Reinhard Mosen
Reinhard Mosen (* 21. August 1843[A 1] in Dresden; † 3. September 1907 in Oldenburg) war ein deutscher Geheimer Regierungsrat und Bibliothekar der Großherzoglich Öffentlichen Bibliothek Oldenburg.
Leben
Reinhard Mosen wurde als jüngerer Sohn des bekannten Schriftstellers Julius Mosen geboren. Seine Vorfahren waren im Marieney im Vogtland evangelische Pfarrer und Kantoren oder im Schuldienst tätig. Die ursprünglich jüdische Familie war Mitte des 16. Jahrhunderts aus Prag eingewandert[1] und anschließend zum christlichen Glauben konvertiert.[2]
Mosen besuchte ab 1850 das Gymnasium in Oldenburg. 1862 nahm er ein Studium der klassischen Philologie in Jena auf. Wie schon zuvor sein Vater schloss er sich der Jenaer Burschenschaft Germania sowie den literarischen Zirkeln der Universitätsstadt an und korrigierte und edierte die erste Gesamtausgabe der Werke seines Vaters. 1864 wechselte er an die Universität Berlin und verlagerte den Schwerpunkt seinen Studien auf die Neueren Sprachen. Er arbeitete im neuphilologischen Seminar mit und absolvierte das Staatsexamen für das höhere Lehramt schließlich Anfang 1868. Bis zum Herbst 1870 war Mosen dann Lehrer für Englisch und Französisch an der Wilhelmsschule in Wolgast. Als sein älterer Bruder Erich am 16. August 1870 in der Schlacht bei Mars-la-Tour im Deutsch-Französischen Krieg fiel, ließ sich Mosen von dort an die Städtische Realschule in Oldenburg versetzen, um der mittlerweile auch noch verwitweten Mutter näher zu sein. 1874 wurde er dort zum Oberlehrer ernannt und wurde 1875 mit einer Arbeit über den englischen Dramatiker und Schauspieler Thomas Otway an der Universität Jena zum Dr. phil. promoviert.
1877 bewarb sich Mosen nach dem Tod Theodor Merzdorfs um die Stelle als Bibliothekar der Großherzoglichen Öffentlichen Bibliothek, war aber nicht erfolgreich. Erst 1884 wurde Mosen als Nachfolger des verstorbenen August Lübbens auf diese Stelle berufen. Der Schwerpunkt seiner Amtstätigkeit lag dabei weniger im Organisatorischen als vielmehr in der Benutzerberatung und wissenschaftlichen Auskunft. Andererseits führte er aber auch eine latente Auseinandersetzung mit der Bibliothekskommission, die formell noch die Bibliotheksleitung ausübte. 1889 wurde Mosen Oberbibliothekar und hatte nebenamtlich verschiedene weitere Aufträge zu bearbeiten. So etwa ab 1896 die Revision der Großherzoglichen Privatbibliothek und die Katalogisierung ihrer Neuzugänge und weiterhin ab 1899 die gesamte Neukatalogisierung dieser Büchersammlung einschließlich der Ordnung des darin befindlichen Tischbein-Nachlasses. Für seine Verdienste wurde Mosen im gleichen Jahr mit dem Ritterkreuz II. Klasse des Großherzoglichen Haus- und Verdienstordens ausgezeichnet und 1904 zum Geheimen Regierungsrat ernannt.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit engagierte sich Mosen vielfältig im gesellschaftlichen Leben Oldenburgs. Ab 1871 war er Mitglied des Literarisch-geselligen Vereins in dem er zahlreiche Vorträge hielt und dessen Präsidentschaft er von 1886 bis 1887 übernahm. Seit 1881 war er auch in der Literarischen Gesellschaft aktiv und amtierte von 1897 bis 1902 als Secretarius perpetuus. Als Freimaurer war er in der oldenburgischen Loge Zum goldenen Hirsch von 1888 bis 1894 deputierter Meister und von 1894 bis 1901 Meister vom Stuhl. Mosen reichte zwar in Qualität und Umfang seiner wissenschaftlichen Arbeiten und bibliothekarischen Initiativen nicht an seine Amtsvorgänger heran, trotzdem hatte er im literarischen und wissenschaftlichen Leben Oldenburgs eine geachtete und mitbestimmende Position und galt als, so Mosens Biograph Egbert Koolman, ein „feinsinniger Kenner von Literatur und Geschichte und geistreicher Gelehrtenbibliothekar“[3].
