Stephanuskirche (Echterdingen)

Die Stephanuskirche ist eine spätmittelalterliche evangelische Kirche im Ortskern von Echterdingen, einem Stadtteil von Leinfelden-Echterdingen in Baden-Württemberg. Erstmals urkundlich erwähnt wurde sie 1185. Seit 2001 trägt sie den Namen „Stephanuskirche“. Der 54 Meter hohe Turm mit neugotischer Spitze prägt das Ortsbild; vom Turmumgang bietet sich ein weiter Blick über die Filder.
Geschichte
Die älteste Erwähnung der Kirche findet sich in der Sindelfinger Chronik aus dem Jahr 1185.[1] Sie war eine Stiftung der Grafen von Calw und gelangte später über die Welfen, die Staufer und die Pfalzgrafen von Tübingen in den Jahren 1286/1296 an das Kloster Bebenhausen. Nach der Reformation fiel sie 1534 an Württemberg. Als Patroninnen der Kirche galten Maria und Katharina.[2]

Der älteste Teil ist das Kirchenschiff, das ursprünglich als romanischer Rechtecksaal errichtet wurde. An der Nordseite sind noch heute ein romanisches Fenster, eine romanische Tür sowie ein Bogenfries erkennbar.[2]
Die Grundsteinlegung für den Kirchturm erfolgte 1439. Eine lateinische Inschrift an der Südseite des Turms verweist auf den Baubeginn am 16. Januar 1439, dem Tag des heiligen Marcellus. Daneben findet sich eine deutsche Inschrift mit dem Hinweis: „Ain Turm bin Ich, Maister Hainrich machet mich.“ An derselben Stelle sind außerdem zwei Wappenschilde angebracht, links das des Klosters Bebenhausen und rechts das der Grafen von Württemberg. Ergänzt werden sie durch ein Steinmetzzeichen in Form zweier gekreuzter Spitzhämmer sowie ein weiteres Schild mit einer Sichel oder Happe.[2]
Der spätgotische Hochchor wurde in den Jahren 1508 bis 1510 errichtet. Dabei nutzte man Steine der ehemaligen Echterdinger Burg.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Gebäude mehrfach umgestaltet. Im Jahr 1511 entstand das gotische Fenster rechts neben der Kanzel. 1603 wurde eine Herrenempore eingebaut. 1769 kamen drei weitere Fenster hinzu. 1775 erfolgten umfassende Umbauten: Die hölzerne Decke, die von drei eichenen Säulen getragen wurde, wurde durch eine abgehängte Gipsdecke ersetzt, die zugleich den Triumphbogen teilweise verdeckt. In dieser Bauphase entstanden außerdem zwei neue Türen, zwei zusätzliche Fenster sowie ein neues Gestühl.[2]
Zwischen 1963 und 1965 wurde die ursprüngliche Außentreppe zur Empore entfernt. Zudem setzte man an einigen Fenstern der Südseite gotisches Maßwerk ein, um die historische Gestalt stärker zu betonen.
Rund um die Kirche befand sich bis ins 19. Jahrhundert der Ortsfriedhof, der von einer hohen Mauer eingefriedet war. An der Südseite lag die Pfarrwette, die als Feuerlöschteich und möglicherweise auch als Viehtränke diente. Auf der Nordseite wird die Grabstätte des bedeutenden Echterdinger Pfarrers Philipp Matthäus Hahn vermutet, der am 2. Mai 1790 im Alter von 51 Jahren in Echterdingen starb. An ihn erinnert zudem eine Tafel am gegenüberliegenden Pfarrhaus. Die Sonnenuhr an der südöstlichen Chorwand geht ebenfalls auf Hahn zurück und wurde später vom Geometer Wilhelm Nißler erneuert. An der Südseite, an der heute ein Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs steht, befand sich früher eine Ölberg-Darstellung.[2]
2001 wurde die Kirche offiziell in „Stephanuskirche“ umbenannt. Hintergrund ist, dass es vor der Reformation in dieser Kirche wohl einen Altar für Stephanus gegeben hat. Da nichts an diesen Diakon und ersten Märtyrer der Kirche erinnerte, wurde 2006 ein Kunstwerk bei dem Echterdinger Bildhauer Gerhard Tagwerker in Auftrag gegeben.[3]
Architektur und Ausstattung
Baugestalt

