Die Spektraldarstellung stationärer stochastischer Prozesse ist in gewissem Sinne ein Analogon zur Fourierreihenentwicklung einer Funktion. Jede beschränkte stetige Funktion kann als additive Überlagerung harmonischer Schwingungen dargestellt werden. Auch ein stationärer stochastischer Prozess kann dargestellt werden als additive Überlagerung harmonischer Schwingungen, allerdings mit zufälliger Amplitude. Die Spektraldarstellung eines stationären Prozesses bietet in der Regel tiefere Einblicke in die Struktur des Prozesses, insbesondere wenn es sich um eine Mischung verschiedener periodischer Anteile handelt.
Mathematische Beschreibung
Sei
die Menge der ganzen Zahlen und
ein zeitdiskreter stationärer stochastischer Prozess mit Erwartungswert
und Kovarianzfunktion
, die wegen der Stationarität nur von der Differenz der Zeitpunkte abhängt, also nur die Funktion einer Variablen ist:
.
Spektraldarstellung von Xt
Jeder stationäre Prozess
mit
hat die sogenannte Spektraldarstellung[1][2]
.
Dies ist ein stochastisches Integral, und zwar bzgl. eines Prozesses
mit unkorrelierten Zuwächsen, d. h. für
sind die Zuwächse
und
unkorreliert.
Wenn
nur endlich viele Zuwächse hat, z. B.
Zuwächse
bei
, dann kann obiges Integral als Summe geschrieben werden:
.
Jeder Summand ist eine harmonische Schwingung mit Frequenz
und der zufälligen Amplitude
.
Spektraldarstellung der Kovarianzfunktion
Die Kovarianzfunktion
ist eine symmetrische und positiv semidefinite Funktion und hat damit nach dem Satz von Bochner (in diskreter Variante als Satz von Herglotz bezeichnet) die Darstellung[1][2]
.
Dabei heißt
Spektralverteilungsfunktion. Sie ist auf
monoton nicht fallend und es gilt
. Die Beziehung

stellt die Verbindung zwischen der Spektraldarstellung von
und der Spektraldarstellung von
dar.
Spektraldichte
Wenn
, dann kann die Spektraldarstellung von
als Riemannsches Integral geschrieben werden:
.
Die Funktion
heißt Spektraldichte von
. Anschaulich gesprochen gibt
an, mit welcher Intensität die Frequenz
im Spektrum von
vorkommt. Die Spektraldichte selbst hat die Darstellung
.
ist also die Fouriertransformierte von
, bzw.
ist die inverse Fouriertransformierte von
. Für
gilt speziell
.
Dies kann als Streuungszerlegung (signaltechnisch Leistungsverteilung) auf die verschiedenen Frequenzen
interpretiert werden.
Zeitstetiger Fall
Sei nun
ein stationärer Prozess mit reellwertigem
. Dann modifizieren sich obige Formeln zu:[3]
.
Dabei ist
wiederum ein stochastischer Prozess mit unkorrelierten Zuwächsen. Falls
, dann hat die Spektralverteilungsfunktion
eine Spektraldichte
, und es gilt:
.
Beispiele
- Ein stationärer Prozess
mit der häufig benutzten Kovarianzfunktion
, wobei
eine positive Konstante ist, hat die Spektraldichte
.
- Weißes Rauschen hat die Kovarianzfunktion
und die Spektraldichte
.
- Die Spektraldichte ist also konstant. Alle Frequenzen sind gleichstark im Spektrum vertreten (Analogie zum weißen Licht).
Anwendungen
Spektraldarstellungen benötigt man in der Zeitreihenanalyse, in der Signalverarbeitung (siehe z. B. auch Spektrale Leistungsdichte), bei der Konstruktion geeigneter Filter (beispielsweise Tiefpass, Hochpass oder Bandpass).
Besonders wichtig in den Anwendungen sind geeignete Methoden zur Spektraldichteschätzung.
Einzelnachweise
- ↑ a b J.L.Doob: Stochastic Processes, Wiley 1953
- ↑ a b A.M.Jaglom, Einführung in die Theorie der stationären Zufallsfunktionen, Berlin Akademieverlag 1959 (engl.: An introduction to the theory of stationary random functions, Prentice Hall 1962, Dover 2004)
- ↑ Teubner-Taschenbuch der Mathematik (Herausgeber E. Zeidler), Teubner 1996, S. 1083