Roman Republican Coinage
Roman Republican Coinage ist ein von dem britischen Althistoriker und Numismatiker Michael Crawford verfasstes Verzeichnis sämtlicher Münzen der Römischen Republik. Das Werk richtet sich an ein Publikum aus Klassischen Archäologen, Althistorikern, Numismatikern, Kuratoren numismatischer Sammlungen und Münzkabinette im akademischen und musealen Umfeld, sowie an Münzhändler und Sammler.
Roman Republican Coinage enthält in zwei Bänden eine umfassende Darstellung des Münzwesens der Römischen Republik von etwa 280 v. Chr. bis zum Zerfall des Zweiten Triumvirats im Jahr 36 v. Chr. Kernstück ist ein chronologischer Katalog mit detaillierten Beschreibungen und Datierungen aller bis zur Mitte der 1970er Jahre bekannten Münzen.
Crawfords Katalog ist das erste große Werk, das für die Einführung des Denarius in der Römischen Republik das von Rudi Thomsen ermittelte Jahr 211 v. Chr. zur Anwendung brachte. Die von Crawford entworfene Klassifizierung wurde rasch und ist bis heute die Grundlage für jegliche Beschäftigung mit den römischen Münzen dieser Epoche. In der Forschung, der seither veröffentlichten numismatischen Literatur und im Handel ist Roman Republican Coinage mit seiner Nummerierung ein allgemein anerkanntes Standardwerk. Bis 2008 wurden neun Nachdrucke veröffentlicht.
Die von der American Numismatic Society betriebene Onlineplattform Coinage of the Roman Republic Online (CRRO) basiert auf der Typologie und den Katalognummern der Roman Republican Coinage.
Hintergrund
Der letzte Katalog der Münzen der Römischen Republik war das von Edward A. Sydenham (1873–1948) erarbeitete und 1952 posthum von dem Londoner Auktionshaus Spink & Son veröffentlichte Werk The Coinage of the Roman Republic. Sydenhams Katalog war über mehr als 20 Jahre das einzige allgemein anerkannte moderne Standardwerk über die Münzen der Römischen Republik und wird bis heute als Zitierwerk in der Literatur und im Münzhandel genutzt.[1] Weniger als ein Jahr vor Roman Republican Coinage war in ebenfalls zwei Bänden eine Arbeit des französischen klassischen Numismatikers Hubert Zehnacker über die Organisation des Münzwesens der Römischen Republik erschienen, in der er noch Sydenhams überholte Datierung der Einführung des Denars auf 180 bis 90 v. Chr. verwendete.[2]
Inhalt
Der erste Band enthält nach dem kurzen Vorwort eine mehr als 100 Seiten umfassende Einleitung. Darin werden zunächst die erst um 211 v. Chr. eingeführten Denare und ihrer Vielfachen und Teilstücke mit der Angabe der Nominale und ihrer Materialien und der Münzstätten dargestellt. Es folgt eine Erörterung der vor den Denarii geprägten oder gegossenen Asse aus Bronze, Silber oder Gold. In zwei weiteren Abschnitten wird die Chronologie der Münzen des 2. Jh. v. Chr. dargestellt.
Als Anhang zur Einleitung werden die Quadrigati der römischen Republik in stilistische Kategorien eingeordnet und chronologisch sortiert. Für diese Überprägungen liefert Crawford Angaben zum Münzbild, zur überprägten Münze, meist mit Katalognummern oder anderen Literaturangaben, Verweisen auf die Kataloge von Max von Bahrfeldt und Charles A. Hersh sowie den folgenden eigenen Katalog. Für jeden Quadrigatus gibt er die in der Literatur genannten oder in Museumssammlungen enthaltenen Exemplare an.
Den Hauptteil des ersten Bandes bildet der mehr als 400 Seiten umfassende chronologisch geordnete Katalog mit 494 Hauptnummern oder Ausgaben.
Hier nennt Crawford für jede Ausgabe den Herausgeber (sofern bekannt), die Münzstätte, und nimmt eine Datierung vor. Es folgen Angaben zur Literatur und Verweise auf Fundstellen innerhalb der Roman Republican Coins.
Zu jeder Ausgabe werden die bekannten Typen aufgeführt, das sind in den meisten Fällen unterschiedliche Nominale und Münzmetalle. Dabei werden Avers und Revers beschrieben. Die Münzbilder der Typen einer Ausgabe zeigen meist unterschiedliche Motive und Legenden. Bei jedem Typ ist wiederum eine Fundstelle in der Literatur oder eine Inventarnummer eines Museums für ein oder mehrere Exemplare angegeben.
Der Katalogeintrag wird mit teilweise umfangreichen Darstellungen der numismatischen Aspekte der Ausgabe und prosopographischen Angaben zum Herausgeber, das waren in der Römischen Republik meist Senatoren oder Mitglieder ihrer Familien, abgeschlossen.

