Stadtmuseum Riesa

Stadtmuseum Riesa (2022)

Das Stadtmuseum Riesa ist ein 1923 eröffnetes Museum in Riesa im Landkreis Meißen. Es befindet sich im Haus Poppitzer Platz 3, einer ehemaligen Artillerie-Kaserne der Garnison Riesa.

Museumsgeschichte

Schon der Stauchitzer Rittergutsbesitzer Ludwig Eduard Viktor von Zehmen (1812–1892) sammelte während des Baus der Eisenbahnlinie Riesa–Döbeln gut erhaltene historische Gefäße bei begleitenden Ausgrabungen. Dank einer Spende des Kommerzienrats Carl Robert Schönherr aus Riesa konnte diese Sammlung im Jahr 1930 vor der Versteigerung für das Heimatmuseum Riesa erworben werden. Etwa fünfzig Jahre später setzte sich der Nünchritzer Oberlehrer Karl Ernst Peschel (1853–1927) für die Bergung vorgeschichtlicher Funde ein. Wie Wiegand hatte er nur Interesse an gut erhaltenen Gefäßen und schenkte den Scherben keine Beachtung. Durch das fehlende Interesse der Riesaer Stadtverwaltung zerstreute sich die Sammlung und ist, bis auf einige Stücke in Dresden, zum großen Teil verloren. Bis zur Zeit des Ersten Weltkriegs schlugen alle Bemühungen zur Gründung eines Heimatmuseums in Riesa fehl.[1]

Im Jahr 1921 fanden sich einige Männer – darunter der Riesaer Fabrikant und Kunstmäzen Franz Xaver Hynek – zusammen, um sich für die Schaffung eines Heimatmuseums für Riesa einzusetzen. Umliegende Orte wie Gröba, Oschatz und Strehla besaßen zu diesem Zeitpunkt bereits ein Museum. Leitgedanke der Männer um Hynek war: „Nur wer seine Heimat in Gegenwart und Vergangenheit kennt, kann Heimatverständnis und Heimatliebe aufbringen.“ So gründeten sie im Oktober 1921 den „Verein Heimatmuseum Riesa und Umgebung e.V.“, der zum Trägerverein des Heimatmuseums werden sollte. Erster Vorsitzender des Vereins wurde der damalige Riesaer Bürgermeister Scheider. Zum achtköpfigen Vereinsvorstand zählte auch der Lehrer Alfred Mirtschin, der sogleich als Museumsverwalter vorgesehen wurde. Die Zahl der Vereinsmitglieder wuchs schnell – 1922 zählte der Verein schon 90 Mitglieder, darunter Unternehmer, Kaufleute, Handwerker, Lehrer und Beamte der Stadtverwaltung. Es herrschte eine rege Sammlungstätigkeit geeigneter musealer Objekte. So nahm der Vorstand allein bis April 1923 über 500 Objekte von 270 Spendern entgegen, die zunächst in den Wohnungen der Vorstandsmitglieder aufbewahrt werden mussten.

Einen erster Raum für Ausstellungen stellte die Firma C.C. Brandt auf ihrem Fabrikgelände auf der Bahnhofstraße in einem Kontorraum zur Verfügung. Dadurch konnte der Verein ab 19. März 1922 an Sonntagen vormittags unentgeltlich Besichtigungen erlauben. Aus Platzmangel muss der Raum ab 29. November 1922 wieder für die Öffentlichkeit gesperrt werden.[1] Anlässlich des 300. Jahrestages der Stadtrechtsverleihung beschlossen die Riesaer Stadtväter schließlich 1923, einen Schlafsaal in der ehemaligen Artilleriekaserne am Poppitzer Platz für ein Heimatmuseum zur Verfügung zu stellen. Der abseits vom Zentrum gelegene Ort sollte zunächst nur eine Übergangslösung sein. Die Interimslösung erwies sich jedoch als dauerhaft. Noch vor der Eröffnung des Museums am 25. August 1923 schloss sich der Museumsverein Gröba dem Verein als Zweiggruppe an und übergab seinen gesamten Sammlungsbestand dem Heimatmuseum Riesa. Das Museum war anfangs an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat von 13 bis 15 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet. Schulklassen konnten mit ihren Lehrern an allen Schultagen vormittags ins Museum kommen.

