Tannheimer Tal

Tannheimer Tal

Blick vom Hahnenkamm ins Tannheimer Tal mit Nesselwängle, Haldensee, Grän und Tannheim

Blick vom Hahnenkamm ins Tannheimer Tal mit Nesselwängle, Haldensee, Grän und Tannheim

Lage Tirol, Österreich
Gewässer Berger Ache, Vils; Nesselwängler Ache, Warpsbach, Weißenbach
Gebirge Allgäuer Alpen
Geographische Lage 47° 30′ N, 10° 29′ O
Tannheimer Tal (Tirol)
Tannheimer Tal (Tirol)
Typ Hochtal, Hängetal
Höhe 1060 bis 1140 m ü. A.
Länge 20 km
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Tannheimer Tal, Blick vom Gipfel des Neunerköpfle nach Nordwesten, im Vordergrund liegt Tannheim.
Tannheimer Tal – Blick vom Wannenjoch (Kühgundkopf) auf Zöblen.
Tannheimer Tal im Winter

Das Tannheimer Tal ist ein etwa 1100 Meter hoch gelegenes Hochtal in den Tannheimer Bergen, einem Teil der Allgäuer Alpen im Tiroler Bezirk Reutte. Es ist ein linksseitiges Nebental des Lechtales von rund 20 Kilometern Länge mit breiter Talsohle.

Geographie

Lage

Das Tannheimer Tal liegt am nordwestlichen Rand des Bezirkes Reutte und erstreckt sich in west-östlicher Richtung, wobei es bei dem Ort Nesselwängle nach Süden abknickt. Der Raum ist lagebedingt stark zum süddeutschen Raum hin orientiert, der einfachste Zugang in das Tal führt in westlicher Richtung von der deutschen Gemeinde Oberjoch über den kleinen Oberjochpass in das Tal. Der zweite Zugang führt in nord-südlicher Richtung zwischen dem Aggstein und dem Einstein durch ein enges Tal über Grän in den deutschen Ort Pfronten. Daher sind zwei wesentliche Zugänge nur von Deutschland aus zu erreichen.[1]

Die Anbindung an Tirol ist über das Lechtal. Das Tannheimer Tal zweigt bei Weißenbach vom oberen Lechtal nach Westen ab, führt über den Gaichtpass und Nesselwängle zu einer Talwasserscheide auf rund 1140 m ü. A. vor dem Haldensee. Von Weissenbach ausgehend, durchzieht die Bundesstraße B199 das gesamte Tal. Sie zweigt in Weißenbach am Lech von der Lechtalstraße ab und führt über den Gaichtpass und das Tannheimer Tal zum Oberjochpass, wo sie in die deutsche B 308 übergeht.

Beschreibung

Das Tal erstreckt sich in den Ausläufern der Allgäuer Alpen gegen Norden auf einer Höhe von 1080 bis Metern und ist rund 20 km lang. Es verfügt über eine breite Talsohle. Gerahmt wird das Tal durch folgende Gebirgsgruppen und Berge:

Die Entwässerung des Tals bis zur Talwasserscheide vor dem Haldensee wird über die Nesselwängler Ache, Warpsbach und Weißenbach insgesamt zum Lech gewährleistet. Das Wasser des Haldensees dagegen fließt zunächst westwärts in der Berger Ache Richtung dem für den Talzug namengebenden Tannheim. Dort mündet diese in die aus einem engeren Tal vom Vilsalpsee im Süden kommende Vils. Dieser andere Talabfluss verläuft in einem großen, nach Westen ausholenden Bogen um die Tannheimer Berge, zunächst in langsam schmaler werdendem Tal nach Westen und Nordwesten über Zöblen bis Schattwald, das am Ostfuß des Oberjochpasses liegt, der nach Bayern führt.

Unterhalb des Vilsfalls wird die nun zunächst nordwärts laufende Fortsetzung des Tals zum eingekerbten oberen Vilstal, das über die bayerische Grenze wechselt, bei Pfronten sich zum Trogtal erweitert und auf Ostlauf über die Grenze zurück nach Tirol bei der Stadt Vils flussabwärts des Weißenbachs wieder ins Tal des Lechs mündet.

