Rudolf Kulemann

Rudolf Kulemann (* 11. September 1811 in Lemgo; † 21. Juni 1889 in Dresden) war deutscher evangelischer Geistlicher und Schriftsteller sowie Mitglied des Landtags Lippe.

Leben

Rudolf Kulemann wurde als Sohn eines Seidenfabrikanten geboren, machte das Abitur am Gymnasium Lemgo und absolvierte von 1831 bis 1835 ein Studium der Evangelischen Theologie und Philosophie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Georg-August-Universität Göttingen. Er bestand das Theologische Examen und war als Hauslehrer bis zu seiner Rückkehr nach Stuttgart im Jahre 1847 in Dorpat (Kurland<) tätig. Hier heiratete er Karoline von Kuskel. In dieser Zeit verfasste er zahlreiche Gedichte und Schriften (u. a. 1846 An ein junges Mädchen, Der Schiffskapitän, Genoveva, Im Walde und 1847 Gedichte und Rosen und Rosmarin)[1] Von ihm stammt auch Zur Sache des Protestantismus in den russischen Ostseeprovinzen, der in der europäischen Literatur Beachtung fand, und Demetrius und Boris Gudonow, historisch und poetisch[2].

Wirken als Pfarrer und Politiker

Evangelische Pfarrkirche St. Marien in Lemgo, Wirkungsstätte des Pastors Rudolf Kulemann

1848 bewarb sich Kulemann um die freigewordene Pfarrstelle an St. Marien in Lemgo und brachte im April 1848 in seiner Wahlpredigt deutlich zum Ausdruck, dass er im Gegensatz zum erwecklich geprägten Vorgänger Ferdinand Clemen Vertreter einer rationalistisch-aufklärerischen Theologie war. Dies führte zu einer Petition von 150 Gemeindemitgliedern an die Regierung, die Wahl Kulemanns zu verhindern. Er wurde jedoch am 17. Juni 1848 von einem Wahlkollegium aus Stadtverordneten, Magistratsmitgliedern und Gemeindevertretern zum Pfarrer von Sankt Marien gewählt. Die „Strenggläubigen“ der Mariengemeinde bildeten daraufhin mit Gemeindegliedern der Gemeinde St. Johann und der Umgebung der Stadt am 9. März 1849 die Neue Evangelische Gemeinde.[3]

Kulemann war Vorstandsmitglied im Lemgoer Volksverein und für diesen Kandidat bei der Landtagswahl am 4. April 1849. Dabei gewann er gegen den Kandidaten der Konservativen Karl Schnitger (Zeitungsredakteur). 1851 forderte Fürst Leopold III. nach dem Tod seines Vorgängers Leopold II. von den Landtagsabgeordneten einen Huldigungseid, den Kulemann und vier weitere Kandidaten verweigerten. Sie begründeten diesen Schritt damit, dass sie vom Volk gewählt und dem Fürsten nichts schuldig seien. Der Fürst löste das Parlament auf und ordnete Neuwahlen an, zu denen die fünf Opponenten nicht zugelassen wurden.

Da der Streit Kulemanns mit den Anhängern der Neue Evangelische Gemeinde sich immer mehr verschärfte, wurde eine außerordentliche Kirchenvisitation angeordnet, die am 8. Dezember 1856 seine Suspendierung brachte. Kulemann bat daraufhin um seine Pensionierung. Sein Nachfolger wurde 1858 der pietistische Pastor Gustav Adolf Vorberg.[4]

Kulemann verließ das Pfarramt und wandte sich wieder der Schriftstellerei zu. Er übersiedelte nach Hannover und lebte später in Dresden.

Schriften (Auswahl)

  • 1839 Zwei Predigten, Meyersche Hof-Buchhandlung Lemgo
  • 1840 Galerie von malerischen Ansichten des Fürstentums Lippe. Lithographische Darstellung, mit einem beschreibenden und geschichtlichen Text
  • 1841 Gedichte
  • Der Bauernkrieg oder Das Trauerspiel in Deutschland ein Drama
  • 1851 Pietisten oder Apostel der Knechtschaft in Lippe.
  • 1858 Mein Abgang vom Pfarramt nebst 25 Bekenntnißfragen, auf Anordnung des Fürstl. Lippeschen Cabinetsministeriums formulirt von den Consistorialräthen Münchmeyer zu Buer bei Osnabrück, Reiche zu Bückeburg, Heinrichs zu Detmold Digitalisat
  • 1863 Judith, Epos Lippischer Kalender auf das Jahr 1926, Digitalisat der Lippischen Landebibliothek
  • 1869 Cornelie von Lentulus Digitalisat
  • 1870 Germania Digitalisat
  • 1881 Anastasia
  • 1883 Golo, eine Tragödie in 5 Akten

Bewertung

Wilhelm Butterweck beschreibt Rudolf Kulemann als „… ein Mann von glänzenden Geistesgaben. Auf politischem Gebiete hatte er sich der demokratischen Partei angeschlossen; als Theologe vertrat er einen nahezu pantheistischen Standpunkt. Im übrigen war er ein durchaus lauterer Charakter und billigerweise muss man ihn als ein Opfer seiner Weltanschauung und Glaubensüberzeugungen betrachten“ und Karl Wehrhan ergänzt „… er sei ein formgewandter, aber dunkler und wilder Dichter gewesen“.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Digitale Sammlung älterer Literatur Estlands (Digitalisat).
  2. Wilhelm Wolfsohn: Russische Revue, Zeitschrift zur Kundes des geistigen Lebens in Rußland, Bd. 2. 1863 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Jürgen Scheffler: Pfarrerwahl, Bekenntniskonflikt und Politik. Lemgo 1840–1860. In: Andreas Lange, Lena Krull, Jürgen Scheffler (Hrsg.): Glaube, Recht und Freiheit. Lutheraner und Reformierte in Lippe. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2017, S. 321–333, hier S. 324 f (Digitalisat).
  4. Andreas Lange: „Ein frisches, fröhliches Gemeindeleben“, Innere Mission und Vereinswesen als Faktoren kirchlicher Veränderung in der lutherischen Stadt Lemgo zwischen 1844 und 1886. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2018, S. 87–89 (Digitalisat).