Stadtwald Deidesheim

Der Stadtwald von Deidesheim (Rheinland-Pfalz) liegt am östlichen Rand des Mittleren Pfälzerwalds. Seine über tausendjährige Geschichte ist auch geprägt von gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Nachbargemeinden um Besitzstände und Nutzungsrechte. Zu Zeiten seiner größten Ausdehnung umfasste seine Fläche etwa 3000 Hektar und gehörte damit zu den größten gemeindeeigenen Waldbesitzungen im Raum der heutigen Pfalz.[1] Im 19. und 20. Jahrhundert schmolz die Waldfläche der Stadt durch Abtretungen und Verkäufe auf etwa 849 Hektar zusammen.
Die Stadt profitiert von ihrem Wald durch den Verkauf der Holzernte und seine Bürger konnten in früheren Zeiten hier ihr Brenn- und Bauholz schlagen; damals war auch die Kleinnutzung von Streu und Leseholz bedeutsam. In jüngerer Zeit wird der Stadtwald auch touristisch genutzt. Seit 2015 wird er im Forstrevier Wallberg zusammen mit dem Waldbesitz von sieben Nachbargemeinden verwaltet und bewirtschaftet.
Geographie

Zur Zeit seiner größten Ausdehnung umfasste der Stadtwald Deidesheims etwa 12.000 Morgen (ca. 3000 Hektar). Er wurde im Norden vom Forster und vom Wachenheimer Gemeindewald begrenzt; im Osten reichte er bei Deidesheim bis an den östlichen Rand der Haardt heran. Weiter südlich wurde er im Osten von den Gemeindewaldstücken von Ruppertsberg, Königsbach, Gimmeldingen und Haardt begrenzt. Die Südgrenze reichte bis zum Gemeindewald Hambach und bis zum Gebiet um die Burg Spangenberg im Elmsteiner Tal; die Westgrenze lag bei der Frankenweide.
Der Deidesheimer Stadtwald umschloss die Gemeinden Lambrecht und Lindenberg von drei Seiten. Er bestand aus drei Teilen, die durch den Speyerbach, also die Sohle des Neustadter Tals, sowie den Waldbesitz von Lambrecht voneinander getrennt waren. Die älteste Einteilung gliedert ihn in Vorder- und Hinterwald; der Mußbach bildetet dabei die Grenze. Im 19. Jahrhundert wurde er von der Forstverwaltung in drei Teile gegliedert: Den Vorderwald – vom östlichen Waldrand bis zu den Nordkämmen des Gimmeldinger Tals und zum Weißen Stich – den Mittelwald – im Wesentlichen das Gimmeldinger Tal selber sowie das Silbertal – und den Hinterwald, der sich südlich und westlich des Mittelwalds bis Neidenfels erstreckte.

Zahlreiche Grenzsteine und -felsen, welche die Grenze des Deidesheimer Stadtwalds markierten, sind heute noch erhalten, darunter die Breite Loog, der Weinbiet-Stein, der Kaffenstein, der Schwehrstein, der Spielstein, der Hinkelstein, der Loogfels A, der Loogfels Nr. 203, der Pfannenstein, der Christophel-Schuh, der Loogfels am Cyriakuspfad, und die Loogfelsen Zeugenstein und Nonnenbrunz.
Die höchsten Berge im Stadtwald sind der Hintere Stoppelkopf (566 m), der Vordere Langenberg (545 m) und der Hermannskopf (531 m). Vier seiner Täler, die ganz oder zum Teil im Stadtwald liegen bzw. lagen, münden nach Osten in die Rheinebene: Das Sensental, das Mühltal, das Gimmeldinger Tal und das Neustadter Tal.
