Satz von Grosswald-Schnitzer

Der Satz von Grosswald-Schnitzer (englisch Grosswald-Schnitzer theorem) ist ein mathematischer Lehrsatz aus dem Gebiet der Analytischen Zahlentheorie, der zeigt, dass eine Klasse modifizierter Zeta-Funktionen und Dirichletscher L-Funktionen existiert, die exakt dieselben Nullstellen wie die Riemannsche Zeta-Funktion besitzen, deren Euler-Produkte jedoch nicht auf der Folge der Primzahlen beruhen. Der Satz liefert zugleich eine Konstruktionsmöglichkeit und es zeigt sich, dass diese modifizierten Funktionen sich in vielerlei Hinsicht ähnlich verhalten wie die Originalfunktionen.

Der Satz ist nicht zuletzt deswegen interessant, weil er darlegt, dass die Zuordnung zwischen den Nullstellen der Riemannschen Zeta-Funktion und der Primzahlfolge nicht so starr ist, wie dies durch das Euler-Produkt der Riemannschen Zeta-Funktion nahegelegt wird. Das bedeutet, dass man die Nullstellen der Riemannschen Zeta-Funktion analysieren kann, indem man diese anderen Funktionen studiert, welche keine Primzahlen im Euler-Produkt verwenden.[1]

Der Satz wurde 1978 von Emil Grosswald und Franz Josef Schnitzer bewiesen.[2][3] Grosswald und Schnitzer haben zwei Sätze publiziert, wovon der erste sich auf die Zeta-Funktionen beschränkt und der zweite die allgemeineren Dirichletsche L-Funktionen behandelt.

Satz von Grosswald-Schnitzer

Im Folgenden sei die Menge der Primzahlen, die Riemannsche Zeta-Funktion und die -te Primzahl. Eine komplexe Zahl sei stets in der Form mit Realteil notiert.

Einführung

Die Riemannsche Zetafunktion hat in der positiven Halbebene eine Darstellung durch Primzahlen als Euler-Produkt

wobei die Folge aller Primzahlen ist. Die Nullstellen der Riemannschen Zetafunktion im Bereich befinden sich bekanntlich im sogenannten kritischen Streifen und man kann zeigen, dass keine Nullsten für existieren. Der Satz von Grosswald-Schnitzer sagt nun, dass wenn man durch eine Folge von reellen Zahlen ersetzt, welche zwischen den Primzahlen liegen , dann hat die resultierende Zeta-Funktion die gleichen Nullstellen für wie die Riemannsche Zeta-Funktion. Die Nullstellenstruktur der Riemannschen Zeta-Funktion ist somit nicht ausschließlich durch die Primzahlen festgelegt, da sie sich in dieser größeren Klasse analytischer Funktionen wiederfindet und eine gewisse Stabilität bezüglich dieser Modifikation aufweist.

Variante für Zeta-Funktionen

Definiere eine Folge reeller Zahlen , welche die Ungleichung

erfüllen. Zu dieser Folge definiert man die modifizierte Zeta-Funktion

für

konvergiert absolut für und gleichmäßig für mit . Die modifizierte Zeta-Funktion ist somit für eine holomorphe Funktion.

Der Satz von Grosswald-Schnitzer lautet nun:

Die Funktion besitzt folgende Eigenschaften:
(i) für
(ii) lässt sich als meromorphe Funktion auf den Bereich fortsetzen
(iii) Für besitzt einen einfachen Polstelle bei mit Residuum wobei
(iv) Für hat genau dieselben Nullstellen mit gleicher Vielfachheit wie die Riemannsche Zeta-Funktion .[2]

Variante für Dirichletsche L-Funktionen

Sei ein Dirichlet-Charakter modulo einer natürlichen Zahl . Die zugehörige Dirichlet-L-Funktion ist definiert durch

Fixiere eine natürliche Zahl und wähle nun eine Folge ganzer Zahlen , die die beiden Bedingungen erfüllen:

und

Mit dieser Folge definiert man die modifizierte L-Funktion

für

Die allgemeinere Variante des Satzes von Grosswald-Schnitzer lautet nun:

Die Funktion besitzt folgende Eigenschaften:
(i) Das Produkt konvergiert absolut für und lässt sich in die Halbebene als meromorphe Funktion fortsetzen.
(ii) Für besitzt genau dieselben Nullstellen mit gleicher Vielfachheit wie .
(iii) Ist kein von Hauptcharakter, so ist sogar holomorph auf ganz .[2]

Beweis-Idee des ersten Satzes

Man definiert die Funktion

und kann dann zeigen, dass für die Funktion absolut konvergiert und niemals Null ist . Daraus folgt dann

Die Aussage für wird mit einem Logarithmus-Argument gezeigt, wenn

absolut konvergiert, dann gilt

Einzelnachweise

  1. André LeClair und Giuseppe Mussardo: Generalized Riemann hypothesis, time series and normal distributions. In: IOP Publishing (Hrsg.): Journal of Statistical Mechanics: Theory and Experiment. Band 2019, Nr. 2, 2019, ISSN 1742-5468, doi:10.1088/1742-5468/aaf717.
  2. a b c Emil Grosswald und Franz Josef Schnitzer: A class of modified ζ and L-functions.. In: Pacific J. Math. Band 74, Nr. 2, 1978, S. 358 (projecteuclid.org).
  3. Jörn Steuding: Value-Distribution of L-Functions. Hrsg.: Springer. Deutschland 2007, S. 164.