Sahar Khalifeh
Sahar Khalifeh (arabisch سحر خليفة, DMG Saḥar Ḫalīfa; * 1. September 1942 in Nablus) gilt als die berühmteste Schriftstellerin Palästinas. Sie verfasste elf Romane, die in mehr als 15 Sprachen übersetzt wurden. Ihre Werke, die sich mit der Situation der palästinensischen Bevölkerung unter der Besatzung Israels und der Unterdrückung von Frauen beschäftigen, wurden mit mehreren internationalen Preisen ausgezeichnet.[1]
Leben
Sahar Khalifeh wurde in Nablus während der Zeit des Britischen Mandats über Palästina geboren. Mit 18 Jahren, nach ihrem Schulabschluss am katholischen Rosary College in Amman in Jordanien, wurde sie von ihrer Familie verheiratet und bekam zwei Kinder. Doch sie fühlte sich in der Ehe eingesperrt. Heimlich belegte sie Sekretärinnekurse und begann parallel dazu mit dem Schreiben. Als sie gegen den Willen ihres Mannes eine Stelle in einem Büro annahm und er ihr das Arbeiten und Schreiben verbot, ließ sie sich 1972 scheiden und erhielt das Sorgerecht für ihre beiden Töchter.[2]
Ihr erstes Buch „Wir sind nicht länger eure Sklavinnen“ erschien im Jahr ihrer Scheidung 1972 in Kairo und 1974 in Israel, wo er sofort nach dem Erscheinen beschlagnahmt wurde.[3]
Khalifeh begann ein Anglistik-Studium an der Universität Bir Zait in Palästina und schloss mit einem B.A.(Bachelor of Arts) ab. Danach erhielt sie ein Stipendium für die USA und studierte Englische Literatur an der Chapel-Hill University in North Carolina sowie Amerikanische Literatur und Frauenforschung an der Universität von Iowa, wo sie mit einer Doktorarbeit abschloss.[2] Anschließend arbeitete sie an der Universität Iowa als Dozentin für Kreatives Schreiben.[4]
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1988 kehrte sie nach Palästina zurück. In den palästinensischen Autonomiegebieten war inzwischen in Erste Intifada ausgebrochen. Kahlifeh verarbeitete das Leben der palästinensischen Bevölkerung unter der Besatzung in literarischer Form und konzentrierte sich dabei besonders auf das Schicksal von Frauen, die unter patriarchaler Unterdrückung litten.[4] Weitere Bücher erschienen.
Neben ihrer schriftstellerischen Arbeit lehrte Khalifeh an der Bir Zeit University, der führenden palästinensischen Hochschule. In Nablus gründete sie im Gazastreifen ein Frauenzentrum, das Women’s Affairs Center (WAC), mit Zweigstellen in Gaza-Stadt und Amman.[2]
Mittlerweile pendelt Sahar Khalifeh zwischen Jordanien und in den palästinensischen Autonomiegebieten und lebt in den Städten Amman und Nablus.[5] Ihre Schriften befassen sich mit Themen wie Feminismus, postkolonialer Unterdrückung und dem täglichen Leben unter der Besatzung.[4][6][7]
Werke
- 1969 – Nach der Niederlage. Das Manuskript wurde von den Israelis beim Grenzübertritt beschlagnahmt.[8]
- 1974 – We Are Not Your Slave Girls Anymore (Wir sind nicht mehr eure Sklavinnen)[4]
- 1976 – Der Feigenkaktus (auf Deutsch: 1980, 1983 und 2002): Vor dem Hintergrund der israelischen Besatzung geht es um Palästinenser, die in Israel ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, dafür aber von den Landsleuten als Verräter gelten. Da die Figuren in palästinensischem Dialekt sprechen, hatte Khalifeh große Schwierigkeiten, einen Verlag dafür zu finden.[2]
- , und es stellt sich die Frage, ob man im Land bleiben soll und mit dem Besatzer kooperieren soll.[3]
- 1980 – Die Sonnenblume (auf Deutsch: 1982 und 2003): Das Buch handelt von drei Frauen in Nablus, die als Redakteurin, Heimarbeiterin und als Prostituierte tätig sind. Zugleich beschreibt sie die breite Palette des palästinensischen Widerstands. Anders als arabische Erzähltraditonenen ist ihr Stil hier knapp und fast dokumentarisch..[9]
- 1986 – Erinnerungen einer unrealistischen Frau (Deutsch: 1995): Eine Frau denkt über die Gründe ihrer Unzufriedenheit mit ihrer Ehe nach und versucht, dieser zu entkommen. Der Roman erregte durch seine Offenheit in der arabischen Welt Aufsehen.
