Phenakit

Phenakit
Wasserklarer Phenakitkristall vom Jos-Plateau, Nigeria (Größe 3,5 cm × 2,3 cm × 2,7 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Phk[1]

Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/A.01
VIII/A.01-010[4]

9.AA.05
51.01.01.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol 3-Vorlage:Kristallklasse/Unbekannte Kristallklasse[5]
Raumgruppe R3 (Nr. 148)Vorlage:Raumgruppe/148[3]
Gitterparameter a = 12,44 Å; c = 8,23 Å[3]
Formeleinheiten Z = 18[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7,5 bis 8[6]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,93 bis 3; berechnet: 2,960[6]
Spaltbarkeit gut nach {1011}; deutlich nach {1120}[6]
Bruch; Tenazität muschelig
Farbe farblos, weiß, gelb, rosarot, braun
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz starker Glasglanz, Fettglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,650 bis 1,656[7]
nε = 1,667 bis 1,670[7]
Doppelbrechung δ = 0,017[7]
Optischer Charakter einachsig positiv

Phenakit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Zusammensetzung Be2[4][SiO4][3] und ist damit chemisch gesehen ein Beryllium-Silikat. Strukturell gehört Phenakit zu den Inselsilikaten.

Phenakit kristallisiert im trigonalen Kristallsystem und entwickelt meist tafelige bis langprismatische Kristalle, kommt aber auch in Form radialstrahliger oder körniger Mineral-Aggregate vor. Reiner Phenakit ist farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine gelbe, rosarote oder braune Farbe annehmen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt.

Etymologie und Geschichte

Quarzähnlicher Phenakitkristall auf Rauchquarz aus Mogok, Myanmar

Benannt wurde das Mineral aufgrund seiner Ähnlichkeit und damit Verwechslungsgefahr zu Quarz nach dem altgriechischen Wort φέναξ [pʰénax] für „Täuscher“, das möglicherweise mit φαίνω [pʰai̯nɔː] „(er)scheinen, kundtun“ (wohl aus *φάνjω *[pʰáni̯ɔː]; vgl. ai. vibhāva; verwandt mit φημί [pʰɛːmí] „sagen“ – von myk. <pa-si>, mögliche Transkription: /pʰaːsí/ „er sagt“, vgl. lat. fārī „sprechen“, altsl. bajo „erzählen“, anord. bōn und ags. boen „Gebet“) verwandt ist.

Erstmals entdeckt wurde Phenakit in Mineralproben aus der Smaragd Mine im Gebiet von „Izumrudnye Kopi“ bei Malyschewa in der russischen Oblast Swerdlowsk. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte 1833 (publiziert 1834) durch den finnischen Mineralogen und Reisenden Nils Gustaf Nordenskjöld (1792–1866).[8]

Das Typmaterial des Minerals wird im Bergbaumuseum (englisch Mining Museum; MM) in Sankt Petersburg (Russland) unter der Inventarnummer 617/22 aufbewahrt.[9][10]

Da der Phenakit bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Phenakit als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[2] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Phenakit lautet „Phk“.[1]

Klassifikation

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Phenakit zur Mineralklasse der „Silikate“ und dort zur Abteilung „Inselsilikate (Nesosilikate)“, wo er gemeinsam mit Eukryptit und Willemit sowie im Anhang mit Liberit in der „Phenakit-Reihe“ mit der Systemnummer VIII/A.01 steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VIII/A.01-010. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Inselsilikate mit [SiO4]-Gruppen“, wo Phenakit zusammen mit Eukryptit und Willemit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer VIII/A.01 bildet.[4]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Phenakit in die erweiterte Klasse der „Silikate und Germanate“, dort aber ebenfalls in die Abteilung „Inselsilikate (Nesosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit zusätzlicher Anionen und der Koordination der beteiligten Kationen. Das Mineral ist hier entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Inselsilikate ohne zusätzliche Anionen; Kationen in tetraedrischer [4]er-Koordination“ zu finden, wo es zusammen mit Eukryptit, Willemit und Xingsaoit die „Phenakitgruppe“ mit der Systemnummer 9.AA.05 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Phenakit die System- und Mineralnummer 51.01.01.01. Das entspricht ebenfalls der Klasse der „Silikate“ und dort der Abteilung „Inselsilikatminerale“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen nur mit Kationen in [4]-Koordination“ in der „Phenakitgruppe“, in der auch Willemit und Eukryptit eingeordnet sind.

