Spin-Bordismus

Ein Spin-Bordismus ist ein Begriff in der Mathematik und bezeichnet einen speziellen Bordismus (eine Relation unter Mannigfaltigkeiten) zwischen Spin-Mannigfaltigkeiten, also glatten Mannigfaltigkeiten mit einer Spin-Struktur, welche selbst eine Spin-Mannigfaltigkeit ist, sodass die Spin-Strukturen kompatibel sind. Spin-Bordismen können für die Definition einer verallgemeinerten Homologietheorie verwendet werden.

Definition

Ganz allgemein lassen sich Bordismen von glatten Mannigfaltigkeiten für beliebige tangentialen Strukturen über die Komptabilität der jeweiligen Hochhebungen definieren (siehe etwa String-, Fivebrane- und Ninebrane-Bordismus), also insbesondere für Spin-Strukturen. Für -dimensionale Spin-Mannigfaltigkeiten und mit jeweiligen Spin-Strukturen und ist eine -dimensionale Spin-Mannigfaltigkeit mit Spin-Struktur ein Spin-Bordismus zwischen und , wenn es Inklusionen und mit:

gibt, wobei die kanonische Inklusion ist.

Statt Spin-Strukturen können auch Spinc- und Spinʰ-Strukturen betrachtet werden, welche tiefer durch die kanonischen Inklusionen:

heben, welche mit den kanonischen Projektionen auf kompatibel sind. Dadurch können Spinc- und Spinʰ-Bordismen analog definiert werden.

Spin-Bordismusgruppen

Mit der Äquivalenzrelation des Spin-Bordismus bilden die -dimensionalen geschlossenen Spin-Mannigfaltigkeiten eine abelsche Gruppe mit der disjunkten Vereinigung als Verknüpfung, der leeren Mannigfaltigkeit als neutrales Element und der Umkehr der Orientierung als Inversion. (Spin-Mannigfaltigkeiten sind immer orientierbar.) Mit der Pontrjagin-Thom-Konstruktion sind diese alternativ die Homotopiegruppen des Thom-Spektrums der Spin-Gruppen:

Spin-Bordismusgruppen bis acht Dimensionen wurden von John Milnor im Jahr 1963 berechnet:[1]

  • , generiert vom einpunktigen Raum.
  • , generiert von der Kummer-Fläche .
  • , generiert vom quaternionischen projektiven Raum und einem aus der Kummer-Fläche berechneten Generator.
  • , was unter anderem in der M-Theorie verwendet wird.

Spin-Bordismusring

Alle Spin-Bordismusgruppen können mit der direkten Summe in einer einzigen Struktur kombiniert werden:

Mit dem kartesischen Produkt als zusätzlicher Komposition, welche mit der disjunkten Summe das Distributivgesetz erfüllt und daher mit ihr kompatibel ist, sowie dem Raum mit einem Element als entsprechendes neutrales Element ist diese ein Ring, welcher Spin-Bordismusring genannt wird.

Spin-Homologietheorie

definiert eine verallgemeinerte Homologietheorie. Für einen topologischen Raum sind dessen -Zykel die stetigen Abbildungen aus -dimensionalen Spin-Mannigfaltigkeiten . Zwei solche Abbildungen und sind homolog, wenn es einen Spin-Bordismus gibt, welcher zu einer Abbildung erweitert. Jede verallgemeinerte Homologietheorie wird durch ein Spektrum repräsentiert, welches in diesem Fall genau ist. Für alle topologischen Räume gibt es daher Gruppenisomorphismen:[2]

mit . Durch den Vergleich mit dem obigen Resultat zeigt sich aufgrund der Neutralität von im Wedge-Produkt, dass:

Eigenschaften

  • Ist eine mindestens neundimensionale 3-zusammenhängende Spin-Mannigfaltigkeit ohne String-Struktur spin-bordant zu einer anderen Spin-Mannigfaltigkeit, geht vordere durch mindestens fünfkodimensionale Chirurgien aus hinterer hervor.[3]
  • Jede -dimensionale Spin-Mannigfaltigkeit ist spin-bordant zu einer -zusammenhängenden Spin-Mannigfaltigkeit, also für insbesondere immer zu einer 3-zusammenhängenden Spin-Mannigfaltigkeit.[4]
  • Für -dimensionale -zusammenhängende Spin-Mannigfaltigkeiten und gibt es einen Spin-Bordismus , sodass die Inklusion ebenfalls -zusammenhängend ist.[4]
  • Ist eine kompakte -dimensionale -zusammenhängende Spin-Mannigfaltigkeit mit und und spin-bordant zu einer kompakten Spin-Mannigfaltigkeit , dann geht aus durch eine Reihe mindestens -kodimensionaler Chirurgieoperationen hervor.[5]

Literatur

  • John Milnor: Spin structures on manifolds. In: Enseignement Math. 9. Jahrgang, Nr. 2, 1963, S. 198–203 (englisch).
  • Boris Botvinnik und Mohammed Labbi: Highly connected manifolds of positive p-curvature. 9. Januar 2012, doi:10.48550/arXiv.1201.1849, arxiv:1201.1849 (englisch).

Einzelnachweise

  1. Milnor 1963, S. 201
  2. Milnor 1963, S. 202
  3. Botvinnik & Labbi 2013, Proposition 3.7.
  4. a b Botvinnik & Labbi 2013, Lemma 3.2.
  5. Botvinnik & Labbi 2013, Proposition 3.4.