Geschichte
Mittelalter
Das 699 erstmals erwähnte Deidesheim bestand anfangs aus zwei Orten: Aus Oberdeidesheim, dem heutigen Deidesheim, und Niederdeidesheim, dem heutigen Niederkirchen. Zunächst war das heutige Niederkirchen der Hauptort, spätestens seit dem 14. Jahrhundert war dann in Deidesheim der Sitz der Verwaltung, nachdem dort eine Burg errichtet und der Ort befestigt worden war. Deidesheim war ein altes Königsgut aus fränkischer Zeit, später im Besitz der Salier; seit etwa 1100 war es durch Schenkungen an die Bischöfe von Speyer übergegangen. Einer Legende nach soll zu Anfang der Geschichte des Stadtwalds eine Schenkung des fränkischen Königs Dagobert gestanden haben; auch wenn sein „Testament“, das Deidesheim als Haingeraide nannte, sich später als Fälschung herausstellte, fußte dieses möglicherweise auf tradierten Tatsachen: Den Königshöfen entlang der Haardt, wie Deidesheim einer war, wurden wohl größere Waldgebiete überlassen oder geschenkt, die von den Königen nicht genutzt werden konnten, da sie fernab residierten.[2]
Einen Teil seines Waldes musste Deidesheim im Jahr 987 abgeben; Herzog Otto gründete in diesem Jahr das Kloster Lambrecht bei dem Ort Grevenhausen. Bei dem etwa 1000 Morgen großen Waldgebiet, mit dem er das Kloster bei seiner Gründung ausstattete, handelte es sich wohl nicht um sein eigenes, salisches Erbgut, sondern um Wald aus Deidesheimer Besitz.[3]
Etwa um das Jahr 1200 ging dem Deidesheimer Stadtwald ein weiteres Stück verloren: Als die Wolfsburg gebaut wurde, um die Straße Neustadt–Kaiserslautern zu schützen, verlehnten die Speyerer Bischöfe das Gelände hierfür an die Pfalzgrafen bei Rhein. Danach vergrößerte sich der Stadtwald Deidesheims wieder etwas: Das Lambrechter Kloster veräußerte einen Teil seines Waldbesitzes an Deidesheim. In welchem Jahr das geschah, ist nicht bekannt; möglicherweise verkauften die Dominikanerinnen einen Teil ihres Waldes um 1350, als sie die Klosterkirche bauen ließen, um finanzielle Mittel dafür aufbringen zu können. Mit diesem Zuwachs hatte der Deidesheimer Stadtwald um die Mitte des 14. Jahrhunderts seine größte Ausdehnung erreicht.[4]
Einigen seiner Nachbarn gewährte Deidesheim Holz- und Weiderechte auf seinen Waldgebieten. Das älteste überlieferte von diesen, die Erlaubnis, Großvieh im Deidesheimer Wald weiden zu lassen, nahm das Kloster St. Lambrecht wahr; es galt hauptsächlich für die Waldungen rechts, also südlich des Speyerbachs. Als Gegenleistung musste jedes Jahr an Pfingstdienstag, dem Gerichtstag in Deidesheim, vom jüngsten Lambrechter Bürger ein Geißbock abgeliefert werden. Obwohl die Weiderechte von Lambrecht schon lange nicht mehr wahrgenommen werden, wird bis heute alljährlich ein Geißbock an Deidesheim abgeliefert.[5] Als Die Geißbocktradition zwischen den Städten Lambrecht und Deidesheim wurde diese brauchtümliche Handlung 2025 ins Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes Deutschlands aufgenommen.[6] Daneben gewährte Deidesheim den kurpfälzischen Nachbarn noch drei Holzrechte auf seinem Waldgebiet: Dem Pfarrer von Gimmeldingen, der Burg Winzingen sowie der Kellerei Neustadt. Als Gegenleistung wurde dem Speyerer Bischof als dem Stadtherrn Deidesheims von der Kurpfalz ebenfalls drei Rechte zugesprochen: 1. Das Floßrecht auf dem Speyerbach mit Landerecht auf der Allmende in Neustadt; 2. Deidesheim durfte sein Holz aus dem Wald ohne Wegzoll über Gimmeldingen ausfahren; 3. Deidesheim durfte sein Mehl in der Bischofsmühle in Winzingen mahlen lassen.[5]
