Stjernøya

Stjernøya

Luftbild von Stjernøya
Gewässer Europäisches Nordmeer
Geographische Lage 70° 18′ N, 22° 43′ O
Stjernøya (Norwegen)
Stjernøya (Norwegen)
Länge 27 km
Breite 16 km
Fläche 245,03 km²dep1
Höchste Erhebung Kjerringa
960 moh.
Einwohner 54 (2019)
Hauptort Store Kvalfjord

Stjernøya (nordsamisch: Stierdná, deutsch: „Sterneninsel“) ist eine Insel in der norwegischen Provinz Finnmark und liegt etwa 400 Kilometer nördlich des arktischen Polarkreises. 2016 erlangte Stjernøya reichsweite Aufmerksamkeit, da der Oberste Gerichtshof von Norwegen in einem grundlegenden Urteil über Eigentums- und Besitzansprüche samischer Rentierhalter zu entscheiden hatte.

Geographie

Stjernøya ist durch mehrere Fjorde vor allem im Westen und Norden stark zerklüftet und hat einen annähernd sternenförmigen Umriss, was den Namen der Insel erklärt. Sie liegt vor der Küste der Finnmark und ist mit 245 Quadratkilometern etwas größer als Elba. Auf der Liste der größten Inseln Norwegens belegt Stjernøya Rang 16.[1] Östlich liegt die Insel Seiland, nördlich die viertgrößte Insel Norwegens, Sørøya. Im Süden trennt die etwa vier Kilometer breite Meerenge Stjernsund die Insel von der Gemeinde Loppa auf dem Festland. Auf Stjernøya erheben sich mehrere Gipfel von über 900 Metern Höhe; der höchste Berg ist die Kjerringa mit 960 Metern über dem Meeresspiegel.[2]

Verwaltungsrechtlich ist Stjernøya zwischen den Gemeinden Loppa, Hasvik und Alta aufgeteilt. Die Besiedlung der Insel konzentriert sich auf kleinere Weiler wie Bia und Pollen (nordsamisch: Bollu) sowie den Hauptort Store Kvalfjord (Bossovuonna) im Osten, der über einen Lebens­mittel­laden, ein Postamt und eine kleinere Schule mit eigener Schulzeitung[3] verfügt. Die zuletzt (2019) 54 registrierten Einwohner wohnen ausschließlich auf dem Gebiet der Gemeinde Alta. Die Bevölkerung lebt überwiegend vom Fischfang und der Fischverarbeitung. Im Sommer ist Stjernøya – wie das benachbarte Silda (Sildi) – Sommerland für samische Rentierzüchter aus Kautokeino. Von April bis September leben rund 2000 Rentiere und mehrere samische Familiengruppen dauerhaft auf den Inseln.[4]

Geschichte

Besiedlung

Historisch war Stjernøya stärker bewohnt als heute. Die Menschen siedelten sich vor allem an Orten an, wo es Weideland, Zugang zu Brennstoff wie Holz und Torf und gute Anlegemöglichkeiten für kleinere Fischerboote gab.[5] Im Jahr 1865 lebten allein am Rognsund, an der Nord- und Ostküste der Insel, 222 Menschen. Die weitaus meisten Bewohner waren nach einer Untersuchung des norwegischen Ethnologen Knut Kolsrud Samen.[6]

Bis circa 1930 wuchs die Bevölkerung weiter an. Im Jahr 1900 wurden bei einer Volkszählung 42 Haushalte auf Stjernøya registriert. 1930 hatte sich die Zahl der Haushalte auf 49 erhöht; die meisten von ihnen befanden sich in den Bereichen Store Kjerringfjord, Pollen und Vinterset. Der Alltag war oft sehr beschwerlich. Die nächstgelegene Kirche (auf dem Festland in Komagfjord) war nur durch eine stundenlange Anreise mit dem Ruderboot und anschließender Übernachtung in einer primitiven Unterkunft zu erreichen.[5] Nach dem Zweiten Weltkrieg setze eine Abwanderung vornehmlich aus Gebieten ein, die über keine Wege und eine schlechte Infrastruktur verfügten.[7]

Abbau von Nephelinsyenit

Bereits im Jahr 1840 fanden deutsche Geologen auf der Nachbarinsel Seiland das seltene und wertvolle Gestein Nephelinsyenit, das in der Glas– und Porzellanindustrie Verwendung findet. Später wurde das Gestein in wesentlich besserer Qualität auch auf Stjernøya nachgewiesen. Eine norwegische Doktorarbeit aus dem Jahr 1927 machte die Funde auf den entlegenen Inseln der wissenschaftlichen Welt bekannt;[8] Interesse an kommerzieller Nutzung entstand jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg. 1961 eröffnete das Christiania Spigerverk, das später in den Konzern Elkem aufging, eine Grube in Lillebukta (Unna Muotkkádagaš) an der Südküste von Stjernøya. Nach einigen Besitzerwechseln wird die Anlage inzwischen vom belgischen Steine- und Erden-Förderer Sibelco geführt. Die Grube produziert jährlich 300.000 Tonnen Nephelinsyenit, das zu 98 Prozent für den Export bestimmt ist.[9]

Keiner der etwa 110 Beschäftigten der Grube wohnt in Lillebukta; für Notfälle stehen dort aber einige Übernachtungsplätze zur Verfügung. Die Sibelco-Angestellten werden täglich aus Alta, Isnestoften und Øksfjord mit einer betriebseigenen Fähre zu ihrem Arbeitsplatz gebracht.[9]