So hat die EID MAR-Münze in Silber bei Crawford die Nummer RRC 508/3. Die Legende lautet BRUT IMP für Marcus Iunius Brutus und L.PLAET.CEST für den Herausgeber (meist irreführend als „Münzmeister“ bezeichnet) Lucius Plaetorius Cestianus, einen Gefolgsmann des Brutus. Der Typ RRC 508/1 ist ein Aureus mit der Büste einer lorbeerbekränzten verschleierten und mit einem Gewand bekleideten Frau, möglicherweise Artemis. Der Typ 508/2 ist ein Denar mit demselben Motiv.
Die EID MAR-Münze wurde auch als Aureus geprägt. Dieser sie wurde von Crawford als moderne Fälschung angesehen und daher nur in einem der Anhänge des Katalogs (S. 552, Ziffer 107) erwähnt.
Der zweite Band beginnt mit einer Reihe von Aufsätzen zu verschiedenen Themen:
- Technische Aspekte von Münzmetallen, Münzprägung und -guss (S. 569–589)
- Gewichte (S. 590–597)
- „Münzmeister“ und andere Herausgeber, auch militärischer Ausgaben (S. 598–604)
- Besondere Münzmetalle und Ausgaben (S. 605–609)
- Verwaltung und Kontrolle der Münzherstellung (S. 610–620)
- Münznominale in der Republik (S. 621–632)
- Umfang der Münzprägung und Staatsfinanzen (S. 633–707)
- Karrieren der Herausgeber (S. 708–711)
- Typen und Aufschriften (S. 712–744)
- Kunst und Münzprägung (S. 745–750)
- Addenda (S. 751–753)

Es folgen eine Liste der im Tafelteil abgebildeten Münzen und auf 27 Seiten eine Bibliografie mit den für die Roman Republican Coinage" herangezogenen Monografien und Aufsätzen, die eine umfassende Darstellung der für die Münzen der Römischen Republik relevanten numismatischen Literatur ist. Angefügt sind Konkordanzen der Katalognummern von Roman Republican Coinage und den Nummern oder Seiten der Standardwerke von Sydenham und Babelon.
Schließlich endet der Textteil mit den Indices der
- Münzbilder (I a)
- Symbole zur Kennzeichnung der unterschiedlichen Stempel (I b I)
- Münzzeichen auf den Ausgaben des Triumvir monetalis Lucius Calpurnius Piso Frugi (I b II)
- Legenden auf Lateinisch (II a) und Griechisch (II b)
- historischen Quellen (III)
- einem Personenregister (IV) und
- einem allgemeinen Register (V).
Den Abschluss des zweiten Bands bilden die Tafeln A bis I mit Schwarzweiß-Fotografien vor-denarischer Münzen und I bis LXX der Münzen ab 211 v. Chr.
Rezeption
Bruce Frier, Professor für Altertumsstudien an der University of Michigan und ausgewiesener Experte für römische Rechts- und Wirtschaftsgeschichte, sah das Kapitel über den Umfang der Münzprägung und die Staatsfinanzen als zentralen Beitrag im Textteil des Werks. Dabei rügte er Crawfords mit statistischen Methoden ermittelten und völlig überhöht angegebenen Auflagen der Münzen. Gleichwohl stellte er fest, dass die Werke von Crawford und Zehnacker zum selben Thema Höhepunkte in der großen Reihe britischer Münzkataloge seien. Sie stellten Wegweiser für die zukünftige, an numismatischen Beweisen und an einem Verständnis für die Kunst und die propagandistische Bedeutung der Münzprägung der Römischen Republik orientierten Forschung dar.[2]
Auch der US-amerikanische klassische Philologe Theodore V. Buttrey, Jr. widerlegt in seiner Rezension Crawfords Berechnungen der Auflagezahlen, die in Einzelfällen eine Prägung von 30.000 Münzen von einem einzigen Stempel ergäben. Er sieht in den Roman Republican Coinage dennoch ein meisterhaftes Werk. Er hebt Crawfords Kenntnis der Münzen, der historischen Quellen und der numismatischen Literatur hervor. Crawford habe mit Fehlern aufgeräumt, die sich über viele Jahre durch die Literatur gezogen haben: mangelhafte Beschreibungen, die Katalogisierung von Fälschungen und das Übersehen von Raritäten, die nur in kleinen Sammlungen vorhanden sind und seinen Vorgängern verborgen blieben. Zudem sei Crawford der erste Autor, der Thomsens neue Datierung der Einführung des Denarius auf das Jahr 211 v. Chr. angewendet habe.[3]
Am weitesten in seiner positiven Einschätzung der Roman Republican Coinage ging 1987 der britische Numismatiker Andrew Burnett, ein ausgewiesener Experte für römische Münzen. Burnett war von 1992 bis 2003 Kurator der Abteilung für Münzen und Medaillen des British Museum, schließlich bis 2013 dessen stellvertretender Direktor und von 2013 bis 2018 Präsident der Royal Numismatic Society. Burnett gab bereits im Titel seiner Rezension an, dass Crawfords Werk das Gesicht der republikanischen Numismatik verändert habe.