Frühe Neuzeit

Bezüglich solcher Rechte Dritter am Deidesheimer Wald gab es aber Unklarheiten über Art und Umfang. Die Kurpfalz beanspruchte ein viertes Holzrecht für die Wolfsburg, das aber von Deidesheim nicht anerkannt wurde. Die dem Hochstift Speyer machtpolitisch überlegene Kurzpfalz unterstützte ihre an den Deidesheimer Wald angrenzenden Gemeinden darin, steigende Ansprüche gegen das waldreiche Deidesheim durchzusetzen; dies traf auf Neustadt, Gimmeldingen und Haardt zu, die Weiderechte im Deidesheimer Stadtwald hatten und dem Rat von Deidesheim alljährlich in einem Gasthaus dafür einen Imbs als Entgelt dafür geben musste. Im Jahr 1553 wurde das Kloster St. Lambrecht aufgehoben und damit fiel ein weiterer an den Stadtwald angrenzender Bezirk an die Kurpfalz. Um umstrittene Punkte zu klären, einigte sich im Jahr 1503 der Speyerer Bischof Ludwig von Helmstatt mit der Kurpfalz, diese von einem Schiedsgericht klären zu lassen. Als Obmann fungierte der Meister des Deutschen Ordens mit Sitz in der Marienburg, Hartmann von Stockheim. Die Differenzen konnte aber auch der Schiedsspruch nicht vollständig ausräumen. 1521 kam ein Vertrag zwischen der Kurzpfalz und dem Hochstift Speyer zustande, geschlossen zwischen dem Speyerer Bischof Georg von der Pfalz und Kurfürst Ludwig V., demzufolge Deidesheim das Holzrecht für die Wolfsburg anzuerkennen hatte. Bereits zuvor, im Jahr 1448, musste Deidesheim auch der wachsenden Gemeinde Lindenberg sowohl ein Holz- als auch ein Weiderecht im Stadtwald einräumen.[7]
Nach dem Dreißigjährigen Krieg musste Deidesheim, um Wiederaufbaumaßnahmen stemmen zu können, seinen Stadtwald vorübergehend verpfänden; selbst über einen Verkauf wurde nachgedacht. Wahrscheinlich wurde er Mitte der 1660er Jahre bereits wieder ausgelöst. Nach dem Pfälzischen Erbfolgekrieg, in dem Deidesheim 1689 niedergebrannt wurde, litt der Stadtwald schwer, denn es mussten 240 Häuser sowie der Dachstuhl der Ulrichskirche wieder aufgebaut werden.[8]
Das 18. Jahrhundert war geprägt von Gerichtsprozessen, bei welchen Deidesheim die kurpfälzischen Nachbargemeinden ihre eigenmächtig ausgedehnten Holzrechte zu nehmen sowie Waldfrevel zu unterbinden versuchte. Sie begannen 1726 und zogen sich ein Dreivierteljahrhundert bis in die Franzosenzeit. Wiederholt wurde von Deidesheim in dieser Zeit das Reichsgericht angerufen. Zum Nachteil der Deidesheimer erwies sich die Tatsache, dass das Heilige Römische Reich kaum Möglichkeiten hatte, die Urteile des Reichsgerichts durchzusetzen; seine höchsten Instanzen, der Reichshofrat in Wien und das Reichskammergericht in Wetzlar waren weit entfernt und hatten zudem nur begrenzte Zuständigkeiten. 1726 erhob Deidesheim Klage gegen Gimmeldingen und Haardt wegen zu Unrecht wahrgenommener Holzrechte beim Reichshofrat; dieser fällte erst 1749 ein Urteil, das Deidesheim zwar Recht gab, aber keine praktischen Folgen hatte. Da Deidesheim sein Recht auf diesem Weg nicht durchsetzen konnte, gab es 1755 einen Vertrag zwischen dem Hochstift Speyer und der Kurpfalz, mit dem Deidesheim ein etwa 929 Morgen großes Waldstück – im Wesentlichen der Hintere Langenberg und das Schwalbeneck – nutzungsweise an die Kurpfalz abgeben musste. Sämtliche Holzrechte der Kurpfalz wurden im Gegenzug auf diesen Bereich beschränkt. Da infolgedessen Grenzsteine in diesem Bereich umgesetzt wurden, wurde das Gebiet als „ausgesteinter Wald“ bezeichnet. Der Waldfrevel durch Deidesheims kurpfälzische Nachbargemeinden ging aber unvermindert weiter. Im Jahr 1769 