St.-Nicolai-Kirche (Oesselse)

Die St.-Nicolai-Kirche, früher auch St. Martinskirche, ist ein denkmalgeschütztes Kirchengebäude in Oesselse, einem Ortsteil von Laatzen in der Region Hannover in Niedersachsen. Sie ist die Ingeln-Oesselser Gottesdienststätte der evangelisch-lutherischen Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde Sarstedt-Land in Algermissen im Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt im Sprengel Hildesheim-Göttingen der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers.
Vorgeschichte
_IMG_9296.jpg)
Die St.-Nicolai-Kirche steht mitten in Oesselse an der höchsten Stelle des Ortes.[1] Der weithin sichtbare spitze Kirchturm[2] wurde vermutlich zu Anfang des 13. Jahrhunderts als Teil eines mittelalterlichen Kirchengebäudes errichtet.[3]
Aus dem Jahr 1459 ist der Name eines Geistlichen in Oesselse nachweisbar.[4] Im Jahr 1466 wurde die Kirche in Oesselse den Heiligen St. Martin und St. Nicolaus gewidmet.[5] Damals wurde das Kirchenschiff erneuert. Die Kirche war danach ein einschiffiger Bau mit eingezogenem Rechteckchor.[4]
Die Reformation erfolgte im Fürstentum Calenberg im Jahr 1542. Die Visitation hielt fest, das zur Oesselser Kirche die Kapellen in Ingeln und Müllingen gehörten. Das Kollationsrecht hatten die Oesselser Bauern. Um dieses Recht gab es wiederholt Streitigkeiten. 1674 wurde es durch das Reichskammergericht bestätigt.[4]
Das Gebäude wurde bei der Visitation im Jahr 1588 als baufällig bezeichnet.[4] Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kirche zerstört und 1647 wieder aufgebaut.[1] Im Jahr 1730 galt das seit 1644 nur noch aus der Kirche in Oesselse und der Kapelle in Ingeln bestehende Kirchspiel als eine der finanziell bestgestelltesten evangelischen Gemeinden im hauptsächlich katholischen Hochstift Hildesheim.[4]
1783 wurde das Gewölbe entfernt und durch eine flache Decke ersetzt. Oberhalb der vorhandenen Empore wurde eine zweite eingebaut.
Seit dem späten 18. Jahrhundert gab es Vorbereitungen zur Reparatur oder dem Neubau der Kirche. Der 1828 vorgeschlagene Neubauplan von Konsistorialbaumeister Ludwig Hellner aus Hannover wurde schließlich 1835 beschlossen.[4]
Geschichte

Nach der letzte Predigt am 20. März 1836 wurde das Kirchenschiff abgerissen. Am 3. Mai 1836 war die Grundsteinlegung. Der Neubau wurde im September 1837 fertiggestellt[4] und am 30. Dezember 1837 offiziell abgenommen.[6]
Die Kirche ist ein aus Kalkbruchsteinmauerwerk mit Eckquaderung errichteter klassizistischer, längsrechteckiger Saalbau[2] mit Walmdach, hohen Rundbogenfenstern und apsidialem Sakristeianbau.[7]
Der Kirchensaal hat eine schlichte Bretterdecke. Die Westempore mit kurzen Nord- und Südflügeln steht auf dorischen Säulen.[4] Die Ausstattung stammt aus der Zeit von 1837. Der Westturm wurde von dem Vorgängergebäude übernommen.[3]
An Nord- und Südseite des Turms sind Epitaphien platziert.[7] Noch 1875 bezeichnet der Historiker Wilhelm Mithoff das Gebäude als die „St. Martinskirche zu Oesselse“.[8]
Seit der Schließung der baufälligen Kapelle in Ingeln im Jahr 1888 wurden deren Gläubige der Kirche in Oesselse zugeordnet.[9] Die Kirche wurde um 1907 dekorativ ausgemalt. Die Ausmalung wurde 1938 übertüncht.[4]
Im Jahr 1961 erfolgte eine Renovierung. 2003/2004 war die Kirche wegen Schäden im Mauerwerk geschlossen.[4] Durch den gesunkenen Grundwasserspiegel hatte sich der tonhaltige Boden unter dem Gebäude gesenkt. Dadurch bildeten sich vor allem im Bereich der Orgelempore Risse im Kirchenschiff. Als Abhilfe sollte ein Stahlband in die Wände eingebaut werden, um das Gebäude zusammenzuhalten.[10] Eine Sanierung folgte von 2007 bis 2009.[4] Die Kirche in Oesselse bietet Platz für etwa 280 Personen.[11]
Ausstattung
Altarwand
Die St.-Nicolai-Kirche verfügt seit 1837 über eine tempelartige Altarwand mit vier korinthischen Pilastern. Darüber reicht ein Architrav mit Palmettenfries bis zur Saaldecke. In der Mitte der Altarwand ist ein fünfseitiger Kanzelkorb eingebaut. Auf beiden Seiten des Altars führt jeweils eine Tür zur Sakristei.
