Sonia Seneviratne

Sonia Seneviratne (2015)

Sonia Isabelle Seneviratne (* 5. Juni 1974 in Lausanne[1]) ist eine schweizerisch-sri-lankische[2] Klimawissenschaftlerin. Sie ist seit 2016 ordentliche Professorin für Land-Klima-Dynamik an der ETH Zürich[1] und seit Juli 2023 im Vorstand des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) vertreten. 2025 wurde sie mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet.[3]

Leben

Seneviratne machte 1992 ihre Matura Typ B sowie ihr Baccalauréat Vaudois am Gymnase cantonal de Chamblandes in Pully. Danach studierte sie von 1992 bis 1995 Biologie an der Universität Lausanne und von 1995 bis 1999 Umweltphysik an der ETH Zürich. An der ETH absolvierte sie von 1999 bis 2002 auch ihr Promotionsstudium. Nach ihrer Promotion war sie von 2003 bis 2004 Visiting Research Associate am Goddard Space Flight Center der NASA. 2005 kehrte Seneviratne an die ETH Zürich zurück und wurde dort Oberassistentin. Diesen Posten bekleidete sie bis 2007, als sie Assistenzprofessorin wurde, was sie bis 2012 blieb. Von 2013 bis 2016 war sie ausserordentliche Professorin. 2016 erfolgte ihre Berufung zur ordentlichen Professorin.

2013 wurde sie Fellow der American Geophysical Union, die ihr im selben Jahr die James B. Macelwane Medal verlieh. Für 2021 wurde ihr die Hans-Oeschger-Medaille der European Geosciences Union zugesprochen. 2023 erhielt sie von der Universität Utrecht den Ehrendoktortitel.[4]

Ihr h-Index lag mit Stand Februar 2022 bei 94.[5] Im selben Jahr wurde sie in die Jury des Green Pardo WWF beim 75. Filmfestival von Locarno berufen. 2025 wurde ihr für ihre bahnbrechenden Studien zu den «Wechselwirkungen zwischen Bodenfeuchte, Vegetation und Atmosphäre» der Umweltpreis der Bundesstiftung Umwelt zuerkannt; sie teilt sich den mit insgesamt 500.000 Euro dotierten Preis mit Lars Baumgürtel und Birgitt Bendiek (ZINQ), die Verleihung erfolgt am 26. Oktober in Chemnitz durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.[6][3]

Seneviratne ist verheiratet und hat zwei Kinder. Neben dem Schweizer Bürgerrecht besitzt sie die Staatsbürgerschaft Sri Lankas.[7]

Wirken

Forschung

Seneviratne setzt sich in ihrer Forschung mit Klimaextremen, Land-Klima-Prozessen und Klimaveränderungen auseinander.[1] Sie ist eine weltweit anerkannte Klimaforscherin, die auf die Untersuchung von Extremereignissen wie Hitzewellen und Dürren spezialisiert ist, und Professorin für Land-Klima Dynamik an der ETH Zürich.[8] Ihre Forschungen zeigen einen drastischen Anstieg der Häufigkeit und Intensität extremer Wetterereignisse durch den Klimawandel, und heben die Schlüsselrolle der Vegetation in der Klimaregulation hervor.[8] Ihr Engagement erstreckt sich auch auf öffentliche Aufklärung und Gerichtsprozesse, wo sie zur Förderung politischer und gesellschaftlicher Veränderungen im Umgang mit dem Klimawandel wissenschaftliche Erkenntnisse präsentiert.[8]

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt hob 2025 insbesondere Seneviratnes Arbeiten zur Bodenfeuchte als Schlüsselvariable des Klimasystems und zu den Wechselwirkungen zwischen Vegetation, Boden und Atmosphäre hervor; zudem erforscht sie, wie trockene Böden Hitzewellen verstärken können.[3]

Seneviratne leistete bedeutende Beiträge zu IPCC-Berichten und wurde zur Vizevorsitzenden der Arbeitsgruppe 1 des Weltklimarats gewählt, wo sie die Zusammenfassungen für politische Entscheidungsträger mitgestaltet.[9] Sie war eine der Verfasserinnen des Sonderberichts 1,5 °C globale Erwärmung des IPCC (2018)[2] und fungierte im Sechsten Sachstandsbericht des IPCC als eine der beiden koordinierenden Leitautorinnen des Kapitels «Weather and climate extreme events in a changing climate».[1][10] Im Juli 2023 wurde sie in den Vorstand des Weltklimarats gewählt.[11][12]