Burnett äußerte die Auffassung, dass Crawford in zwei Punkten der Tradition folgte: Erstens der akkuraten Beschreibung der Münzen, basierend auf der Kenntnis der numismatischen Literatur und dem Besuch der Sammlungen von Museen in der ganzen Welt, der großen europäischen Münzkabinette vieler großer und zahlreicher kleiner Museen in Italien. Er habe sich jedoch wenig mit der Ikonographie der Münzen befasst, möglicherweise weil sie in früheren Werken bereits erschöpfend behandelt worden ist. Zweitens der Chronologie. In Roman Republican Coinage seien die Datierungen des gesamten Korpus republikanischer Münzen auf die neue Datierung der ersten Denare auf das Jahr 211 v. Chr. umgestellt worden. Dabei habe Crawford jedoch seine persönliche Interpretation der Hordenfunde zu sehr zum Maßstab gemacht und Unsicherheiten bei der Datierung ignoriert.
Im dritten Punkt sah Burnett eine bahnbrechende Neuerung: die Nutzung von Münzen in der Wirtschaftsgeschichte. Er teilt die Ansicht früherer Kritiker, dass Crawfords Berechnungen der Auflagen einer kritischen Prüfung nicht standhalten. Er sah aber Crawfords Beitrag und die teils vernichtende Kritik an seiner Methodik vor allem als Startpunkt einer fruchtbaren Debatte über ein Thema, das mit Roman Republican Coinage in die Numismatik eingeführt wird.
Als Schwachpunkt sah Burnett als Herausgeber (gemeinsam mit Crawford) eines Sammelbands mit Aufsätzen über die Münzen der späten Republik aus der gesamten römischen Welt die Beschränkung der Roman Republican Coinage auf Münzen Roms im engeren Sinn. Crawford schloss Münzen von Regionen wie Thessalien oder Lykien aus, die zum Ende der Römischen Republik unter römischem Einfluss standen.[1]
Ausgaben
- Michael H. Crawford: Roman Republican Coinage. Cambridge University Press, London 1974, ISBN 0-521-07492-4 (XIV, 1–566 und XI, 569–919 S., 2 Bände: I. Introduction and catalogue; II. Studies, plates and Indexes).
- Michael H. Crawford: Roman Republican Coinage. Ninth printing. Cambridge University Press, London 2008, ISBN 978-0-521-07492-6.
Literatur
- Ernest Babelon: Description historique et chronologique des monnaies de la République romaine vulgairement appelées monnaies consulaires. Rollin et Feuardent, Paris und London (2 Bände, Digitalisat und Digitalisat – erschienen 1885 bis 1886).
- Andrew Burnett, Michael H. Crawford (Hrsg.): The Coinage of the Roman World in the Late Republic. Proceedings of a Colloquium held at the British Museum in September 1985 (= British Archaeological Reports. International Series. Band 326). Oxford 1987, ISBN 0-86054-420-6.
- Edward A. Sydenham: The Coinage of the Roman Republic. Revised with indexes by G. C. Haines. Hrsg.: Leonard Forrer, Charles A. Hersh. Spink & Son, London 1952 (LXIX, 343 S., 30 Tafeln).
- Rudi Thomsen: Early Roman Coinage. A Study of the Chronology. Nationalmuseet, Kopenhagen (3 Bände, 251, 391 und 382 S., erschienen von 1957 bis 1961).
- Hubert Zehnacker: Recherches sur l'Organisation et l'Art des Emissions Monétaires de la République Romaine (289 – 31 av. J. C.) (= Bibliothèque des Écoles Françaises d'Athènes et de Rome. Band 222). Nationalmuseet, Rom 1973 (französisch, 2 Bände, XXIV + 1215 S., 25 Tafeln).
Einzelnachweise
- ↑ a b Andrew Burnett: The Changing Face of Republican Numismatics. In: The Journal of Roman Studies. Band 77, 1987, S. 177–183, JSTOR:300580.
- ↑ a b Bruce Frier: [Rezension]. In: Phoenix. Band 30, Nr. 4, 1976, S. 375–382, JSTOR:1087174.
- ↑ Theodore V. Buttrey, Jr.: [Rezension]. In: The Classical World. Band 71, Nr. 2, 1977, S. 151–153, JSTOR:4348816.