Sternkreuzung

Eine Sternkreuzung,[1] auch Vollkreuzung, (vollständiges) Gleisviereck,[2] Gleisstern,[1] Vollstern[1] oder kurz Stern[1] beziehungsweise aus dem Englischen Grand Union[1] genannt, ist eine höhengleiche Kreuzung zweier zweigleisiger Bahnstrecken mit zweigleisigen Verbindungskurven in jeder Abbiegebeziehung.[1] Sie kommt fast ausschließlich bei Straßenbahnen und in ihrer Idealform auch bei diesen relativ selten vor. Sie bietet vollständige Flexibilität bei der Festlegung durchgehender Linienführungen und kurzfristigen Änderungen daran. Auch die Anbindung nahegelegener Betriebshöfe in möglichst viele Richtungen kann zum Nutzen einer Sternkreuzung beitragen.[1] Jedoch ist die Gleiskonstruktion mit 16 Weichen und meist ungewöhnlich verflochtenen Gleiskreuzungen gegenüber Varianten mit weniger Fahrmöglichkeiten sehr aufwendig und somit teuer zu errichten und zu unterhalten.[1]
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Konstruktionen, bei denen einzelne Gleise zu einem Vollstern fehlen, werden auch unvollständiges Gleisviereck,[2] Siebenachtel-Sternkreuzung und Dreiviertel-Sternkreuzung oder kurz Siebenachtelstern und Dreiviertelstern genannt.[1] Die besonders seltenen Siebenachtelsterne haben in einer der Abbiegebeziehungen nur ein Gleis.[1] Bei Dreiviertelsternen fehlt eine Abbiegebeziehung vollständig.[1] Entsprechende Begriffe sind auch für Kreuzungen mit noch weniger Verbindungen ableitbar.[1]


Bei vielen Sternkreuzungen ist es erforderlich, je zwei Weichen zu Doppelweichen zusammenzufassen. Auch überschneiden sich oft die einzelnen Gleiskreuzungen. Teilweise sind Mehrfachherzstücke mit mehreren Herzstückspitzen notwendig, in denen sich drei statt zwei Schienen kreuzen. Abhängig von der zur Verfügung stehenden Fläche können Sternkreuzungen jedoch auch so angelegt werden, dass keine Doppelweichen und keine besonders komplexen Gleiskreuzungen notwendig sind. Auch die Anordnung von Vorsortiergleisen, wodurch eine oder mehrere Weichen relativ weit von der eigentlichen Streckenkreuzung entfernt liegen, ist möglich.[1] Kreisverkehrsartige Gleisanlagen, die ganz ohne Gleiskreuzungen alle auf Sternkreuzungen gegebenen Fahrmöglichkeiten ebenfalls bieten, gelten jedoch nicht als Sternkreuzungen.[1] Diese Alternative ist zusätzlich aus jeder Richtung als Wendeschleife nutzbar.


Vollsterne
Liste
Kassel
Die Straßenbahn Kassel hat am nördlichen Rand der Innenstadt eine Sternkreuzung. Sie ging im September 1954 im Rahmen der Umgestaltung der Kasseler Innenstadt nach dem Luftangriff auf Kassel am 22. Oktober 1943 in Betrieb. In der Folge entwickelte sich „Stern“ oder „Sternkreuzung“ im Kasseler Sprachgebrauch zu einem festen Begriff für den gesamten Platz und Verkehrsknotenpunkt. Auch die zugehörige Haltestelle wurde bezugnehmend auf die Gleiskonstruktion Am Stern genannt. Die Nord-West- und Nord-Ost-Bögen wurden stets nur für Umleitungen sowie Ein- und Ausrückfahrten genutzt, nicht jedoch für regulären Linienverkehr. Der Süd-West-Bogen diente zeitweise dem regulären Linienverkehr.[4]
Graz
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Der zentrale Knotenpunkt der Straßenbahn Graz auf dem Jakominiplatz ist als Vollstern ausgeführt,[1] in den an der östlichen Ecke eine weitere Verzweigung integriert ist. Alternativ kann die Konstruktion auch als Kombination aus einem Dreiviertel- und einem Halbstern betrachtet werden.
Ehemalige Vollsterne