Familie
[A 2] Reinhard Mosen heiratete 1871 in Boltenhagen Marie Briest.[4] Johanne Marie Caroline Briest wurde am 7. Februar 1847 als erstes Kind von Johanna Maria Louisa geb.Wossidlo (* um 1825) und Gustav Friedrich Heinrich Briest (* um 1820) auf Gut Ramitzow geboren. Ihr Vater war dort bis 1867 Pächter und danach Gutspächter in Boltenhagen.[5]
Am 6. Januar 1876 wurde in Oldenburg die Tochter Clara geboren.[6]
Reinhard Mosen bestimmte in seinem Testament, dass Clara den Nachlass ihres Großvaters Julius Mosen bekommen sollte. Falls Clara kinderlos bliebe, sollte der Nachlass an das Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar gehen. Schon am 6. März 1908 übergab Clara den Bestand an das Archiv in Weimar.[7][8][9]
Nach dem Tod von Reinhard Mosen zogen seine Witwe Marie und die Tochter Clara nach Greifswald[10]. Clara Mosen starb am 11. November 1914 in Naumburg an der Saale[11][12], dort starb auch Marie Mosen am 12. Juli 1916[13][14]. Die sterblichen Überreste von Marie Mosen wurden eingeäschert und die Urne am 20. Juli 1916 auf dem Gertrudenkirchhof in Oldenburg beigesetzt.[15]
Werke
- Über Thomas Otways Leben und Werke, mit besonderer Berücksichtigung der „tragedies“. Jena. 1875, Digitalisat MDZ.
- Julius Mosen. Eine biographische Skizze. Schulze Oldenburg [1877], OCLC 248550205
- Biographie [Julius Mosens]. In: Julius Mosen: Sämtliche Werke. Neue vermehrte … Auflage. Band 6. Wilhelm Friedrich, Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1880 S. 321–339.
- Das Leben der Prinzessin Charlotte Amélie de la Trémoïlle, Gräfin von Aldenburg (1652–1732). Erzählt von ihr selbst. Eingeleitet, übersetzt und erläutert Reinhard Mosen. Oldenburg und Leipzig, Schulzesche Hof-Buchhandlung und Hof-Buchdruckerei 1892 Landesbibliothek Oldenburg digital.
- Vorwort zu: Julius Mosen: Erinnerungen. Fortgeführt, erläutert und herausgegeben von Dr. Max Zschommler. Druck und Verlag von F. E. Neupert, Plauen i. V. 1893, OCLC 31312389, OCLC 31312389 ( Textarchiv – Internet Archive).
- Robin Hood. Dramatische Dichtung, vertont von Albert Dietrich (op. 34)
- Vollständiges Textbuch mit Inscenirung. Verlag von Fr. Kistner, Leipzig [1880], Digitalisat MDZ.
- Partitur. Fr. Kistner, Leipzig [1879], DigitalisatStabi Berlin.
- Uraufführung der Oper bereits 1879 in Frankfurt am Main unter Leitung des Komponisten und mit Fanny Moran-Olden in der Rolle der Lady Marian. Bericht über die Frankfurter Uraufführung der Oper in: Frankfurter Hausblätter vom 22. April 1879, Volltext, UB Frankfurt.
- Biterolf. Unveröffentlichte Dichtung. 1877.
Anmerkungen
- ↑ Das Geburtsjahr ist 1843, vgl. die Angaben im Mosen-Artikel von Egbert Koolman, Biogramm in: Personalverzeichnis der Beamten an Bibliotheken Deutschlands und Österreich-Ungarns, in: Centralblatt für Bibliothekswesen, 17. Jg., 1900, S. 79 (Volltext in der Google-Buchsuche) und Eintrag im Nekrolog in: Biographisches Jahrbuch und Deutscher Nekrolog, Bd. 12.1907, Berlin 1909 Sp. 59* (Textarchiv – Internet Archive). Die Einträge in der GND „Lebensdaten exakt: 21.08.1841–XX.XX.1907“ und „Lebensdaten: 1848–1907“ sind nicht nachvollziehbar.
