Ulrich Rüger

Ulrich Rüger (* 5. April 1941 in Dortmund) ist ein deutscher Arzt, Facharzt für Psychiatrie sowie Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Er war von 1986 bis 2007 Professor für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Georg-August-Universität Göttingen und Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG).

Leben

Nach dem Abitur am Gymnasium Adolfinum in Moers begann Rüger 1960 das Medizinstudium an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Nach dem Physikum 1962 setzte er sein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München fort und schloss es dort 1966 mit dem Medizinischen Staatsexamen ab. Im selben Jahr wurde er mit einer Arbeit über „Psychische Faktoren bei Asthma bronchiale“ zum Doktor der Medizin promoviert.[1]

Nach zweijähriger Tätigkeit als Medizinalassistent und einem Jahr in der Inneren Medizin begann Rüger 1969 in Berlin seine psychiatrische und psychotherapeutische Facharztweiterbildung. Diese absolvierte er zunächst von 1969 bis 1970 in der Wiegmann-Klinik, danach von 1971 bis 1973 am Institut für Psychogene Erkrankungen der AOK Berlin bei Annemarie Dührssen und schließlich ab 1974 an der Psychiatrischen Klinik der Freien Universität Berlin bei Hanfried Helmchen.[2] Als Funktions-Oberarzt für den Bereich der Psychotherapie entwickelte er ein stationär-ambulantes Behandlungsmodell, dessen Wirksamkeit er wissenschaftlich überprüfte und das Grundlage seiner 1979 erfolgten Habilitation wurde.[3] 1982 stellten Helmchen, Linden und Rüger die konzeptuellen Besonderheiten einer Psychotherapie in der Psychiatrie dar und diskutierten deren Entwicklungsmöglichkeiten.[4]

Seine psychoanalytische Ausbildung absolvierte Rüger berufsbegleitend am Institut für Psychotherapie e. V. Berlin. 1979 wurde er dort zum Lehranalytiker ernannt.

1981 wurde er Professor für Psychotherapie und Psychosomatische Medizin an der gleichnamigen Abteilung der Psychiatrischen Klinik der FUB. 1985 nahm er den Ruf nach Göttingen (Nachfolge Hans-Carl Leuner) an. Einen weiteren Ruf auf den Lehrstuhl für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Nachfolge Annelise Heigl-Evers) lehnte er 1988 nach Bleibeverhandlungen ab. 2007 wurde er emeritiert. Seine Abschiedsvorlesung am 15. Juli 2007 hielt er zum Thema „Krankengeschichte und Lebensgeschichte – Die biographische Dimension im Menschenbild der Medizin“.[5]

Rüger war seit 1979 mit der Ärztin Anni Rüger verheiratet, die 2022 verstorben ist.

Ein Bruder von Ulrich Rüger ist der Mathematiker Bernhard Rüger.

Forschungsschwerpunkte

Rügers wissenschaftliche Schwerpunkte liegen in der Psychotherapie-Forschung,[3] der psychodynamischen Diagnostik[6] und Therapie,[7] der Krankheitsbewältigung (Coping)[8] sowie der Biografie-Forschung.[9] Gemeinsam mit Christian Reimer erörterte er ethische Probleme in der Psychotherapie.[10]

In der Amtszeit von Ulrich Rüger haben sich die folgenden Mitarbeiter habilitiert: Gerhard Schüßler (1990), Falk Leichsenring (1997), Henning Schauenburg (1998), Christoph Herrmann-Lingen (1998), Günter Reich (2000), Hermann Staats (2001), Eric Leibing (2002), Isa Sammet (2007).

