Rheinpanorama

Erstes Rheinpanorama von Elisabeth von Adlerflycht, 1811, Historisches Museum Frankfurt
Delkeskamps Neues Panorama von Mainz bis Cöln. Blatt Köln 1837.
Rheinpanorama von 1909

Das Rheinpanorama (auch Relief-Panorama) ist eine Darstellungsform der fortlaufenden Parallelprojektion. Diese ist allgemein der Typus einer Bildkarte für geographische Objekte und wird z. B. auch zur Veranschaulichung von Bodensee, Donau oder Vierwaldstättersee verwendet.

Nach einer Rheinreise 1811 fertigte Elisabeth von Adlerflycht (1775–1846) aus Frankfurt a/M, die eine künstlerische Ausbildung besaß, ein Aquarell-Panorama[1], das den Rhein von der Mündung der Nahe bis zur Mündung der Mosel aus der Vogelperspektive unter einem Blickwinkel von 45 Grad quasi dreidimensional zeigt. Ihre Tochter Sophie war seit 1820 mit Georg Cotta verheiratet, dem Sohn von Johann Friedrich Cotta (1764–1832), dem seinerzeit wohl bekanntesten Verleger und politischen Publizisten, der 1822 das Blatt vom Lithographen Keller auf den Stein zeichnen ließ[2] und die sowohl Bildidee wie lithographische Ausführung im "Kunst-Blatt" vom 28. Oktober 1822, der Beilage zum Morgenblatt würdigen ließ.[3] Schon 1823 erschien eine verkleinerte Raubkopie als Lithographie bei Friedrich August Mottu (1786–1828) in Köln.[4]

Dann erfolgte die Weitergabe der Bildidee an den Kupferstecher Friedrich Wilhelm Delkeskamp (1794–1872).[5] Zur Oster-Messe 1825 erschien beim Frankfurter Verleger Friedrich Wilmans (1765–1830) das erste auf den Tourismus zielende Rheinpanorama von Delkeskamp. Sieben Kupferplatten waren nötig, um die zur klassischen Route werdende Rheinstrecke zwischen Mainz und Köln anschaulich darzustellen. Die Kupferstiche im hochrechteckigen Format umfassten 234 cm in der Länge und 23 cm in der Breite. Anhand der praktischen Leporelloform konnte der Schiffsreisende das quergehaltene Leporello einfach durch Umklappen der Doppelseiten der momentanen Position des Schiffes anpassen. Bei Wilmans erschienen zwei weitere Auflagen, 1829 und im Stahlstich 1832, sowie in Köln, Paris, London und Brüssel acht Raubkopien. Unstimmigkeiten mit dem Wilmans-Verlag führten dazu, dass Delkeskamp 1837 ein Neues Panorama des Rheins von Mainz bis Köln im eigenen Verlag herausgab, das erstmals Randbilder der größten Sehenswürdigkeiten aufwies und alle zwei Jahre aktualisiert mit deutschem, englischem oder französischem Textheft neu aufgelegt wurde.[6] 1842 erweiterte Delkeskamp sein Panorama bis Speyer, 1844 dann auf den gesamten Rhein von Basel bis zur Mündung. Delkeskamp blieb zeitlebens Marktführer, hatte aber viele Wettbewerber: Bis in die Gegenwart entstanden eine unüberschaubare Vielzahl an Leporello-Panoramen des Rheins und auch andere Formate, so 1833 als Lithographie das Panorama des Rheins oder Ansichten des rechten und linken Rheinufer von Mainz bis Coblenz von Friedrich Carl Vogel.

Auch in neuester Zeit gibt es Versuche, den Rhein bildlich zu erfassen; so wurde von Stephan Kaluza das komplette linke Rheinufer zu einem Panoramabild zusammengefügt.

Literatur

  • Rolf-Barnim Foth, Der Meister der Panoramen: Friedrich Wilhelm Delkeskamp. Hamburg: Edition Kentavros 5/2022, (Biographie mit ca. 200 Abbild., ISBN 978-3-9821744-7-1)
  • Alfred Sattler: Rheinpanoramen. Reisehilfen und Souvenirs. Katalog zu der Ausstellung in der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln 7. Mai – 24. Juli 1993 (= Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek 3). Köln 1993, ISSN 0938-7765
  • Cornelius Steckner: Das erste Rheinpanorama. Elisabeth von Adlerflycht (1775–1846) und Friedrich Wilhelm Delkeskamp (1794–1872). In: Werner Schäfke, Ingrid Bodsch (Hrsg.): Der Lauf des Rheines. Der Mittelrhein in illustrierten Reisebeschreibungen, Alben, Panoramen und Karten des 17. bis 19. Jahrhunderts aus den Beständen der Bibliothek und der Graphischen Sammlung des Kölnischen Stadtmuseums, der Stadthistorischen Bibliothek Bonn und des Stadtmuseums Bonn Köln und Bonn 1993, ISBN 3-927396-55-9, S. 33–39.
  • Stephan Kaluza, Jürgen Raap: Der Rhein, The Rhine, Le Rhin. Dumont Buchverlag, Köln 2007, ISBN 978-3832190170.
  • Hanne Holzhäuer: Der Rhein im Panorama 1825 bis heute. Katalog zu der Ausstellung in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe vom 13. Nov. 2002 bis 1. März 2003. Karlsruhe 2002, ISBN 3-88705-054-1.
  • Batten, Kit, "Rhine Panoramas or a Bridge Too Far", in: IMCOS – Journal of the International Map Collectors’ Society. Nr. 106 (2006), S. 15–24.

Einzelnachweise

  1. Gwinner, Friedrich, Kunst und Künstler in Frankfurt am Main vom 13. Jahrhundert bis zur Eröffnung des Städel'schen Kunstinstituts. Frankfurt: Baer 1862, S. 440
  2. Vielleicht der Stuttgarter Theatermaler Carl Keller (1776–1853), vgl. Rolf Arnim Winkler: Die Frühzeit der deutschen Lithographie: Katalog der Bilddrucke von 1796–1821, München 1975, S. 120.
  3. Daher ist auch an den Schweizer Heinrich Keller zu denken, der mit dem Begriff Panorama verbunden ist und dann auch Delkeskamp förderte (Gerold Meyer von Knonau, Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 15, Leipzig 1882, S. 580f.).
  4. Abgebildet bei Steckner 1993, S. 35.
  5. Friedrich Gwinner: Kunst und Künstler in Frankfurt am Main, Frankfurt/Main 1862, S. 440.
  6. Uwe Schwarz: Die Rheinpanoramen. Ausdruck der Rheinromantik und Reiselust im 19. Jahrhundert. In: Flüsse im Herzen Europas. Rhein – Elbe – Donau. Kartographische Mosaiksteine einer europäischen Flußlandschaft (Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz. Ausstellungskataloge, Neue Folge 6). Dr. Ludwig Reichert Verlag, Wiesbaden 1993, ISBN 3-88226-598-1, S. 29–38.