Schon nach einigen Monaten zeigte sich, dass der Museumsraum nicht mehr ausreichte, um die vorhandenen Sammlungen geschlossen zu präsentieren und außerdem eine gewisse Sicherheit für die Musealien zu gewährleisten. Deshalb schrieb der Verein im Oktober 1923 ein Gesuch an den Rat der Stadt Riesa mit der Bitte, ihm noch die zwei über dem Museum befindlichen Stockwerke zur Verfügung zu stellen. Den Einbau einer Treppe und die Treppe selbst wollte man durch Sammlungen finanzieren. Das Ansinnen wurde im Februar 1924 bewilligt, am 12. April 1925 konnte das erweiterte Museum neu eröffnet werden. Ab diesem Zeitpunkt wurde erstmals ein Eintrittsgeld von 20 Pfennigen für Erwachsene erhoben. Da die Ausstellungsräume nicht beheizbar waren, musste das Museum im Winter geschlossen bleiben. Im Jahr 1929 wurde das Museum entscheidend umgestaltet. Der Neuzugang von Musealien sowie die vielen Funde für die prähistorische Abteilung machten diese Neuordnung und Ergänzung der geschichts- und der prähistorischen Abteilung erforderlich.[1] Im Laufe der Jahre wurden der einstigen Kaserne immer mehr Räume für die wachsende Museumssammlung abgerungen. Die wichtigsten Abteilungen im Museum waren die Vorgeschichte, die Ortsgeschichte, Naturwissenschaften und die industrielle Entwicklung.

Unter dem Einfluss des Nationalsozialismus kamen Themen wie „Das Hakenkreuz im Laufe der Jahrtausende“, Deutschtum, Vererbungslehre, Sippenkunde, Ahnentafel, Stammbaum und Rassenfragen hinzu. 1938 wurde der Museumsverein aufgelöst, das Vereinsvermögen, insbesondere das Heimatmuseum, ging in städtischen Besitz über. Die Mitglieder wurden in den 1934 gegründeten „Verkehrs- und Verschönerungsvereins der Stadt Riesa e.V.“ überführt. Eine Begründung dafür war, dass man das Museum zum Kreismuseum des Landkreises Großenhain machen wollte. 1944 wurde vom Leiters der Luftschutzpolizei, die Unterbringung der Sanitätsbereitschaft im oberen Museumsraum verlangt. Der halbe Raum wurde auf Reichskosten hergerichtet, Mirtschin musste die Bodenfunde in den benachbarte Gemeinden (Pausitz, Nickritz und der Schule in Quersa) auslagern. Im Januar 1945 wurde das Heimatmuseum geschlossen, die restlichen Exponate im Keller untergebracht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg diente Teil des Gebäudes als Wohnung für Familien bzw. als Auffangstelle für Umsiedler, im anderen waren Soldaten der Roten Armee untergebracht. Der Sammlungsbestand zeigte sich teilweise durcheinander, beschädigt oder zerstört. Nach einer Rückführung der ausgelagerten Exponate konnte ab dem 15. April 1946 das Heimatmuseum in den warmen Monaten wieder sonntags in der Zeit von 10 bis 12 Uhr geöffnet werden. Im Sommer 1952 wurden die in die Ausstellungssäle eingebauten Zwischenwände entfernt, alle Sammlungen geordnet und neu aufgestellt sowie die Räume renoviert. Am 27. Juli 1952 wurde das Museum feierlich wiedereröffnet. Mit der Kreisreform von 1952 lag das Museum nicht mehr im Kreis Großenhain, sondern war das Heimatmuseum im Kreis Riesa. Im Jahr 1953 konnten zwei Öfen in die Ausstellungssäle eingebaut werden. Damit wurde es erstmals möglich, das Museum ganzjährig zu öffnen. Eine erste Weihnachtsausstellung erwies sich als Besuchermagnet. 1955 wurde ein ehemaliger Schlafsaal im zweiten Obergeschoss dem Museum zur Verfügung gestellt, eine Gruppe von Rentnern baute eine Treppe ein, über die der Saal zu erreichen war. Die Bedeutendste Neuerwerbung des Jahres 1956 war die Gesteinssammlung von Franz Hynek, die für 4.000 Mark in den Bestand des Museums überging und unmittelbar danach in einer Ausstellung gezeigt wurde. In der Zeit von 1957 bis 1959 wurden alle Dauerausstellungen einer gründlichen Überarbeitung unterzogen. 1960 verbesserten sich die Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit durch den Bau eines sogenannten Kulturraumes (heute Café). Zu Beginn der 60er Jahre wird die Ur- und Frühgeschichtsausstellung modernisiert sowie die Stadtgeschichte völlig neu erarbeitet.

