Reichthaler Ländchen

Die Teilungen Schlesiens von 1919 und 1945
Sprachkarte aus dem Jahr 1910: Gelbe gestrichelte Linie: schlesisch-großpolnische Grenzes, blaue gestrichelte Linie: Reichthaler Ländchen

Als Reichthaler Ländchen wird der nordöstliche Teil des ehemaligen Landkreises Namslau in der Preußischen Provinz Schlesien um den namensgebenden Hauptort Reichthal bezeichnet. Heute ist das Gebiet im Powiat Kępiński im äußersten Süden der Woiwodschaft Großpolen.

Zugehörige Orte

Gemeinde Einwohner, Volkszählung 1905[1] Einwohner, Volkszählung 1921[2]
ges. nach „Muttersprache“ ges. nach „Nationalität“
deutsch polnisch deutsch polnisch deutsch und eine andere Sprache andere deutsch polnisch andere
Reichthal Rychtal 1083 1005 50 5 928 596 294 38
Droschkau Drożki 318 150 163 5 290 253 37
Droschkau, Gutsbezirk 134 24 27 83
Dörnberg Darnowiec 236 24 212 268 227 41
Klein Butschkau, Gutsbezirk Mały Buczek 53 1 52
Groß Butschkau Wielki Buczek 306 79 218 9 2701 76 194
Groß Butschkau, Gutsbezirk 175 137 38
Kreuzendorf Krzyżowniki 350 93 257 378 324 54
Skorischau Skoroszów 103 31 72 99 70 29
Skorischau, Gutsbezirk 294 61 13 203 12
Sgorsellitz Zgorzelec 107 10 96 1 1052 78 27
Sgorsellitz, Gutsbezirk 82 5 25 52
Schadegur Sadogóra 225 57 166 2 2423 221 21
Schadegur, Gutsbezirk 48 3 41 4
Herzberg Stogniewice 306 214 92 283 252 31
Proschau Proszów 327 55 272 349 322 27
gesamt 4.147 1.949 1.753 3.212 2419 755
1 mit Okszyce (Friedrichshilf) und Szarlota (Charlottenthal)

2 mit Będlawiec (Bandlów/Bandlauer Mühle) 3 mit Butterberg, Wygoda, Zachciala (Sachciale)

Grenzziehung nach dem Versailler Vertrag

Der neu entstehende polnische Staat beanspruchte die Landkreise Namslau und Oppeln. Im Friedensvertrag von Versailles wurde Polen der östliche Teil des Landkreises Namslau zugesprochen.

Im Rahmen der oberschlesischen Volksabstimmung fand im Namslauer Abstimmungsgebiet eine Volksabstimmung statt. Das Abstimmungsgebiet umfasste den südöstlichen Teil des ehemaligen Landkreises Namslau. Dazu gehörten die Gemeinden Bachwitz (poln.: Wieloleka), Dammer, Erbenfeld, Erdmannsdorf, Friedrichsberg, Hennersdorf, Johannesdorf, Noldau, Ordenstal, Sophiental, Steinersdorf, Sterzendorf, Wallendorf und die Güter Dammer, Moldau und Sterzendorf. Über 97 % der Wähler votierten für einen Verbleib dieses Gebietes bei Deutschland. Die Grenze wurde unter Beachtung dieses Ergebnisses festgelegt.

Das Reichthaler Ländchen mit 11 Orten, etwa 85 km² Fläche und rund 4.600 Einwohnern wurde 1921 ohne Volksabstimmung Polen angeschlossen.[3] Eine privat organisierte Befragung der Bevölkerung brachte ein deutliches Votum für den Verbleib bei Deutschland. Mangels internationaler Überwachung erfüllte diese Meinungsumfrage nicht die an ein Plebiszit zu stellenden Anforderungen und wurde bei der Grenzziehung nicht berücksichtigt.

Im späten 19. Jahrhundert war etwa zwei Drittel der Bevölkerung römisch-katholisch und ein Drittel evangelisch.[4] Im Jahr 1921 gab es in den zehn Gemeinden und sieben Gutsbezirken des Reichthaler Ländchens im Powiat Kępno insgesamt 526 Häuser mit 4389 Einwohnern, davon 2651 (60,4 %) hielten sich für deutscher und 1696 (38,6 %, nur in Buczek in der Mehrheit, aber in der Mehrheit der Gutsbezirken) für polnischer Nationalität, 3524 (80,3 %) waren römisch-katholisch, 853 (19,4 %, in der Mehrheit in Drożki, Krzyżowniki, Stogniewice und im Gutsbezirk von Buczek Wielki) evangelisch.[2]

Fußnoten

  1. Gemeindelexikon für die Provinz Schlesien. Auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1905 und anderer amtlicher Quellen. In: 292396 III. 1908 (org.pl [abgerufen am 17. September 2025]).
  2. a b Główny Urząd Statystyczny: Skorowidz miejscowości Rzeczypospolitej Polskiej. Tom X. Województwo poznańskie. Warszawa 1926, S. 30 [PDF: 42] (polnisch, PDF-Seite 42).
  3. Maria Frisé: Meine schlesische Familie und ich. Erinnerungen. Aufbau-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-351-02577-7, S. 107.
  4. Geschichte der Protestanten von Rychtal, 2020, (polnisch)