Straßenbahn Neapel
![]() | |
| Basisinformationen | |
| Staat | Italien |
| Stadt | Neapel |
| Eröffnung | 1875 |
| Betreiber | Azienda Napoletana Mobilità (ANM) |
| Infrastruktur | |
| Streckenlänge | 8,3 km |
| Spurweite | 1435 mm (Normalspur) |
| Stromsystem | Oberleitung / 750 bzw. bis 2001 600 V = |
| Betrieb | |
| Linien | 3 |
| Fahrzeuge | 22 AnsaldoBreda Sirio einige CT139K |
![]() | |
Die Straßenbahn Neapel ist das Straßenbahnsystem in der italienischen Stadt Neapel und wird vom örtlichen Verkehrsunternehmen Azienda Napoletana Mobilità (ANM) betrieben. Das Streckennetz ist 8,3 Kilometer lang[1] und wird von drei Linien bedient:
- 412: San Giovanni a Teduccio → Poggioreale → Colombo (Porto) → San Giovanni a Teduccio[1]
- 421: San Giovanni a Teduccio → Colombo (Porto) → Poggioreale → San Giovanni a Teduccio[1]
- 422: San Giovanni a Teduccio ↔ Piazza Nazionale (touristische Linie, sonntags keine Bedienung)[1]
Geschichte
Die Straßenbahn Neapel wurde 1875 als Pferdebahn eröffnet und später elektrifiziert. Ab 1883 fuhren die ersten Dampfstraßenbahnen. 1911 wurden 27 Linien von mehreren Gesellschaften betrieben.[2] Im Jahr 1929 übernahm die Stadt Neapel Linien, Fahrzeuge und Infrastruktur von den verschiedenen Vorgängergesellschaften und führte sie im Unternehmen Azienda Tranviaria Napoli (ATCN) zusammen, das 1918 gegründet worden war.
Kurze Zeit später, im Dezember 1930 wurde der Betrieb an die Körperschaft Ente Autonomo Volturno, einen örtlichen Stromversorger in öffentlicher Hand, übergeben. 1937 wurde die EAV Konzessionär des Betriebs, aber aufgrund verschiedener Schwierigkeiten gab die EAV am 1. Januar 1941 die Konzession zurück und die Gemeinde führte die Straßenbahn als Eigenbetrieb.
1947 wurde die Azienda Tranvie Autofilovie Napoli (ATAN) gegründet, die die städtischen Straßenbahnen von der Ente Autonomo Volturno übernahm.
Wie in vielen italienischen Städten wurde das Straßenbahnnetz in den Jahren 1952 bis 1954 drastisch verkleinert, zugunsten von Oberleitungs- und Dieselbussen. Ab 1963 verkehrten noch vier Linien.[2] Mit der Netzreduzierung gehörten auch die sogenannten roten Liniennummern der Vergangenheit an.
Die Versuche, das verbleibende Rumpfnetz – bereits ohne die Strecke Barri–Borelli, die durch das Irpinia-Erdbeben von 1980 zerstört worden war – weiterzuentwickeln, führten zu keinem Ergebnis. Hier ist insbesondere das für die Fußball-Weltmeisterschaft 1990 geplante Projekt der Linea Tranviaria Rapida („Schnellstraßenbahn“), das unter anderem zur Stilllegung der gesamten Strecke nach Fuorigrotta (Via Cumana – Via Lepanto – Via Giambattista Marino bis zum dortigen Betriebshof) führte.

Die Linea Tranviaria Rapida wurde wegen technischer Probleme niemals fertiggestellt. Als schnelle Lösung wurden einige alte Wagen in blau-weißen Farben umlackiert und als Meereslinie bezeichnet. So ähnelten sie den modernen – nie in Betrieb gegangenen – Straßenbahnwagen der Schnellstraßenbahn.


Stattdessen kam es zu weiteren Einschnitten ins Straßenbahnnetz. Gemäß dem Nahverkehrsplan von 1997 sollte die Straßenbahn nicht mehr über den Rathausplatz hinausfahren. 1998 wurde auf Grund der Proteste vieler Händler der Abschnitt vom Piazzale Tecchio nach Bagnoli stillgelegt, 2000 folgte die Strecke von der Piazza Vittoria zum Piazzale Tecchio.
Erst nach der Jahrtausendwende wurde ein Programm zur Stärkung der Straßenbahn begonnen: 2004 wurde dar erste neue Triebwagen des Typs AnsaldoBreda Sirio vorgestellt, die historische Endstelle Poggioreale wurde wieder in Betrieb genommen, dank der Neugestaltung der Trasse zwischen dem Emiciclo Poggioreale und der Piazza Nazionale, wo es eine Wendeschleife um den Platz gibt. Eine weitere wichtige Erneuerung (wenn auch nur halb ausgeführt) betrifft die Trasse auf der Riviera di Chiaia.
Nichtsdestoweniger gibt es zahlreiche Hindernisse auf dem Weg zu einem normalen Straßenbahnverkehr, angefangen bei den ewigen städtischen Bauarbeiten. Aufgrund einer solchen war der Linienverkehr vom 1. Juli 2017 bis 30. Januar 2020 vollständig eingestellt.[1] Wegen einer rund 40 Meter langen Baustelle direkt vor dem einzigen Depot konnten die Fahrzeuge dieses nicht mehr verlassen.
Ab 31. Januar 2020 verkehrte zunächst nur eine Linie Colombo (Porto) ↔ Piazza Nazionale ↔ Poggioreale mit der Nummer 1, so dass der Ast nach San Giovanni a Teduccio ohne Bedienung blieb. Am 4. Januar 2021 kamen die Linien Piazza Nazionale ↔ San Giovanni a Teduccio (Nummer 2) und Colombo (Porto) ↔ San Giovanni a Teduccio (Nummer 4) hinzu. Später wurde stattdessen ein neues Liniennetz mit den beiden Linien 412 und 421, die ungewöhnlicherweise jeweils alle drei Streckenäste bedienen (in entgegengesetzter Abfolge), und der touristischen Linie 422 eingeführt.[1]
Planungen
Der städtische Generalverkehrsplan sieht die Schaffung von neuen Linien zum Viertel Ponticelli, längs der Via S. Alfonso Maria dei Liguori und zur Piazza Carlo III vor, außerdem die Wiederinbetriebnahme der Schleife Mergellina und eine neue Linie auf eigenem Gleiskörper mit stadtbahnmäßigem Charakter von Piscinola nach Villaricca auf der Trasse der 1976 stillgelegten Eisenbahnstrecke Alifana bassa vor. Diese Linie scheint jedoch nicht über das Planungsstadium hinauszukommen.
Nach Abschluss der Bauarbeiten und der Verwirklichung dieser Projekte sollte das Straßenbahnnetz Neapels aus folgenden Linien bestehen:
- 1 Emiciclo di Poggioreale – Piazza Sannazaro
- 2 Via Stadera – San Giovanni a Teduccio
- 2/ Emiciclo di Poggioreale – San Giovanni a Teduccio (gestrichene Linie)
- 4 San Giovanni a Teduccio (Betriebshof) – Piazza Vittoria
- Abzweig zur Piazza Carlo III
- Linie nach Ponticelli
- Linie Piscinola – Villaricca
Fahrzeuge