Eine bedeutende Erweiterung der Arbeits- und Ausstellungsmöglichkeiten brachte die Schaffung des „Ausstellungszentrums Riesa“ (AZ) im Saal der damaligen Gaststätte „Zur Traube“ anlässlich des 25. Jahrestages der Gründung der DDR 1974. Damit war es nun möglich, größere Sonderausstellungen zu organisieren und diese, bedingt durch die Lage des Hauses, im Zentrum der Stadt zu präsentieren. 1986 wurde das Gebäude von der Staatlichen Bauaufsicht gesperrt und das AZ geschlossen.

1984 gelang es, die komplette Einrichtung einer Schulklasse aus Röderau für das Museum zu übernehmen. In diesen Schulbänken aus der Zeit um die Jahrhundertwende wird seitdem historischer Unterricht gegeben. Bis zum Ende der DDR wurden die Mängel am Museumsbau immer größer. Die Säle waren durch Magazineinbauten zergliedert, die Keller feucht und das Dach an vielen Stellen undicht. Die Riesaer Stadträte beschlossen im November 1996 das Kultur- und Sportamt der Stadt mit allen zugeordneten Kultur- und Sporteinrichtungen in eine Förder- und Verwaltungsgesellschaft Riesa für Wirtschaft, Kultur und Sport mbH zu überführen (FVG Riesa mbH). Damit endete für das Museum die seit 1938 währende städtische Trägerschaft. Das Museumsgebäude und der museale Sammlungsbestand verblieben in den Händen der Stadt.

Von 2006 bis 2007 erfuhr der Gebäudekomplex am Haus am Poppitzer Platz eine grundlegende Sanierung und Modernisierung. Die Kosten beliefen sich auf 4,4 Millionen Euro, neben Fördermitteln gehörten dazu auch 2,1 Millionen Euro städtische Eigenmittel.[2] Seitdem befinden sich im Haus das Stadtmuseum und die Stadtbibliothek unter einem Dach (mit der Wiedereröffnung erfolgte die Umbenennung von Heimatmuseum in Stadtmuseum). Im Eingangsbereich gibt es einen Museumsshop und ein Café. Der große Saal im Erdgeschoss ist den Sonderausstellungen vorbehalten. Im angrenzenden, neu angebauten Veranstaltungsraum finden Vorträge, Lesungen und andere Veranstaltungen statt.[3]

2009 erhielt das Museum den Spezialpreis des Sächsischen Museumspreises verliehen. Das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst würdigte damit die herausragende Arbeit des Museums für die Bewahrung des kulturhistorischen Erbes, die Rekonstruktion des Museums, sein modernes Ausstellungskonzept und die museumspädagogische Arbeit des Hauses.[2]

