Synagoge (Bilohirsk)

Die Synagoge in Bilohirsk in der Autonomen Republik Krim in der Ukraine gilt als der größte Sakralbau der Krimtschaken, die heute keine Synagoge mehr besitzen, sowie als größte Synagoge der Krim.[1][2]
Geschichte
Bilohirsk, das bis 1944 Karasubasar hieß, galt als das Zentrum der Krimtschaken und der Karäer, die hier seit dem 14. Jahrhundert ansässig waren.[3][4] Eine erste Synagoge erbauten sie im Jahr 1516.[4][5] Die Karäer erhielten im Jahr 1595 verschiedene Privilegien durch den Krim-Khan, die von seinen Nachfolgern mehrfach bestätigt wurden. Ihre Zahl nahm aber allmählich ab und stattdessen wurde die Krimtschaken die größte jüdische Gemeinde. Von 1866 bis 1899 hatte Ḥayyim (Chaim) Hezekiah Medini, der oberste Rabbi der Krim, seinen Sitz in Karasubasar.[4][6][7]
Neben der krimtschakischen gab es aber auch weiterhin eine karäische und ein aschkenasische Gemeinde in Bilohirsk. Für das Jahr 1853 sind eine krimtschakische und eine aschkenasische Synagoge belegt, 1870 berichtet Franz Remy von vier Synagogen in Karasubasar. Die Karäer, die seit den 1860er Jahren keine offiziell registrierte Kenessa besaßen, so dass die nächstgelegene in Feodossija zu finden war, erhielten erst 1901 wieder eine eigene Synagoge. Im 20. Jahrhundert kam es zum Niedergang der Gemeinden: 1897 waren 3144 der 13.000 Bewohner Juden. Ein Teil der Gemeinde folgte Chaim Hezekiah Medini nach Tel Aviv, wohin er 1899 ging und eine Synagoge gründete, die bis 1981 bestand. Aufgrund einer Hungersnot vor dem Hintergrund des Russischen Bürgerkriegs und anderer Faktoren zogen in den frühen 1920er Jahren weitere Krimtschaken nach Palästina. Aus Karasubasar zogen sie zudem vermehrt auch in größere Städte der Krim – wie Simferopol und Kertsch – um. Die im Jahr 1926 gezählten 1043 krimtschakischen Juden von Karasubasar machten 16 Prozent aller Krimtschaken der Krim aus. Im Jahr 1939 waren es nur noch 429, von denen mehr als die Hälfte fliehen konnten, bevor die Wehrmacht Karasubasar besetzte. Am 10. Dezember 1941 wurden 76 Juden erschossen. Am 17. und 18. Januar 1942 wurden 468 Juden aus Stadt und Umgebung mit Gaswagen ermordet. Die als Arbeitskräfte verbliebenen Juden wurden später getötet.[3][7][8]
Die Synagoge, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausgebaut oder neu errichtet wurde, wurde von der Sowjetunion in den 1920er Jahren geschlossen und in ein Lagerhaus verwandelt. Zudem wurde sie um das Jahr 1941 durch eine Sprengung schwer beschädigt. Danach wurde sie von den Reemtsma Cigarettenfabriken zu einem Tabakpunkt umgebaut, von dem aus die Zigarettenfabriken in Simferopol und Feodossija beliefert wurden. Heute befindet sich im Gebäude die Abteilung für ansteckende Krankheiten des Städtischen Krankenhauses.[5][9]
Baubeschreibung und Bedeutung
Die Synagoge wurde im maurischen Stil, einer bei Synagogen häufiger anzutreffenden Sonderform der orientalisierenden Architektur errichtet. Zwei Türme flankierten den Risalit im Eingangsbereich. Die Türme wurden von Zinnenkränzen gegliedert und besaßen je eigene Dachtürme. Die großen Fenster in den Obergeschossen der Türme und des Eingangsrisalits waren jeweils rund und mit einem Buntglas-Davidstern verziert, der einen Durchmesser von etwa zwei Metern besaß. Die Turmportale waren ebenso rundbogig wie einige der Fenster. Heute sind die Fenster mehrheitlich modernisiert. Über dem flachbogigen Hauptportal befand sich eine spitz nach oben zulaufende Nische, bekrönt wurde der Risalit von einem verzierten Giebel. Trotz der schweren Zerstörungen gilt sie heute als am besten erhaltene Synagoge der Krimtschaken.[10]
Die Synagoge galt als die schönste der Krim. Bei der Sanierung des Krankenhaus-Gebäudes im Jahr 2021 entdeckte man Reste der jüdischen Dekoration, darunter zwei Davidstern-Fensterrahmen. Sie wurden allerdings wieder verborgen.[1][11] Andere Buntglasfenster wurde bei der Sanierung zerstört. An der Fassade befindet sich eine Gedenktafel, die nicht mehr komplett lesbar ist.[12][13]
Von drei der „Ka'al“ (russisch къаал bzw. къа'ал) genannten Synagogen der Krimtschaken sind noch Überreste auf der Krim bekannt.[10][14] Insgesamt soll es allein in Karasubasar fünf Synagogen gegeben haben.[2] Die ehemalige aschkenasische Synagoge von Karasubasar ist ebenfalls als Gebäude erhalten.
