Poul Nyrup Rasmussen

Poul Nyrup Rasmussen (2007)

Poul Nyrup Rasmussen ⁽ˈ⁾pʰʌʊ̯l ny(ː)ɔb̥ ˈʁɑsmusn̩ (* 15. Juni 1943 in Esbjerg) ist ein dänischer Politiker. Er war von 1992 bis 2002 Vorsitzender der dänischen Sozialdemokraten und von 1993 bis 2001 Ministerpräsident. Er war von 2004 bis 2009 Abgeordneter im Europaparlament und von 2004 bis 2011 Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE).

Leben

Aus einer Arbeiterfamilie stammend studierte Nyrup Rasmussen Wirtschaftswissenschaften an der Universität Kopenhagen, wo er 1971 seinen Abschluss machte. Während des Studiums trat er dem sozialdemokratischen Studentenverband Frit Forum bei. Rasmussen war seit 1994 mit der prominenten Politikerin Lone Dybkjær (1940–2020) verheiratet, die für die sozialliberale Partei Radikale Venstre Abgeordnete im dänischen Folketing (1973–77, 1979–94 sowie 2005–11) und im Europaparlament (1994–2004) war.

Ministerpräsident 1993–2001

Rasmussen löste 1993 den konservativen Poul Schlüter als Regierungschef ab. Er bildete eine Mitte-links-Koalition aus Socialdemokraterne, sozialliberaler Radikaler Venstre, Centrum-Demokraterne und christdemokratischer Kristeligt Folkeparti. Sein erstes Kabinett[1] Die Regierung versuchte 1993–94 zur Bekämpfung einer Wirtschaftsflaute einige keynesianistische Maßnahmen und führte zahlreiche Privatisierungen durch. Eine Ökologische Steuerreform 1994 war umstritten. Sie verband die Einführung von Ökosteuern auf Wasser, Elektrizität, Kohle, Kraftfahrzeuge, Abfall, Abwasser und Plastiktüten mit einer sprunghaften Senkung der Einkommenssteuersätze. Diese sanken von 52–68 % auf 38–58 %. Wie die OECD feststellte, sank danach trotz vieler gegenteiliger Prognosen die Arbeitslosigkeit in Dänemark und der dänische Export erlitt kaum Einbußen.[2]

Am 21. September 1994 fand eine Folketingswahl statt. Die Christdemokraten verließen nach Stimmenverlusten die Regierung; 1996 schieden auch die Zentrumsdemokraten aus der Koalition aus. Die verbleibende kleine Koalition wurde bei der Wahl 1998 knapp bestätigt. Rasmussen kündigte nach seiner Wiederwahl an, sein erstes Ziel werde die Sicherstellung eines Ja bei der Ratifizierung des EU-Vertrags von Amsterdam sein. Bei dem darauffolgenden Referendum stimmten 55 % der Abstimmenden für den Vertrag. Am 28. September 2000 fand in Dänemark ein zur Einführung des Euro statt. 53,2 % der Abstimmenden lehnten dies ab.

Rasmussen kündigte im Herbst 2001 angesichts hoher Umfragewerte für die Regierungsparteien eine vorgezogene Parlamentswahl an, mit dem Argument, dass dem neuen Ministerpräsidenten so genügend Zeit zur Vorbereitung der dänischen EU-Ratspräsidentschaft 2002 bleiben würde. Während des Wahlkampfs, in dem die Migrationspolitik im Mittelpunkt stand, sanken die Umfragewerte für die Sozialdemokraten;, Venstre und rechtspopulistische Dansk Folkeparti gewannen dagegen an Zustimmung.

Die Sozialdemokraten erlitten bei der Parlamentswahl am 20. November 2001 eine empfindliche Niederlage, mit dem schlechtesten Wahlergebnis seit der Folketingswahl 1973. Sie waren erstmals seit der Folketingswahl 1924 nicht mehr die stärkste Fraktion im Folketing.

Anders Fogh Rasmussen (Venstre) wurde neuer Ministerpräsident. Er kündigte am Wahlabend an, weiterhin Parteivorsitzender bleiben und die Erneuerung der dänischen Sozialdemokraten einleiten zu wollen. Er trat Ende 2002 zurück, nachdem seine Führung in der Partei in Frage gestellt worden war.

Europaparlament 2004–2009

Rasmussen zog nach der Europawahl 2004 in das Europäische Parlament ein. Er schloss sich der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) an. Er war Mitglied im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten sowie im Ausschuss für Wirtschaft und Währung.

Ein Hauptthema der Tätigkeiten Rasmussens im Europäischen Parlament war die fehlende Regulierung von Hedgefonds, die er schon vor dem Ausbruch der Finanzkrise ab 2007 kritisierte. Im September 2008 verabschiedete das Europaparlament den von ihm eingebrachte Bericht, der bindende Regelungen für alle Marktteilnehmer vorschlug. In den folgenden Monaten kritisierte Rasmussen die Europäische Kommission, insbesondere den Kommissionspräsident Barroso und Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy für ihre unzureichende Reaktion auf diesen Bericht.[3] Im März 2009 forderte Rasmussen ein neues erweitertes Konjunkturpaket für die EU und prognostizierte, es könnte sonst im Jahr 2010 europaweit 25 Millionen Arbeitslose geben. Insbesondere die mittel- und osteuropäischen Länder sollten Unterstützung von der EU erhalten.

Sozialdemokratische Partei Europas

Bei der Wahl des Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) setzte sich Nyrup Rasmussen Mitte 2004 gegen Giuliano Amato durch und folgte Robin Cook auf diesem Posten nach. Der Posten beinhaltete die Koordination des politischen Programms der europäischen Sozialdemokraten und die Repräsentation der Partei. Rasmussen bemühte sich dabei, die Partizipationsmöglichkeiten für die Parteibasis zu erweitern, etwa durch einen europaweiten Konsultationsprozess bei der Ausarbeitung des Parteiprogramms zur Europawahl 2009.

Rasmussen gab sein Amt im November 2011 auf. Sergei Stanischew wurde am 24. November 2011 zu seinem Nachfolger gewählt.[4]

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Einzelnachweise

  1. Marianne Jelved war Wirtschaftsministerin und Mogens Lykketoft Finanzminister.
  2. Karl-Martin Hentschel: "Wonderful Danmark"? Das Steuersystem und die Steuer- und Sozialreform in Dänemark, 1998. Online
  3. „Rasmussen-Bericht“. Website des Europaparlaments
  4. New PES leader opposes a ‘Europe of different speeds’. In: Euractiv. 29. November 2011, abgerufen am 7. Februar 2019 (britisches Englisch).