Gebäude

Ansicht der Kaserne um 1900

Die ehemalige Kaserne wurde 1892 errichtet (anderen Quellen zufolge zwischen 1894 und 1896)[4] und am 27. September 1892 übergeben.[5][6] Der Baumeister Hermann Wenzel übernahm die Bezahlung der Leistungen und Materialien zunächst selbst, diese wurden ihm erst nach Übernahme der Kaserne erstattet („Privatkasernement“).[7]

Die Kaserne ist ein Kulturdenkmal. Der Baukörper ist von den schlichten Formen gründerzeitlicher Militärbaukunst mit bescheidene Architektursprache geprägt. Er besitzt baugeschichtlichen, militärhistorischen und ortsgeschichtlichen Zeugniswert und ist ortsbildprägend. Sein äußeres Erscheinungsbild wurde verändert, die originale Fassadenstruktur ist verloren. Die originale Baugestalt (Kubatur) ist noch erkennbar und begründbar als charakterisierender gründerzeitlicher Kasernenbau mit symmetrisch strenger Gliederung der Baumassen.[4]

Sammlungen

Das Museum, ursprünglich als bescheidene Schausammlung konzipiert, hat durch das Engagement des Museumsvereins und die Unterstützung der Stadt Riesa im Laufe der Jahrzehnte eine stetige Erweiterung erfahren. Mit der Zeit wurde die Sammlung von bedeutenden Fachsammlungen geprägt und zählt heute nahezu 53.000 inventarisierte Objekte.

Die prähistorische Sammlung des Museums gilt als eine der reichhaltigsten in Sachsen und beleuchtet mehr als 7.000 Jahre Menschheitsgeschichte im mitteldeutschen Siedlungsgebiet. So befinden sich die erhaltenen Gegenstände des Depots von Röderau im Museum. Der Grundstein der archäologischen Sammlung wurde von Alfred Mirtschin gelegt, der zwischen 1922 und 1962 zahlreiche Funde in der Umgebung von Riesa (einschließlich Oschatz, Strehla, Ortrand, Radeburg, Meißen und Lommatzsch) dokumentierte und sicherte. Während dieses Zeitraums brachte er zehntausende Artefakte in das von ihm geleitete Heimatmuseum Riesa.

Das Museum beherbergt ebenfalls eine naturwissenschaftliche Sammlung, die Exponate der einheimischen Flora, Fauna und Geologie umfasst, und als Zeugnisse der natürlichen Entwicklung der Region dient. Zudem belegen Zeitzeugnisse aus Handwerk, Handel und Industrie wichtige Tendenzen der regionalen Geschichte und machen Phasen von Aufschwung, Rückschritt und Wiederbelebung nachvollziehbar.

Die im Museum vorhandene Möbelsammlung bietet Perspektiven auf die Wohn- und Lebensgewohnheiten verschiedener Epochen. Die Kunstsammlung enthält vornehmlich Werke regionaler Künstler wie Paul Häusler, Ernst Christian Walcha und Benno Werth, der in Riesa das Licht der Welt erblickte. Hinzu kommen bedeutende Sammlungen von Fotografien, Plakaten und Postkarten sowie mehrere tausend Schriftstücke, die die regionale Geschichte detailliert dokumentieren. Ergänzt wird dies durch ein Zeitungsarchiv, das die seit 1848 in Riesa regelmäßig erschienenen Tageszeitungen umfasst.[8]

Ausstellungen

Dauerausstellung

Die Dauerausstellung wurde 2006/2007 komplett überarbeitet. Sie gliedert sich in neun Bereiche.[9]

Besiedlungsgeschichte

Ur- und Frühgeschichte

Die archäologische Sammlung der Stadt Riesa wurde maßgeblich von Alfred Mirtschin, einem Lehrer und Heimatforscher, geprägt. Über einen Zeitraum von mehr als 40 Jahren als ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger errichtete er eine der bedeutendsten archäologischen Sammlungen in Sachsen, gleich hinter Dresden, Görlitz und Bautzen. Die von ihm gesammelten Artefakte bieten Einblicke in die Besiedlungsgeschichte des Elbtals in der Region um Riesa. Sie gewähren Informationen über Arbeitsweisen, Lebensbedingungen, Ernährungspraktiken und Bestattungsriten früherer Zivilisationen und reflektieren den Einfluss verschiedener Kulturen im Gebiet. Der chronologische Rahmen der Exponate reicht von der Altsteinzeit, beginnend mit 200.000 v. Chr., bis zur slawischen Besiedlung.