Siehe auch
Weblinks
- Karasubazar. In: yadvashem.org. Archiviert vom ; abgerufen am 1. Mai 2018 (englisch).
Einzelnachweise
- ↑ a b Elina Sockaya: An old Krymchak synagogue discovered in Karasubazar. In: en.crimeantatars.club. 31. Mai 2024, abgerufen am 22. August 2025 (englisch).
- ↑ a b An old Krymchak synagogue discovered in Karasubazar. In: Crimean Tatars in English. YouTube, 8. November 2021, abgerufen am 22. August 2025 (russisch, mit englischen Untertiteln, 3:21 min).
- ↑ a b c Karasubazar. In: collections.yadvashem.org. Yad Vashem, abgerufen am 22. August 2025 (englisch).
- ↑ a b c Олександр Дзюба: Караїми в країні радянських вестернів. In: culture.voicecrimea.com.ua. 9. November 2020, abgerufen am 22. August 2025 (ukrainisch, deutsch: Oleksandr Dsjuba Karäer im Land der sowjetischen Western).
- ↑ a b Rainer Fröbe, Alla Ehrlich: Reemtsma im Krieg: das Krim-Album. Die Krim und ihr Fotograf. In: fotoarchiv-reemtsma.de. 2005, abgerufen am 22. August 2025 (mit Fotos der Ruine und des Umbaus).
- ↑ Karasubazar. In: jewishvirtuallibrary.org. Jewish Virtual Library, 2007, abgerufen am 22. August 2025 (englisch).
- ↑ a b М. А. Араджионі: Кримчаки. In: Інститут історії України (Hrsg.): Енциклопедія історії України. Kiew 2018, S. 608 (org.ua). Dort auch zu weiteren wichtigen Rabbinern der jüdischen Gemeinden von Karasubasar.
- ↑ Franz Remy: Die Krim in ethnographischer, landschaftlicher und hygienischer Beziehung. Emil Berndt, Odessa, Leipzig 1872, S. 190 (digitale-sammlungen.de).
- ↑ При ремонте крымской больницы выяснилось: это одна из уникальных синагог мира. In: stmegi.com. 4. November 2021, abgerufen am 22. August 2025 (russisch, deutsch: Bei der Renovierung des Krim-Krankenhauses wurde entdeckt, dass es sich um eine der weltweit einzigartigen Synagogen handelt. – Sprengung demnach mutmaßlich durch sowjetische Behörden beim Abzug).
- ↑ a b В Крыму обнаружили сенсационную находку. In: fenka.online. 2021, abgerufen am 22. August 2025 (mit Bildern der Davidstern-Fenster, des Innenraums sowie einer Gesamtansicht).
- ↑ Krymchak Synagogue in Belogorsk (Karasu-Bazar). In: cja.huji.ac.il. Center for Jewish Art, 2020, abgerufen am 22. August 2025 (englisch).
- ↑ Krymchak Synagogue in Belogorsk (Karasu-Bazar). In: cja.huji.ac.il. Center for Jewish Art, 2020, abgerufen am 22. August 2025 (englisch, Bild der Tafel).
- ↑ В Белогорске уничтожены витражи в бывшей крымчакской синагоге. In: lechaim.ru. 28. Oktober 2021, abgerufen am 22. August 2025 (russisch, deutsch: Buntglasfenster der ehemaligen Krymtschak-Synagoge in Belogorsk zerstört).
- ↑ В. Краснопольская: Ремонтировали больницу, ободрали штукатурку и обнаружили… синагогу крымчаков. In: new.crimiz.ru. 7. Dezember 2021, abgerufen am 22. August 2025 (russisch, deutsch: W. Krasnopolskaja Sie renovierten ein Krankenhaus, entfernten den Putz und entdeckten … eine Synagoge auf der Krim).
Koordinaten: 45° 3′ 20,1″ N, 34° 36′ 32,3″ O