Schiebel Elektronische Geräte

Schiebel Elektronische Geräte GmbH
Rechtsform GesmbH
Gründung 1951
Sitz Wien, Osterreich Österreich
Leitung Hans Georg Schiebel (Aufsichtsrat)

Hannes Hecher (CEO)

Mitarbeiterzahl 300
Umsatz 65 Mio. EUR
Website www.schiebel.net
Stand: August 2025
Camcopter S-100

Die Schiebel Elektronische Geräte GmbH ist ein österreichischer Hersteller von Minensuchgeräten und unbemannten Luftfahrzeugen mit Sitz in Wien-Margareten.

Geschichte

Das Unternehmen wurde 1951 als Hersteller von Kleinst-Elektroteilen, wie zum Beispiel Mikroschaltern für Waschmaschinen, gegründet. Ab Mitte der 1980er-Jahre spezialisierte sich Schiebel auf die Entwicklung und Produktion von technologisch hoch entwickelten Minensuchgeräten und stieg nicht zuletzt aufgrund eines Großauftrages der amerikanischen Armee über 18.000 Minensuchgeräte dauerhaft zum Weltmarktführer auf. Seit Mitte der 1990er-Jahre werden auch Drohnen entwickelt und produziert. Der „Camcopter S-100“ ist ein unbemannt fliegender Mini-Helikopter, der mit verschiedenen Kameras und mit verschiedenen Waffensystemen ausgestattet werden kann.[1] Es kann zur Überwachung von Grenzen, Pipelines oder anderen Bodenobjekten eingesetzt werden und erhielt im Jahr 2005 den Adolf Loos Staatspreis Design und den „Mercur“ für die „Innovation des Jahres“.

2003 machte das Unternehmen einen Umsatz von rund 10 Millionen Euro mit etwa 100 Mitarbeitern. 2004 wurde mit dem Bau einer neuen Betriebsstätte in Wiener Neustadt begonnen, welcher von der öffentlichen Hand mit 1,3 Millionen Euro gefördert wurde, mit dem Ziel die serienmäßige Herstellung des Camcopters voranzutreiben.[2] Der neue Standort wurde im September 2006 offiziell in Betrieb genommen. Die Mitarbeiterzahl erhöhte sich auf 150 Mitte 2006, auf über 200 im Jahr 2008 und wurde im Zuge der darauf folgenden Wirtschaftskrise wieder reduziert.[3]

Ein erster großer Auftrag (deutlich vor Mai 2009) kam aus den Emiraten, die das Projekt „Sabr“ (dt. Säbel) nennen. 2008 testeten die Küstenwachen bzw. Marinen von Indien, Pakistan und Spanien den Flugeinsatz der Drohne von Schiffen aus. Der Camcopter S-100 führte Starts und Landungen auf einem kleinen Deck aus.[4]

Die Behörden erkennen Vorteile in der Drohne zur Ortung von Schiffbrüchigen und im Bereich der Abschreckung und Überwachung im Kampf gegen Piraterie sowie im Gewässer- und Grenzschutz.[5]

Im Herbst 2008 testete die deutsche Marine die Flugeigenschaften der Drohne. Der Camcopter absolvierte rund 130 Flüge über der Ostsee. Starts und Landungen gab es auch unter harten Wetterbedingungen. Das deutsche Verteidigungsministerium zeigte Interesse, den Camcopter für Aufklärungsmissionen auf See einzusetzen.[6]

Nachdem der ukrainische Präsident Poroschenko am 12. September 2014 der OSZE den Einsatz von Drohnen erlaubte, um die Waffenruhe im Ukraine-Krieg zu überwachen, sollen bald unbewaffnete Drohnen (auch) von Schiebel in der Ost-Ukraine eingesetzt werden, um größere Gebiete in Echtzeit zu überwachen.[7]

Im Jahr 2016 stellte Schiebel unbemannte Luftfahrzeuge und Personal für Such- und Rettungseinsätze (Search and Rescue, SAR) im Mittelmeer zur Verfügung. Der Camcopter S-100 wurde dabei von der Hilfsorganisation Migrant Offshore Aid Station (MOAS) auf dem Schiff MY Phoenix eingesetzt, das in Zusammenarbeit mit dem Italienischen Roten Kreuz von Malta aus operierte. Nach Angaben von MOAS unterstützte die Drohne durch Echtzeit-Videoaufnahmen bei der Ortung von Flüchtlingsbooten und trug so zur Rettung von über 19.000 Menschen bei.[8]