Kloster und Rittergut

Biedermeierraum (2025)

Im Jahr 1119 wurde das erste Kloster in Riesa gegründet, welches das erste seiner Art in der Mark Meißen darstellt. In den folgenden 100 Jahren stellte sich die Geschichte des Klosters als wechselhaft dar. Ab 1234 fungierte es als benediktinisches Nonnenkloster und bestand bis zur Aufhebung während der Reformation. Die Umwandlung des Klosters in ein Rittergut sowie die Entwicklung der umliegenden Bauern- und Bürgergemeinde werden durch die dort ausgestellten herrschaftlichen Möbel sowie bäuerliche und kleinbürgerliche Einrichtungsgegenstände veranschaulicht. Ein Biedermeier-Wohnzimmer gibt einen Einblick in das beschauliche, kleinbürgerliche Leben in einer Stadt, die lange Zeit im Schatten größerer Geschehnisse stand.

Zündende Ideen

Zündende Ideen (2025)

Die Dokumentation der lange Zeit mit der Geschichte Riesa eng verknüpften Zündholzproduktion leitet über zum Abschnitt „Riesas Weg zur Industriestadt“. Ein Zeitstrahl stellt die Entwicklung der Feuererzeugung von Zunder und Flint bis zur Erfindung des Phosphor-Zündholzes durch Jacob Friedrich Kammerer im Jahr 1832 dar. Die Ausstellung zeigt eine Vielzahl von Objekten, darunter Schlageisen, chemische und elektrische Feuerzeuge, sowie Werkzeuge und Produkte der traditionellen Zündholzherstellung, einschließlich einer Kopie der ersten Verkaufsverpackung für Zündhölzer und vielfältiger Erzeugnisse der ehemaligen größten Zündholzfabrik Deutschlands, dem Konsum Zündwarenwerk.

Industriegeschichte

Ein Modell der Lokomotive „Saxonia“ und originale Teile der ersten Eisenbahnbrücke von 1839 markieren den Übergang in das Industriezeitalter, das eine entscheidende Rolle für Riesa spielte. Der Übertritt der Leipzig-Dresdner Eisenbahnlinie über die Elbe bei Gröba stellte einen Glücksfall für die gesamte Region dar. Mit dieser Anbindung begann Riesas Entwicklung zur Industriestadt im Jahr 1843 mit der Gründung eines Eisenhammerwerkes. Ein zentrales industrielles Regal fungiert in der Ausstellung als Präsentationsmittel und symbolisiert die industrielle Evolution. Neben dem Stahlwerk werden auch andere städtische Industrieareale, der Hafen und die sich entwickelnde Infrastruktur in Bezug auf Gas, Wasser und Elektrizität thematisiert.

Städtisches Leben

Die Industrialisierung, insbesondere die Fortschritte im Stahlwerk, führte zu einem signifikanten Wachstum von Handwerk, Verwaltung und dem gesellschaftlichen Leben in Riesa. Bis zur Jahrhundertwende verdoppelte sich die Anzahl der Handwerksunternehmen. Neben den neuen Schulen und einem Krankenhaus wurde 1904 das Technikum als erste höhere Bildungseinrichtung in Riesa gegründet. Zwischen 1858 und 1992 war Riesa mit kurzen Unterbrechungen Garnisonsstadt. Die Kasernen wurden bis 1920 für Artillerie- und Pioniertruppen genutzt wurden, prägten die bauliche Entwicklung der Stadt.

