Shanzhai-Markt
Als Shanzhai-Markt (Shan Zhai; chinesisch: 山寨; Pinyin: shānzhài) wird der graue Markt von unlizenzierten Produktherstellern bezeichnet, die Produktfälschungen oder Plagiate herstellen und vertreiben.[1]


Begriffsgeschichte
Das Wort Shanzhai hat auch einen sprachlichen Bezug zum chinesischen Wort Bergdorf (山寨, shānzhài), womit nicht kontrollierbare Herstellungsorte im Hinterland gemeint sind.
Der Begriff shānzhài kam in der traditionellen chinesischen Sprache erstmals während der Song-Dynastie auf und konnte sich im Sinne des Bergdorfes auf ein „verwunschenes Dorf“ beziehungsweise eine „belagerte Bergfestung“ beziehen. Tapfere Helden kämpften dabei ursprünglich gegen unerbetene, korrupte Regierungsbeamte. Später erhielt der Begriff eine herabwürdigende Konnotation; aus Helden wurden Räuber.
Mit der Öffnung Chinas für die internationalen Märkte mutierte der Begriff im Zuge sich etablierender Produktpiraterie zum Inbegriff gefälschter Ware und Diebstahl geistigen Eigentums.[2][3]
Marktentwicklung
Ende der 2000er-Jahre erlebte der Shanzhai-Markt seinen Höhepunkt, insbesondere im Bereich der Mobiltelefone. Schätzungen zufolge machten Shanzhai-Handys im Jahr 2010 etwa 20 % des globalen Mobiltelefonmarktes aus, wobei sie besonders in Asien, Afrika und Lateinamerika gefragt waren.[4]
Der ursprünglich als bloße Produktpiraterie charakterisierte Markt entwickelte sich seit den 2010er-Jahren zu einem komplexen Ökosystem, das sowohl Imitation als auch Innovation beinhaltet.[5]
Kulturkritik
Laikwan Pang argumentiert – ähnlich wie Byung-Chul Han und Thomas Adebahr –, dass die Kreativwirtschaft – in der Kreativität ein individuelles Gut ist, das zu Waren gemacht und als Eigentum geschützt wird – eine Intensivierung der westlichen Moderne und des Kapitalismus ist, die im Widerspruch zu wichtigen Aspekten der chinesischen Kultur steht.[6] Sie stellt die chinesische Kultur des Kopierens in den Kontext von Appropriation Art.
Literatur
- Laikwan Pang: Creativity and Its Discontents. China's Creative Industries and Intellectual Property Rights Offenses, Duke University Press 2022, ISBN 978-0-8223-5082-8.
- Byung-Chul Han: Shanzhai: Dekonstruktion auf Chinesisch. Merve-Verlag, 2011. ISBN 978-3-883962948
- Thomas Adebahr: Shanzhai. Researching the Culture of Copying, Pinguin Druck 2010.
- Xiujie Wu: Verfälschen als Zeichensetzen. Die Shanzhai-Bewegung, in: Mareile Flitsch, Lena Henningsen, Xiujie Wu: Die Kunst des Verfälschens. Ethnologische Überlegungen zum Thema Authentizität, Völkerkundemuseum Zürich 2010, PDF
Weblinks
- Shanzai: Chinas Lust am Kopieren. Von „Pizza Huh“ bis CCSTV, News ORF.at, 23. Juni 2012
- Auf Fälscherjagd in China ( vom 15. Juni 2012 im Internet Archive) (Financial Times Deutschland)
- Paul Ertel: Shanzai. Kopierkultur in China
Einzelnachweise
- ↑ Clément Renaud: Design: Kopieren, fälschen, optimieren. Shanzhai-Kultur in China. In: irights.info. 11. Januar 2016, abgerufen am 27. Mai 2025.
- ↑ Thomas Rommel (Hrsg.), Plagiate - Gefahr für die Wissenschaft?: Eine internationale Bestandsaufnahme, S. 211
- ↑ Mark Siemons: Produktpiraterie: Mit Adodas zu Bucksstar Coffee. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. Januar 2009, abgerufen am 27. Mai 2025.
- ↑ Wolfgang Hascher: Wo sind 200 Mio. Handy-Chips geblieben? In: elektroniknet.de. 3. September 2009, abgerufen am 27. Mai 2025.
- ↑ Junxi Qian, Zuyi Lyu, Junwan'guo Guo: Making a grassroots knowledge economy: cultural economies and communities of practice in the shanzhai electronics industry. In: Geoforum. Volume 125. Elsevier, Oktober 2021, S. 66–77.
- ↑ Laikwan Pang: Creativity and Its Discontents. China's Creative Industries and Intellectual Property Rights Offenses. Duke University Press, 2012, ISBN 978-3-88396-294-8.