fällte der Reichshofrat erneut ein Urteil zugunsten von Deidesheim, doch wiederum konnte das Deidesheim sein Recht praktisch nicht durchsetzen. Im Jahr 1770 versuchte die Gemeinde Lambrecht mit einer gefälschten Urkunde, die der Fälscher Heintz aus Hinterweidenthal angefertigt hatte, sich den Deidesheimer Stadtwald südlich des Speyerbachs anzueignen. Die Klage Lambrechts bzw. von deren Schutzherrschaft, der Universität Heidelberg bzw. der Kurpfalz, wurde 1798 aber zugunsten von Deidesheim entschieden. Zum Vollzug des Urteils kam es aber nicht mehr, da inzwischen die Franzosen das Gebiet links des Rheins erobert hatten.[9]
Franzosenzeit
Mit dem Beginn der Franzosenzeit hatte die alte Aufteilung in Kleinstaaten ein Ende. Deidesheim konnte nun nicht mehr uneingeschränkt über seinen Waldbesitz verfügen; eine straffe, zentralistische Forstaufsicht wurde eingeführt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte sein Waldbesitz noch immer eine Ausdehnung von etwa 12.000 Morgen, wenn auch der Besitzstand teilweise noch rechtsumstritten war; Prozesse waren noch mit den Lambrecht, Gimmeldingen und Haardt aus Zeiten des alten Reichs offen; nun – unter der neuen französischen Verwaltung – versuchte Deidesheim, diese zu einer endgültigen Entscheidung zu bringen. Mit Lambrecht ging Deidesheim 1805 einen Vergleich ein: Es trat ein ca. 700 Morgen großes Gebiet seines Hinterwalds an Lambrecht ab, das südlich des Speyerbachs lag. Die alljährliche Lieferung eines Geißbocks, die als Entgelt für die Weiderechte schon in den Jahrhunderten zuvor von Lambrecht zu leisten war, sollte weiterhin fortgeführt werden. Napoleon Bonaparte bestätigte diesen Vergleich am 25. November 1808 in seinem Feldlager im spanischen Aranda de Duero. Bei den Rechtsstreitigkeiten mit Gimmeldingen und Haardt dagegen ging Deidesheim den Rechtsweg weiter, beraten von seinem Stadtsyndikus Johannes Loew. 1812 entschied ein Speyerer Gericht in erster Instanz zugunsten von Deidesheim; später wurde dieses Urteil – nun unter bayerischer Herrschaft – vom Appellationsgericht Zweibrücken bestätigt. Der Deidesheimer Waldbesitz war somit gegenüber diesen beiden Gemeinden gesichert. Deidesheim dankte dies Johannes Loew mit einem Fuder 1811er-Wein.[10]
Weitere Entwicklung bis heute
Die Folgen der Koalitionskriege belasteten das Deidesheimer Stadtsäckel schwer; man entschloss sich deshalb 1821, weiteren Waldbesitz im Hinterwald, wiederum Gebiete südlich des Speyerbachs, an Lambrecht zu verkaufen. Es handelte sich dabei um etwa 960 Morgen (etwa 238 Hektar). Auch mit der Gemeinde Lindenberg stritt Deidesheim im 19. Jahrhundert vor Gericht: Es ging um das Streunutzungsrecht im Deidesheimer Wald; in einem ersten, langen Prozess vor dem Bezirksgericht Frankenthal, später vor dem Landgericht Frankenthal zwischen 1825 und 1887 bekam Lindenberg Recht gesprochen, einen zweiten Prozess zwischen 1897 und 1904 gewann Deidesheim.[11]

Nachdem die politische Gemeinde Deidesheim und Niederkirchen 1818 aufgelöst und Niederkirchen zu einer eigenständigen Gemeinde erhoben worden war, wurde im Jahr 1873 auch der gemeinsame Waldbesitz aufgeteilt: Niederkirchen übernahm – entsprechend dem Anteil seiner Bevölkerungszahl – etwa 590 Hektar aus des Stadtwalds als seinen Besitz. Es handelte sich dabei um das nördliche Drittel des Stadtwalds. Neue Grenzsteine markieren seither die Waldgrenze zwischen Deidesheim und Niederkirchen, der an Niederkirchen abgetretene Teil des Waldes blieb jedoch Teil der Deidesheimer Gemarkung.
