Planetary Health Diet

Die Planetary Health Diet (PHD) ist ein wissenschaftlich fundierter Speiseplan, der gleichermaßen die Gesundheit des Menschen wie die des Planeten schützt. Entwickelt wurde er von einem internationalen Team von Wissenschaftlern, der EAT-Lancet Commission. Sie suchten eine Antwort auf die Frage, wie sich im Jahr 2050 10 Milliarden Menschen auf diesem Planeten gesund und nachhaltig ernähren können. Ihre Empfehlungen wurden erstmals 2019 veröffentlicht.[1]

Bericht der EAT-Lancet Commission

In ihrem Bericht skizziert die EAT-Lancet Commission zunächst die Probleme der Ausgangssituation. Danach ist die weltweite Ernährung der stärkste Hebel, um einerseits eine nachhaltige Entwicklung unserer Umwelt zu gewährleisten und andererseits Fehl-, Mangel- und Überernährung zu vermeiden.

Entwicklung der Weltbevölkerung nach Einschätzung der UNO, Stand 2022

Das Ziel ist eine ausgewogene und gesunde Ernährung für eine Weltbevölkerung von 10 Milliarden Menschen im Jahr 2050. Dabei soll die Produktion der Lebensmittel eine möglichst geringe Umweltbelastung darstellen.

Die Empfehlungen gehen beispielhaft von einem täglichen Energiebedarf von 2500 kcal aus. Er soll weit überwiegend durch pflanzliche Lebensmittel gedeckt werden, mit kleinen Ergänzungen von Fisch, Fleisch und Milchprodukten. Nach der Zusammensetzung der Lebensmittel könne man auch von einer flexitarischen Ernährungsform sprechen.

Die Autoren betonen, dass es sich hier um eine allgemeine Empfehlung handelt. Die tatsächliche Ernährungsform muss jeweils an die lokalen kulturellen, geografischen und demografischen Gegebenheiten angepasst werden. Ebenso sind die individuellen Bedürfnisse des Einzelnen zu berücksichtigen.

Die Transformation hin zu einer besseren Ernährungsform wird sich in den verschiedenen Regionen ganz unterschiedlich darstellen. Global muss sich beispielsweise der Verzehr von rotem Fleisch um mehr als 50 % reduzieren. Bei Ethnien, deren Existenz auf pastoraler Viehzucht beruht, wird dies nicht möglich sein. Ferner sind Teile der globalen Bevölkerung so sehr unterernährt, dass eine optimale Versorgung ausschließlich mit pflanzlicher Kost schwierig ist.

Gemüse stellt den größten Gewichtsanteil
Vollkorngetreide stellt den größten Energieanteil

Ziele im Hinblick auf die menschliche Ernährung:

Lebensmittel Menge pro Tag (g) Energie pro Tag (kcal) Energie pro Tag (%)
Vollkornprodukte (Reis, Weizen, Mais u. a.) 232 811 32
Knollen und stärkehaltiges Gemüse (Kartoffeln u. a.) 50 39 2
Gemüse 300 78 3
Obst 200 126 5
Milchprodukte (Vollmilch o. ä.) 250 153 6
Fleisch (ohne Geflügel) 14 30 1
Geflügel 29 62 3
Eier 13 19 1
Fisch 28 40 2
Eiweißhaltiges Gemüse (Hülsenfrüchte) 75 284 11
Nüsse 50 291 12
zusätzliche Öle mit ungesättigten Fettsäuren 40 354 14
zusätzliche Öle mit gesättigten Fettsäuren 12 96 4
zusätzlicher Zucker 31 120 5

Ziele im Hinblick auf die Produktion von Lebensmitteln:

Für die umweltbelastenden Auswirkungen der landwirtschaftlichen Produktion werden Grenzen für sechs Schlüsselbereiche des Erdsystems definiert. Sie beziehen sich auf Treibhausgasemission, Landverbrauch, Wasserverbrauch, Anwendung von Stickstoff und Phosphor, sowie den Verlust an Biodiversität.

