Robert de Visée
Robert de Visée (getauft am 16. Oktober 1652 in La Flèche, Frankreich; † 15. Februar 1730[1] in Paris[2]) war ein französischer Lautenist, Gitarrist, Theorbist, Gambist und Komponist am Hof Ludwigs XIV.
Leben
Robert de Visée war der erste Sohn von Robert Visée, einem Instrumenten- und Gambenspieler, und Françoise Pingault. Er verlor 1662 beide Elternteile. Einige Jahre später kam Robert de Visée nach Paris; er heiratete am 29. Oktober 1673 Catherine Servant.[1] Um 1680 kam er als Kammermusiker an den Hof des Königs Ludwig XIV., wo die Gitarre als Begleitinstrument für den höfischen Tanz in hohen Gunsten stand und neue Spieltechniken entwickelt wurden.
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Im Jahr 1682 veröffentlichte Robert de Visée, ein Schüler von Francesco Corbetta,[3] sein erstes Buch mit Kompositionen für Gitarre (Livre de Guitare, dedié au Roy „Buch der Gitarre, gewidmet dem König“). Auch das 1686 erschienene Livre de pièces pour la guitarre widmete er dem König, der sich jeden Abend von ihm vorspielen ließ. Selten komponierte er auch Stücke für zwei Gitarren.[4] Er komponierte aber auch viele Stücke für Theorbe und Laute. Der Großteil davon ist im Manuskript Saizenay von 1699 erhalten.
Ludwig XIV. beauftragte de Visée als Gitarrenlehrer für den Dauphin. Der offizielle Titel „Königlicher Gitarrenlehrer“ allerdings war dem spanischen Gitarristen Jourdan de la Salle vorbehalten. 1695 wurde de Visée „Königlicher Gitarrenspieler“, spielte unter anderem mit René Pignon Descoteaux, Antoine Forqueray und Jean-Baptiste Buterne 1704 für Madame de Mainton und wurde 1709 Musiker im königlichen Kammerorchester. 1715 starb Ludwig XIV., de Visée war aber weiterhin als königlicher Kammermusiker (mit einem Gehalt von nur 600 Livres) gelistet[5] und veröffentlichte 1716 Pièces de Theorbe et de luth mises en Partition Dessus et Baße, eine Sammlung von Bearbeitungen seiner Theorben- und Lautenkompositionen für Oberstimme und Generalbass. Im Vorwort gibt er Aufschluss über die übliche Aufführungspraxis, nämlich mit Viola da Gamba, Violine und Cembalo. In dieser Sammlung befindet sich auch Tombeau De M. Mouton, ein Allemande, die als Tabulatur auch schon 1699 erschienen war.[6] Nach dem Tod von Jourdan de la Salle 1719 wurde de Visée dessen Nachfolger als „Königlicher Gitarrenlehrer“ mit einem Gehalt von nun 1200 Livres, das er jedoch erst später erhielt. Robert de Visée starb am 15. Februar 1730 in Paris, wo er seinen Sohn François als einzigen Erben hinterließ, wie aus einer notariellen Urkunde hervorgeht.
Werke für Gitarre
Die Originale befinden sich in der Bibliothèque Nationale in Paris. Gitarrenbücher:
- Livre de Guitarre, dedié au Roy (1682)
- Suite No. 1 in a-Moll (Prélude / Allemande / Courante / Sarabande / Gigue / Passacaille / Gavotte / Gavotte / Bourrée)
- Suite No. 2 in A-Dur (Allemande / Courante / Sarabande)
- Suite No. 3 in d-Moll (Prélude / Allemande / Courante / Courante / Sarabande / Sarabande / Gigue / Passacaille / Gavotte / Gavotte / Menuett Rondeau / Menuett Rondeau / Bourrée)
- Suite No. 4 in g-Moll (Prélude / Allemande / Courante / Double de la Courante / Sarabande / Gigue / Menuett / Gavotte)
- Suite No. 5 in G-Dur (Sarabande / Sarabande / Gigue)
- Suite No. 6 in c-Moll (Prélude / Tombeau de Mr. Francisque Corbet / Courante / Sarabande / Sarabande en Rondeau / Gavotte)
- Suite No. 7 in C-Dur (Prélude / Allemande / Courante / Sarabande / Gigue, a la Maniere Angloise / Gavotte / Menuett)
- Chacone in F-Dur
- Suite No. 8 in G-Dur (Prélude / Allemande / Courante / Sarabande / Gigue / Sarabande / Chacone / Gavotte / Menuett / Bourrée)
- Livre de pièces pour la Guitarre (1686)
- Suite No. 9 in d-Moll (Prélude / Allemande / Courante / Sarabande / Gigue / Gavotte / Bourrée / Menuett / Passacaille / Menuett)
- Suite No. 10 in g-Moll (Prélude / Allemande / Courante / Sarabande / Gigue / Menuett / Chacone / Gavotte / Bourrée / Menuett)
- Sarabande (a-Moll)
- Gigue (a-Moll)
- Sarabande (A-Dur)
- Menuett (A-Dur)
- Suite No. 11 in h-Moll (Prélude / Allemande / Sarabande / Gigue / Passacaille)
- Suite No. 12 in e-Moll (Sarabande / Menuett / Passacaille)
- Menuett (C-Dur)
Literatur
- Robert Wolff: Die Barockgitarre und Robert de Visée. In: nova giulianiad. 12, 1988, S. 155 ff.
- Pièces de Theorbe et de luth mises en Partition Dessus et Baße. Paris 1716.
- Manuskript Vaudry de Saizenay. Bibliothèque municipale, Besançon 1699.
- Adalbert Quadt: Gitarrenmusik des 16.–18. Jahrhunderts. Nach Tabulaturen hrsg. von Adalbert Quadt. Band 1–4. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1970 ff.; 2. Auflage ebenda 1975–1984, Band 1, S. 28–45, Band 3, S. 44–61, und Band 4, S. 19–25.
Weblinks
- Noten und Audiodateien von Robert de Visée im International Music Score Library Project
- FAQ zu Robert de Visée (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ a b Marie Demeilliez, Frédéric Michel, Thibaut Roussel: Documents inédits pour une biographie de Robert de Visée. In: Le Joueur de luth : Bulletin de la Société Française de luth. 2025, S. 11–25 (hal.science).
- ↑ Konrad Ragossnig: Handbuch der Gitarre und Laute. Schott, Mainz 1978, ISBN 3-7957-2329-9, S. 44 (um 1660 – nach 1720 Paris).
- ↑ Frederick Noad: The Baroque Guitar [Solos, duets and songs by de Visée, Sanz, Corbetta, the Baroque guitar school and master composers for the lute: Bach, Weiss and thei contemporaries] (= The Frederick Noad Guitar Anthology. Band 2). Ariel Publications, New York 1974; Neudruck (mit CD): Amsco Publications, New York / Sydney, ISBN 978-0-8256-1811-6, S. 5 (The Sources).
- ↑ Frederick Noad: The Baroque Guitar. S. 34 (zu Gavotte Rondeau aus einem Manuskript der Bibliotheque Nationale in Paris).
- ↑ Frederick Noad: The Baroque Guitar. S. 22 (Anmerkungen zu Minuet In E Minor aus de Visées zweitem, 1686 erschienenen Buch mit Gitarrenstücken).
- ↑ Frederick Noad: The Baroque Guitar. S. 93–94.