Schimon ben Jochai
Schimon ben Jochai (hebräisch שמעון בן יוחאי; auch Schimon bar Jochai; geboren ca. 80 in Tiberius (Galiläa); gestorben ca. 160 in Meron; wird in der Mischna und Baraita einfach R. Simon; Jochai ist die Abkürzung von Jochanan (hebräisch יֹוחָנָן) genannt; auch der Kurzname Raschbi kommt vor) war ein Tannait der sogenannten dritten (nach anderen der vierten) Generation. Schimon ben Jochai ist einer der am häufigsten zitierten Lehrer im Jerusalemer und Babylonischen Talmud. Viele halachische (gesetzliche) und aggadische (erzählerische) Lehren werden ihm zugeschrieben. Laut der späteren kabbalistischen Tradition, besonders im Sohar beschrieben, wurde das Werk des Sohars von Rabbi Schimon diktiert bzw. inspiriert. Historisch gesehen wurde dieses Werk aber erst im 13. Jahrhundert von Moses de León veröffentlicht, inwieweit dieser auf bestehende ältere Textkorpora zurückgriff bleibt offen.
Leben und Wirken
Schimon war der Sohn von Jochai bar Jochai und Sarah Eshet Jochai. Er war mit Eshet Schimon bar Jochai verheiratet, ein Sohn ist belegt Elazer Ben Schimon.
Er lebte im zweiten Jahrhundert n. Chr. und war Schüler des Rabbi Akiba in Bne Brak, obwohl Akiba ihn zunächst nicht als Schüler annehmen wollte, weil Schimons Vater zur Zeit des Bar-Kochba-Aufstandes die römische Seite unterstützt hatte.[1]
Der Legende nach trat Rabbi Simon später gegen die Römer auf und hielt sich, von diesen zum Tode verurteilt, mit seinem Sohn Rabbi Eleasar 13 Jahre in einer Höhle in Peqiʿin (hebräisch פְּקִיעִין) versteckt[2], wo sie unablässig die Tora studierten. Nach Kaiser Hadrians Tod, wurde Antoninus Pius der Nachfolger. Nach Kaiser Hadrians Tod und der Ernennung von Antonius Pius ließ die jüdische Unterdrückung nach. Rabbi Schimon und sein Sohn kamen aus ihrem Versteck und soll bald darauf seine Schule in Tiberias eröffnet haben. Der Legende nach ging Schimon nach Rom und heilte dort die kaiserliche Prinzessin, wahrscheinlich Faustina die Jüngere, von einer schweren seelischen Krankheit.[3] Dadurch erwirkte er bei Kaiser Antoninus die Aufhebung der ‚hadrianischen Judengesetze‘.[4]
Von Schimon ben Jochai gibt es keine schriftlichen Aufzeichnungen, es werden ihm jedoch einige Werke zugeschrieben:
- Sifre, ein exegetischer Midrasch zum 4. Buch und 5. Buch Mose
- Mechilta, ein Midrasch zum Buch Exodus (Abkürzung: MRS)
- Es wurde einige Zeit angenommen, er habe den Sohar seinen Schülern diktiert.
Im Hinblick auf die Entstehungszeit und der literarischen Kontinuität von Texten jüdischer Mystik, und hier dem Sohar[5] im engeren Sinne, bestehen unterschiedliche Ansichten und Intentionen zwischen den jüdischen bzw. kabbalistischen Traditionen und den Ergebnissen der akademischen, wissenschaftlichen Forschung. In der Literaturwissenschaft und Judaistik wird die Ansicht präferiert, der Autor des Sohars sei Mosche de Leon aus dem 13. Jahrhundert gewesen. Hingegen bleibt im orthodoxen Judentum Rabbi Schimon ben Jochai weiterhin der Autor des Sohars.[6]
Einem traditionellen Narrativ folgend, sei der Sohar im zweiten Jahrhundert von Rabbi Schimon ben Jochai geschrieben worden, als er sich mit seinem Sohn Eliezer, wie oben beschrieben, in einer Höhle im Norden Israels versteckte.[7] Das Manuskript verschwand dann aus der Geschichte, um ein Jahrtausend später in den Händen von Rabbi Mosche de Leon wieder aufzutauchen.
Rabbi Simon war Lehrer des Jehuda ha-Nasi.
Grab

Schimons Grabstätte befindet sich in Meron in Galiläa, unweit von Zefat. Sie ist ein Wallfahrtsziel für jüdische Pilger und wird insbesondere am 18. Ijjar, dem traditionellen Sterbetag Schimons, aufgesucht. Dies ist zugleich Lag baOmer, das Fest am 33. Tag nach Pessach.
Sonstiges
Der Jurist und „Chronist im jüdischen Styl“ Christoph Gottlieb Richter (1717–1774) verwendete für eines seiner historischen Werke das Pseudonym Simeon ben Jochai.
Literatur
- Israel Konovitz: Rabbi Simeon bar Yohai. Collected Sayings in Halakah and Aggadah, in the Talmudic and Midrashic literature. Mossad Harav Kook, Jerusalem 1966 (hebräisch)
- Kaufmann Kohler, Max Seligsohn: Simeon Ben Yohai. In: Isidore Singer (Hrsg.): Jewish Encyclopedia. Funk and Wagnalls, New York 1901–1906.
- Chana Karmann-Lente: Quellen: Hauptfigur der jüdischen Mystik. 12. Mai 2014, auf juedische-allgemeine.de [6]
- Jankew Seidmann (Hrsg.): Aus dem heiligen Buche Sohar des Rabbi Shimon ben Jochai; eine Auswahl. Zusammengestellt und übertragen von Jankew Seidmann, Im Welt Verlag, Berlin 1920, auf archive.org. [7]
Weblinks
- Moshe Miller: What Is the Zohar? The Teachings of Rabbi Shimon bar Yochai. History of Kabbalah, auf [8]
- Medien
- Daniel C. Matt: The Zohar and Shimon Bar Yochai 22. Mai 2024, Jewish Insights with Justin Pines, auf youtube [9]
- Daniel C. Matt: Zohar and Kabbalah. Rutgers University, 3. Dezember 2012, The Allen and Joan Bildner Center for the Study of Jewish Life, auf youtube [10]
Einzelnachweise
- ↑ Kaufmann Kohler, Max Seligsohn: Simeon ben Yoḥai. Jewish Encyclopedia, auf jewishencyclopedia.com [1]
- ↑ Michael Laitman: Der Sohar. Erster Einblick in das Hauptwerk der Kabbala. Laitman Kabbalah Publishers, Toronto 2020, ISBN 978-8-579576-76-7, S. 12
- ↑ Mike Margolis: Ancient Roman Numismatics meets Jewish Talmudic legend? Discussion in ‚Ancient Coins‘, 25. Oktober 2017, auf cointalk.com [2]
- ↑ Günter Stemberger: Die Verfolgung der jüdischen Religion unter Hadrian: Zwischen Wirklichkeit und Martyrologie. Scripta Classica Israelica, vol. XXXIII 2014 S. 255–268.
- ↑ Joseph Jacobs, Isaac Broydé: Zohar (called also in the earlier literature Midrash ha-Zohar and Midrash de-Rabbi Shim'on ben Yoḥai). Jewish Encyclopedia, auf jewishencyclopedia.com [3]
- ↑ Rabbi Shimon bar Yochai. Ancient Jewish History, auf jewishhistory.org [4]
- ↑ Shraga Simmons: Lag BaOmer. Zwölf Jahre in der Höhle. 12. Mai 2014, Jüdische Allgemeine, auf juedische-allgemeine.de [5]