Das 19. Jahrhundert endete mit einer beträchtlichen Verkleinerung des Waldbesitzes der Stadt: Von den ursprünglich etwa 12.000 Morgen waren 1700 Morgen an Lambrecht verkauft und 2400 Morgen an Niederkirchen abgetreten worden. Die etwa 900 Morgen des „ausgesteinten Walds“ aus dem Vertrag mit der Kurpfalz von 1755 wurden vom Königreich Bayern als dem Rechtsnachfolger der Kurpfalz Gimmeldingen und Haardt zu vollen Nutznießung übertragen und waren Deidesheim somit entzogen; der Waldbesitz Deidesheims betrug zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch etwa 5000 Morgen;[12] durch weitere Verkäufe an Lindenberg und das Land Rheinland-Pfalz verringerte sich dieser weiter auf zuletzt etwa 3415 Morgen (etwa 849 Hektar).[13][14]
Der Stadtwald ist heute Teil des Forstreviers Wallberg. Seit 2015 obliegt die Bewirtschaftung des stadteigenen Waldbesitzes nicht mehr Deidesheim selbst; die acht Städte und Gemeinden, deren Waldbesitz im Forstrevier Wallberg zusammengefasst ist, haben in diesem Jahr den Forstzweckverband Mittelhaardt gegründet, der zwischengeschaltet ist und die Verwaltung über den Waldbesitz wahrnimmt.[15]
Forstwirtschaft
Die Nutzung des Deidesheimer Stadtwalds war bis zum Ende des Mittelalters weitgehend ungeregelt, die Waldaufsicht unzureichend; die Einwohner der Stadt und diejenigen der Nachbargemeinden schlugen ihr Brenn- und Bauholz oft nach Bedarf. Die früheste bekannte Waldverordnung aus dem Jahr 1430 wurde vom Stadtherrn Raban von Helmstatt erlassen und erklärte bestimmte Waldbezirke für gebannt: Dort durfte fortan kein Bauholz mehr geschlagen werden. Die gebannten Bezirke lagen im Vorderwald, also dem Gebiet nahe der Stadt; dieser war damals schon stark übernutzt und wurde 1505 als verwüstet bezeichnet.[16] In einem Ratsprotokoll aus dem Jahr 1544 wurde erwähnt, dass Deidesheim Holz an Ruppertsberg, Meckenheim, Königsbach, Mußbach und weitere Orte verkaufte, also damals schon wirtschaftliche Vorteile aus seinem Wald ziehen konnte.[17]
Fachmännische Waldbewirtschaftung und Wiederaufforstung gab es bis ins 19. Jahrhundert nicht; auch im 17. Jahrhundert war der Vorderwald immer noch derart verwüstet, dass der Stadtrat die Holzausfuhr aus diesem unter Strafe stellte; für den Wiederaufbau der Stadt, nachdem diese 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg niedergebrannt worden war, wurde Holz aus dem Hinterwald geschlagen.[18] Im Jahr 1756 stellte Deidesheim eine neue Waldverordnung auf, der zufolge Holz von Nutzungsberechtigten nicht mehr selber geschlagen werden durfte, sondern nur noch durch stadteigene Holzfäller. Die Verordnung konnte jedoch kaum durchgesetzt werden und der Plünderung des Waldes kein Ende bereiten.[19]

Nachdem die Franzosen 1798 die Herrschaft über Deidesheim übernommen hatten, wurden zwei hauptamtliche Förster eingestellt, die anstelle der bisher ehrenamtlichen Waldaufsicht für den Stadtwald zuständig waren und unter französischer Oberaufsicht standen; ein Bewirtschaftungsplan wurde nicht aufgestellt, aber gegen Waldfrevler wurde nun härter vorgegangen. Ein Bericht aus dieser Zeit zeigt, wie sehr der Stadtwald verwüstet war; allein im Vorderwald wurden 518 abgestorbene und verstümmelte Bäume gezählt.[20] Nachdem Deidesheim 1816 an das Königreich Bayern gefallen war, wurde der Stadtwald fortan systematisch, fachmännisch und unter forstwissenschaftlichen Aspekten bewirtschaftet; der entsprechende Erlass dafür stammt vom 1. Juli 1831. Der Stadtwald fiel unter die Oberaufsicht des Forstamts Neustadt an der Haardt. Die Aufsicht über den Wald übernahmen drei Waldschützen und es wurden drei Forsthäuser gebaut, um diese zu erleichtern: Das Forsthaus Silbertal (1818), das Forsthaus Benjental (1878) und das Forsthaus Luhrbach (1873).[21]
Selbst bei guten Holzpreisen war die Rentabilität des Stadtwalds bis weit ins 20. Jahrhundert bescheiden. Neben der Holzernte spielte früher auch die Streunutzung eine Rolle, vor allem für die viehhaltende Bevölkerung; an zwei „Waldtagen“ durfte bis ins 20. Jahrhundert auch Leseholz aufgelesen und abtransportiert werden, was vor allem der ärmeren Bevölkerung zugutekam.[22] In geringerem Maße generierten auch Jagd und Fischfang im Wald Einnahmen für die Stadtkasse; entsprechende Flächen und Plätze konnten für diese Zwecke gepachtet werden.
