Philipp Franz Kremer
Philipp Franz Kremer (* 3. November 1765 in Würzburg; † 3. September 1854 in Augsburg) war ein bayerischer Jurist, Abgeordneter und Kaufmann.
Leben
Kremer wurde als Sohn von Felix Kremer, Gastwirt „Zum weißen Schwan“, Gutsbesitzer und Weinhändler in Würzburg, und dessen Ehefrau Gertrud, geborene Riautz, geboren. Nach dem Besuch der Würzburger Lateinschule wechselte er an das Erziehungshaus (Convict) Schillingsfürst. Anschließend studierte er Poesie und Rhetorik, Physik und Mathematik sowie Rechtswissenschaften in Würzburg und Jena und promovierte zum Doktor der Philosophie.[1][2] Nach dem Tod seines Vaters absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung, unter anderem bei dem Handels- und Bankgeschäft Pilgram & Söhne in München sowie bei Firmen in Triest und Lyon.
1790 ließ sich Kremer in Augsburg nieder und eröffnete eine Materialhandlung. 1794 erwarb er das Philippine-Welser-Haus.[3] Ab 1793 war er Assessor am Stadtgericht der Freien Reichsstadt Augsburg und als Deputierter für das „Rottwesen“ (Pack- und Fuhrwesen der Handelsstraßen) tätig.[4]
Am 9. Februar 1806 reiste Kremer mit weiteren Augsburger Honoratioren nach München, um dem König „die höchste Ehrerbietung der sämmtlichen Kaufmannschaft auszusprechen“.[5] Nach der Übergabe Augsburgs durch den französischen Stadtkommandanten an die bayerische Übergabekommission am 4. März 1806[6] gehörte er dem „Königlich Baierischen Wechselgericht“ an,[7] wurde zum Munizipalrat gewählt und in dieser Funktion 1816 bestätigt.[8] Die Augsburger Kaufmannschaft wählte ihn außerdem zum Assessor des Handelsgremiums und zum „Stubenmeister“ zum Handlungsvorstand.
Im Augsburger Bürger-Militär diente Kremer zunächst als 1. Major des Stabes. 1811 wurde er durch König Maximilian Joseph von Bayern zum „Obristlieutnant“ der National-Garde III. Klasse ernannt.[9]
Von 1818 bis 1836 (mit Wiederwahlen 1824 und 1830) amtierte er als zweiter „bürgerlicher“ Bürgermeister von Augsburg.[10][11] Er gehörte dem exklusiven Gesellschaftsverein „Harmonie“ an,[12] der 1808 „zur Beförderung des geselligen Umgangs zwischen gebildeten Männern aus allen Ständen“ gegründet worden war.[13] 1818 wurde er in die Leitung des „Polytechnischen Vereins“ für Augsburg gewählt.[14]
1819 wandte sich der Augsburger Magistrat unter Führung Kremers gegen die Politik des ersten Bürgermeisters Johann Nepomuk von Caspar und verhinderte 1821 dessen Wiederwahl.[15] 1822 überreichte der Regierungsrat und Stadtkommissär Wirschinger Kremer im Namen des Königs die Goldene Civilverdienstmedaille.[16] 1824 organisierte er den Besuch von König Maximilian Joseph von Bayern in Augsburg[17] und war als zweiter Bürgermeister – zusammen mit seiner Gattin als Ehrendame – Gast der königlichen Mittagstafel.[18] Auch den Aufenthalt von König Ludwig I. in Augsburg im Jahr 1829 gestaltete er maßgeblich mit.[17]
Von 1825 bis 1834 war Kremer Mitglied der Kammer der Abgeordneten im Bayerischen Landtag für den Oberdonaukreis. Bei den Landtagen von 1825, 1827, 1831 und 1834 brachte er unter anderem den Entwurf zu einem neuen Wechselprozess ein und stellte Anträge zum Handel mit ausländischen Staatspapieren, zur Einschränkung der Gewerbefreiheit, zu Jahrmarkt- und Hausierhandel sowie zur Reduzierung der Handelspatente an jüdische Unternehmen.[19]
Nach einem Konkursverfahren übergab Kremer 1828 seine Firma für „Material-, Farb & Spezereiwaaren“ an seinen ältesten Sohn Matthias und beschränkte sich fortan auf Spekulations- und Platzgeschäfte.[20]
Wie sein Sohn Anton Felix wurde auch Philipp Franz Kremer ein Opfer der Choleraepidemie, die in Augsburg über tausend Menschenleben forderte.[21][22] Er wurde am 6. September 1854 auf dem katholischen Friedhof der Stadt Augsburg beigesetzt.
