Privilège du blanc

Elena von Montenegro, Königin von Italien, und Marie José von Belgien, damals Kronprinzessin von Italtien, die bei der Audienz mit Papst Pius XII. im Quirinalspalast im Dezember 1939 vom Privilège du blanc Gebrauch machten.

Privilège du blanc (französisch für „das Vorrecht des Weißen“) ist die Bezeichnung einer Tradition, die katholischen Königinnen aus katholischen Königshäusern gestattet, bei einer päpstlichen Privataudienz oder Heiligen Messe, die zur Amtseinführung eines Papstes gefeiert wird, ein weißes Kleid und einen weißen Schleier oder eine weiße Mantilla zu tragen.[1]

Geschichte

Das Protokoll für päpstliche Audienzen sieht traditionell vor, dass Frauen bei Papstaudienzen im Vatikan oder in Castel Gandolfo ein mindestens kniebedeckendes schwarzes Kleid mit langen Ärmeln oder einen entsprechend langen Rock mit Jacke sowie einen schwarzen Schleier zu tragen haben. Von dieser Regelung ausgenommen wurden im Lauf der Zeit regierende Königinnen oder die Gemahlinnen regierender Könige aus katholischen Königshäusern.

Das Privileg setzte ursprünglich voraus, dass dem jeweiligen Monarchen vom Papst der Ehrentitel katholische Majestät verliehen worden war. Dazu gehörten die Kaiserin-Königin von Österreich-Ungarn, die Königinnen von Italien, Frankreich, Belgien, Spanien, Portugal, Bayern und Polen. Den Königen von Jugoslawien, Bulgarien und Rumänien war dieser Titel zwar nicht verliehen worden, doch machten ihre Gemahlinnen wohl zumindest teilweise Gebrauch vom Privilège du blanc. Im italienischen Königshaus, dem Haus Savoyen, waren − seit der Begründung der Eigenstaatlichkeit des Vatikans durch die Lateranverträge − auch die Kronprinzessinnen entsprechend privilegiert. Von diesen Dynastien sind heute nur noch diejenigen von Spanien und Belgien regierend. Besonders auffällig sind oft die spanischen Königinnen mit turmhoher weißer Mantilla. Hinzu kommt die Großherzogin von Luxemburg, die zwar keine Königin und „katholische Majestät“ ist, der jedoch das Privilège du blanc dennoch gestattet wird. Es handelt sich um ein freiwilliges, nicht um ein zwingendes Privileg. Die luxemburgische Großherzogin Joséphine Charlotte etwa erschien bisweilen auch in Schwarz im Vatikan. Bei den Trauerfeiern für Päpste ist ohnehin Schwarz vorgeschrieben.

Nicht zum Weißtragen berechtigt sind hingegen katholische Gemahlinnen eines protestantischen Königs, wie Máxima der Niederlande, oder eines muslimischen Königs wie einst Geraldine von Albanien. Auch außereuropäische katholische Monarchen bzw. deren Gemahlinnen besitzen das Privileg nicht (dies betrifft ’Masenate Mohato Seeiso von Lesotho und Ngā Wai Hono i te Pō, Königin der Māori in Neuseeland), da ihnen weder der Titel Katholische Majestät noch das Privilège du blanc verliehen wurden.

Königinnen aus nicht-katholischen Dynastien (wie die protestantischen von Großbritannien, Dänemark, Schweden, Norwegen, früher auch die orthodoxen von Russland, Griechenland, Montenegro) besitzen das Privilège du blanc ebenfalls nicht. So trug etwa die britische Königin Elisabeth II. bei ihren Audienzen bei zahlreichen Päpsten (von Pius XII. bis Franziskus) stets ein schwarzes Kleid und einen schwarzen Schleier, bei Staatsbanketten auch mit Diadem und Orden.[2] Außerhalb des Vatikans gilt diese Kleiderordnung jedoch nicht, daher empfing die Queen in Großbritannien die Päpste in ihren üblichen bunten Kostümen.[3] Papst Franziskus, der selbst nur sehr sparsam von den traditionellen Papstgewändern Gebrauch machte (er empfing auch Staatsbesucher nur in seiner weißen Soutane, ohne die eigentlich üblichen festlichen Zusätze wie Chorhemd mit roter Mozetta und goldbestickter Stola darüber), gewährte Elisabeth II. anlässlich ihres Staatsbesuchs in Italien 2014 bei einem kurzen Treffen im Vatikan ausdrücklich Dispens von der üblichen Kleiderordnung, damit sie sich nicht eigens dafür umziehen musste.[4] Nicht-katholische Königinnen verzichten außerdem auf den Hofknicks mit gleichzeitigem Kuss des päpstlichen Fischerrings, was freilich nicht nur von katholischen Königinnen, sondern von allen vom Papst offiziell empfangenen katholischen Damen üblicherweise erwartet wird. Auch katholische Herren verbeugen sich und küssen dem Papst den Ring, sogar die Könige, denn es ist keine politisch-protokollarische, sondern eine private religiöse Demutsgeste. Der Ehrentitel Katholische Majestät setzt immerhin voraus, dass dessen Träger sowohl in der Politik als auch im Privatleben die katholischen Werte und Prinzipien zum Ausdruck bringen.