- 22 AnsaldoBreda Sirio, auf Linien 412 und 421 im Einsatz[1]
- 30 CT139K (Typ Peter Witt), auf Linie 422 im Einsatz[1]
Mit Stand Oktober 2019 sind alle Sirios und 18 CT139K betriebsfähig.[3]
Im Mai 2024 wurde bekannt, dass der türkische Hersteller Bozankaya 20 Zweirichtungswagen im Wert von 63 Millionen Euro liefern werde.[4] Bei diesen Fahrzeugen handelt es sich um fünfteilige Multigelenkwagen mit einer Länge von ungefähr 30 Metern und einer Breite von 2,4 Metern. Ungewöhnlich ist, dass die Doppeltüren in den Endwagenteilen zwischen Fahrwerk und Gelenk statt zwischen Fahrwerk und Führerstand angeordnet werden sollen. Bei einer Leermasse von 37 Tonnen sollen sie eine Antriebsleistung von 4 × 95 kW haben.[5] Für den Einsatz der Fahrzeuge sind auch Anpassungen der Infrastruktur notwendig, insbesondere Bahnsteigverlängerungen an einigen Haltestellen.[1]
Erinnerungskultur
Zwei Wagen des südlichen Typs wurden zu musealen Zwecken erhalten: Der Wagen 1004 befindet sich äußerlich restauriert im ehemaligen Straßenbahndepot Fuorigrotta, während der Wagen 1029 nach einer originalgetreuen Restaurierung, die seit 2006 von der Belegschaft des Betriebshofs San Giovanni durchgeführt wurde, am 10. Januar 2011 in der klassischen grünen Farbgebung der 1960er Jahre der Stadt präsentiert wurde. Zu diesem Anlass wurde auch der Wagen 1052 vollständig erneuert und in neuer Farbgebung präsentiert, die zukünftig der gesamte Wagenpark der Peter-Witt-Wagen tragen soll, nachdem sie mehr als dreißig Jahre lang im so genannten Ministerial-Orange lackiert waren.
Ein dritter Wagen desselben Typs, Wagen 961, wurde von einer Turiner Gesellschaft erworben, die für den Erhalt und die Restaurierung sorgt.
Betriebshöfe
Von den ursprünglich fünf Betriebshöfen der Straßenbahn Neapel ist nur noch der Betriebshof San Giovanni in Betrieb, der sich im Viertel San Giovanni a Teduccio in der östlichen Peripherie Neapels befindet.
Der Betriebshof Fuorigrotta wurde nach dem Erdbeben von 1980 stillgelegt und beheimatet außer dem Museumswagen 1004 auch verschiedene historische Oberleitungsbusse und Omnibusse, die dort ausgestellt sind.
Weblinks
- La storia. Azienda Napoletana Mobilità SpA, archiviert vom am 6. Mai 2012; abgerufen am 10. November 2010 (italienisch).
- I numeri. Azienda Napoletana Mobilità SpA, archiviert vom am 6. Mai 2012; abgerufen am 10. November 2010 (italienisch).
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i Jens Perbrandt: Auf und ab am Vesuv. In: Straßenbahn Magazin. Nr. 428 (9/2025). GeraMond Verlag, München 2025, S. 24–27.
- ↑ a b Ulrich Theurer: Die Situation der Straßenbahnbetriebe in Italien (Teil 1). In: Straßenbahn Magazin. Heft 5, Mai 1972, S. 42–52.
- ↑ Rino Mastropaolo: Ritornano i Tram a Napoli tra San Giovanni e piazza Municipio (italienisch). Napoli da Vivere, abgerufen am 4. November 2019.
- ↑ LOK Report - Italien: Bozankaya liefert Straßenbahnen für Napoli. Abgerufen am 29. Mai 2024 (deutsch).
- ↑ Stefan Göbel: Auftragsentwicklung für Straßen- und Stadtbahnwagen 2024. In: Stadtverkehr. 70. Jahrgang, Nr. 3/2025. EK-Verlag, Freiburg 2025, S. 11 f.