Gemeinden und Bevölkerung

Der Hauptort im Tannheimer Tal ist die namensgebende Gemeinde Tannheim, die weiteren Gemeinden sind Nesselwängle, Grän, Zöblen und Schattwald. Sie bilden zusammen den Tiroler Planungsverband Tannheimer Tal. Zu diesem gehört auch die Gemeinde Jungholz, eine funktionale Enklave in Bayern.[1] Die Bevölkerung in den einzelnen Gemeinden beträgt (Stand Dez. 2024):[2]

Gemeinde Einwohner
Grän 612
Jungholz 311
Nesselwängle 478
Schattwald 464
Tannheim 1166
Zöblen 245

Die sechs Gemeinden des Planungsverbandes haben zusammen 3278 Einwohner (Stand 1. Jänner 2025)[3] und eine Fläche von 127,2 km², davon 16,7 % Dauersiedlungsraum. Die Bevölkerung ist seit 1961 leicht gestiegen mit einem Höhepunkt 2001, bei dem die Bevölkerung im Tal 3.098 Personen umfasste. Seitdem ist die Bevölkerung wieder leicht gefallen, zeigt aber seit 2021 wieder eine positive Tendenz.[2]

Typisch in den Ortschaften im Tannheimer Tal ist die geschindelte Wetterseite der Häuser im Westen und der Wohntrakt im Osten.

Naturschutzgebiet

Im Tannheimer Tal liegt das Naturschutzgebiet Vilsalpsee. Es umfaßt eine Fläche von 18,3 km² und liegt auf einer zwischen 1165 und 1770 m südlich des Ortes Tannheim mit einer direkten Grenze zu Deutschland. Es ist seit 2002 Naturschutzgebiet und seit 2003 Natura 2000 Gebiet.[4]

Es umfasst mehrere Seen auf verschiedenen Höhenstufen: den Vilsalpsee auf 1165 m, den Traualpsee auf 1630 m, die Lache auf 1770 m und den Alplsee auf 1600 m. Um den Vislalpsee erstreckt sich ein Talboden, der als Almweide genutzt wird. Zwischen Visalpsee und Traualpsee erstreckt sich steiles Felsengelände, das mit Fichtenwald und in den höheren Lagen mit Latschen, Grünerlen, Birken und Zwergsträuchern bewachsen ist. Südlich des Vilsalpsees ist das Gelände stufenförmig gegliedert, flache Kare wechseln sich mit steilen Schwellen ab. In der Karschwelle über dem Traualpsee und im Gappenfelder Notländ stehen Zirben, sie bilden das nördlichste Vorkommen in den Kalkalpen. Der Talschluss der Vilsalpe besteht aus steilen Kalkwändern, Fichten-Block-Urwald und einem Wasserfall. Das Schutzgebiet ist von alpinen Gelände umgeben, das aus zahlreichen schroffen Gipfeln besteht. Der Traualpsee wird im Westen von der Roten Spitze (2130 m) und dem Geierköpfle (1672 m) überragt. Zwischen den nach Norden steil abfallenden Kalkfelsen erstrecken sich flachere Hänge mit blumenreichen Matten. Die Rasengesellschaften über der Waldgrenze enthalten viele geschützte Arten.[4]

Geschichte

1377 wurde Tannheim eine eigene Pfarrei, bis dahin gehörte Tannheim zur Pfarrei St. Michael in Sonthofen (Allgäu). Vom 16. bis ins 19. Jahrhundert wurde auf der Salzstraße, von der ein Abschnitt durch das Tal führt, Salz von Hall in Tirol über den Jochpass in den Bodenseeraum transportiert. Um 1780 verlor die Salzstraße im Zuge des Ausbaus der Arlbergstraße an Bedeutung.[5]