Seneviratne in 2025

Öffentliche Positionen und jüngere Beiträge

Im Interview mit Le Monde im Juli 2024 plädierte Seneviratne angesichts der Häufung extremer Ereignisse dafür, «Abschied vom Klima der Vergangenheit» zu nehmen, und warnte vor dem Erreichen von Kippelementen mit unvorhersehbaren Folgen.[13]

In der Tribune de Genève im März 2025 äusserte sie Sorgen über eine Wiederbelebung des Klimaskeptizismus und die Auswirkungen politischer Angriffe auf die Wissenschaft in den Vereinigten Staaten; zugleich betonte sie, Europa müsse beim Klimaschutz verstärkt Führung übernehmen.[14] In einem Gespräch mit Le Temps unterstrich sie, es liege nicht im Interesse Europas, dass die amerikanische Wissenschaft geschwächt oder marginalisiert werde.[15]

2025 wirkte Seneviratne an einer in Nature veröffentlichten Studie mit, die 213 grosse Hitzewellen der Jahre 2000–2023 analysierte. Demnach wären 55 dieser Ereignisse ohne den menschengemachten Klimawandel «praktisch unmöglich» (um den Faktor 10'000 wahrscheinlicher als vor der Industrialisierung); die Studie ordnete zudem den historischen Emissionen von 180 grossen Zement-, Öl- und Gaskonzernen einen erheblichen Anteil zu (zusammen 57 % des Kohlenstoffdioxids seit 1850) und diskutierte mögliche Konsequenzen für Haftungsfragen.[16]

Neben ihrer Forschung engagiert sie sich in der Wissenschaftskommunikation. In der ETH-Diskussion «Vertrauen ist eine soziale Beziehung» im März 2025 sprach sie mit Bundeskanzler Walter Thurnherr und Mike S. Schäfer über Vertrauen in die Wissenschaft, Desinformation und die Rolle eines gesunden Skeptizismus.[17]

Veröffentlichungen (Auswahl)

Commons: Sonia Seneviratne – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Curriculum Vitae, Internetseite der ETH Zürich, abgerufen am 30. Dezember 2018.
  2. a b Authors. Website des IPCC, abgerufen am 9. August 2021.
  3. a b c Hochdotierte Auszeichnung: Umweltpreis für Rostschutz-Unternehmen und Klimaforscherin. In: taz.de. 12. September 2025, abgerufen am 13. September 2025.
  4. Honorary doctorates for two leading climate scientists. Universität Utrecht, abgerufen am 5. April 2023 (englisch).
  5. Sonia I. Seneviratne. Google Scholar. Abgerufen am 19. Februar 2022.
  6. Deutscher Umweltpreis der DBU für Klimaforscherin Sonia Seneviratne. In: dbu.de. 12. September 2025, abgerufen am 12. September 2025.
  7. Terrestrial Water Storage: A Critical Variable for Mid-latitude Climate and Climate Change, S. 155 (Diss. ETH No. 14944), Internetseite der ETH Zürich.
  8. a b c Luigi Jorio: Die brillante Forscherin, die nichts von ihrer Genialität weiss. In: swissinfo.ch. 9. August 2021, abgerufen am 14. April 2024.
  9. «Wir leben heute in den Zukunftsszenarien von früher». In: ethz.ch. 5. Oktober 2023, abgerufen am 14. April 2024.
  10. Working Group I contribution to the IPCC Sixth Assessment Report (AR6-WG1). Website des IPCC. Abgerufen am 9. August 2021.
  11. Der IPCC hat seinen neuen Vorstand gewählt - die Schweiz ist vertreten. In: meteoschweiz.admin.ch. 28. Juli 2023, abgerufen am 27. August 2024.
  12. Sonia Seneviratne neu in den Vorstand des Weltklimarats (IPCC) gewählt. In: usys.ethz.ch. 31. Juli 2023, abgerufen am 27. August 2024.
  13. Audrey Garric: Sonia Seneviratne, scientifique du GIEC : « Il faut faire notre deuil du climat du passé ». In: Le Monde. 16. Juli 2024, abgerufen am 12. September 2025 (französisch).
  14. Cathy Macherel: Climatoscepticisme : les inquiétudes d’une experte du GIEC. In: Tribune de Genève. 4. März 2025, abgerufen am 12. September 2025 (französisch).
  15. Sonia Seneviratne, climatologue : « Il n’est pas dans notre intérêt que la science américaine disparaisse ». In: Le Temps. Abgerufen am 12. September 2025 (französisch).
  16. Ali Bamba: Climat : 55 vagues de chaleur causées par l’action humaine, selon Nature. In: Africanews. 11. September 2025, abgerufen am 12. September 2025 (französisch).
  17. La confiance est une relation sociale (ETH Zurich). In: myScience.ch. Abgerufen am 12. September 2025 (französisch).