Zwei auf den Anfang des 18. Jahrhunderts datierte teilvergoldete Apostelfiguren aus Lindenholz stellen Petrus und vermutlich Paulus dar. Sie stammen wahrscheinlich aus der Werkstatt von Ernst Dietrich Bartels und waren wohl Teile des Barockaltars der Vorgängerkirche.[4]
Glocken
Der Glockenstuhl im Turm wird auf das Jahr 1700 datiert. Das Geläut besteht aus diesen Bronzeglocken:[4]
- f’, „Marienglocke“, 1508 von Harmen Koster gegossen. Die Glocke wiegt 1150 Kilogramm und hat einen Durchmesser von 123 cm. Sie trägt zwischen Zierbändern und Stegen eine Inschrift sowie Bildnisse der Gottesmutter Maria im Strahlenkranz und des heiligen Martin.[12] Sie kam 1973 aus der Barockkirche St. Ulrich nach Oesselse.[4]
- g’, um 1300 gegossen. Die Glocke ohne Verzierung oder Inschrift wiegt 970 Kilogramm und hat einen Durchmesser von 114 cm.[12]
- b’, „Betglocke“, 1973 durch die Glockengießerei Heidelberg gegossen. Die Glocke wiegt 360 Kilogramm und hat einen Durchmesser von 82,2 cm.[12]
- b’’, Schlagglocke, wohl 1886 gegossen.[4]
Eine 1794 durch Johann Christoph Weidemann aus Hannover gegossene Läuteglocke musste im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben werden[4] und wurde vermutlich eingeschmolzen.[11]
Orgel
Die Orgel auf der Westempore wurde 1836 durch Eduard Meyer aus Hannover gebaut. Das Instrument hat 14 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Spiel- und Registertrakturen sind mechanisch. Die Pfeifen wurden im Jahr 1934 wegen Zinnpest größtenteils ausgetauscht. 1951 erfolgte eine Instandsetzung und Umdisponierung durch Lothar Wetzel. 1975 wurde das Instrument durch Schmidt & Thiemann, Hannover instand gesetzt.[4]
Kirchengemeinde
Während die Kirchengemeinden der übrigen Stadtteile von Laatzen zum Kirchenkreis Laatzen-Springe im Sprengel Hannover gehören, liegt Oesselse im Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt im Sprengel Hildesheim-Göttingen der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers.
Zum 1. Januar 2010 schlossen sich die sechs Kirchengemeinden in Algermissen, Groß Lobke, Hotteln-Bledeln-Gödringen, Ingeln-Oesselse, Lühnde und Wirringen-Müllingen-Wassel.[13] zur evangelisch-lutherischen Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde Sarstedt-Land in Algermissen zusammen.[14] Diese verfügt über zwölf Kirchen oder Kapellen.[13]
Denkmalschutz
„An der Erhaltung der Nicolaikirche Oesselse besteht aufgrund ihrer geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung ein öffentliches Interesse.“
Weblinks
- Oesselse, Nicolai-Kirche, Altarwand mit Kanzelaltar, Foto im Landeskirchlichen Archiv Hannover
- Laatzen-Oesselse - evang. Kirche St. Nicolai, Geläutepräsentation, youtube
Einzelnachweise
- ↑ a b Oesselse. kirchenfuehrung.com, abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ a b Laatzen-Oesselse in: Henner Hannig (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 13,1): Landkreis Hannover. Vieweg, Braunschweig 1988, ISBN 3-528-06207-X, S. 224/225 (online).
- ↑ a b Georg Dehio, Gottfried Kiesow u. a. (Bearb.): Laatzen-Oesselse. In: Dehio Vereinigung (Hrsg.): Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Bremen/Niedersachsen. 1. Auflage. Deutscher Kunstverlag (DKV), München/Berlin 1977, ISBN 3-422-00348-7, S. 557 (dehio.org).
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q Oesselse (Laatzen). Kirchengemeindelexikon der Landeskirche Hannover, abgerufen am 13. August 2025.
- ↑ Ingeln-Oesselse - geschichtlich. Stadt Laatzen, abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ akö: Ruhiger Kirchengeburtstag: St. Nicolai ist 175 Jahre alt. Leine-Nachrichten, 29. Dezember 2012, abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ a b c St. Nicolai-Kirche im Denkmalatlas Niedersachsen
- ↑ Oesselse (A. Hildesheim). In: Hector Wilhelm Heinrich Mithoff (Hrsg.): Kunstdenkmale und Alterthümer im Hannoverschen. Heft 3: Fürstenthum Hildesheim : nebst der ehemals freien Reichsstadt Goslar. Helwing, Hannover 1875, S. 208 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 29. August 2025]).
- ↑ Ingeln. Kirchengemeindelexikon der Landeskirche Hannover, abgerufen am 13. August 2025.
- ↑ og: Fingerdicke Risse in den Wänden der Kirche. Leine-Nachrichten, 9. Dezember 2003, abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ a b St. Nicolai in Oesselse. Zwölf-Apostel Kirchengemeinde Sarstedt-Land, abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ a b c Evang. Nicolaikirche in Laatzen-Oesselse. createsoundscape.de, abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ a b Wir über uns. Zwölf-Apostel Kirchengemeinde Sarstedt-Land, abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ Johannes Dorndorf: Fusion: Aus St. Nicolai wird Zwölf Apostel. Leine-Nachrichten, 4. Januar 2010, abgerufen am 29. August 2025.
Koordinaten: 52° 16′ 48,7″ N, 9° 53′ 4,2″ O