Pietro Vernazza
Pietro Luigi Vernazza (* 7. August 1956 in Zürich) ist ein Schweizer Mediziner, Infektiologe und HIV-Forscher. Von 1985 bis 2021 war er beim Kantonsspital St. Gallen tätig, von 2000 bis 2021 als Chefarzt der Infektiologie.[1][2]
Leben
Pietro Vernazza hat von 1976 bis 1982 Humanmedizin an der Universität Zürich studiert. Von 1983 bis 1988 absolvierte er die klinische Ausbildung Innere Medizin in Sursee LU und St. Gallen. Von 1989 bis 1991 wurde er in St. Gallen in Infektiologie ausgebildet. Von 1991 bis 1993 war er an der University of North Carolina at Chapel Hill in Chapel Hill (North Carolina).[3]
Infektiologie
Vernazza interessierte sich schon in jungen Jahren für die Infektiologie.[4] Er führte die erste AIDS-Sprechstunde ein.[5][6] Seine Forschungsarbeiten zur Übertragung von HIV sind weltweit bekannt.[7][8][9] Seine 2008 publizierte Arbeit, wonach HIV-Patienten unter richtiger Therapie nicht mehr ansteckend sind, sorgte weltweit für Aufsehen. Diese Erkenntnis ist bis heute als «Swiss Statement» bekannt.[10]
Von 2000 bis zu seiner Pensionierung Ende August 2021 war er Chefarzt der Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene am Kantonsspital St. Gallen.[10]
Von 2000 bis 2015 war Vernazza Mitglied der «Eidgenössischen Kommission für sexuelle Gesundheit».[11]
Corona-Pandemie
In einem Interview mit dem St. Galler Tagblatt Ende April 2020[12] und mit der SonntagsZeitung Mitte Juni[13] kritisierte er das Festhalten an den Schulschliessungen aufgrund der COVID-19-Pandemie und forderte eine Rückkehr zur Normalität. Im gleichen Jahr unterzeichnete er die Great Barrington Declaration.[14] Laut Radio SRF wurde er «zur wichtigen, aber auch polarisierenden Expertenstimme» und zählte zu den «gefragten Experten in der Schweiz».[15]
Politik
Vernazza kandidierte 2019 für die Grünliberale Partei für den Ständerat. Er trat als Kandidat für die grosse und die kleine Kammer an.[16] Zwischen 2003 und 2019 befasste er sich bei der ausserparlamentarischen Kommissionsarbeit auf eidgenössischer Ebene mit dem Thema «öffentliche Gesundheit». Er befasst sich auch mit Umwelt- und Klimaschutz und tritt für eine offene, liberale Schweiz ein – aussen- wie innenpolitisch. Seine gesellschaftsliberale Einstellung und Offenheit gegenüber den verschiedensten Lebensformen ist stark verknüpft mit seinem beruflichen und gesellschaftlichen Engagement. So befürwortet er die Ehe für alle. Er setzt sich für mehr Wettbewerb und Innovation ein und möchte eine liberale Wirtschaftsordnung mit konsequentem Umweltschutz verbinden.[16] Im Mai 2023 trat Vernazza aus der Grünliberalen Partei aus, weil der Vorstand Vernazza nicht zur Wahl zum Nationalrat aufstellen wollte.[17]
Privates
Vernazza wohnt in St. Gallen, ist konfessionslos, verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.[1]
Auszeichnungen
- 2020: «Medinside-Award 2020», Leserabstimmung des Branchenportals Medinside für den «bedeutendsten Protagonisten des Schweizer Gesundheitswesens».[18][19]
Schriften
- mit Konstantin Beck, Andreas Kley, Peter Rohner: Der Corona-Elefant. Vielfältige Perspektiven für einen konstruktiven Dialog. Versus, Zürich 2022, ISBN 978-3-909066-25-4.
Weblinks
- Curriculum Vitae (2004, Archiv)
- Pietro Vernazza Profil bei Google Scholar
- Pietro Vernazza Profil bei HOCH-Health Ostschweiz
- Pietro Vernazzza Profil bei Researchgate
- Blog von Pietro Vernazza
Einzelnachweise
- ↑ a b smartvote. Abgerufen am 26. September 2020.
- ↑ Vernazza Pietro - Umweltrating. Abgerufen am 26. September 2020.
- ↑ Prof. Dr. med. Pietro Vernazza, Autor auf infekt.ch. In: infekt.ch. Abgerufen am 26. September 2020.
- ↑ chrisign gmbh, web management, weinfelden thurgau: Pietro Vernazza. Abgerufen am 26. September 2020.
- ↑ «Die Pharmalobby ist viel zu stark». In: Tages-Anzeiger. ISSN 1422-9994 (tagesanzeiger.ch [abgerufen am 28. August 2021]).
- ↑ Unsere Sprechstunde. Abgerufen am 28. August 2021.
- ↑ Pietro Vernazza: Medicine H-index & Awards - Academic Profile. Abgerufen am 1. September 2025 (englisch).
- ↑ Alan Niederer: Ein Arzt spricht Klartext. In: NZZ. 18. Mai 2018, abgerufen am 28. August 2021.
- ↑ Regula Weik: Der Glamour-Mann: Der renommierte St.Galler Arzt Pietro Vernazza will für die Grünliberalen in den Nationalrat. In: Tagblatt.ch. Abgerufen am 28. August 2021.
- ↑ a b «Ich rechne für den Winter nicht mit schweren Problemen». In: Schweiz am Wochenende, 28. August 2021; zitiert in: «Virus kann sich so verändern, dass unsere Antikörper unwirksam werden». In: Blick.ch, 28. August 2021.
- ↑ Fachstelle für Aids- und Sexualfragen (AHSGA): «Aids hat den Schrecken verloren – ähnlich wie die Syphilis anno dazumal». Ehemals im (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 26. September 2020. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
- ↑ Rückkehr zur Normalität trotz Coronavirus. In: St. Galler Tagblatt. Abgerufen am 13. Oktober 2020.
- ↑ «Das Coronavirus scheint weniger gefährlich als gemeinhin vermutet». In: SonntagsZeitung. 18. Juli 2020, abgerufen am 1. September 2025.
- ↑ Signatures. In: gbdeclaration.org, 28. Dezember 2020 (Archiv).
- ↑ Pietro Vernazza: Ruhestand mitten in der Pandemie. In: Radio SRF. 7. September 2021, abgerufen am 1. September 2025.
- ↑ a b Pietro Vernazza kandidiert für den Ständerat. In: sg.grunliberale.ch. Abgerufen am 26. September 2020.
- ↑ Pietro Vernazza tritt aus GLP aus. In: Blick. 26. Mai 2023, abgerufen am 31. August 2025.
- ↑ Das waren 2020 die drei wichtigsten Personen im Gesundheitswesen. In: Medinside. Abgerufen am 31. August 2025.
- ↑ Mischa Aebi: Ehre für streitbaren Corona-Experten. In: SonntagsZeitung. 2. Januar 2021, abgerufen am 31. August 2025.