Die Stephanuskirche ist eine gotische Kirche. Besonders prägend ist der 54 Meter hohe Kirchturm, der das Ortsbild von Echterdingen weithin sichtbar bestimmt. Über 173 Stufen gelangt man zur Aussichtsplattform, die einen weiten Blick über die Filder bietet. Der Turm hatte ursprünglich drei steinerne Geschosse und ein darüberliegendes hölzernes Stockwerk. Erst zwischen 1880 und 1888 erhielt er seine neugotische Spitze.
Chor
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Das Netzgewölbe des spätgotischen Hochchores wird von zehn Halbbüsten getragen, die vermutlich Figuren Evangelisten und Propheten darstellen. Die Schlusssteine zeigen die Gottesmutter Maria mit dem Kind, die heilige Katharina mit halbem Rad und Schwert sowie die heilige Barbara mit Turm und Buch. Die Chorfenster des spätgotischen Hochchores zeigen Szenen aus der Passionsgeschichte und die Auferstehung Jesu Christi und wurden von Wolf-Dieter Kohler und seinem Vater Walter Kohler gestaltet. Im Langhaus ist zudem ein kleines romanisches Fenster erhalten. An der Chorwand hängt eine Gedächtnistafel, die der Arzt Dr. Däubler 1861 zum Andenken an seine Mutter stiftete. Sie zeigt Christus als Kinderfreund. Die südliche Tür des Chores war ursprünglich als Sediliennische gestaltet. Die heutige Sakristei war vermutlich eine Seitenkapelle.[2]
Altar und Taufstein
Der Altar im vorderen Bereich des Chorraums wurde in den Jahren 1860 bis 1861 geschaffen. Er ersetzte ältere Ausstattungsstücke und fügte sich in die neugotische Überformung der Kirche im 19. Jahrhundert ein. Der Taufstein ist schlicht gearbeitet, achteckig und in Pokalform gestaltet.
Stephanusrelief
Ein Kunstwerk der jüngeren Zeit ist das Stephanusrelief des Bildhauers Gerhard Tagwerker, das im Jahr 2006 in Auftrag gegeben und am 28. Oktober 2007 feierlich eingeweiht wurde. Es misst 215 mal 80 Zentimeter und wurde in der Kunstgießerei Strassacker im traditionellen Wachsausschmelzverfahren aus Bronze gefertigt. Das Relief hängt an der Nordwand des Kirchenschiffs, direkt unter dem kleinen romanischen Fenster und in der Nähe der Kanzel. Das Werk zeigt den Diakon Stephanus, der den offenen Himmel erblickt und dem zu seinen Füßen sitzenden Saulus, dem späteren Apostel Paulus, das „Brot des Lebens“ reicht. Diese Darstellung verbindet die biblische Geschichte des ersten Märtyrers mit dem Auftrag der Kirche, im Dienst am Nächsten diakonisch tätig zu sein.[3]
Orgel
Die erste Orgel ist für das Jahr 1603 belegt. Carl Gottlieb Weigle errichtete 1848 für 4.030 Gulden eine neue zweimanualige Orgel mit 26 Registern. Die Orgel wurde auf der Empore im Chor aufgestellt, hatte Kegelladen, eine mechanische Traktur und vier Kastenbälge, die hinter der Orgel aufgestellt waren. Diese Orgel wurde am Sonntag Quasimodogeniti, dem 15. April 1849 durch den Stuttgarter Stiftsorganisten Konrad Kocher eingeweiht. 1932 und 1947 wurde sie grundlegend umgebaut und verändert.[4]
Die heutige Orgel wurde im Jahr 1984 von der Echterdinger Orgelbaufirma Weigle erbaut und am 20. Januar 1985 in einem Festgottesdienst feierlich eingeweiht. Es handelt sich um ein dreimanualiges Instrument mit 46 Registern.[5] An der Konzeption und Disposition wirkten Orgelbaumeister Konrad Mühleisen, der Orgelsachverständige Herbert Liedecke und der damalige Bezirkskantor Klaus Schulten maßgeblich mit. Die Orgel ist nicht nur im gottesdienstlichen Gebrauch, sondern wird auch regelmäßig für Konzerte genutzt. Im Jahr 2006 wurde sie umfassend ausgereinigt. Dabei nahm man kleinere Dispositionsänderungen vor und ergänzte eine elektronische Setzeranlage, die das Registrieren erheblich erleichtert.[6]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ kirchbau.de - Datenblatt einzelne Kirche. Abgerufen am 5. September 2025.
- ↑ a b c d e f Flyer Ev. Stephanuskirche sehen & entdecken. (PDF) Abgerufen am 5. September 2025.
- ↑ a b DAS STEPHANUSRELIEF DER EV. STEPHANUSKIRCHE ECHTERDINGEN. (PDF) Abgerufen am 5. September 2025.
- ↑ Klaus Schulten: Zur Geschichte der Orgeln in der Ev. Kirche in Echterdingen. (PDF) Abgerufen am 5. September 2025.
- ↑ Leinfelden-Echterdingen/Echterdingen, Stephanuskirche – Organ index, die freie Orgeldatenbank. Abgerufen am 5. September 2025.
- ↑ Evangelische Kirchengemeinde Echterdingen. Abgerufen am 5. September 2025.
Koordinaten: 48° 41′ 21″ N, 9° 10′ 8,9″ O