Zwischen Aufbruch und Umbruch

Zwischen Aufbruch und Umbruch

Die Ausstellung beschreibt durch ausgewählte Exponate die weitere Entwicklung der Stadt bis zur Gegenwart. Thematisiert werden unter anderem die Zeit während des Nationalsozialismus, die Rolle des Stahl- und Walzwerkes als wichtiger Bestandteil der Volkswirtschaft der DDR, die Entstehung moderner Neubaugebiete sowie der Widerstand und die Opposition der Riesaer Bürger gegen die SED-Diktatur und der wirtschaftliche Strukturwandel, der 1990 begann.

Historische Schulklasse und Ladeneinrichtung

Klassenzimmer (2025)

Bis 1992 konnte in der „Stern“-Drogerie an der Hauptstraße von Riesa noch mithilfe einer Ladeneinrichtung von circa 1910 eingekauft werden. Diese Einrichtung gehörte ursprünglich zur „Anker“-Drogerie am Poppitzer Platz.

Zudem zeigt die historische Schulklasse aus der Kaiserzeit Exponate, die von der Röderauer Schule stammen.

Benno-Werth-Saal

Der 1929 in Riesa geborene Künstler Benno Werth war Professor für Bildende Kunst, Bildhauer und Maler. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verließ er mit seiner Familie seine Heimatstadt und erlernte im Rheinland unter Anleitung eines Kunstprofessors zunächst die handwerklichen Grundlagen, bevor er an der Werkschule Düsseldorf ein Studium in Komposition und Aktmalerei aufnahm.

Werth stellte zweimal im Museum seiner Heimatstadt aus (1991 und 2008). Die Sammlung des Stadtmuseums Riesa umfasst mehr als 92 Plastiken, Skulpturen, Malereien und Grafiken des Künstlers. Anlässlich seines 80. Geburtstags wurde der Benno-Werth-Saal im Stadtmuseum eröffnet, wo eine Auswahl seiner Werke dauerhaft zu sehen ist. In diesem Saal finden zudem Lesungen, Konzerte, Gesprächsrunden und andere kulturelle Veranstaltungen statt.

Sonderausstellungen

Noch im Jahr der Museumseröffnung 1923 wurde die erste Sonderausstellung mit dem Thema „Selbstgefertigtes Spielzeug“ gezeigt. Sie wurde von Alfred Mirtschin zusammengestellt. Im April des Jahres 1926 öffnete das Museum nach der Winterpause für seine Besucher die zweite Sonderausstellung „Das Heimatmuseum im Dienste der Reichsgesundheitswoche“. Die ersten Sonderausstellungen nach dem Zweiten Weltkrieg waren „Die Bodenreform im Kreis Großenhain“ (1949), „Fünf Jahre demokratischer Aufbau im Kreis Großenhain“ (1950) und „Der Fünfjahrplan der Heimat“ (1951).[1]

Seitdem fanden zahlreiche weitere Sonderausstellungen statt, unter anderem:

  • „Mit kleinen Schritten in die Welt. Kindheit in Riesa im 20. und 21. Jahrhundert“ (12. Mai bis 6. Oktober 2019)
  • „Geschichten über den Tod hinaus. Die Grüfte in der Klosterkirche Riesa.“ (31. August 2021 bis 16. Januar 2022)
  • „Ab ins Museum oder in den Müll? Eine Ausstellung über den Wert der Dinge.“ Jubiläumsausstellung 2023 anlässlich 100 Jahre Stadtmuseum Riesa (21. Mai bis 1. Oktober 2023)
  • „Abenteuer in Holz. Die farbenfrohe Welt des Fredo Kunze.“ (14. Oktober 2023 bis 3. März 2024)[10]

Forschung

Bereits in den Gründungsjahren des Museums fand parallel zur Sammlungstätigkeit eine bedeutende Forschung zur Dokumentation der regionalgeschichtlichen Entwicklung statt. Unter der Leitung des Museumsvereins wurden in den 1920er und 1930er Jahren regelmäßig Heimatblätter als Ergänzung zur regionalen Tageszeitung herausgegeben.