Ausgewählte Aktivitäten

Ulrich Rüger hat 1992 den Arbeitskreis Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (OPD).[2] mitbegründet. Von 1989 bis 2004 war er Schriftleiter der Zeitschrift für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie[11] und von 2001 bis 2007 unabhängiger Sachverständiger im Unterausschuss „Psychotherapie“ des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (G-BA). Von 1994 bis 2010 gehörte er dem Kuratorium der Heigl-Stiftung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf an.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Rüger, U.: Stationär-ambulante Gruppenpsychotherapie – Ein langfristiges Behandlungsmodell. Springer, Berlin Heidelberg New York 1981.
  • Helmchen, H., Linden, M., Rüger, U. (Hg.): Psychotherapie in der Psychiatrie. Springer, Berlin Heidelberg New York 1982.
  • Rüger, U. (Hg.): Neurotische und reale Angst. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1984.
  • Rüger, U., Blomert, F., Förster, W.: Coping. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1990.
  • Rüger, U., Haase, J. Ch., Fassl, K., Schultze, C.: Göttinger Biographie-Inventar (GBI). Cuvillier Verlag, Göttingen 1996.
  • Arbeitskreis OPD (Hg.): Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik – Grundlagen und Manual. Hans Huber Verlag, Bern 1996.
  • Heigl-Evers, A., Heigl, F., Ott, J., Rüger, U.: Lehrbuch der Psychotherapie. Gustav Fischer, Stuttgart, 3. Aufl. 1997.
  • Reimer, C., Rüger, U.: Psychodynamische Psychotherapien – Lehrbuch der tiefenpsychologisch orientierten Psychotherapien. Springer, Berlin, Heidelberg 2000 ff.
  • Rüger, U.: Krankengeschichte und Lebensgeschichte. Universitätsverlag Göttingen 2009.
  • Rudolf, G., Rüger, U.: Psychotherapie in sozialer Verantwortung. Schattauer, Stuttgart 2016.
  • Rüger, U., Reimer, C.: Ethical Problems in Psychotherapy. In: H. Helmchen et al. (Hrsg.), Ethics in Psychiatry. Springer Nature B.V. 2025.

Einzelnachweise

  1. Ulrich Rüger: Psychische Faktoren bei Asthma bronchiale im Lichte einer triebexperimentellen Reihenuntersuchung mit dem Szondi-Test. Inaugural-Dissertation. Medizinische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München 1966.
  2. a b Hanfried Helmchen (Hrsg.): Geschichte der Psychiatrie an der Freien Universität Berlin. Pabst Science Publishers, Lengerich 2007.
  3. a b Rüger, U.: Stationär-ambulante Gruppenpsychotherapie – Ein langfristiges Behandlungsmodell. Springer, Berlin Heidelberg New York 1981.
  4. Helmchen, H., Linden, M., Rüger, U. (Hg.): Psychotherapie in der Psychiatrie. Springer, Berlin Heidelberg New York 1982.
  5. Rüger, U.: Krankengeschichte und Lebensgeschichte – Die biographische Dimension im Menschenbild der Medizin. Universitätsverlag Göttingen 2009.
  6. Arbeitskreis OPD (Hg.): Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik – Grundlagen und Manual. Hans Huber Verlag, Bern 1996.
  7. Reimer, C., Rüger, U.: Psychodynamische Psychotherapien – Lehrbuch der tiefenpsychologisch orientierten Psychotherapien. Springer, Berlin, Heidelberg 2000, weitere Auflagen 2003, 2006, 2012.
  8. Rüger, U., Haase, J. Ch., Fassl, K., Schultze, C.: Göttinger Biographie-Inventar (GBI). Ein Verfahren zur deskriptiven Inhaltsanalyse biographischer Anamnesen. Cuvillier Verlag, Göttingen 1996.
  9. Rüger, U., Blomert, F., Förster, W.: Coping. Theoretische Konzepte, Forschungsansätze, Meßinstrumente zur Krankheitsbewältigung. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1990.
  10. Rüger, U., Reimer, C.: Ethical Problems in Psychotherapy. In: H. Helmchen et al. (Hrsg.), Ethics in Psychiatry. The International Library of Bioethics, Springer Nature B.V. 2025, S. 423–444.
  11. Editorial. Z Psychosom Med Psychother 2004, 50(4).