Seit 2015 wird der Stadtwald gemeinsam mit dem Waldbesitz von sieben Nachbargemeinden im Forstrevier Wallberg bewirtschaftet; dafür wurde der Forstzweckverband Mittelhaardt gegründet. Holzernte und -vermarktung sind zentrale Aufgaben, ebenso wie den Wald zu erhalten und wirtschaftliche Schwankungen auszugleichen. Der Forstzweckverband schreibt schwarze Zahlen (Stand: 2024).[23]
Tourismus
Bis zu Anfang des 20. Jahrhunderts gab es fast ausschließlich Wege in den Deidesheimer Wald, die dem Abtransport von Holz dienten und mitten im Wald endeten. Es gibt Vermutungen über eine alte Durchgangsstraße aus römischer Zeit, die von Schifferstadt kommend durch das Sensental und am Eckkopf vorbei Richtung Enkenbach geführt haben soll; sie verlor allerdings ihre Bedeutung und wurde vergessen.[3] Daneben gab es schon früh eine Durchgangsstraße von Neustadt nach Kaiserslautern, die durch das Neustadter Tal führte und entlang des Deidesheimer Stadtwalds verlief. Später kam noch der Eselsweg als durchgehender Waldweg hinzu.[13]
Erst zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurden von der Deidesheimer Ortsgruppe des Pfälzerwald-Vereins bestehende Wege ausgebaut und neue angelegt und damit der Wald für Wanderer erschlossen. Heute ist der Stadtwald von einem ausgeprägten Wegenetz durchzogen, die mit Markierungen versehen sind. Über diese lassen sich kulturgeschichtliche Denkmäler wie die Heidenlöcher und die Michaelskapelle sowie das Turnerehrenmal erwandern, ferner der Eckkopfturm und die ehemaligen Forst- und Jagdhäuser Benjental und Looganlage sowie das – heute zu Niederkirchen gehörende – Forsthaus Silbertal.
Literatur
- Arnold Siben: Geschichte des Deidesheimer Stadtwaldes. Verlag G. Braun, Karlsruhe i. B. 1948.
Einzelnachweise
- ↑ Siben: S. 229
- ↑ Siben: S. 199
- ↑ a b Siben: S. 198
- ↑ Siben: S. 200
- ↑ a b Siben: S. 200–204
- ↑ Immaterielles Kulturerbe. Die Geißbocktradition zwischen den Städten Lambrecht und Deidesheim. Deutsche UNESCO-Kommission e. V., abgerufen am 5. September 2025.
- ↑ Siben: S. 204–209
- ↑ Siben: S. 212–213
- ↑ Siben: S. 213–219
- ↑ Siben: S. 219–220
- ↑ Siben: S. 220–222
- ↑ Siben: S. 222
- ↑ a b Berthold Schnabel: Deidesheim. Bilder von 1870–1970 aus der Stadt, der Gemarkung und dem Wald. Hrsg.: Stadt Deidesheim. Geiger-Verlag, Horb 2015, ISBN 978-3-86595-588-3, S. 9.
- ↑ Forstzweckverband Mittelhaardt. Verbandsgemeindeverwaltung Deidesheim, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 8. März 2019; abgerufen am 8. September 2025.
- ↑ Forstzweckverband Mittelhaardt. Verbandsgemeinde Deidesheim, abgerufen am 5. September 2025.
- ↑ Siben: S. 205, 209
- ↑ Siben: S. 211
- ↑ Siben: S. 213
- ↑ Siben: S. 215
- ↑ Siben: S. 219–220
- ↑ Siben: S. 223
- ↑ Siben: S. 224
- ↑ Kathrin Keller: Der Wald und seine Pfleger. In: Die Rheinpfalz, Mittelhaardter Rundschau. Nr. 197, 26. August 2025.
Koordinaten: 49° 24′ 31″ N, 8° 8′ 2″ O