Fürstin Charlène von Monaco 2016 im Vatikan

Die Gemahlinnen regierender katholischer Fürsten sind historisch ebenfalls nicht zum Weißtragen privilegiert. Erstens sind sie keine katholischen Majestäten (nur Durchlauchten), zweitens stehen sie im Rang unter Königinnen, die sie sogar mit Hofknicks begrüßen müssen. Fürstin Charlène von Monaco, Ehefrau von Fürst Albert II., sowie die 2021 verstorbene Fürstin Marie von Liechtenstein, Ehefrau von Fürst Hans-Adam II., erschienen bei Privataudienzen im Vatikan stets in Schwarz, wobei Papst Franziskus ihnen zumindest den Schleier erließ.[5] Doch Fürstin Charlène (eine konvertierte und praktizierende Katholikin) trug bei einer Audienz bei Benedikt XVI. im Jahr 2013 plötzlich zur allgemeinen Überraschung weiß.[6] Es wurde gerätselt, ob dies ein Fauxpas war, ob sie und ihr Mann es also nicht besser wussten oder ob sie es gar wider besseres Wissen sich anmaßten.[7] Wie es dazu kam, ist bis heute nicht ganz geklärt. Denkbar ist auch, dass der Papst − erfreut über Charlènes Konversion und Frömmigkeit − ihr dieses Privileg vorab verliehen hatte. Doch ist dies nie kommuniziert worden, weshalb eine eigenmächtige Handlung wahrscheinlicher ist. Jedoch beeilte sich das Presseamt des Heiligen Stuhls, die öffentliche Aufregung zu beschwichtigen, indem es erklärte, es sei der Fürstin − im Einklang mit den protokollarischen Kleidervorschriften für katholische Souveräne − gestattet, Weiß zu tragen.[8] Seither machte Fürstin Charlène auch bei einem Staatsbesuch bei Franziskus 2016 (hochelegant in Weiß, mit passend gepudertem Gesicht) sowie bei der Krönungsmesse zur Amtseinführung von Leo XIV. 2025 vom Privilège du blanc Gebrauch, wohingegen sie 2022 bei einer gewöhnlichen Privataudienz bei Franziskus wieder in Schwarz erschien.

Cherie Blair, Ehefrau eines britischen Premierministers, beging jedoch eindeutig einen Fauxpas, indem sie (praktizierende Katholikin) 2006 in Weiß bei Benedikt XVI. erschien, der sich aber nicht dazu äußerte.[9]

Liste der Privilegierten

Das Privilège du blanc steht Stand 2025 folgenden katholischen Frauen zu:[10]

Commons: Privilège du blanc – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. James-Charles Noonan, Jr., The Church Visible: The Ceremonial Life and Protocol of the Roman Catholic Church (New York: Viking, 1996), 411.
  2. Siehe etwa die Bilder mit Johannes Paul II. von 1980: [1] oder [2]
  3. Siehe etwa das Bild mit Benedikt XVI. in Holyrood Palace, Schottland: [3]
  4. Pope Francis gives Queen unusual present to baby George, as she gives him whisky, independent.co.uk, 4. April 2014
  5. Siehe etwa: Fürstenhaus von Liechtenstein bei Papst Franziskus und Foto vom Besuch des Fürstenpaares von Monaco beim Papst 2022
  6. Matthias Rüb: Amtseinführung von Papst Leo XIV.: Vier Frauen in Weiß. In: FAZ.net. 19. Mai 2025, abgerufen am 19. Mai 2025.
  7. Privilège du blanc auf: luxarazzi.com, 17. März 2013
  8. Privilège du blanc, luxarazzi.com, 17. März 2013
  9. Malcolm Moore and Jonathan Petre: White outfit, wrong occasion, Cherie. In: telegraph.co.uk. 29. April 2006, abgerufen am 20. Oktober 2020 (englisch).
  10. Matthias Rüb: Amtseinführung von Papst Leo XIV.: Vier Frauen in Weiß. In: FAZ.net. 19. Mai 2025, abgerufen am 19. Mai 2025.