Stanley Rachman

Stanley Jack Rachman (* 19. Januar 1934 in Johannesburg; † 2. September 2021) war ein südafrikanisch-kanadischer Klinischer Psychologe und emeritierter Professor der University of British Columbia.

Leben

Er studierte an der Witwatersrand-Universität und wurde nach seinem ersten Abschluss 1956 dort mit 22 Jahren der jüngste Dozent der Universität. Hier kam er mit dem Pionier der Verhaltenstherapie Joseph Wolpe in Kontakt. Er ging danach nach England und promovierte (Ph.D.) 1961 am Institut für Psychiatrie am King’s College London unter der Betreuung von Hans J. Eysenck. Er blieb danach am Institut und war an den Studien zur Exposition und Reaktionsprävention bei Zwangsstörungen beteiligt. Während seiner Zeit am Institut für Psychiatrie gründete er den ersten klinischen Psychologie-Ausbildungskurs in England. 1982 wechselte er nach Kanada an die University of British Columbia, wo er mit dem Aufbau des klinischen Programms beauftragt wurde. Er blieb bis 1987 Direktor dieses Programms und emeritierte hier 1999. Er war außerdem emeritierter Professor am King’s College London.

Werk

Seine Forschungsinteressen umfassen Verhaltensmedizin, Verhaltenstherapie, abnormales Denken und Verhalten sowie forensische Psychologie. Er ist bekannt für die bahnbrechenden Studien zur Exposition und Reaktionsprävention bei Zwangsstörungen (engl. Obsessive-compulsive disorder (OCD)). Seine Schwerpunkte lagen im Laufe der Jahre auf Angststörungen, Angst und Mut sowie allgemein auf der kognitiven Verhaltenstherapie. Zwangsstörungen hat er zu Beginn seiner Karriere aus verhaltensorientierter Perspektive betrachtet, in seinen späteren Arbeiten zu Zwangsvorstellungen und Kontaminationsängsten hat er sich jedoch mehr auf kognitive Aspekte konzentriert. Er war ein überzeugter Anhänger des Wissenschaftler-Praktiker-Modells und der Überzeugung, dass klinische Arbeit die Forschung beeinflusst und umgekehrt. In seiner klinischen Arbeit identifizierte und verfeinerte Jack seine neueren Ideen zur mentalen Kontamination bei Zwangsstörungen.

Ehrungen/Positionen

  • 2024: Research.com Psychology in Canada Leader Award[1]
  • 2023: Research.com Psychology in Canada Leader Award
  • 2002: Award for Excellence in Professional Training durch das Canadian Council of Professional Psychology
  • 1989: Fellow der Royal Society of Canada
  • Lifetime Achievement Award des Professional Practice Board der British Psychological Society
  • Honorary member (2009 bis 2021) der EPP (Experimental Psychopathology), einer niederländisch-flämischen Graduiertenschule[2]
  • 1976–77: Fellowship year am Center for Advanced Study in the Behavioral Sciences (CASBS) der Stanford University
  • 1988: Killam Award
  • Gründer, Mitherausgeber (1963 bis 1978) und Chefredakteur (1978 bis 2002) der Zeitschrift Behaviour Research and Therapy (BRAT)

Privates

Er war über 50 Jahre lang mit Clare Philips verheiratet, die er am Institut für Psychiatrie kennengelernt hatte. Aus der Ehe stammten vier Kinder. 1982 zog er mit Philips in ihr Heimatland Kanada. Er war ein vollendeter Akademiker mit einem breiten Spektrum an Interessen, darunter Musik, Politik und Weltgeschichte. Er war ein begeisterter Leser, ein Kenner der schönen Dinge des Lebens und ein bekannter Weinkenner. Rachman verwendete das Pseudonym „Jack Durac“, um mehrere Publikationen zu verfassen, darunter humoristische Artikel in Behaviour Research and Therapy sowie ein Weinbuch mit dem Titel A Matter of Taste. In Behaviour Research and Therapy lancierte er beispielsweise eine Rezension einer frühen Ausgabe seines Buches „Anxiety“, in der er den Autor wegen mangelnder Kenntnisse über kognitive Perspektiven kritisierte und hoffte, dass der Autor sich in der nächsten Ausgabe verbessern würde, was dieser dann auch gemacht hat.

