Rehau (Unternehmen)

Rehau Verwaltungszentrale AG

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Rechtsform AG
Gründung 1948[1]
Sitz Muri bei Bern, Schweiz Schweiz
Leitung
Mitarbeiterzahl Mehr als 13.000 (2025)
Umsatz ca. 3 Mrd. Euro (2025)
Branche Polymerverarbeitung
Website www.rehau.group
Stand: 2. September 2025
Gebäude der Rehau AG + Co namens Rheniumhaus
Verwaltung in Rehau (Rheniumhaus)

Die Rehau Verwaltungszentrale AG ist die Konzernobergesellschaft der Rehau Gruppe (Eigenschreibweise: REHAU), einem Kunststoffverarbeiter mit mehr als 160 Standorten weltweit.

Zur Rehau Gruppe gehören Rehau Building Solutions, Rehau Industrial Solutions, Rehau Interior Solutions, Meraxis Group, Raumedic, Rehau Window Solutions und die Service-Einheiten Rehau New Ventures und Rehau Global Business Services.

Geschichte

Helmut Wagner (1925–2021[2][3]) gründete das Unternehmen im Jahre 1948 in Rehau (Bayern). Am 28. Dezember 1948 erteilte das Landratsamt Hof (Saale) dem Medizinstudenten Helmut Wagner die amtliche Erlaubnis zur Errichtung eines kleingewerblichen Industriebetriebes zur Herstellung von Igelit. Mit dieser Genehmigung brach der 23-jährige Schulratssohn sein Studium ab, um Keder und Wasserschläuche aus Kunststoff zu produzieren. Keimzelle war die Extrusion (Verfahrenstechnik). Erste Produktionsstätte war ein Nebengebäude der 1907 gegründeten Fränkischen Lederfabrik in Rehau. Finanziell gefördert wurde das junge Unternehmen gemäß Handelsregistereintrag durch Helmuts Mutter Christina Wagner und die Fabrikbesitzertochter Elsa Linhardt. Der Aufstieg des Unternehmens begann als Zulieferer für die Produktion des VW Käfer, für den Trittbretter und Halteschlaufen für Fahrer und Beifahrer produziert wurden.

Im Jahre 1949 nannte Wagner sein Werk „Rehau Plastiks“.

In dieser frühen Phase wurde ein Teil der Maschinen- und Anlagentechnik in einer eigenen maschinentechnischen Abteilung entwickelt und gebaut. Im Zuge der Produktentwicklung traten neben die Extrusion auch andere Verfahren, wie das Spritzgießen oder das Extrusionsblasformen.

Bald wurden neue Anwendungsgebiete von Kunststoffprodukten (z. B. Möbelprofile, Schläuche für industrielle Anwendungen und für die Medizintechnik) erschlossen, anspruchsvolle technische Teile und Systeme entwickelt und Kunststoffgranulate durch Definition der Rezeptur und mittels Compoundierung selbst hergestellt. Die Materialtypen der Rehau-Gruppe tragen den Präfix RAU. Entsprechend der Neuentwicklung von technischen Polymeren der Rohstoffindustrie wurde in der Rehau-Gruppe die zum Einsatz kommende Palette von Kunststofftypen kontinuierlich ausgebaut. Neben zwei Werken in Rehau entstand 1951 in Feuchtwangen das erste Werk zur Fertigung von Teilen für die Automobilindustrie unter anderem zur Fertigung von Stoßfängern. 1958 wurden das erste Kunststoff-Fensterprofil und der erste Magnetband-Rahmen für Kühlschränke extrudiert.

Im Jahre 1962 wurde das erste Werk außerhalb Europas in Montreal (Kanada) eröffnet. Anfang der 1960er Jahre wurde die Zentrale der Rehau Plastiks nach Muri nahe Bern in der Schweiz verlegt und der weltweite Einkauf der Gruppe für 45 Werke in 21 Ländern und das Controlling dort gebündelt.

Auf Mitinitiative von Rehau wurde 1976 in Deutschland der Beruf des Kunststoffformgebers eingeführt. In den 1970er-Jahren hatten Kunststoffteile eine stark ansteigende Nachfrage, die die Rehau-Gruppe in den Bereichen Automotive, Möbel- und Elektroindustrie, Fenster-, Sanitär-, Heizungs- und Haustechnik, Rohr- und Schlauchanwendungen begleitete.

Im Jahr 2000 übernahmen die Söhne Jobst Wagner als Präsident und Veit Wagner als Vizepräsident die Geschicke des Unternehmens. 2021 übergab Jobst Wagner das Präsidium an Veit Wagner und wechselte ins Vizepräsidium.

2004 wurde die Medizinsparte mit rund 200 Mitarbeitern ausgegliedert und als Schwestergesellschaft Raumedic AG gegründet. Sie ist Entwicklungspartner und Hersteller für die medizintechnische und pharmazeutische Industrie mit autarkem Vertriebsnetz und zwei Produktionsstandorten für Extrusion, Spritzguss und Montage in Reinräumen in Helmbrechts und Mills River (North Carolina, USA).[4] Heute beschäftigt das Unternehmen circa 1.300 Mitarbeiter weltweit.