- 1990 – Das Tor zum Feld (Deutsch: 1992): Khalifeh vergleicht den palästinensischen Kampf um Befreiung mit dem Kampf der Frauen um Befreiung. Zugleich kritisiert sie die interne Ausgrenzung von Menschen und das Denken in einem Freund-Feind-Schemata, ein Thema, das andere palästinensische Schriftsteller zu der Zeit meist umgingen.[10]
- 1997 – Das Erbe (Deutsch: 2000): Dieser Roman ist eine radikale Abrechnung mit den Oslo-Abkommen, die später zur Zweiten Intifada führten. Sena, die Erzählerin im Roman, ist die Tochter eines Palästinensers, der in die USA ausgewandert ist. Wegen einer vorzeitigen Schwangerschaft vom Vater verstoßen, lernt sie früh, auf eigenen Beinen zu stehen, und macht eine akademische Karriere. Zugleich sehnt sie sich nach der emotionalen Geborgenheit, die sie in der Familie des Vaters erfuhr. Als der Vater, mittlerweile nach Palästina zurückgekehrt, im Sterben liegt, besucht sie zum ersten Mal das Land ihrer Vorfahren und wird Zeugin der abenteuerlichsten familiären Verwicklungen im Streit um das Erbe.[11]
- 2002 – Bild, Ikone und Altes Testament (Deutsch: 2004)
- 2004 – Heißer Frühling (Deutsch: 2008)
- 2010 – Erste Liebe
Auszeichnungen
Sahar Khalifeh wurde mit zahlreichen Gaststipendien und Preisen geehrt, darunter die folgenden:[12]
- 1984: Peace Award from Women of Color Association, Iowa, USA
- 1996: Alberto Moravia Award of International fiction
- 1999: Award from Bir Zeit University for creativity and commitment to women’s development
- 1999: Qassim Amin medal for women’s writings
- 2003: Award for Creative and Artistic Excellence, the University of Al Cala, Spanien
- 2005: Award for creativity and literary commitment, Petra University Amman, Jordanien
- 2006: Naguib Mahfouz Medal for Literature (für The Image, the Icon, and the Covenant)
- 2013: The Mohamed Zafzaf Prize, Marokko
Weblinks
- Literatur von und über Sahar Khalifeh im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- "Women's Affairs Center" (WAC)
- Sahar Khalifehs Biografie im Unionsverlag
- Publishing in the West: Problems and Prospects for Arab Women Writers
Einzelnachweise
- ↑ Wilhelm Olbrich, Bernd Gräf (Hrsg.): Der Romanführer. Band 24: Griechische, türkische, arabische, jüdische, jiddische, israelische, niederländische, flämische, afrikaanse und südafrikanische Erzählprosa von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hiersemann, Stuttgart 1991, S. 155.
- ↑ a b c d Sahar Khalifa. In: Edilau.de. Abgerufen am 28. August 2025.
- ↑ a b http://www.marabout.de/khalifa/khalifa2.htm
- ↑ a b c d Khalifeh, Sahar – Postcolonial Studies. 19. August 2020, abgerufen am 24. August 2025 (amerikanisches Englisch).
- ↑ http://www.marabout.de/khalifa/khalifa.htm
- ↑ Melina, KiVVON: 5 Beispiele für palästinensische Poesie und Literatur. Abgerufen am 22. August 2025.
- ↑ Khalifa Sahar. In: Das Palästina Portal. Abgerufen am 22. August 2025.
- ↑ Hartmut Fähndrich, Nachwort, in: Sahar Khalifa, Der Feigenkaktus, Unionsverlag, Zürich 1983, ISBN 3-293-00043-6, S. 230
- ↑ http://www.marabout.de/khalifa/khalifa3.htm
- ↑ http://www.marabout.de/khalifa/khalifa4.htm
- ↑ Zwischen Erbe und Aufbruch. In: nzz.ch. 27. März 2002, abgerufen am 14. Oktober 2018.
- ↑ Arab World Books منتدى الكتاب العربي: | Arab World Books. Abgerufen am 22. August 2025.