Ende 2016 unterzeichnete das australische Verteidigungsministerium einen Vertrag zur Lieferung des Camcopter S-100 für die Royal Australian Navy. Der Auftrag umfasste die Bereitstellung eines interimistischen vertikal startenden unbemannten Luftfahrzeugs (VTOL UAS) inklusive technischer Unterstützung und Logistik. Ziel war es, die Aufklärungs- und Überwachungsfähigkeiten der Marineeinheiten zu erweitern. Der Camcopter S-100 sollte dabei insbesondere zur Verbesserung der Lagebilder im maritimen Umfeld beitragen.[9]

Am 19. November 2017 erhielt Schiebel von der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (European Maritime Safety Agency, EMSA) einen Vertrag zur Bereitstellung von maritimen Überwachungsdiensten mit dem Camcopter S-100. Die Drohnen können direkt von Schiffen aus betrieben werden und sind für den Einsatz in den Bereichen Küstenwache, Grenzüberwachung, Meeresverschmutzung und Emissionskontrolle vorgesehen. Der Vertrag war Teil eines größeren Beschaffungspakets, mit dem EMSA verschiedene RPAS-Typen für europäische Mitgliedstaaten und Agenturen bereitstellte.[10]

Im April 2018 testete Airbus Helicopters gemeinsam mit Schiebel die Zusammenarbeit zwischen einem bemannten Hubschrauber und einem unbemannten Luftfahrzeug (Manned-Unmanned Teaming, MUM-T). Dabei wurde ein H-145M-Hubschrauber mit einem Camcopter S-100 gekoppelt, um die Interoperabilität zwischen beiden Systemen zu demonstrieren. Nach Angaben von Airbus handelte es sich um den ersten europäischen Hubschrauber-Test dieser Art, bei dem das höchste Interoperabilitätsniveau (Level of Interoperability, LOI 5) erreicht wurde.[11]

Am 27. August 2020 wurde ein Camcopter S-100 erstmals für eine Logistikoperation zu einer Offshore-Plattform eingesetzt. Im Auftrag des norwegischen Energiekonzerns Equinor transportierte die Drohne ein 3D-gedrucktes Ersatzteil von der Basis Mongstad zur Gasplattform Troll A im Nordmeer. Der Flug über eine Distanz von rund 80 Kilometern in etwa 1500 Metern Höhe dauerte rund eine Stunde. Die Operation wurde in Zusammenarbeit mit dem norwegischen Drohnenbetreiber Nordic Unmanned sowie den nationalen Luftfahrt- und Kommunikationsbehörden durchgeführt. Nach Angaben von Equinor handelte es sich um den weltweit ersten praktischen Frachtflug dieser Art zu einer in Betrieb befindlichen Offshore-Anlage.[12]

Im Mai 2023 erhielt Schiebel gemeinsam mit Thales einen Auftrag des britischen Verteidigungsministeriums im Rahmen des „Peregrine“-Programms der Royal Navy. Geliefert werden Camcopter S-100 mit umfangreicher Sensorik für Aufklärungs- und Überwachungszwecke (Intelligence, Surveillance and Reconnaissance, ISR). Ausgestattet sind die Systeme unter anderem mit dem Thales I-Master Radar, einer elektrooptischen/infraroten Kamera (EO/IR) sowie einem automatischen Identifikationssystem (AIS), die über das AIMS-Missionssystem von CarteNav in das Gefechtsführungssystem der Schiffe eingebunden werden. Damit soll eine wetterunabhängige Detektion und Identifizierung unbekannter Ziele in Echtzeit ermöglicht werden.[13]

Im Februar 2024 erhielt Schiebel gemeinsam mit den südkoreanischen Unternehmen Hanwha Systems und UI Helicopter von der staatlichen Beschaffungsbehörde DAPA den Auftrag zur Entwicklung und Lieferung des Camcopter S-300 für die südkoreanische Marine und das Marinekorps. Der neue UAS-Typ ist größer und leistungsfähiger als der bisherige S-100 und für Aufklärungs-, Überwachungs-, Zielerfassungs- und Aufklärungsmissionen (ISTAR) vorgesehen. Die STANAG-konforme S-300-Plattform verfügt über eine Flugdauer von bis zu 24 Stunden, eine maximale Einsatzhöhe von rund 6.400 Metern und eine Nutzlastkapazität von 250 Kilogramm. Neben klassischen Sensoren kann das System auch Sonarbojen für die U-Boot-Bekämpfung (ASW) abwerfen. Der S-300 ist zudem mit der gleichen Bodenkontrollstation wie der S-100 kompatibel, was eine flexible Einsatzplanung ermöglichen soll.[14]