Konflikt um Eigentumsrecht

Zwischen den Betreibern der Grube und den Samen, die die Insel als Sommerland für ihre Rentiere nutzen, kam es wiederholt zu Konflikten. Sie verstärkten sich, als die Grube im Jahr 2001 Tagebau und damit die oberflächennahe Gewinnung der Bodenschätze einführte. Der Tagebau findet auf dem 702 Meter hohen Berg Nabbaren (Nápparvárri) statt, in einem Gebiet unweit von Lillebukta, das während der Paarungs- und Kalbungszeit der Rentiere sensibel ist. Nach Vergleichen werden die Rohstoffe im Tagebau nur noch zwischen dem 20. Juni und dem Einbruch des Winters – mit einer etwa dreiwöchigen Unterbrechung im September – abgebaut. In der übrigen Zeit erfolgt der Abbau im Untertagebau (Stand: 2025).[9]

Die Rentierzucht betreibenden Samen versuchten ab 2012, die Eigentumsrechte über große Teile Stjernøyas zu erlangen. Im Erfolgsfall hätten den Samen Zahlungen des Grubenbetreibers Sibelco in Höhe von zwei Millionen norwegischen Kronen (etwa 170.000 Euro) jährlich zugestanden.[10] Die Samen beriefen sich auf die grundlegenden Rechte indigener Völker, die das von Norwegen ratifizierte Übereinkommen ILO 169 der Internationalen Arbeitsorganisation gewährt. Artikel 14 dieser Konvention besagt, dass „Eigentums- und Besitzrechte der betreffenden Völker an dem von ihnen von alters her besiedelten Land“ anzuerkennen sind. Zwei samische Gruppen argumentierten, dass sie durch Nutzung der Weideflächen über einen langen Zeitraum Eigentumsrechte auf Stjernøya erworben hätten. Diese Auffassung wies jedoch der Oberste Gerichtshof von Norwegen mit Urteil vom 28. September 2016 zurück. Die Nutzung der Insel durch die Rentierzüchter sei nicht umfassend und dominant genug gewesen, um daraus Ansprüche ableiten zu können. Auch seien die klagenden Gruppen nicht als ursprüngliche Besitzer von Stjernøya anzusehen, da an den Küsten der Insel bereits vor ihnen Menschen gesiedelt hätten, überwiegend sesshafte Samen (sjøsamer). Dem Urteil wurde grundlegende Bedeutung beigemessen.[11][12][13]

Verkehr

Der Hauptort Store Kvalfjord wird mehrmals wöchentlich von Fähren aus Alta und Øksfjord bedient. Der Service erfolgt allerdings nur auf Anfrage beim lokalen Transportunternehmen Snelandia. Die nächstgelegenen Flughäfen sind Hasvik und Alta. Es gibt kaum Straßen auf der Insel, dagegen einige Bergpfade.

Literatur

  • Einar Eyþórsson et al.: Felt 1. Stierdná/Stjernøya og Sievju/Seiland. Sakkyndig utredning for Finnmarkskommisjonen. NIKU Oppdragsrapport 42/2011, Tromsø 2011.
  • Knut Kolsrud: Sjøfinnane i Rognsund. In: Studia Septentrionalia, VI, 1955, S. 81–182.
  • Svein Lund: Gull, gråstein og grums, 4 Bde. Bd. 3: Ei velsigning for landet? Davvi Girji, Karasjok 2017. ISBN 978-82-329-0075-6

Einzelnachweise

  1. Svein Askheim: Norges største øyer. In: Store norske leksikon. Abgerufen am 27. August 2025.
  2. Svein Askheim: Stjernøya. In: Store norske leksikon. Abgerufen am 27. August 2025.
  3. Altaskolen – Kvalfjord skole. In: Alta Kommune (abgerufen am 27. August 2025).
  4. Alexandre Zeitler: Connecting Knowledge in the Stjernøya Case. Beyond Mining vs. Reindeer Herding, Deshima. Arts, lettres et cultures des pays du Nord, H. 17, Strasbourg 2023, S. 10.
  5. a b Karin Ivanowitz: Bosetningen i Rognsund fra ca 1920-tallet til 1960-tallet, Meron, 2019 (abgerufen am 1. September 2025).
  6. Knut Kolsrud: Sjøfinnane i Rognsund. In: Studia Septentrionalia, VI, 1955, S. 81–182.
  7. Einar Eyþórsson et al.: Felt 1. Stierdná/Stjernøya og Sievju/Seiland. Sakkyndig utredning for Finnmarkskommisjonen. NIKU Oppdragsrapport 42/2011, Tromsø 2011, S. 100–103
  8. Thomas F. W. Barth: Die Pegmatitgänge der kaledonischen Intrusivgesteine im Seiland-Gebiete. Dybwad, Oslo 1927.
  9. a b c Svein Lund: Gull, gråstein og grums, 4 Bde. Bd. 3: Ei velsigning for landet?, Karasjok 2017.
  10. Her kan de tjene millioner på gruvedrift, NRK, 15. Juni 2015.
  11. Sak 2025-2155, Norges Høyesterett, 28. September 2016.
  12. Stjernøya-dommen og noen sentrale rettslige spørsmål, Ságat, 30. September 2016.
  13. Reindriftssamer får ikke eiendomsrett til Stjernøya, ABC Nyheter, 3. Oktober 2016.