Santa Casa da Misericórdia

Hauptsitz der Santa Casa da Misericórdia de Lisboa, 1498 gegründet in Lissabon.

Die Santa Casa da Misericórdia (deutsch: Heiliges Haus der Barmherzigkeit) ist eine jahrhundertealte katholische Einrichtung der Armen- und Gesundheitsfürsorge in Portugal, die sich in allen größeren Städten des Landes sowie den ehemaligen Kolonien in Amerika, Afrika und Asien etabliert hat und dort auch heute noch eine sehr wichtige Rolle einnimmt. Die Gründung geht auf das Jahr 1498 zurück, als Pater Miguel Contreiras mit Unterstützung von Königin Eleonore von Portugal, deren Beichtvater er war, die Santa Casa da Misericórdia de Lisboa ins Leben rief.

Historie

Vorgeschichte

Das Zentralkrankenhaus der Irmandade da Santa Casa de Misericórdia de São Paulo, gegründet 1562 in São Paulo.

Die Entwicklung der maritimen Expansion im 15. Jahrhundert, der Häfen und der Handelstätigkeiten Portugals, begünstigte den Zustrom von Menschen in die städtischen Gebiete, wie das mit Lissabon der Fall war. Menschen kamen in großer Zahl, um Arbeit oder Bereicherung zu suchen, jedoch oftmals ohne Erfolg. Ihre Lebensbedingungen verschlechterten sich zunehmend. Die Straßen Lissabons verwandelten sich in Brutstätten von Promiskuität und Krankheiten, mit einer großen Zahl von Bettlern und Findelkindern.

Unzählige Schiffbrüche und Schlachten auf hoher See trugen dazu bei, dass eine große Zahl von mittellosen Witwen und Waisen im Königreich Portugal Hilfe und Unterstützung benötigten. Auch die Lage der Angehörigen von Galeerensträflingen oder Gefängnisinsassen im Königreich war erbärmlich. So entstanden unter Leitung wohltätiger Frauen Stiftungen und Krankenhäuser im ganzen Land, die sich um die Versorgung armer Familien kümmerten.[1] Die Schwestern der Santa Casa da Misericórdia de Lisboa waren damals die Einzigen, die sich um die Gesundheit der Bevölkerung bemühten.

Beginn

Die Bruderschaft Unserer Lieben Frau, der Mutter Gottes, Jungfrau Maria der Barmherzigkeitbel formierte sich am 15. August 1498 in der Kapelle der Kathedrale von Lissabon. Die Gründer waren eine Gruppe von Laien und Ordenspriestern des Trinitarier-Ordens. Die Mitgliedschaft wurde auf 50 Adlige und 50 Bürger limitiert und die Gründung vom Bruder der Königin, dem späteren König Manuel I., bestätigt. Das erklärte Ziel der Bruderschaft war, den Bedürftigen geistige und materielle Hilfe zu leisten. Von diesem bescheidenen Ursprung sprang die Idee in die gesamte portugiesischsprachige Welt über und verbreitete sich. Im Laufe der Neuzeit waren die Santas Casas da Misericórdia die wichtigsten Institutionen für die Armenpflege im portugiesischen Kolonialreich.

Auf der Grundlage des Lissaboner Modells wurden ähnliche Einrichtungen organisiert, die das geistliche Ziel verfolgten, Nächstenliebe in Form der sogenannten „Vierzehn Werke der Barmherzigkeit“ zu üben. Im Einzelnen waren die „Misericórdias“ aber sehr unterschiedlich ausgerichtet und organisiert.[2] Ihre Geschichte ist nur verständlich vor dem Hintergrund der älteren Vergangenheit der karitativen Tätigkeit in Europa.[3]

Gegenwart

Das Santa Casa da Misericórdia de Macau in Macau, gegründet 1569

Die verschiedenen Organisationen auf der Welt, die sich in der Tradition der Santa Casa da Misericórdia sehen, sind in aller Regel Non-Profit-Organisationen. Sie werden von der Kirche oder dem Staat nicht überwacht, erhalten aber mitunter neben privaten Spenden auch staatliche oder kirchliche Mittel. Als „Wiege des Gesundheitssystems“ sind sie heute noch in ganz Portugal verbreitet und auch darüber hinaus aktiv. Zweige der portugiesischen Bruderschaft reichen von Nagasaki (Japan) und ganz Brasilien, über Goa, Macau bis hin zu den anderen Portugiesisch sprechenden Ländern Afrikas (Guinea-Bissau, Kap Verde, Angola, Mosambik) und Asiens (Osttimor).

In Portugal gelten die Häuser als hoch angesehene Institutionen und sind juristische Personen sowohl des staatlichen Privatrechts als auch des Kirchenrechts (als Vereinigung von Gläubigen). Sie gelten als Bestandteile der öffentlichen Daseinsvorsorge, deren Betrieb vom Staat nach den jeweiligen Durchführungsbestimmungen durch das Gesetzesdekret Nr. 235/2008 vom 3. Dezember 2008 genehmigt ist. Auch hat die SCM in Lissabon das ausschließliche Recht im gesamten Hoheitsgebiet Portugals, unter dem Namen Jogos da Santa Casa Lotterien wie die Euromillionen zu organisieren und zu betreiben.[4]

Commons: Misericórdias – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sozialversicherung in Portugal. leben-in-portugal.wiki. Abruf am 9. August 2016
  2. The Portuguese model of poor-relief and the dynamics of the Holy Houses of Mercy in Portuguese America. scielo.br. Abruf am 10. August 2016 (portugiesisch/englisch/französisch)
  3. The Santa Casa da Misericórdia in Portugal. link.springer.com. Abruf am 9. August 2016 (englisch)
  4. Webseite des Santa Casa. jogossantacasa.pt. Abruf am 9. August 2016