Phenazopyridin

Strukturformel
Strukturformel von Phenazopyridin
Allgemeines
Name Phenazopyridin
Andere Namen
  • 3-Phenylazo-2,6-diaminopyridin
  • 2,6-Diamino-3-phenylazopyridin
Summenformel C11H11N5
Kurzbeschreibung

oranger bis brauner Feststoff (Hydrochlorid)[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 205-243-8
ECHA-InfoCard 100.002.149
PubChem 4756
ChemSpider 4592
DrugBank DB01438
Wikidata Q3114549
Arzneistoffangaben
ATC-Code

G04BX06

Eigenschaften
Molare Masse 249,70 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Schmelzpunkt
Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]

Hydrochlorid

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​315​‐​319​‐​351
P: 501​‐​201​‐​264​‐​280​‐​308+313​‐​337+313[1]
Toxikologische Daten

472 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[3]

Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Phenazopyridin ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Diaminopyridine.

Geschichte

Phenazopyridin wurde 1914 von der Verbindung Chrysoidin abgeleitet und zuerst als Antiseptikum vermarktet.[4]

Gewinnung und Darstellung

Phenazopyridin kann durch Reaktion von 2,6-Diaminopyridin mit Benzoldiazoniumchlorid[S 2] gewonnen werden.[5]

Eigenschaften

Phenazopyridin ist ein oranger, dunkelroter bis brauner, kristalliner, geruchloser Feststoff mit leicht bitterem Geschmack, der wenig löslich in Wasser ist.[1][2][5]

Verwendung

Das Hydrochlorid von Phenazopyridin ist ein handelsüblicher färbender Azofarbstoff, der eine analgetische Wirkung auf die Schleimhäute der Harnwege hat. Er wird auch zur symptomatischen Schmerzlinderung bei Erkrankungen wie Zystitis und Urethritis eingesetzt. Er kann auch in Kombination mit einem geeigneten antibakteriellen Mittel zur Behandlung von Harnwegsinfektionen verwendet werden.[3]

Sicherheitsbedenken

Phenazopyridin darf nicht zusammen mit schwefelhaltigen Mitteln und Mineralwasser eingenommen werden (Sulfhämoglobinbildung).[5]

In den USA wird das rezeptfreie Medikament Azo zur Linderung von Schmerzen bei Harnwegsinfekten verkauft, obwohl es nie von der FDA zugelassen wurde. Der enthaltene Wirkstoff Phenazopyridin gehört zu einer Gruppe alter Arzneimittel, die seit den 1970er Jahren nicht vollständig geprüft wurden. Bereits 2003 äußerte die FDA Sicherheitsbedenken, da Studien Tumore bei Tieren zeigten und die Substanz lediglich Symptome überdeckt, ohne die Infektion zu behandeln.[6] Trotz möglicher Krebsrisiken, Überdosierungsgefahr und Missbrauch bei Suizidversuchen hat die Behörde nie verbindlich reagiert. Der Fall wurde im Mai 2025 erneut aufgegriffen und wirft ein Schlaglicht auf strukturelle Schwächen im US-Zulassungssystem für rezeptfreie (OTC) Medikamente.[7]

Handelsnamen

Deutschland: Pyridium, Urospasmon

USA: Azo

Regulierung

Über den Safe Drinking Water and Toxic Enforcement Act of 1986 besteht in Kalifornien seit dem 1. Januar 1988 eine Kennzeichnungspflicht für Produkte, die Phenazopyridin sowie Phenazopyridinhydrochlorid enthalten.[8][9]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Eintrag zu Phenazopyridin, >98.0% bei TCI Europe, abgerufen am 18. Dezember 2024.
  2. a b c d e David R. Lide: CRC Handbook of Chemistry and Physics. (Special Student Edition). CRC-Press, 1995, ISBN 978-0-8493-0595-5, S. 3–460 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. a b Datenblatt Phenazopyridin-hydrochlorid bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 18. Dezember 2024 (PDF).
  4. Medical Bulletin of the European Command. Hq, 7th Medical Command, S. 3 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. a b c Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. Springer Berlin Heidelberg, ISBN 978-3-642-57880-9, S. 110 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Food and Drug Administration.: Over-the-Counter Drug Products; Safety and Efficacy Review. 31. Dezember 2003, abgerufen am 21. Mai 2025 (englisch).
  7. Anna Edney: The Potential Cancer, Health Risks Lurking in One Popular OTC Drug. Bloomberg News, 21. Mai 2025, abgerufen am 21. Mai 2025 (englisch).
  8. Phenazopyridine. OEHHA, 1. Januar 1988, abgerufen am 19. Dezember 2024 (englisch).
  9. Phenazopyridine Hydrochloride. OEHHA, 1. Januar 1988, abgerufen am 19. Dezember 2024 (englisch).
  1. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Phenazopyridinhydrochlorid: CAS-Nr.: 136-40-3, EG-Nr.: 205-243-8, ECHA-InfoCard: 100.004.767, PubChem: 8691, ChemSpider: 21159510, Wikidata: Q27139594.
  2. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Benzoldiazoniumchlorid: CAS-Nr.: 100-34-5, EG-Nr.: 202-842-6, ECHA-InfoCard: 100.002.584, PubChem: 60992, ChemSpider: 54953, Wikidata: Q4890760.