Im Jahr 2018 übernahm die REHAU Verwaltungszentrale AG mit Sitz in Muri bei Bern die international tätige MB Barter & Trading SA (MBT)[5] aus Zug/Steinhausen mit ihren weltweit 30 Standorten. Zusammen mit der Rehau Einkaufszentrale wurde 2019 das unabhängige Unternehmen Meraxis mit Sitz in Muri gegründet. Meraxis ist einer der führenden Händler und Distributoren von Kunststoffen mit einem Volumen von über 2 Milliarden Euro.

Die Rehau AG + Co. vollzog Ende 2021 eine Umstrukturierung der deutschen Unternehmungen mit dem Zweck, das Automobilgeschäft operativ und rechtlich innerhalb der Gruppe zu verselbständigen. So wurde am 8. Oktober 2021 die Rehau Management SE und am 15. Oktober 2021 die Rehau Industries SE & Co. KG in das Handelsregister eingetragen. Am 4. Januar 2022 wurde die Rehau AG + Co. in die Rehau Automotive SE & Co. KG umfirmiert. Die Rehau Management SE fungierte als persönlich haftende Gesellschafterin.

2024 haben die Rehau Gruppe und die US-amerikanische Atlas Holdings eine Vereinbarung zur Übernahme von Rehau Automotive beschlossen[6][7]. Anfang April 2025 schloss Atlas Holdings die Übernahme von REHAU Automotive erfolgreich ab und gründete RESRG Automotive. Rehau bleibt durch eine Minderheitsbeteiligung mit RESRG Automotive verbunden[8].

Gesellschafterstruktur

Die Konzernholding ist die schweizerische Rehau Verwaltungszentrale AG mit Sitz in Muri bei Bern. Die Gruppe befindet sich im Familienbesitz.

Mit Nils Wagner als Verantwortlichem für Rehau New Ventures ist die dritte Generation in leitender Funktion aktiv. Die Nachkommen und Erben der Gründungsgesellschafterin Elsa Linhardt schieden nach 2000 gegen Bargeldabfindungen aus dem Unternehmen aus.

Das Wirtschaftsmagazin Bilanz schätzt das Vermögen der Familie Wagner im Rahmen der Liste der 300 Reichsten in der Schweiz auf 1,8 Milliarden Franken.[9][10]

Standorte

Die Rehau Gruppe ist an über 160 Standorten weltweit vertreten.[11]

Kritik

Das Unternehmen wurde in der Presse wiederholt kritisiert, die Bildung von Betriebsräten und andere gewerkschaftliche Aktivitäten entgegen gültiger Gerichtsbeschlüsse zu unterbinden.[12][13]

Des Weiteren wurden im Jahr 2020 knapp 1.000 Stellen im Autosektor weltweit abgebaut; alleine 150 Arbeitsplätze fielen am Stammsitz in Rehau weg.[14]

Trivia

Für die Namensgebung seiner Gebäude in Rehau entschied sich das Unternehmen für die Benennung nach chemischen Elementen bzw. Molekülverbindungen, so heißt z. B. ein Verwaltungsgebäude in Rehau Rheniumhaus.

Commons: Rehau Gruppe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Zahlen und Fakten. In: Rehau Gruppe
  2. Traueranzeige Helmut Wagner. In: trauer.nzz.ch. Neue Zürcher Zeitung AG, abgerufen am 6. Februar 2021 (deutsch).
  3. Nachruf - Helmut Wagner verstorben. In: rehau.com. Abgerufen am 16. Februar 2021.
  4. Raumedic. Raumedic AG, 13. Januar 2018, abgerufen am 13. Januar 2018.
  5. Rehau übernimmt MB Barter & Trading. In: plastverarbeiter.de. 18. September 2018, abgerufen am 12. September 2024.
  6. Atlas Holdings übernimmt REHAU Automotive. In: rehau.com. 24. Oktober 2024, abgerufen am 5. November 2024.
  7. Laura Nadler, Annerose Zuber: US-Holding übernimmt Auto-Sparte der Rehau AG. In: br.de. 31. Oktober 2024, abgerufen am 5. November 2024.
  8. Atlas Holdings schließt Übernahme von REHAU Automotive erfolgreich ab. Abgerufen am 29. April 2025.
  9. Walter Pellinghausen: Jobst Wagner: Auf der Sonnenseite. In: Wirtschaftsmagazin Bilanz, Ausgabe 06/09. 27. März 2009, abgerufen am 12. September 2024.
  10. Die 300 Reichsten 2023: Familie Wagner. In: handelszeitung.ch
  11. About Us | REHAU Group. Abgerufen am 29. April 2025 (englisch).
  12. Die reichsten Deutschen: „Zuckerbrot und Peitsche“. In: Spiegel online. 21. Juli 2001.
  13. Mach's gleich richtig. In: Der Spiegel. 18/1992.
  14. Rehau AG baut im Autozuliefer-Sektor fast 1.000 Stellen ab. In: br.de. 7. Juli 2020, abgerufen am 3. April 2021.