Richard Jung (Mediziner)
Richard Jung (* 27. Juni 1911 in Frankenthal; † 25. Juni 1986 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Neurologe und klinischer Neurophysiologe sowie ab 1951 Lehrstuhlinhaber an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Leben
Jung studierte in Wien, Freiburg im Breisgau, Paris, Berlin und München Medizin. Von 1934 bis 1938 arbeitete er an den Universitäts-Nervenkliniken von München und Freiburg. 1935 wurde er an der Universität München zum Dr. med. promoviert. Er war zudem am National Hospital Queen Square in London, am Physiologischen Institut in Zürich und am Hirnforschungszentrum Berlin-Buch tätig. 1940 habilitierte er sich an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und wurde dort 1941 Dozent. Jung war 1934 in die SA eingetreten und wurde deshalb unmittelbar nach dem Krieg von der Universität Freiburg entlassen, konnte aber mit Hilfe des Dekans kurz darauf seine Karriere fortsetzen.[1] 1947 wurde er dort außerplanmäßiger Professor, 1949 außerordentlicher Professor und 1951 ordentlicher Professor für Neurologie und Neuropsychologie. Er war Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Freiburg.
Jung arbeitete im Bereich der Entwicklung der klinischen neurophysiologischen Untersuchungsmethoden der Elektroencephalographie (EEG) und Nervenzellregistrierung in der Hirnrinde. Er betrieb 1950 die Gründung der Deutschen EEG-Gesellschaft (seit 1996: Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung; DGKN) und wurde ihr erster Präsident[2] und späterer Ehrenpräsident.[3] Er wurde Ehrenmitglied der Societa italiana dell EEG (1951), der Societé des Neurologie Paris und der American Neurological Association. Er war zudem Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz. 1969–1970 war er Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und 1974 wurde er zum Mitglied der Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle gewählt. Er war zudem Dr. of science h. c. der Universität Chicago und Ehrendoktor (Dr. med. h. c.) der Universität Zürich.
Richard Jung war Mennonit, verheiratet mit Margit Jung, geborener Reuterwall, und hatte drei Kinder.
Schriften (Auswahl)
- mit Alois E. Kornmüller: Eine Methodik der Ableitung Iokalisierter Potentialschwankungen aus subcorticalen Hirngebieten. In: Archiv für Psychiatrie. Band 109, 1938, S. 1–30, DOI.
- als Hrsg. mit Hans Kornhuber: Neurophysiologie und Psychophysik des visuellen Systems. The visual system: neurophysiology and psychophysics. Springer, Berlin 1961.
- Kontrastsehen, Konturbetonung und Künstlerzeichnung. Springer, [München] 1971.
- mit Giovanni Berlucchi: Visual centers in the brain. Springer, Berlin / New York 1973.
- Central processing of visual information / von H. Autrum … [et al.] ; hrsg. von Richard Jung (Handbook of sensory physiology ; v. 7/3). Springer, Berlin 1973.
- Sensory research in historical perspective: some philosophical foundations of perception. In: Sensory processes (= Handbook of Physiology. Section 1: The Nervous System. Band 3). Teil 1. American Physiological Society, Bethesda 1984.
Literatur
- Otto-Joachim Grüsser: Richard Jung (1911–1986). In: Neuropsychologia. Band 25, Nr. 4, 1987, S. 739–741.
- Jung, Richard. (2) In: Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 592.
Einzelnachweise
- ↑ Männer ohne Vergangenheit? (Ehren-)Vorsitzende der DGN nach 1957 und ihre NS-Belastung. Abgerufen am 23. April 2021.
- ↑ Geschichte der Uniklinik Freiburg ( vom 21. Februar 2010 im Webarchiv archive.today) Abruf am 2. Oktober 2020
- ↑ S. Kubicki: Zur Gründung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie – Das Vorspiel im Hirnforschungsinstitut zu Berlin-Buch. In: Klinische Neurophysiologie. Band 34, 2003, S. 94–98.