Ein frühes Beispiel eines Vollsternes ist bei der Straßenbahn Montreal dokumentiert.
Siebenachtelsterne
Liste
| Staat | Netz | Anzahl | Ort | Anmerkung |
|---|---|---|---|---|
| Straßenbahn Mailand | 1 | Porta Lodovica | ||
| Straßenbahn Toronto | 1 | King Street West/Dufferin Street | ||
| Straßenbahn Bukarest | 1 | Calea Dudești/Șoseaua Mihai Bravu/Bulevardul Camil Ressu | ||
| Strassenbahn Basel | 1 | Aeschenplatz | Teil eines komplexeren Knotenpunkts |

Basel
Am Aeschenplatz gibt es einen Siebenachtel-Stern,[1] der mit einer rechtsdrehend befahrenen Wendeschleife an der östlichen Ecke einschließlich mehrerer Überholgleise und einer Gleisverschlingung kombiniert ist. Aufgrund der Befahrungsrichtung der integrierten Wendeschleife ist die Süd-Ost-Verbindung im Linksverkehr angelegt. Das zum Vollstern fehlende Gleis ist dasjenige von Süden in Richtung Westen.
Dreiviertelsterne
Liste
Stuttgart
An der Haltestelle Löwentor gibt es für die normalspurige Stadtbahn Stuttgart eine Kreuzung zweigleisiger Strecken mit zweigleisigen Verbindungen in der Süd-West- sowie in der Nord-West-Beziehung, also lediglich einen Halbstern. Zusätzlich sind die Strecken Richtung Süden und Osten jedoch per Dreischienengleis auch meterspurig für den Museumsbetrieb der Straßenbahn Stuttgart ausgeführt. Die zugehörige zweigleisige Süd-Ost-Verbindung in Meterspur ergänzt die Gesamtkonstruktion zum Dreiviertel-Stern. Auch das Verbindungsgleis von Westen Richtung Süden sowie das gerade Gleis von Westen Richtung Osten sind als Dreischienengleis ausgeführt, so dass sich für Meterspurfahrzeuge ein Wendedreieck ergibt.
Montpellier
Im Rahmen der Renaissance der Straßenbahn neu entstandene Straßenbahnnetze sind in der Regel mit weniger komplexen Gleisanlagen ausgeführt als länger bestehende, größere Netze. Die 2000 eröffnete Straßenbahn Montpellier weist jedoch auf dem Vorplatz des Bahnhofs Saint-Roch einen Dreiviertelstern in einer besonderen Form auf.[1] Die kreuzenden Strecken verlaufen derart im Bogen, dass eine der Verbindungen gerade ausgeführt werden konnte.
Chicago

Der Dreiviertelstern der Chicago Elevated liegt an der nordwestlichen Ecke des zentralen Hochbahn-Rings Loop. Neben der Hochlage tragen auch die seitlichen Stromschienen zur besonderen Komplexität dieser Konstruktion bei.
Oberleitungsbus

Auch Oberleitungsbusbetriebe nutzen vereinzelt Vollkreuzungen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den zahlreichen Isolierungen zwischen Plus- und Minuspol, wodurch die Fahrleitungsanlage deutlich komplizierter ausfällt als bei Straßenbahn-Grand-Unions. Ein Beispiel für eine solche Anlage ist die Kreuzung Linzer Bundesstraße/Sterneckstraße beim Oberleitungsbus Salzburg.
Literatur
- Bernhard Kussmagk: SM-Serie abWeichend, Folge 16: Gleissterne – Keine Sterne in Athen. In: Straßenbahn Magazin. Nr. 397 (11+12/2022). GeraMond Verlag, München 2022, S. 16–25.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q Bernhard Kussmagk: Sm-Serie abWeichend, Folge 16: Gleissterne – Keine Sterne in Athen. In: Straßenbahn Magazin. Nr. 397 (11+12/2022). GeraMond Verlag, München 2022, S. 16–25.
- ↑ a b Ditmar Pauke: Neubaustrecke Wiener Straße der Straßenbahn Magdeburg eingeweiht. In: Stadtverkehr. Nr. 10/2018. EK-Verlag, Freiburg 2018, S. 14–18.
- ↑ LOK Report - Bremen: Installation einer Straßenbahnkreuzung von DT – Výhybkárna a strojírna aus Prostějov. Abgerufen am 7. August 2025 (deutsch).
- ↑ Christoph Heuer: Nächster Halt: Am Stern. In: Straßenbahn Magazin. Nr. 391 (4/2022). GeraMond Verlag, München 2022, S. 35.