmaus lebt im Hügelland bei 80 bis 650 Meter Höhe. Das bevorzugte Habitat sind extensiv bewirtschaftete Weideflächen mit Gräsern und Heidekräutern. Auf Flächen, die öfter gemäht werden, wird die Population geringer. Eingestreute Sträucher oder Disteln, die Rinder, Pferde und Schafe dazu zwingen Stellen mit hohem Gras zu hinterlassen, sind vorteilhaft. Typisch für die Landschaft sind Gräser der Gattung Schwingel und Vertreter der Gattung Artemisia. Auch Wiesen mit Reitgräsern werden besucht.[2][1]

Lebensweise

Die Ungarn-Steppenbirkenmaus erwacht nach fünf Monaten Winterschlaf Ende März. Sie ist nachtaktiv und hüpft mit den Hinterbeinen. An Regentagen reicht die Aktivität bis zu den frühen Abend- und späten Morgenstunden. Bei zu großer Hitze wird im Sommer zeitweilig ein Zustand eingenommen, der Torpor gleicht. Die Exemplare verstecken sich oft in Hohlräumen zwischen Wurzeln oder Löchern in Totholz, die andere Tiere geschaffen haben. Die Paarung findet meist Anfang Mai statt. Ein unter Beobachtung stehendes Weibchen war 21 Tage trächtig und der Wurf enthielt vier Nachkommen. Auch von der eigentlichen Steppenbirkenmaus gibt es nur einen bekannten Wurf im Jahr 2021 im Zoo von Budapest. Die Jungtiere öffneten ihre Augen nach 7 bis 16 Tagen und am 25. Tag verließen die ersten ihr Versteck. Die Mutter hatte ein Nest aus trockenen Gräsern und anderen Pflanzen angelegt.[2][1]

Diese Birkenmaus jagt intensiv Raupen der Schmetterlinge Schachbrett und Feuriger Perlmuttfalter. Diese werden mit Larven anderer Insekten, mit Spinnentieren und mit Früchten komplettiert. Exemplare in Gefangenschaft fraßen auch Sonnenblumenkerne und Samen von Disteln. Manche Tiere legten Lager an und andere nicht.[1]

Die Ungarn-Steppenbirkenmaus kann sich im hohen Gras pro Stunde 100 Meter weit bewegen und bis zu 40 Zentimeter lange Sprünge ausführen. Dabei erreicht sie nur eine geringe Höhe. Das zeitweilige Auftreten von vielen Exemplaren auf einer kleinen Fläche legt nahe, dass eine gewisse soziale Organisation vorhanden ist. Manche Tiere waren in Gefangenschaft aggressiv zueinander und andere nicht.[1]

Gefährdung

Bis etwa 1950 war die Ungarn-Steppenbirkenmaus sehr zahlreich. Nach intensivem Einsatz von Pestiziden verschwand sie aus etwa 98 Prozent ihres vorherigem Territoriums. Die Bestände der 2020er Jahre leben meist in Schutzgebieten und auf naturnahem Farmland. Das invasive Beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia) bedroht die Population, auch wenn jeder Grundstücksbesitzer in Ungarn zur Beseitigung verpflichtet ist. In Ungarn ist nur eine 60 Hektar große Fläche inoffiziell als "Birkenmaus-Reservat" ausgewiesen. In Rumänien sind die geeigneten Habitate etwas größer und die Größe aller Reviere zusammen wird auf 84 km² geschätzt. Die IUCN listet die Art als stark gefährdet (endangered).[2]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Don E. Wilson, Thomas E. Lacher Jr., Russell A. Mittermeier (Hrsg.): Handbook of the Mammals of the World. Volume 7 - Rodents II. Lynx Edicions, 2017, ISBN 978-84-16728-04-6, S. 46–47 (englisch, Sicista trizona).
  2. a b c Sicista trizona in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2024. Eingestellt von: Cserkész, T., 2023. Abgerufen am 28. August 2025.