Schläfli-Symbol

Das Schläfli-Symbol, benannt nach dem Schweizer Mathematiker Ludwig Schläfli, wird in der Form benutzt, um reguläre Polygone, Polyeder und Polytope in höheren Dimensionen zu beschreiben.

Wenn eine natürliche Zahl ist, beschreibt das Symbol ein regelmäßiges Polygon (-Eck). Ist ein nicht notwendig gekürzter Bruch, dann beschreibt es einen Stern.

Das Symbol beschreibt einen Platonischen Körper, einen Kepler-Poinsot-Körper oder eine Parkettierung mittels regelmäßiger -Ecke, wobei angibt, wie viele solcher Polygone an jeder Ecke zusammenstoßen.

Die Inversion eines Schläfli-Symbols liefert das dazu duale Polytop. Wenn das Schläfli-Symbol ein Palindrom darstellt, d. h. wenn , ist das Polytop selbstdual.

Geschichte

Ludwig Schläfli führte das nach ihm benannte Symbol in der Notation und der Bezeichnung Charakter in seiner in den Jahren 1850–1852 entstandenen[1] Arbeit Theorie der vielfachen Kontinuität ein.[2] ein. In ihr beschrieb er als erster alle regulären vierdimensionalen Polytope, alle Parkettierungen des vierdimensionalen euklidischen Raums, vier der zehn regelmäßigen vierdimensionalen Sternpolytope und alle regulären höherdimensionalen Polytope und Parkettierungen. Die Notation mit geschweiften Klammern wurde von Harold Scott MacDonald Coxeter eingeführt.[3]

Geometrische Interpretation des Schläfli-Symbols

Ein aus Zahlen bestehendes Schläfli-Symbol beschreibt ein regelmäßiges -dimensionales Polytop oder eine Parkettierung des -dimensionalen Raums. Das Polytop oder die Parkettierung ist aus Zellen mit dem Schläfli-Symbol aufgebaut. Die Zellen sind immer Polytope der nächst niedrigeren Dimension, selbst wenn das Schläfli-Symbol eine Parkettierung beschreibt. Diese Definition kann rekursiv angewendet werden, so dass beispielsweise die Polytope beschreibt, aus denen die Zellen aufgebaut sind, und die Flächen der Polyeder, aus denen das Polytop oder die Parkettierung besteht. Umgekehrt beschreibt das Schläfli-Symbol die Eckfigur des Polytops. Sie definiert die Anordnung der Zellen um eine Ecke des Polytops oder der Parkettierung. Die Eckfigur ist immer ein Polytop der nächst niedrigeren Dimension, selbst wenn das Schläfli-Symbol eine Parkettierung beschreibt.

Beispiele

Strecke

bezeichnet eine Strecke (ein eindimensionales Simplex).[4]

Regelmäßige Polygone

bezeichnet ein regelmäßiges n-Eck.[5] Als Grenzfall bezeichnet ein Apeirogon (eine Aneinanderreihung gleich langer Strecken auf einer Geraden).[6]

Sterne

Regelmäßige Sterne werden mit dem Schläfli-Symbol (alternativ ) bezeichnet, wobei die Anzahl der Eckpunkte angibt und jeder -te Punkt verbunden wird.[7] Dabei ist der Stern identisch mit dem Stern . Daher wird zur Bezeichnung eines Sterns üblicherweise gewählt.

Beispiel

Das Pentagramm ergibt sich, wenn beim Verbinden der fünf Eckpunkte eines Fünfecks jeweils ein Punkt übersprungen wird.

keine vom Dreieck
keine vom Viereck
1 Pentagramm
vom Fünfeck
keine vom Sechseck
2 Heptagramme
vom Siebeneck
1 Oktogramm
vom Achteck
2 Ennea-
gramme

vom Neuneck
1 Dekagramm
vom Zehneck
4 Hendeka-
gramme
vom Elfeck
1 Dodeka-
gramm
vom Zwölfeck
5 Trideka-
gramme
vom 13-Eck
2 Tetradeka-
gramme
vom 14-Eck
3 Pentadeka-
gramme
vom 15-Eck
3 Hexadeka-
gramme
vom 16-Eck
7 Heptadeka-
gramme
vom 17-Eck
2 Oktodeka-
gramme
vom 18-Eck
8 Enneadeka-
gramme
vom 19-Eck
3 Ikosa-
gramme
vom 20-Eck
5 Ikosihen-
gramme
vom 21-Eck
04 Doikosagramme vom 22-Eck
10 Trikosagramme vom 23-Eck
03 Tetraikosagramme vom Vierundzwanzigeck

Platonische Körper

Platonische Körper werden mit bezeichnet. Dabei sind die Zahl der Ecken des verwendeten Polygons und die Zahl der an einer Ecke zusammenstoßenden Polygone.[8] Das Schläfli-Symbol beschreibt die Eckfigur der Platonischen Körper.

