Reiner Schmidt (Rechtswissenschaftler)
Reiner Schmidt (* 13. November 1936 in Hof; † 1. August 2025 in Augsburg[1][2]) war ein deutscher Rechtswissenschaftler und Hochschullehrer.
Leben
Nach dem Abitur am humanistischen Jean-Paul-Gymnasium Hof im Jahr 1954 studierte Schmidt Betriebswirtschaft und Rechtswissenschaften an den Universitäten München, Hamburg und Würzburg. Die juristischen Staatsexamina legte er 1958 und 1963 in Würzburg ab. 1963 wurde er mit einer Dissertation über die „Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitssatz in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ promoviert.[3] Die mit „summa cum laude“ bewertete Arbeit wurde mit dem Fakultätspreis ausgezeichnet.
Vor Aufnahme einer wissenschaftlichen Tätigkeit als Assistent an der Universität Würzburg arbeitete er nach einem halbjährigen Aufenthalt in London im privaten Bankgewerbe und als Anwalt in München. 1971 wurde er bei dem Schweizer Staatsrechtslehrer Wilfried Schaumann (1923–1971), dem die Würzburger Universität ihre damalige Satzung verdankt,[4] in Würzburg mit der Schrift Wirtschaftspolitik und Verfassung für die Fächer Staats-, Verwaltungs- und Wirtschaftsrecht habilitiert.
Von 1972 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2005 war er Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Wirtschaftsverwaltungsrecht und Umweltrecht an der Juristischen Fakultät bei der Universität Augsburg.[5] Er war dort zudem als Modellbeauftragter des Freistaats Bayern für die einstufige Juristenausbildung verantwortlich und gründete 1991 das Institut für Umweltrecht. Einen Ruf an die Universität Trier lehnte er 1976 ab.[3]
Auf seine Initiative kam eine Kooperation mit der Juristischen Fakultät der Jagiellonen-Universität in Krakau zustande, aus der die regelmäßig erscheinenden Krakauer-Augsburger Rechtsstudien (bisher sechs Bände) hervorgegangen sind. 1999 nahm er eine Gastprofessur an der Universität Krakau wahr.
Am 1. August 2025 verstarb Schmidt im Alter von 87 Jahren in Augsburg und wurde anschließend in seiner Geburtsstadt beigesetzt.[5] Er war mit Maria Schmidt, geborene Gräfin zu Castell-Castell (* 1941), der ältesten Tochter des Georg Graf zu Castell-Castell (1904–1956) und seiner Gattin Gudrun geb. von Eichel gen. Streiber (1919–1997), verheiratet und Vater von drei Kindern; er wohnte in Gessertshausen. Er war der Bruder des Bankiers Karl Gerhard Schmidt, des ehemaligen Geschäftsführers der Schmidtbank und Mitglied wissenschaftlicher Vereinigungen (z. B. Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer[6]; SIPE Societas Iuris Publici Europaei[7]), Vereinen (z. B. Rotary International) und Stiftungen (z. B. JUSTA). Er war seit 1956 Mitglied des Corps Franconia München.[8]
Werk
Schwerpunkte seiner Forschung waren das Öffentliche Wirtschaftsrecht und das Umweltrecht. Vor der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer berichtete Schmidt auf der Tagung 1977 in Basel über das Thema „Der Verfassungsstaat im Geflecht der internationalen Beziehungen“. In Band IV der Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland von Michael Stolleis, im Jahr 2012 erschienen, wird hierzu bemerkt: „Die erneute Lektüre dieses Referats von 1977... zeigt welche prognostische Kraft einzelnen Texten innewohnen kann…“ (S. 479).
Als sein Hauptwerk gilt das im Jahr 1990 bei Springer Heidelberg publizierte Werk „Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil“. In zwei weiteren, von ihm herausgegebenen Bänden werden spezielle Themen des Öffentlichen Wirtschaftsrechts behandelt, wie z. B. das Subventionsrecht, das Recht der Bankwirtschaft, der Medien und das internationale Wirtschaftsrecht. Sein Lehrbuch Umweltrecht wird inzwischen von Wolfgang Kahl und Ferdinand Gärditz in 12. Auflage fortgeführt.
Am 63. Deutschen Juristentag in Leipzig 2000 referierte Schmidt zum Thema, inwieweit die Verfolgung ökonomischer, ökologischer und anderer öffentlicher Zwecke durch Instrumente des Abgabenrechts zu empfehlen ist.
2006 gründete er die Stiftung „Hohbühl“ zur Förderung der Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Von der Stiftung Geförderte sind inzwischen u. a. auf Lehrstühlen an den Universitäten Augsburg, Berlin, Bochum, Göttingen, Konstanz, München, Potsdam und Würzburg tätig.
Bei Schmidt habilitierten sich die Staatsrechtler Hartmut Bauer (Universität Potsdam), Detlef Czybulka (Universität Rostock), Wolfgang Kahl (Universität Heidelberg) und Andreas Voßkuhle (Universität Freiburg im Breisgau).
Auszeichnungen und Ehrungen
- Fakultätspreis für die Dissertation (1963)[3]
- Ehrung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz für „herausragende Verdienste“ als Prüfer für die Erste Juristische Staatsprüfung
- Ehrendoktorwürde der Jagiellonen-Universität Krakau (2021)[3]
- Auszeichnung des Deutschen Alpenvereins mit dem „Silbernen Edelweiß“ (2012)
Schriften (Auswahl)
- Wirtschaft im offenen Verfassungsstaat. Festschrift für Reiner Schmidt zum 70. Geburtstag. Beck, München 2006, ISBN 978-3-406-55365-3.
- mit Wolfgang Kahl: Umweltrecht (= Schriftenreihe der Juristischen Schulung. Band 98). Beck, München 2008; 8. Auflage ebenda 2010, ISBN 978-3-406-60009-8; 12. Auflage, hrsg. von Wolfgang Kahl und Ferdinand Gärditz, ebenda 2021.
- mit Ferdinand Wollenschläger: Kompendium Öffentliches Wirtschaftsrecht. 5. Auflage. Springer-Lehrbuch, Berlin / Heidelberg / New York 2019, ISBN 978-3-662-59429-2.
Literatur
- Andreas Voßkuhle: Ein liberaler Staatsrechtslehrer. Zum 80. Geburtstag von Prof. Dr. Reiner Schmidt. In: Archiv des öffentlichen Rechts 141 (2016), 449–455.
Weblinks
- Literatur von und über Reiner Schmidt im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Nachruf von der Universität Augsburg
Einzelnachweise
- ↑ Traueranzeige in der FAZ vom 6. August 2025, abgerufen am 6. August 2025.
- ↑ Traueranzeige in der SZ vom 6. August 2025, abgerufen am 13. September 2025.
- ↑ a b c d Prof. em. Schmidt – Akademischer Werdegang ( vom 20. April 2025 im Internet Archive)
- ↑ Walther J. Habscheid: Die Universität Würzburg verdankt Wilfried Schaumann ihre Satzung. In: Würzburg heute. Band 11, 1971, S. 73–75.
- ↑ a b Trauer um Jura-Professor Reiner Schmidt. In: Augsburger Allgemeine, erschienen am 22. August 2025, S. 34.
- ↑ Mitgliederverzeichnis unter http://www.staatsrechtslehrer.de/
- ↑ Mitgliederliste des SIPE ( vom 18. April 2014 im Internet Archive)
- ↑ Kösener Corpslisten 1996, 38, 1192