Am 17. September 1796 konnten im Tannheimer Tal französische Truppen besiegt werden. Seither wird dieser Tag jährlich mit einem Festgottesdienst, Prozession und einem anschließenden Fest gefeiert. 1894 wurde das Tal per Telegraph mit Reutte verbunden. 1899 wurde die Straße zwischen Vilsrain und der Landesgrenze ausgebaut, 1900 wurde die neue Jochstraße in Betrieb genommen. 1907 wurde die Ortsstelle Nesselwängle als eine der ersten Ortsstellen der Bergrettung in Österreich gegründet. Im Ersten Weltkrieg mussten aus dem gesamten Tannheimer Tal 486 Mann einrücken, von denen 118 nicht mehr zurückkehrten. 1918 machten deutsche Truppen auf dem Weg zur Südfront Halt im Tannheimer Tal. 1930 wurde das Tannheimer Tal vom Luftschiff Graf Zeppelin überflogen. Durch die Tausend-Mark-Sperre kam der Fremdenverkehr 1933 fast völlig zum Erliegen.

Im Zweiten Weltkrieg blieb das Tal relativ unbehelligt. Erst im April 1945 besetzten SS-Truppen das Haldenseegebiet. Am 29. April eröffneten amerikanische Truppen das Feuer und schossen Grän in Brand.[5] 23 Tote, fünf Verwundete und 15 abgebrannte Häuser waren die Folgen des Kampfes. Die deutschen Truppen zogen sich daraufhin hinter den Gaichtpass zurück und sprengten die Gemstobelbrücke. In der Nacht des 30. April wurde das Tal von Schattwald bis zum Vilsalpsee unter Granatfeuer genommen, wobei es wieder Tote und Verwundete gab. Am 6. Mai rückten französische Kampftruppen von Hindelang kommend im Tannheimer Tal ein und lösten die Amerikaner ab. Sie wurden 1947 nach zweijähriger Besatzung abgezogen.

1948 wurde in Jungholz der erste Skilift in Betrieb genommen, 1950 waren die Wiederaufbauarbeiten in der Gemeinde Grän abgeschlossen.

Wirtschaft

Traditionell war die Land- und Forstwirtschaft die wichtigste Einnahmequelle, wobei die Region schon frühzeitig Gewerbe und Industrie aufzuweisen hatte. Diejenigen Personen, die im Haupterwerb Landwirtschaft betrieben haben, ist vor allem zwischen 1971 und 1981 massiv gesunken und zwar von 305 auf 79. 2024 hat die Landwirtschaft keine Bedeutung mehr für die Wirtschaft des Tales. Während die Möglichkeiten in Industrie und Handwerk nur leicht gesunken sind. Der Haupterwerb im Tal liegt eindeutig in den Dienstleistungen, wobei Beherbergung und Gaststätten den größten Teil ausmachen. Damit ist der Tourismus zum wesentlichen Erwerbszweig im Tal geworden.[2] Die Entwicklung nach Wirtschaftssektoren veranschaulicht untenstehender Graph. Insgesamt sind die Erwerbsmöglichkeiten im Tal gestiegen.

WirtschaftssektorenJahr020040060080010001200140019601970198019902000201020202030Land- & ForstwirtschaftGewerbe & IndustrieBauwesen (Teil von Gewerbe)DienstleistungenBeherbergung & Gastronomie (Teil von Dienstleistungen)Erwerbstätige nach Wirtschaftssektoren

Eine große Zahl der Beschäftigten sind auch Pendler, wobei die Einpendler (diejenigen, die außerhalb des Tals wohnen, aber im Tal arbeiten) niedriger ist als die Zahl der Auspendler (diejenigen Personen, die innerhalb des Tals wohnen, aber außerhalb des Tal arbeiten). 2022 betrug die Anzahl der Einpendler 566 Personen, während die Zahl der Auspendler 810 Personen ausmachte.[2]

Tourismus

Der Tourismus ist der bei weitem größte Arbeitgeber im Tal. Der Tourismus im Tannheimer Tal hat sich im Vergleich zu anderen Regionen in Tirol eher spät entwickelt und konnte erst am etwa 1990 aufholen. Am besten lässt sich die Entwicklung an den Nächtigungszahlen ablesen wie im untenstehenden Graph verdeutlicht. Der Einbruch 2021 war die komplette Schließung aller Betriebe während der Corona-Pandemie, dies hat den Wintertourismus mehr getroffen als den Sommertourismus. Im Tannheimer Tal ist der Sommertourismus stärker als der Wintertourismus, das vor allem durch die vielen Wander-, Kletter- und Fahrradmöglichkeiten begründet wird.[2]

NächtigungenJahr0100.000200.000300.000400.000500.000600.000700.000198120112015201820212024Nächtigungen im WinterNächtigungen im SommerNächtigungen

Energieerzeugung

Das Elektrizitätswerk in Schattwald betreibt zwei Wasserkraftwerke.