  • bezeichnet das Tetraeder.
  • bezeichnet das Oktaeder.
  • bezeichnet den Würfel.
  • bezeichnet das Ikosaeder.
  • bezeichnet das Dodekaeder.

Das Tetraeder ist selbstdual. Das Oktaeder und der Würfel sind einander dual, genauso das Ikosaeder und das Dodekaeder.

Platonische Parkettierungen

Platonische Parkettierungen werden auch mit bezeichnet.[9] Das entscheidende Merkmal, in dem sich das Schläfli-Symbol eines Platonischen Körpers von dem einer Platonischen Parkettierung unterscheidet, ist, dass für einen Körper gilt,[8] für eine Parkettierung hingegen .[9] Auch hier beschreibt die Eckfigur der Parkettierung.

  • bezeichnet die Dreieckparkettierung.
  • bezeichnet die Sechseckparkettierung.
  • bezeichnet die Quadratparkettierung.

Das Quadratparkettierung ist selbstdual. Die Dreieckparkettierung und die Sechseckparkettierung sind einander dual.

Kepler-Poinsot-Körper

Die Kepler-Poinsot-Körper werden auch mit bezeichnet. Hierbei ist entweder oder .[10] Die Eckfigur wird wiederum durch beschrieben.

Das Große Ikosaeder und das Große Sterndodekaeder sind einander dual, ebenso das Große Dodekaeder und das Kleine Sterndodekaeder.

Parkettierung des dreidimensionalen Raumes

Eine Parkettierung des dreidimensionalen Raumes mit regelmäßigen Polyedern wird durch das Schläfli-Symbol bezeichnet. Die Parkettierung ist aus dreidimensionalen Polyedern aufgebaut, von denen jeweils an einer Kante zusammenstoßen. Die Eckfigur ist . Es existiert nur eine solche dreidimensionale Parkettierung:[11]

  • bezeichnet die Parkettierung des dreidimensionalen Raumes mit Würfeln . Die Eckfigur ist ein reguläres Oktaeder .

Das Würfelparkettierung ist selbstdual.

Vierdimensionale Polytope

Das Schläfli-Symbol bezeichnet ein reguläres vierdimensionales Polytop (Polychor), das aus dreidimensionalen Polyedern aufgebaut ist, von denen jeweils an einer Kante zusammenstoßen.[12] Die Eckfigur ist .

  • bezeichnet das reguläre 5-Zell (Pentachoron), das aus fünf regulären Tetraedern besteht, von denen jeweils 3 an einer Kante zusammenstoßen. Die Eckfigur ist ein reguläres Tetraeder .
  • bezeichnet das reguläre 8-Zell (vierdimensionaler Hyperwürfel oder auch Tesserakt), der aus acht Würfeln besteht, von denen jeweils 3 an einer Kante zusammenstoßen. Die Eckfigur ist ein reguläres Tetraeder .
  • bezeichnet das reguläre 16-Zell (Hexadekachor), das aus 16 regulären Tetraedern besteht, von denen jeweils 4 an einer Kante zusammenstoßen. Die Eckfigur ist ein reguläres Oktaeder .
  • bezeichnet das reguläre 24-Zell (Ikositetrachor), das aus 24 regulären Oktaedern besteht, von denen jeweils 3 an einer Kante zusammenstoßen. Die Eckfigur ist ein Würfel .
  • bezeichnet das reguläre 120-Zell (Hekatonikosachor), das aus 120 regulären Dodekaedern besteht, von denen jeweils 3 an einer Kante zusammenstoßen. Die Eckfigur ist ein reguläres Tetraeder .
  • bezeichnet das reguläre 600-Zell (Hexakosichor), das aus 600 regulären Tetraedern besteht, von denen jeweils 5 an einer Kante zusammenstoßen. Die Eckfigur ist ein reguläres Ikosaeder .

Das 5-Zell und das 24-Zell sind selbstdual. Das 8-Zell und das 16-Zell sind einander dual, genauso das 120-Zell und das 600-Zell.

Im vierdimensionalen Raum existieren außerdem zehn reguläre Sternpolytope mit folgenden Schläfli-Symbolen:[13]

Parkettierungen des vierdimensionalen Raumes

Im vierdimensionalen euklidischen Raum existieren folgende Parkettierungen:[12]

  • bezeichnet die Parkettierung des vierdimensionalen Raumes mit regulären 8-Zellen . Die Eckfigur ist ein 16-Zell .
  • bezeichnet die Parkettierung des vierdimensionalen Raumes mit regulären 16-Zellen . Die Eckfigur ist ein 24-Zell .
  • bezeichnet die Parkettierung des vierdimensionalen Raumes mit regulären 24-Zellen . Die Eckfigur ist ein 8-Zell .

