Sozialverträgliches Frühableben

Sozialverträgliches Frühableben war das Unwort des Jahres 1998 in Deutschland.
Der Chirurg und Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) Karsten Vilmar verwendete den Begriff in einem Radiointerview mit dem NDR. Das Thema war die Gesundheitspolitik der rot-grünen Bundesregierung (Kabinett Schröder I), die weitere Einsparungen plante, um steigende Kosten zu begrenzen.
Vilmar sagte sarkastisch: „Dann müssen die Patienten mit weniger Leistung zufrieden sein, und wir müssen insgesamt überlegen, ob diese Zählebigkeit anhalten kann, oder ob wir das sozialverträgliche Frühableben fördern müssen.“ Auf die Nachfrage, ob die Pläne der Regierung zu einem früheren Tod von Patienten führen würden, meinte Vilmar: „Wird diese Reform so fortgesetzt, dann wird das die zwangsläufige Folge sein.“
Die Empörung von Journalisten über die Verwendung dieses Begriffes war groß. Während manche, wie der Journalist Peter Dittmar, den Sarkasmus in Vilmars Aussage erkannten[1], sah die Jury eine zynische Begriffsbildung[2] und bezog diese auf die nationalsozialistischen Krankenmorde.
Weblinks
- Sprachkritische Aktion (abgerufen am 1. Oktober 2015)
- Peter Dittmar: „Sozialverträgliches Frühableben“. In: welt.de. 26. Januar 1999.
- Ursula Weidenfeld: Politik: Wenn Junge aus der Hüfte schießen. In: tagesspiegel.de. 4. August 2003.
Einzelnachweise
- ↑ Peter Dittmar: „Sozialverträgliches Frühableben“. In: Die Welt. 27. Januar 1999, abgerufen am 16. Oktober 2021.
- ↑ Unwort des Jahres 1998. Abgerufen am 16. Oktober 2021: „Hier schlägt Ironie und Satire endgültig in blanken Zynismus um, der eines Sprechers der Ärzteschaft unwürdig ist, zumal deutsche Ärzte bereits am Ende des 2. Weltkriegs vorzeitiges Sterben nach Therapie- und Medikamentenentzug als »Frühableben« umschrieben hatten.“