Skimpflation

Als Skimpflation wird in der Volkswirtschaftslehre und Wirtschaft eine Art der Inflation bezeichnet, bei der erhöhte Produktionskosten. z. B. infolge gestiegener Rohstoff-Preise durch (stillschweigende bzw. heimliche) Verringerung einer Produkt- oder Dienstleistungsqualität (bei gleichbleibenden Verkaufspreisen) ausgeglichen werden;[1] hierzu zählen auch Einschränkungen bei Dienstleistungen.[2]

Etymologie

Skimpflation ist ein Kofferwort aus englisch to skimp, dt. „knausern“ oder „einsparen“ und Inflation;[3] der Begriff wurde 2021 vom US-amerikanischen Radiosender National Public Radio (NPR) geprägt.[4][5]

Beispiele

  • Hotelzimmer werden – bei gleichbleibenden oder gestiegenen Zimmerpreisen – nicht mehr täglich gereinigt, sondern nur noch zwischen Abreise des Gastes und Neubelegung des Zimmers. Diese Sparmaßnahme wird teils als Umweltschutzmaßnahme beworben. Bei der Bewirtung von Gästen wird vermehrt auf Selbstbedienung und vorgefertigte bzw. abgepackte Produkte gesetzt.[8]

Reaktionen

Hersteller

In vielen Fällen beziehen sich Lebensmittelhersteller darauf, nur den aktuellen Wünschen ihrer Kunden nachzukommen: Z. B. senke ein erhöhter Wasseranteil in Brotaufstrichen den physiologischen Brennwert und mache das Produkt gleichzeitig streichfähiger; bei Schokoladenerzeugnissen sorge ein geringerer Kakaogehalt für einen milderen Geschmack.[3][12] Die positiven Nebeneffekte werden dabei in der Werbung oft durch Aussagen wie z. B. „verbesserte Rezeptur“ oder „extra cremig“ hervorgehoben und suggerieren den Kunden eine gesteigerte Produktqualität, obwohl in Wirklichkeit das Gegenteil der Fall ist.[3][10]

Außerdem seien die Maßnahmen eine „notwendige Reaktion“ z. B. auf stark gestiegene Rohstoffpreise, gestörte Lieferketten, neue gesetzliche Vorgaben oder auch freiwillige Selbstverpflichtungen zur Reduzierung von Zucker-, Fett- und Salz-Gehalten.[11]

Interessensverbände

Deutsche Verbraucherschützer fordern eine klare und verpflichtende Kennzeichnung von Rezepturänderungen.[11]

Kunden

Bei einer Kundenbefragung des Marktforschungsunternehmens Gartner Inc. aus dem Jahr 2022 gaben 62 % der befragten Kunden an, Produkte nicht mehr zu kaufen, wenn die Hersteller zur Kostensenkung die Produktgröße (Shrinkflation) oder die Produktqualität (Skimpflation) gesenkt hätten.[13]

2023 registrierte die Verbraucherzentrale Hamburg einen Anstieg der Beschwerden wegen verschlechterten Lebensmittel-Rezepturen.[3]

Regelmäßige Benchmarks von großen Dienstleistungsunternehmen wie beispielsweise FedEx, McDonald’s oder Ritz-Carlton ergaben, dass die Kundenzahl durch eine Verschlechterung des Services stärker sinke als durch gestiegene Preise.[14]

Politik

Der Ausschuss für Konsumentenschutz des österreichischen Parlaments begann im März 2023, sich mit dem Phänomen zu befassen: Es soll zukünftig Herstellern gesetzlich verboten sein, Produkte unter gleichem Namen zu verkaufen, falls bei deren Herstellung im Lauf der Zeit auf billigere Grundstoffe umgestellt wird.[15]

Einzelnachweise

  1. Marnik G. Dekimpe, Harald J. van Heerde: Retailing in times of soaring inflation: What we know, what we don’t know, and a research agenda. In: Journal of Retailing. Band 99, Nr. 3, September 2023, ISSN 0022-4359, S. 322–336, doi:10.1016/j.jretai.2023.07.002 (englisch).
  2. a b Antje Erhard: Phänomen „Skimpflation“: Weniger Qualität bei höheren Preisen. In: tagesschau.de. Tagesschau, 9. September 2023, abgerufen am 14. Oktober 2023.
  3. a b c d Skimpflation: Lebensmittel von schlechterer Qualität. In: vzhh.de. Verbraucherzentrale Hamburg, 15. September 2023, abgerufen am 11. Oktober 2023.
  4. Greg Rosalsky: Meet skimpflation: A reason inflation is worse than the government says it is. In: npr.org. National Public Radio, 26. Oktober 2021, abgerufen am 15. Oktober 2023 (englisch).
  5. Billiges Fett, luftgefüllte Verpackungen: Wie der Handel Verbraucher mit versteckten Preiserhöhungen narrt. In: focus.de. Focus Online, 13. Januar 2023, abgerufen am 14. Oktober 2023.
  6. Greg Rosalsky: Price Controls, Black Markets, And Skimpflation: The WWII Battle Against Inflation. In: npr.org. National Public Radio, 8. Februar 2022, abgerufen am 14. Oktober 2023 (englisch).
  7. Richard Lingeman: Don’t You Know There’s a War On? The American Home Front 1941–1945. 1. Auflage. Putnam, New York 1970, ISBN 0-399-50359-5 (englisch).
  8. Jeannette N. Bennett: Beyond Inflation Numbers: Shrinkflation and Skimpflation. (PDF; 180 kB) In: stlouisfed.org. Federal Reserve Bank of St. Louis, Dezember 2022, abgerufen am 15. Oktober 2023 (englisch).
  9. Andreas Dörnfelder: Rohstoffpreise. Nutella ist jetzt heller. Das neue Rezept schmeckt vor allem dem Hersteller. In: handelsblatt.de. 31. Dezember 2017, abgerufen am 19. Oktober 2023.
  10. a b Ruth Fend: Skimpflation: Darf’s noch etwas schlechter sein? In: zeit.de. Die Zeit, 12. September 2023, abgerufen am 14. Oktober 2023.
  11. a b c Badische Zeitung: Verbraucherschützer warnen vor Skimpflation. 13. Juli 2025, abgerufen am 14. Juli 2025.
  12. Armin Valet: »Downgrading-Liste«: Lebensmittelindustrie spart an den wertvollen Zutaten. (PDF; 1,2 MB) In: vzhh.de. Verbraucherzentrale Hamburg, 23. Februar 2018, abgerufen am 14. Oktober 2023.
  13. Katie Costello, Matt LoDolce: Gartner Marketing Survey Finds 62 % of Consumers Will Stop Buying From Brands That Compromise Products to Cut Costs. In: gartner.com. Gartner Inc., 25. Juli 2022, abgerufen am 14. Oktober 2023 (englisch).
  14. Roberta S. Russell, Bernard W. Taylor: Operations and Supply Chain Management. 11. Auflage. Wiley, Hoboken 2023, ISBN 978-1-119-90567-7, Kapitel 2: Quality Management, S. 76, Quality Attributes in Services (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  15. Korinna Schumann et al.: 369/A(E)-BR/2023: Entschließungsantrag. (PDF; 619 kB) In: parlament.gv.at. Österreichisches Parlament, 16. März 2023, abgerufen am 20. Oktober 2023.