Die Parkettierung mit regulären 8-Zellen ist selbstdual. Die Parkettierung mit regulären 16-Zellen und die mit regulären 24-Zellen sind einander dual.

Höherdimensionale Polytope

In euklidischen Räumen der Dimensionen existieren folgende reguläre Polytope:[14]

  • bezeichnet das -Simplex, bestehend aus -Simplexen mit -Simplexen als Eckfigur.
  • bezeichnet den -dimensionalen Hyperwürfel, bestehend aus -dimensionalen Würfeln mit -Simplexen als Eckfigur.
  • bezeichnet das -dimensionale Kreuzpolytop, bestehend aus -Simplexen mit -dimensionalen Kreuzpolytopen als Eckfigur.

Das -Simplex ist selbstdual. Der -dimensionale Hyperwürfel und das -dimensionale Kreuzpolytop sind einander dual.

In Dimensionen existieren keine Sternpolytope.[13]

Parkettierung höherdimensionaler Räume

In euklidischen Räumen der Dimensionen existiert folgende Parkettierung:[14]

  • bezeichnet die Parkettierung des -dimensionalen Raums mit -dimensionalen Hyperwürfeln mit -dimensionalen Kreuzpolytopen als Eckfigur.

Sie ist selbstual.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Nachwort zur Theorie der vielfachen Kontinuität. In: Steiner-Schläfli-Komitee der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft (Hrsg.): Ludwig Schläfli, 1814–1895: Gesammelte Mathematische Abhandlungen. Band 1. Springer Basel AG, Basel 1950, ISBN 978-3-0348-4046-0, S. 388–392, doi:10.1007/978-3-0348-4118-4_14.
  2. Ludwig Schläfli: Theorie der vielfachen Kontinuität. In: Steiner-Schläfli-Komitee der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft (Hrsg.): Ludwig Schläfli, 1814–1895: Gesammelte Mathematische Abhandlungen. Band 1. Springer Basel AG, Basel 1950, ISBN 978-3-0348-4046-0, S. 167–387, Abschnitte 17, 18, und 34, doi:10.1007/978-3-0348-4118-4_13.
  3. H. S. M. Coxeter: Regular Polytopes. 3. Auflage. Dover Publications, New York 1973, ISBN 0-486-61480-8, S. 114 (englisch, Erstausgabe: Methuen & Co., London 1948).
  4. H. S. M. Coxeter: Regular Polytopes. 3. Auflage. Dover Publications, New York 1973, ISBN 0-486-61480-8, S. 129 (englisch, Erstausgabe: Methuen & Co., London 1948).
  5. H. S. M. Coxeter: Regular Polytopes. 3. Auflage. Dover Publications, New York 1973, ISBN 0-486-61480-8, S. 2 (englisch, Erstausgabe: Methuen & Co., London 1948).
  6. H. S. M. Coxeter: Regular Polytopes. 3. Auflage. Dover Publications, New York 1973, ISBN 0-486-61480-8, S. 45 (englisch, Erstausgabe: Methuen & Co., London 1948).
  7. H. S. M. Coxeter: Regular Polytopes. 3. Auflage. Dover Publications, New York 1973, ISBN 0-486-61480-8, S. 93–94 (englisch, Erstausgabe: Methuen & Co., London 1948).
  8. a b H. S. M. Coxeter: Regular Polytopes. 3. Auflage. Dover Publications, New York 1973, ISBN 0-486-61480-8, S. 5 (englisch, Erstausgabe: Methuen & Co., London 1948).
  9. a b H. S. M. Coxeter: Regular Polytopes. 3. Auflage. Dover Publications, New York 1973, ISBN 0-486-61480-8, S. 59 (englisch, Erstausgabe: Methuen & Co., London 1948).
  10. H. S. M. Coxeter: Regular Polytopes. 3. Auflage. Dover Publications, New York 1973, ISBN 0-486-61480-8, S. 96–100 (englisch, Erstausgabe: Methuen & Co., London 1948).
  11. H. S. M. Coxeter: Regular Polytopes. 3. Auflage. Dover Publications, New York 1973, ISBN 0-486-61480-8, S. 68–69 (englisch, Erstausgabe: Methuen & Co., London 1948).
  12. a b H. S. M. Coxeter: Regular Polytopes. 3. Auflage. Dover Publications, New York 1973, ISBN 0-486-61480-8, S. 136 (englisch, Erstausgabe: Methuen & Co., London 1948).
  13. a b H. S. M. Coxeter: Regular Polytopes. 3. Auflage. Dover Publications, New York 1973, ISBN 0-486-61480-8, S. 263–264 (englisch, Erstausgabe: Methuen & Co., London 1948).
  14. a b H. S. M. Coxeter: Regular Polytopes. 3. Auflage. Dover Publications, New York 1973, ISBN 0-486-61480-8, S. 128–129 (englisch, Erstausgabe: Methuen & Co., London 1948).