Fertigung des Camcopters

Der Camcopter kann – laut Aussage des Herstellers vom Juli 2016 – nur mit einer „dedizierten“ Bodenstation betrieben werden, mit der er verschlüsselt kommuniziert. Der Code wird laufend gewechselt. Der Hersteller hält seine Geräte für nicht hackbar.[15] In Wien erfolgt die Entwicklung, das Werk in Wiener Neustadt fertigt die Teile aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff und die Schale und baut Teile von rund 300 Zulieferfirmen ein, die ihren Sitz überwiegend in Österreich haben. Sind alle Teile vorrätig, dauert die Herstellung eines Exemplars 2 Wochen. Die Drohnen werden laut Eigenaussage nicht mit Waffen ausgerüstet und ausschließlich exportiert. (Stand Dezember 2015)[16] Eine Ausstattung mit Waffensystemen wie THALES Boden-Luft-Raketen ist möglich. Insofern könnte ein erfolgter Export nach Myanmar gegen das Waffen-Export-Embargo verstoßen haben. (August 2019)[17]

Niederlassungen

Wien und 3 Niederlassungen betreuen 4 Weltregionen:

Einzelnachweise

  1. Militär zeit.de, 16. Oktober 2009, abgerufen am 4. August 2010.
  2. Aufklärung dringend geboten, Zeitschrift Falter vom 24. Juli 2012.
  3. Kapitalerhöhung derstandard.at, 8. Oktober 2009, abgerufen am 4. August 2010.
  4. CAMCOPTER® S-100 auf allen Weltmeeren airpower.at, abgerufen am 30. Juni 2016.
  5. Leo Himelbauer: Schiebel-Drohne sucht Piraten und Schiffbrüchige. Hrsg.: Wirtschaftsblatt. Wien 24. April 2008 (wirtschaftsblatt.at (Memento vom 30. März 2016 im Internet Archive)).
  6. Christa Hiptmayr: Unbemanntes Flugobjekt. Hrsg.: Wochenmagazin Profil. Wien 27. Oktober 2008, S. 2.
  7. Poroschenko erlaubt Drohneneinsatz – Auch österreichische Drohnen im Einsatz ORF.at, 13. September 2014.
  8. Schiebel’s Camcopter S-100 UAS completes MOAS’ SAR mission in Mediterranean. Naval Technology, 21. November 2016, abgerufen am 25. August 2025.
  9. Schiebel Camcopter S-100 wins Navy VTOL UAS deal. Australian Aviation, 7. Februar 2017, abgerufen am 25. August 2025.
  10. EMSA contracts additional RPAS for maritime surveillance, emissions monitoring and pollution response. European Maritime Safety Agency, 27. November 2017, abgerufen am 25. August 2025.
  11. Matthew Beinart: Airbus Helicopters Tests Man-Unmanned Teaming. Aviation Today, 7. Mai 2018, abgerufen am 25. August 2025.
  12. Equinor completes world’s first logistics operation with a drone to an offshore installation. Equinor, 28. August 2020, abgerufen am 25. August 2025.
  13. Schiebel and Thales win UK naval contract. Militär Aktuell, 29. Mai 2023, abgerufen am 25. August 2025.
  14. Schiebel liefert S-300 an südkoreanische Marine. Militär Aktuell, 20. Februar 2024, abgerufen am 25. August 2025.
  15. Wettrüsten gegen Hobbydrohnen: Noch keine Regelung in Österreich, orf.at, 12. Juli 2016, abgerufen am 12. Juli 2016.
  16. Wiener Drohnen als Millionengeschäft, orf.at, 20. Dezember 2015, abgerufen am 20. Dezember 2015. – Bilder aus der Produktion.
  17. UN Expert Calls for EU Investigation Into Austrian Firm That Sold Drones to Myanmar myanmar-now.org, August 2019?, nicht abrufbar am 26. Juni 2023.