Schloss Saßleben

Schloss Saßleben war ein bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgbarer Adelssitz im heutigen Calauer Ortsteil Saßleben, der 1945 durch Brand zerstört wurde. Schloss Saßleben gehörte von 1911 bis 1945 verschiedenen Angehörigen der Kaufmannsfamilie Wertheim.

Geschichte

Wirtschaftsgebäude des Gutes (2019)
Wirtschaftsgebäude des Gutes (2019)

Ende des 18. Jahrhunderts, nach genealogischen Quellen vor 1780,[1] kam das ehemalige Rittergut in den Besitz der Grafen zur Lippe-Biesterfeld-Weißenfeld. Erster Vertreter der Familie vor Ort wurde Friedrich Ludwig Graf zur Lippe-Weißenfeld (1737–1791). Ihm folgte sein Sohn aus der Ehe mit Christiane Dorothea Wilhelmine Freiin von Hohenthal-Naundorf,[2][3], der preußische Offizier Graf Ferdinand zur Lippe-Weißenfeld; seine Karriere begann aber zunächst mit einem Studium in Wittenberg.[4] Saßleben blieb aber häufig ein Nebengut, Hauptwohnsitz war phasenweise Schloss Baruth in der Lausitz. Saßleben bestand Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Dorf, einer Kolonie, einer Schäferei, der Wassermühle und dem juristisch eigenständigen Rittergut der Grafen.[5] Einer der Nachfahren war Graf Hugo zur Lippe-Weißenfeld (1809–1868), letzter amtierender Graf Lippe auf Sassleben.[6][7] Die noch minderjährigen Kinder von Graf Hugo zur Lippe[8] und seiner Frau Wilhelmine Freiin Schenk von Geyern (1830–1891),[9] Sohn Erich (* 1853)[10] und Tochter Ida (* 1863),[11] beide in Saßleben geboren, veräußerten nach dessen Tod 1868 die Begüterung Saßleben. Später ist diese genealogische Grafenlinie ausgestorben.[12] Die Grafen zur Lippe ließen nachweislich zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein neues Schloss errichten und den Park anlegen.

Etwas vor 1879 kaufte der Berliner Likörfabrikant Hermann Gilka das Anwesen und ließ es umbauen. Er war so bereits im gleichen Jahr erstmals amtlich publizierten Generaladressbuch der Rittergutsbesitzer benannt, Wohnsitz Berlin und Gutsherr auf 477 ha.[13] Damals erhielt das Schloss die Form, in der es bis zu seiner Zerstörung 1945 blieb.

Zwischenzeitlich war das Herrenhaus mit Gut weiterhin Eigentum von Hedwig Harlander, geb. Ehrenreich, Ehefrau des damaligen kgl. bayr. Majors, zuletzt Generalleutnant, und Mitglied des Reichsmilitärgerichts Karl Harlander. Frau Harlander war eine verwitwete Gilka. Familie Harlander lebte zumeist im Wechsel in München und in Berlin.[14]

Um 1911 kaufte Georg Wertheim das Gutsschloss als Geschenk für seine Frau Ursula, geb. Gilka. Das Schloss diente der Familie als Sommersitz, die Familie wohnte fast ausschließlich in Berlin. Als Verwalter der 478 ha großen Rittergutes vor Ort agierte ein Administrator Springer.[15] Die Insel im Teich des Schlossparks wurde mit einer Bootsanlegestelle versehen, geschmückt von zwei Sphingen und einem Springbrunnen. Ein Tennisplatz links des Schlosses und ein gusseiserner Pavillon rechts davon (der heute im Park von Schloss Fürstlich Drehna steht) rundeten das Ensemble ab.

Um seine Frau vor den Auswirkungen der Rassengesetze des „Dritten Reichs“ zu schützen, ließ sich Georg Wertheim Mitte der 1930er Jahre von seiner Frau Ursula scheiden, die weiterhin den Namen Wertheim trug und mit Georg bis zu dessen Tod 1939 zusammenlebte. Nach der Scheidung schenkte Georg Wertheim Schloss Saßleben seiner Ex-Frau. Damit war es den Enteignungsverfahren der NS-Bürokratie entzogen. Ursula Wertheim heiratete nach dem Tod Georg Wertheims den Schlossverwalter Arthur Lindgens, mit dem sie wenig später in die USA emigrierte. Kurz nach Kriegsende ging das Schloss 1945 in Flammen auf. Die genaue Brandursache ist bis heute ungeklärt.