- ↑ die Angaben zur Familie im Mosen-Artikel von Egbert Koolman sind nicht nachvollziehbar
Literatur
- Egbert Koolman: Mosen, Reinhard. In: Hans Friedl u. a. (Hrsg.): Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg. Hrsg. im Auftrag der Oldenburgischen Landschaft. Isensee, Oldenburg 1992, ISBN 3-89442-135-5, S. 482–483 (Landesbibliothek Oldenburg digital).
- Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band II: Künstler. Winter, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-8253-6813-5, S. 499–500.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Hans-Wolf Jäger: Mosen, Julius. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 18, Duncker & Humblot, Berlin 1997, ISBN 3-428-00199-0, S. 171 f. (Digitalisat).
- ↑ Dieter Seidel: Julius Mosen. Leben und Werk. Eine Biografie. Hrsg. Julius-Mosen-Gesellschaft e. V., 2003, S. 345–348.
- ↑ Egbert Koolman: Mosen, Reinhard In: Hans Friedl u. a. (Hrsg.): Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg. Hrsg. im Auftrag der Oldenburgischen Landschaft. Isensee, Oldenburg 1992, ISBN 3-89442-135-5, S. 483 (Landesbibliothek Oldenburg digital).
- ↑ Ortsfamilienbuch Groß Bünzow Familienbericht Johanne Marie Caroline BRIEST. In: www.online-ofb.de/famreport.php?ofb=gross_buenzow, abgerufen am 8. August 2025.
- ↑ Ortsfamilienbuch Groß Bünzow Familienbericht Gustav Friedrich Heinrich BRIEST. In: www.online-ofb.de/famreport.php?ofb=gross_buenzow, abgerufen am 8. August 2025.
- ↑ Auf dem Registereintrag wird vermerkt, dass dem „Kind die Vornamen Clara Julia Wilhelmine Gustava Louise beigelegt worden seien“, Stadtarchiv Oldenburg: Namensregister, Geburtsregister, 1876–1905. 1876 Nr. 35 (eingesehen in Ancestry).
- ↑ Bestand 67 (Mosen, Julius) – Geschichte und archivische Bearbeitung. In: Archivdatenbank des Goethe- und Schiller-Archivs, abgerufen am 27. Mai 2025
- ↑ s. auch: Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen, Bd. 13. Vom Weltfrieden bis zur französischen Revolution 1830, achtes Buch, sechste Abteilung. Reprint der 2., ganz neu bearb. Aufl. Akademie Verlag, Berlin 1979 (Original: 1938), 56. Julius Mosen S. 130–141 – Internet Archive, Hinweis zur Schenkung auf S. 131 – Internet Archive.
- ↑ 23. Jahresbericht der Goethe Gesellschaft. In: Goethe-Jahrbuch. 29. Bd., Frankfurt a.M. 1908, S. 9 – Internet Archive.
- ↑ vgl. Eintrag „Mosen, Marie, Geheimrats-Ww., Arndtstr. 38“, in: Neues Adress- und Geschäfts-Handbuch der Stadt Greifswald 1911, S. 110 Digitale Bibliothek MV
1915 ist kein Eintrag zu finden: Neues Adress- und Geschäfts-Handbuch der Stadt Greifswald (1915), S. 108 Digitale Bibliothek MV
vgl. stattdessen den Eintrag „Mosen, Marie verw. Geh. Reg.-Rat, Pfortastr. 15b“, in: Adreß- und Geschäftshandbuch für Naumburg a. S. 1915, S. 79 wiki.genealogy.net - ↑ Traueranzeige, in: Greifswalder Zeitung, 52. Jg. 1914, Nr. 267, Freitag, den 13. November 1914, S. 3 Digitale Bibliothek MV.
- ↑ Dieter Seidel: Julius Mosen. Leben und Werk, eine Biografie. Kerschensteiner-Verl., Lappersdorf 2003, ISBN 3-931954-09-9, hinteres Vorsatzblatt: Die Nachkommen von Julius Mosen.
- ↑ Traueranzeige in: Nachrichten für Stadt und Land, 50. Jahrgang, Nr. 188, 13. Juli 1916, [S. 112] Landesbibliothek Oldenburg digital
- ↑ Die Angabe bei Seidel: Julius Mosen, dass Marie in Greifswald gestorben ist, kann als nicht stimmig verworfen werden.
- ↑ Anzeige der Beisetzung in: Nachrichten für Stadt und Land, 50. Jahrgang, Nr. 193, 18. Juli 1916, [S. 154] Landesbibliothek Oldenburg digital