Familie
Ab 1791 war Kremer mit Maria Josepha Ott aus Roßhaupten verheiratet, der Tochter eines kurfürstlichen Fischmeisters. Von 18 Kindern dieser Ehe überlebten (bis 1833) lediglich sechs:
- Matthias (* 1792), übernahm das Handelsgeschäft des Vaters
- Anton Felix (* 1795), wurde 1854 ein Opfer der Choleraepidemie in Augsburg
- Josephine (1822–1856), heiratete den Offizier Johann Illig
- Philipp Franz Alois (1823–1885), betrieb zusammen mit seinem Bruder Emil eine Handschuhfabrikation
- Emil (* um 1834/35), betrieb mit seinem Bruder Philipp eine Handschuhfabrikation
- Emanuel (* um 1840), 1860 verstorben als Student der Rechtswissenschaften
Literatur
- Christian Karl André (Hrsg.): Hesperus. Encyclopädische Zeitschrift für gebildete Leser. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1809–1832.
- Handbuch für den Oberdonau-Kreis bearbeitet nach den offiziellen Hilfsquellen von Georg Friedrich Kramer, Registraturs-Funktionär bei der königl Regierung Kammer des Innern. Selbstverlag des Verfassers, Augsburg 1831.
- Neueste Chronik der königlich bayerischen Kreishauptstadt Augsburg vom Jahre 1818 bis zum Jahre 1833 von Anton Barth erstem Bürgermeister darselbst. Im Verlag des Verfassers, Augsburg 1833.
- Kurzgefaßte Geschichte der Stadt Augsburg zum Gebrauche in den Volks-Schulen von Anton Barth, quizirendem ersten rechtskundigen Bürgermeister, 2. Bändchen, Kranzfelder'sche Verlagshandlung, Augsburg 1834, S. 206.
- Frank Möller: Bürgerliche Herrschaft in Augsburg 1790–1880. Oldenbourg, München 1998.
- Frank Möller: Bürgertum als Schutzgemeinschaft. Augsburg 1794–1818, in: Historische Zeitschrift. Beihefte. Neue Folge, Bd. 14: Vom alten zum neuen Bürgertum. Die mitteleuropäische Stadt im Umbruch 1780–1820. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 1991, S. 559–603.
Weblinks
- Kremer, Philipp Franz. In: bavariathek.bayern. Haus der Bayerischen Geschichte, abgerufen am 2. März 2025.
- Biografie. In: v. Haus der Bayerischen Geschichte, abgerufen am 2. März 2025.
- https://www.augsburgwiki.de/index.php/AugsburgWiki/Herkulesbrunnen
Einzelnachweise
- ↑ Neueste Chronik der königlich bayerischen Kreishauptstadt Augsburg (1833), S. 43.
- ↑ Handbuch für den Oberdonau-Kreis (1831), S. 59.
- ↑ Tag des offenen Denkmals 2002 (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)
- ↑ Augsburgischer Neu und verbesserter Stadt- und Raths-Kalender auf das Schaltjahr nach der Geburt unseres Heilandes Jesu Christi 1804, in: online
- ↑ Möller, S. 95.
- ↑ Möller, S. 96.
- ↑ Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Baiern. München 1819, S. 357.
- ↑ Möller, S. 99.
- ↑ Königlich-Baierisches Regierungsblatt, 20. Juli 1811, Sp. 901–902.
- ↑ Kreis-Intelligenzblatt der Königlich-Baierischen Regierung des Ober-Donau-Kreises für das Jahr 1818, S. 897.
- ↑ Intelligenz-Blatt und wöchentlicher Anzeiger der königlich baierischen Stadt Augsburg, 2. Oktober 1824, S. 329.
- ↑ 1825 umbenannt in: „Eintracht“
- ↑ Möller, S. 127.
- ↑ Möller, S. 177.
- ↑ Möller, S. 229.
- ↑ Augsburgische Ordinari Postzeitung, Nr. 278, 20. November 1822.
- ↑ a b Möller, S. 108.
- ↑ Joseph August Adam: Augsburgs Jubel-Tage im Jahre 1824. Ein geschichtliches Weihe-Geschenk für die Annalen dieser altberühmten Stadt. Augsburg. Gedruckt und zu haben bei J.C.Wirth, auf dem St.Annaplatz (1825), in: Königliche Mittagstafel: Baierische Vasallen, Staatsbeamte und Bürger. Titl. Herr Philipp Franz Kremer, 2ter Bürgermeister von Augsburg; S. 69: VII. Namentliches Verzeichniß der zwölf Ehrendamen: Titl. Frau Josephe Kremer, geborene Ott, Gattin des zweiten Bürgermeisters von Augsburg.
- ↑ Neueste Chronik, 1833, S. 45.
- ↑ Anzeige, Augsburg, 1. Januar 1828, in: Hesperus, Nr. 51, 28. Februar 1828, S. 204.
- ↑ Regensburger Tagblatt, Nr. 246, 7. September 1854, S. 1101.
- ↑ Als die Cholera in Augsburg wütete, Augsburger Allgemeine, in: www.augsburger-allgemeine.de › Specials › Augsburger Geschichte vom 20.10.2016: 1854 forderte die Infektionskrankheit 1176 Menschenleben. Mediziner und Obrigkeit empfahlen Reinlichkeit, Gottvertrauen und Gemütsruhe