Publikationen (Auswahl)

Monografien
  • Mit Anna Coughtrey; Roz Shafran; Adam Radomsky: Oxford Guide to the Treatment of Mental Contamination. Oxford University Press, New York, N.Y. 2014, ISBN 978-0-19-872724-8.
  • The Fear of Contamination: Assessment and treatment. Oxford University Press, New York, N.Y. 2006, ISBN 978-0199296934.
  • Mit Padmal De Silva: Obsessive-compulsive Disorder: The Facts (3rd. ed.). Oxford University Press, New York, N.Y. 2004, ISBN 978-0-19-852082-5.
  • The Treatment of Obsessions. Oxford University Press, New York, N.Y. 2003, ISBN 978-0198515371.
  • Angst: Diagnose, Klassifikation und Therapie. Huber Verlag, Bern 2000, ISBN 978-3-456-83415-3.
  • Mit G. Terence Wilson: The effects of psychological therapy (2., enl. ed.). Pergamon Press, Oxford 1980, ISBN 0-08-024674-5.
  • Fear and courage. W. H. Freeman, San Francisco 1978, ISBN 978-0716700890.
  • Mit Clare Philips: Arzt und Psychologe. Ein Programm zur Partnerschaft. Urban und Schwarzenberg, München 1976, ISBN 978-3-541-07401-3.
  • Verhaltenstherapie bei Phobien (3., neubearb. u. erw. Aufl.). Urban und Schwarzenberg, München 1976, ISBN 978-3-541-02283-0.
  • Angst. Formen, Ursachen und Therapie. Urban und Schwarzenberg, München 1975, ISBN 978-3-541-07121-0.
  • Verhaltensstörungen und Aversionstherapie. Eine lerntheoretische Analyse. Fachbuchhandlung für Psychologie, Frankfurt am Main 1975, ISBN 978-3-88074-100-3.
  • Wirkungen der Psychotherapie. Steinkopff, Darmstadt 1974, ISBN 978-3-7985-0364-9.
  • Mit Hans Jürgen Eysenck: Neurosen, Ursachen und Heilmethoden: Einführung in die moderne Verhaltenstherapie (6. Aufl.). Deutscher Verl. d. Wissenschaften, Berlin 1973.
  • Phobias: Their Nature and Control. Charles C Thomas Pub Ltd, Springfield, Ill. 1968.
Herausgeberschaften
  • Contributions to medical psychology Teil: Vol. 1. Pergamon Press, Oxford 1977, ISBN 0-08-020511-9.
  • Contributions to medical psychology. Teil: Vol. 2. Pergamon Press, Oxford 1980, ISBN 0-08-024684-2.
Zeitschriftenartikel/Buchbeiträge
  • Mit Adam S. Radomsky; Martha Giraldo-O'Meara; Shiu Fung Wong; Maureen L. Whittal: Cognitive therapy for compulsive checking in obsessive-compulsive disorder: A pilot trial. In: Psychiatry Research, 2020, S. 286ff.
  • Mit Adam S. Radomsky; Anna E Coughtrey; Roz Shafran: Abnormal and Normal Mental Contamination. In: Journal of Obsessive-Compulsive and Related Disorders, 2017, 17.
  • The conditioning theory of fearacquisition: A critical examination. In: Behaviour Research and Therapy, 1977, 15 (5), S. 375–387.

Literatur

  • G. Terence Wilson; Roz Shafran; Michelle G. Craske: A Tribute to Jack (Stanley) Rachman. In: Behaviour Research and Therapy, 2022, 150 (4).
  • Adam S. Radomsky; Roz Shafran; Maureen L. Whittal: Stanley 'Jack' Rachman (1934–2021), In: Behavior Research Therapy, 2021, 146

Einzelnachweise

  1. Stanley Rachman Research.com Recognitions auf ResearchCom, abgerufen am 25. August 2025.
  2. Honorary members der EEP, abgerufen am 25. August 2025.