Bereich des Erdsystems Kontrollparameter Höchstgrenze Zielbereich
Klimawandel Treibhausgasemissionen 5 Gt CO2Äquivalente/Jahr 4,7–5,4 Gt CO2Äquiv./J.
Landverbrauch Ackerland 13 Mio. km² 11–15 Mio. km²
Süßwasser Wasserverbrauch 2500 km³/Jahr 1000–4000 km³/Jahr
Stickstoffkreislauf Stickstoffdüngung 90 Tg N/Jahr 65–130 Tg N/Jahr
Phosphorkreislauf Phosphatdüngung 8 Tg P/Jahr 6–16 Tg P/Jahr
Verlust an Biodiversität Artensterben-Extinktion 10 Extinction/Million Species Years 1–80 E/MSY

Um die Ziele beider Aktionsfelder zu erreichen, wird eine Strategie in fünf Punkten dargestellt:

  • Internationale Verpflichtungen zu einer Transformation zur gesunden Ernährung
  • Neuorientierung der landwirtschaftlichen Produktion, weg von der Masse, hin zu gesunden Lebensmitteln
  • Nachhaltige Intensivierung der Lebensmittelproduktion
  • Internationale Überwachung der Landflächen und Ozeane, keine Ausdehnung landwirtschaftlich genutzter Flächen, keine Übernutzung der Ozeane
  • Reduktion der Lebensmittelverschwendung auf mindestens die Hälfte

In einem Schlusswort wird darauf hingewiesen, dass die Versorgung der Weltbevölkerung mit Lebensmitteln eine der entscheidenden Aufgaben des 21. Jahrhunderts sein wird. Um diese Aufgabe zu meistern ist sofortiges und entschlossenes Handeln erforderlich.[2]

Vorschläge zur Umsetzung und Anpassung der Planetary Health Diet im deutschsprachigen Raum

Deutsche Gesellschaft für Ernährung

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (GDE) nahm 2022 in einem Positionspapier Stellung zur PHD und vergleicht die darin enthaltenen Ernährungsempfehlungen mit ihren eigenen Food-Based-Dietary-Guidelines (FBDG). Zunächst wird festgestellt, dass die beiden Empfehlungen auf unterschiedlichen Zielsetzungen beruhen. (Das Ziel der DGE-Empfehlungen war damals ausschließlich die vollständige und gleichzeitig optimale Versorgung der erwachsenen Bevölkerung mit Nährstoffen, während die PHD den umweltpolitischen Ansatz der Nachhaltigkeit hat und auch für Kinder ab 2 Jahren gelten soll.) Gerade für Heranwachsende sieht die DGE in ihrer Stellungnahme eine zu geringe Kalzium-Versorgung und hält deshalb höhere Mengen an Milchprodukten für notwendig. Auch sei der tägliche Energiebedarf von 2500 kcal für die Lebensbedingungen in Deutschland zu hoch angesetzt. Was den Verzehr von Fleisch, Getreideprodukten, Gemüse und Hülsenfrüchten angeht, sind die Unterschiede in den Empfehlungen gering. Es wird darauf hingewiesen, dass nicht der Unterschied zwischen beiden Empfehlungen, sondern der Unterschied des tatsächlichen Ernährungsverhaltens zu beiden Empfehlungen die eigentliche Herausforderung darstelle.[3] In ihrem Positionspapier von 2024 erklärt die DGE die Notwendigkeit, Umweltbilanzen von Lebensmitteln in ihre Methodik mit einzubeziehen.[4] Die Umweltlast von Lebensmitteln ist seitdem ein Kriterium der Ernährungsempfehlungen der DGE.[5]

WWF Deutschland

Der WWF-Deutschland gab 2021 eine Studie in Auftrag zur Beantwortung der Frage, wie die PHD an die Ernährungsgewohnheiten in Deutschland anzupassen sei. Das Ergebnis war die Besseresser:innen-Studie in drei Teilen.[6]

Teil 1 befasst sich mit den weltweiten Auswirkungen der Ernährungsgewohnheiten auf Klima und Flächenbedarf: Für die Ernährung der Deutschen wird eine weltweite Fläche von 16 Millionen Hektar benötigt. 75 % dieser Fläche dient dem Anbau von Futtermitteln. Unsere Ernährung führt zu einer Emission von 2,5 t CO2–Äquivalenten pro Person und Jahr. Zwei Drittel dieser Emissionen sind auf den Verzehr von Fleisch zurückzuführen.[7][8]