Die Ruine des Schlosses wurde abgerissen. Stehen blieben die Stallungen und Scheunen, die später von der örtlichen LPG genutzt wurden. Die Gutsanlage und der Schlosspark stehen unter Denkmalschutz.[16]

Archivgut (Auswahl)

Literatur

Commons: Gutsanlage Saßleben – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Gottlob Friedrich Krebel: Europäisches Genealogisches Handbuch, in welchem der .... Johann Friedrich Gleditsch, Leipzig 1780.
  2. Georg Schmidt: Die Familie der Grafen von Hohenthal. Buchdruckerei des Waisenhauses (Franckesche Stiftungen), Halle a. S. 1896, S. 42 f.
  3. Offen: Quellen-Vergleich: Ehe: Mit Anna von Gerdorff-Baruth (Oberlausitz)
  4. Neues Genealogisches Reichs- und Staats-Handbuch auf das Jahr 1802. Band 1, Varrentrapp und Wenner, Frankfurt am Main 1802, S. 343.
  5. Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Frankfurt a. d. O. II, Kreis Calau, Gustav Harnecker, Frankfurt a. d. O. 1844, S. 31.
  6. Karl Friedrich Rauer (Hrsg.): Alpabetischer Nachweis (Adressbuch) des in den Preussischen Staaten mit Rittergütern angesessenen Adels. Selbstverlag, Berlin 1857, S. 133.
  7. Paul Laband: Die Thronfolge im Fürstenthim Lippe unter Benutzung archivalischer Materialien. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Freiburg i. Brsg. 1891, S. 50.
  8. Vgl. Gothaisches Genealogischer Hofkalender nebst diplomatisch-statistischem Jahrbuche. 1909. 146. Jahrgang, Justus Perthes, Gotha 1908, S. 43.
  9. Vgl. Gothaisches Genealogischer Hofkalender nebst diplomatisch-statistischem Jahrbuche. 1896. 133. Jahrgang, Justus Perthes, Gotha 1895, S. 47.
  10. Vgl. Geburtsanzeige für Erich zur Lippe-Saßleben, In: Leipziger Zeitung. №. 297. 1853, Leipzig, Freitag, den 16. Dezember 1853, S. 6169.
  11. Vgl. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. Der in Deutschland eingebore Adel (Uradel). 1902. Dritter Jahrgang, Justus Perthes, Gotha 1901, S. 543.
  12. Vgl. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Fürstlichen Häuser. (Hofkalender). 1942. 179. Jahrgang, Justus Perthes, Gotha 1941, S. 66.
  13. P. Ellerholz, H. Lodemann, H. von Wedell: General-Adressbuch der Ritterguts- und Gutsbesitzer im Deutschen Reiche. 1. Band: Das Königreich Preussen, Lfg. 1: Die Provinz Brandenburg. Nicolaische Verlags-Buchhandlung R. Stricker, Berlin 1879, S. 38–39, doi:10.18452/377 (hu-berlin.de). Reprint: EOD Print Humboldt-Universität Berlin. ISBN 3-226-00787-4.
  14. Herrmann A. L. Degener (Hrsg.): Wer ist`s?. III. Ausgabe, Selbstverlag, Leipzig 1905, S. 506.
  15. Ernst Seyfert: Güter-Adreßbuch für die Provinz Brandenburg. [1914]. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter, Güter und Höfe von ca. 20 ha aufwärts. Handbuch der Königlichen Behörden. Nach amtlichen Quellen und auf Grund direkter Angaben bearbeitet. in: Niekammer’s Güter-Adressbücher, Band VII, 2. Auflage, Reichenbach`sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1914, S. 230–231.
  16. Denkmalliste des Landes Brandenburg, Landkreis Oberspreewald-Lausitz. (PDF) 31. Dezember 2012, S. 16, abgerufen am 15. September 2015.

Koordinaten: 51° 45′ 41,5″ N, 13° 59′ 23,4″ O