Heute liegt der Schwerpunkt der Forschungsarbeit des Museums vor allem auf der Geschichte von Industrie und Handwerk, der Entwicklung regionaler Lebensweisen sowie dem Wirken herausragender Persönlichkeiten aus Riesa. Die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Bemühungen werden durch Sonderausstellungen und Publikationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zusätzlich wird das Museumsteam bei der Erforschung der Heimatgeschichte durch die Arbeitsgruppe „Unsere Heimat“ des Museumsvereins unterstützt.[8] Die Arbeitsgruppe wurde 2024 mit einem Anerkennungspreis im Zusammenhang mi dem „Sächsischen Landespreis für Heimatforschung“ für seine „Riesaer Geschichte(n)“ bedacht.[11]

Galerie

Publikationen (Auswahl)

  • Autorenkollektiv des Städtischen Zentrums für Geschichte und Kunst der FVG Riesa mbH: Der Eisenbahnknoten Riesa. Hrsg.: Museumsverein Riesa e.V. 2. Auflage. Riesa 2007.
  • Sächsische Landesstelle für Museumswesen (Hrsg.): Benediktiner in Sachsen – 888 Jahre Kloster Riesa. Begleitbuch zur Ausstellung im Stadtmuseum Riesa der FVG Riesa mbH. Verlag Janos Stekovics, Dößel 2007, ISBN 978-3-89923-189-2.
Commons: Stadtmuseum Riesa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Autorenkollektiv der Arbeitsgruppe „Unsere Heimat“ des Museumsvereins Riesa e.V.: 75 Jahre Museumsverein Riesa. Hrsg.: Museumsverein Riesa e.V. Riesa Juli 1998.
  2. a b Stadtmuseum Riesa erhält Preis vom Ministerium. In: Sächsische Zeitung. DDV Mediengruppe GmbH & Co. KG, 10. Dezember 2009, S. 15, abgerufen am 17. August 2025.
  3. Stadtmuseum Riesa mit Benno-Werth-Sammlung (Hrsg.): Ausstellungsführer Stadtmuseum Riesa. Riesa 2014.
  4. a b Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (Hrsg.): 08965523 Artilleriekaserne (ehem.); Zentrum für Geschichte und Kunst (heute). Kulturdenkmale im Freistaat Sachsen – Denkmaldokument. (Online [PDF; 530 kB; abgerufen am 10. August 2025]).
  5. Britta Veltzke: „Der schiefe Turm war unrealistisch“. In: Sächsische Zeitung. DDV Mediengruppe GmbH & Co. KG, 20. Oktober 2017, abgerufen am 24. August 2025.
  6. Oertliches und Sächsisches. In: Elbeblatt. Nr. 151. Langer & Winterlich, Riesa 26. September 1892, S. 2, Sp. 3 (Digitalisat [abgerufen am 27. August 2025]).
  7. Siegfried Thieme: Riesa an der Elbe in alten Ansichten. Europäische Bibliothek Verlag, Zaltbommel.
  8. a b Über die Sammlung. Stadtmuseum Riesa mit Benno-Werth-Sammlung, abgerufen am 24. August 2025.
  9. Dauerausstellungen. Stadtmuseum Riesa mit Benno-Werth-Sammlung, abgerufen am 24. August 2025.
  10. Ausstellungsarchiv. Stadtmuseum Riesa mit Benno-Werth-Sammlung, abgerufen am 16. August 2025.
  11. Heimatforscher aus Riesa und Radebeul ausgezeichnet. In: Sächsische.de. DDV Mediengruppe GmbH & Co. KG, 17. November 2024, abgerufen am 24. August 2025.

Koordinaten: 51° 17′ 55,6″ N, 13° 18′ 57,7″ O