Teil 2 betrachtet den Wasserverbrauch der für die Produktion unserer Lebensmittel ausgelöst wird. Für die derzeitige Ernährung wurde ein Wasserverbrauch von 29 m³ pro Person und Jahr ermittelt. Für die Empfehlungen der EAT-Lancet-Kommission bei flexitarischer oder vegetarischer Ernährung 39 m³ und 45 m³ für eine vegane Ernährungsweise. Grund ist, dass bestimmte pflanzliche Lebensmittel beim Anbau bewässert werden müssen. Sie stammen häufig aus Regionen außerhalb Deutschlands, in denen ohnehin Wasserknappheit herrscht. Futtermittel stammen dagegen überwiegend aus heimischem Anbau ohne Bewässerung.[9] Daher kann ein in Deutschland steigender Konsum von Obst, Gemüse und Nüssen auch zu einem höheren Wasserknappheitsfußabdruck in den Anbauländern führen. Besonders problematisch ist hierbei die Vorliebe der Deutschen für Zitrusfrüchte und Mandeln.[10][11]

Teil 3 behandelt den Zusammenhang zwischen Ernährung und Biodiversität. Weltweit ist Landwirtschaft die Ursache für 70 % des Verlustes an biologischer Vielfalt und 80 % der Entwaldung. Die Produktion tierischer Lebensmittel verursacht 77 % des Verlustes an Biodiversität. Sojaanbau als Futtermittel ist dabei das größte Problem.[12]

Ausgehend von der PHD stellt der WWF Deutschland fest: Die Deutschen ernähren sich zu kalorienreich, sie essen zu viel tierische Produkte wie Fleisch, Wurst, Milch und Käse. Im Gegenteil müsste viel mehr Gemüse, zur Deckung des Eiweißbedarfs vor allem Hülsenfrüchte gegessen werden.[13] Zitrusfrüchte sollten durch heimisches Obst, Mandeln durch Sonnenblumenkerne ersetzt werden.[14] Von der Politik fordert der WWF Deutschland eine höhere Selbstversorgungsquote durch die heimische Landwirtschaft sowie eine lückenlose Überwachung der Lieferketten.[15]

Weitere öffentliche Diskussion

Während die Planetary Health Diet in wichtigen Medien[16], bei NGOs,[17] Behörden[18] und Vereinen (Slow Food Deutschland)[19] auf ein positives Echo stieß, war in sozialen Netzwerken eine Gegenbewegung festzustellen. The Lancet konnte zeigen, dass unter dem Hashtag #yes2meat bereits vor der Veröffentlichung der EAT-Lancet Commission eine hohe Zahl von Tweets beobachtet werden konnte, die sich für den Fleischkonsum aussprachen. Nach der Veröffentlichung folgten unsachliche Argumente sowie Diffamierungen der beteiligten Forscher und Autoren.[16] Dem Guardian liegen Dokumente vor, die belegen, dass es sich dabei um eine Kampagne der Fleischindustrie handelte.[20]

zur öffentlichen Wahrnehmung und Kritik der Planetary Health Diet


zur EAT-Lancet Commission

Die EAT-Lancet Commission ist eine Vereinigung von Wissenschaftlern unter der Schirmherrschaft der norwegischen Ärztin Gunhild Stordalen (Stordalen Foundation) und der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet mit Beteiligung des Wellcome Trust und des Stockholm Resilience Center.


zur curricularen Umsetzung und Sensibilisierung von Multiplikatoren in der Hochschulbildung

Die Universität Göttingen bietet spezielle Kochkurse für Studierende der Medizin an. Sie werden gemeinsam mit Culinary Medicine Deutschland e.V. durchgeführt. Diese Lehrveranstaltungen vermitteln Schlüsselqualifikationen und Multiplikatorenschulung anhand praktischer Umsetzungsbeispiele. Die Methode wurde erstmalig in Deutschland eingeführt durch Nicola Rosenau, Uwe Neumann und Thomas Ellrott.