  • Das eine ist das Kraftwerk Traualpsee, das den Abfluss des Traualpsees als Wasserquelle benutzt. Der Traualpsee ist ein Stausee. Es ist ein Jahresspeicherkraftwerk, das vor allem im Winter Strom produziert. Das Einzugsgebiet des Kraftwerks erstreckt sich über 2,5 km2, der See hat Speichervermögen von 1,7 Mio. m3. Das Kraftwerk wurde bereits 1963 im Betrieb genommen, 2014 wurden die technischen Einrichtungen auf den neuesten Stand gebracht.[6]
  • Das zweite Kraftwerk ist am Vilsfall und nutzt den natürlichen Fall der Vils. Da die Vils ganzjährig Wasser führt, produziert das Kraftwerk über das ganze Jahr Strom. Der Einzugsbereich für das benötigte Wasser erstreckt sich über 86 km2 und hat ein Tagesspeichervolumen von 40.000 m3. Das natürlich Gefälle beträgt 55 m, wobei eine Ausbauwassermenge von 6,2 m3/s erreicht wird.[6]

Alpinismus und Bergsport

Füssener Jöchle Grän

In der Wintersaison gibt es im Tal sechs nicht direkt miteinander verbundene Skigebiete in Nesselwängle, Grän, Tannheim und die Skischaukel Zöblen/Schattwald. Jungholz hat ein eigenständiges Skigebiet. Insgesamt stehen 20 Lift- und Seilbahnanlagen mit 55 km präparierten Pisten zur Verfügung, dazu Langlaufloipen mit insgesamt 140 Loipenkilometern für den klassischen Langlauf wie auch Skating, präparierte Winterwanderwege und Rodelbahnen. Außerdem bietet das Tal verschiedene Veranstaltungen im Winter wie das Internationale Ballonfestival Tannheimer Tal oder den Ski-Trail Tannheimer Tal–Bad Hindelang. Im Sommer ist das Tannheimer Tal ein Wandergebiet, mit zahlreichen einfachen, mittleren und schweren Wander- und Mehrtagestouren. Des Weiteren bietet das Tal bzw. die Tannheimer Berge Kletterrouten und Klettersteige sowie eine Nordic Walking Arena, gut ausgebaute Fahrradwege, Rennrad- und Mountainbikestrecken.

Beide Seen im Tannheimer Tal (Haldensee und Vilsalpsee) werden im Sommer auch als Badeseen genutzt. Folgende Veranstaltungen finden jedes Jahr im Sommer statt: Seen-Lauf, Rad-Marathon, 24-Stunden-Wanderung, NaturFilmTage, Herz Jesu Feuer, Almabtriebe.

Commons: Tannheimer Tal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Tannheimer Tal – Reiseführer

Einzelnachweise

  1. a b Amt der Tiroler Landesregierung: Regionalprofil - Tannheimertal. Land Tirol, abgerufen am 14. September 2025.
  2. a b c d e Amt der Tiroler Landesregierung: Regionsprofil Statistik 2024 Tannheimertal. Land Tirol, abgerufen am 14. September 2025.
  3. Statistik Austria – Bevölkerung zu Jahresbeginn nach administrativen Gebietseinheiten (Bundesländer, NUTS-Regionen, Bezirke, Gemeinden) seit 2002 (ODS)
  4. a b Vilsalpsee | Schutzgebiete in Tirol. Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, abgerufen am 15. September 2025.
  5. a b Fakten rund um das Tannheimer Tal: Sehenswürdigkeiten, Geschichte und Tourismus. In: Allgäuer Zeitung. 18. November 2024, abgerufen am 14. September 2025.
  6. a b Stromerzeugung Tannheimer Tal | E-Werk Schattwald. In: Gemeinde Schattwald. Abgerufen am 15. September 2025.