Einzelnachweise

  1. Melanie Kirk-Mechtel: Planetary Health Diet: Speiseplan für eine gesunde und nachhaltige Ernährung. Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, 6. Oktober 2020, abgerufen am 8. Juni 2022 (deutsch).
  2. Walter Willert, Johann Rockström und 18 Co-Autoren: Food Planet Health. (PDF, 4,6 MB) EAT-Lancet Commission, Januar 2019, abgerufen am 8. Juni 2022 (englisch).
  3. Christina Breidenassel, Anne Carolin Schäfer, Melanie Micka et al.: Einordnung der Planetary Health Diet anhand einer Gegenüberstellung mit den lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen der DGE. (PDF, 287KB) Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., 12. Mai 2022, abgerufen am 5. Juni 2025.
  4. Anne Carolin Schäfer et al. für die DGE Arbeitsgruppe Lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen: Wissenschaftliche Grundlagen der lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen für Deutschland. (PDF, 258 KB) In: Ernährungs-Umschau | 3/2024. Prof. Dr. Helmut Heseker, 1. März 2024, S. 1, abgerufen am 7. Juni 2025: „Diverse internationale Fachorganisationen für Gesundheit, Ernährung oder Landwirtschaft sehen zudem die dringende Notwendigkeit, bei Empfehlungen zum Lebensmittelverzehr auch die Umweltauswirkungen der derzeitigen Ernährungssysteme zu berücksichtigen und so neben einer gesundheitsfördernden auch eine umweltverträglichere Ernährung zu unterstützen“
  5. Anne Carolin Schäfer et al. für die DGE Arbeitsgruppe Lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen: Wissenschaftliche Grundlagen der lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen für Deutschland. (PDF, 258 KB) In: Ernährungs-Umschau | 3/2024. Prof. Dr. Helmut Heseker, 1. März 2024, S. 4, abgerufen am 7. Juni 2025: „Zur Erfassung der Umweltlast der Lebensmittel wurden Ökobilanzdaten für Treibhausgasemissionen und Landnutzung eingesetzt. Es handelt sich um europäische Daten aus Lebenszyklusanalysen“
  6. Besseresser:innen: Planetarisch kulinarische Ernährung. WWF-Deutschland, abgerufen am 10. Juni 2025 (deutsch).
  7. Flächenbedarf und Klimaschutz. (PDF, 400KB) In: Besseresser:Innen Planetarisch Kulinarisch. WWF Deutschland, 2021, abgerufen am 10. Juni 2025.
  8. Klimaschutz, landwirtschaftliche Fläche und natürliche Lebensräume. (PDF, 9,4 MB) In: Besseresser:Innen Planetarisch Kulinarisch. WWF-Deutschland, 20. Mai 2022, abgerufen am 10. Juni 2025.
  9. Tanja Dräger de Teran: Wasserverbrauch und Wasserknappheit. Hrsg.: WWF Deutschland. August 2021, S. 33–35 (wwf.de [PDF]).
  10. Tanja Dräger de Teran: Wasserverbrauch und Wasserknappheit. Hrsg.: WWF Deutschland. August 2021, S. 31,38 (wwf.de [PDF]).
  11. Wasserverbrauch und Wasserknappheit. (PDF, 824KB) In: Besseresser:Innen Planetarisch Kulinarisch. WWF-Deutschland, 24. August 2021, abgerufen am 10. Juni 2025.
  12. Ernährung und biologische Vielfalt. (PDF, 9,6 MB) In: Besseresser:Innen Planetarisch Kulinarisch. WWF Deutschland, 2. Mai 2022, abgerufen am 10. Juni 2025.
  13. Gesunde Ernährung für eine gesunde Erde. (PDF, 2,6 MB) WWF Positionspapier. In: Besseresser:Innen Planetarisch Kulinarisch. WWF Deutschland, 30. März 2021, abgerufen am 10. Juni 2025.
  14. Tanja Dräger de Teran: Wasserverbrauch und Wasserknappheit. Hrsg.: WWF Deutschland. August 2021, S. 36 (wwf.de [PDF]).
  15. Tanja Dräger de Teran: Wasserverbrauch und Wasserknappheit. Hrsg.: WWF Deutschland. August 2021, S. 49–53 (wwf.de [PDF]).
  16. a b David Garcia, Victor Galaz, Stefan Daume: EATLancet vs yes2meat: the digital backlash to the planetary health diet. In: The Lancet. Band 394, Nr. 10215, 14. Dezember 2019, ISSN 0140-6736, S. 2153–2154, doi:10.1016/S0140-6736(19)32526-7, PMID 31780094 (thelancet.com [abgerufen am 15. April 2025]).
  17. Planetary Health Diet – der Speiseplan zur Weltrettung? Abgerufen am 15. April 2025.
  18. Konzept zur Förderung einer nachhaltigen Ernährung. (PDF, 916KB) Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, 6. Mai 2021, S. 4–5, abgerufen am 15. April 2025.
  19. Menschengesundheit nur mit Planetengesundheit. (PDF) Slow Food Deutschland, März 2020, abgerufen am 16. Juni 2025.
  20. Clare Carlile: PR campaign may have fuelled food study backlash, leaked document shows. In: The Guardian. 11. April 2025, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 15. April 2025]).