Kristallstruktur

Kristallstruktur von Phenakit mit Blick entlang der c-Achse

Phenakit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe R3 (Raumgruppen-Nr. 148)Vorlage:Raumgruppe/148 mit den Gitterparametern a = 12,44 Å und c = 8,23 Å sowie 18 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Die Kristallstruktur von Phenakit besteht aus SiO4- und BeO4-Tetraedern, die eckenteilend miteinander verknüpft sind und dadurch ein Gerüst mit 6- und 4-gliedrigen Kanälen bilden. Phenakit ist isostrukturell mit dem Zinksilikat Willemit und dem Lithium-Aluminium-Silikat Eukryptit.[3]

Bildung und Fundorte

Verwachsene Kristalle von Beryll und Phenakit

Phenakit bildet sich entweder in magmatischen Gesteinen wie granitischen Pegmatiten oder metamorphen Gesteinen wie Glimmerschiefer, kann aber auch durch hydrothermale Vorgänge in Greisen entstehen. Er tritt dort in Paragenese unter anderem mit Apatit, Beryll, Chrysoberyll, Fluorit, Muskovit, Quarz und Topas auf.

Als relativ seltene Mineralbildung kann Phenakit an verschiedenen Orten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er jedoch wenig verbreitet. Weltweit sind bisher rund 300 Vorkommen für Phenakit dokumentiert (Stand 2025).[12] Außer an seiner Typlokalität im Gebiet von „Izumrudnye Kopi“ bei Malyschewa sowie an weiteren Orten in der Oblast Swerdlowsk trat das Mineral in Russland noch in mehreren Lagerstätten der Republik Karelien (Nordwestrussland), der Oblast Tscheljabinsk (Ural) sowie der Republik Burjatien und der Region Primorje (Ferner Osten) auf.

Reich an Phenakitfunden (mit drei und mehr Regionen) sind zudem Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Italien, Kanada, Madagaskar, Norwegen, Österreich, Schweden, Spanien, Schweiz und die Vereinigten Staaten.[12]

Bekannt durch Funde besonders großer oder gut entwickelter Kristalle wurde vor allem Kragerø in Telemark (Norwegen) mit Kristallfunden bis 25 cm Länge und São Miguel de Piracicaba in Minas Gerais (Brasilien), wo bis zu 10 cm lange Kristalle zutage traten.[13] In Sri Lanka wurden auch Phenakite mit Katzenaugeneffekt gefunden.[14]

Verwendung als Schmuckstein

Phenakit wird ausschließlich als Schmuckstein verwendet. Trotz seiner guten physikalischen (hohe Härte) und optischen Eigenschaften – sein klarer, lebhafter Glasglanz lässt sich geschliffen und poliert auf Fettglanz steigern – ist er nur selten im Handel zu finden. Verwechslungsgefahr besteht vor allem mit der farblosen Varietät des Quarzes, dem Bergkristall, aber auch mit Beryll, Beryllonit, Cerussit, Danburit und Topas. Je nach fundortabhängigen Zusammensetzungen können farbige Steine allerdings unter Lichteinfluss mit der Zeit ausbleichen.[15]

Siehe auch

Literatur

  • Nils Nordenskjöld: Beskrifning på Phenakit, ett nytt Mineral från Ural. In: Kongliga Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar för år 1833. 1834, S. 160–165 (schwedisch, rruff.info [PDF; 434 kB; abgerufen am 8. September 2025]).
  • Nils Nordenskjöld: Beschreibung des Phenakits, eine neuen Minerals aus dem Ural. In: Annalen der Physik und Chemie. Band 21, 1834, S. 57–62 (rruff.info [PDF; 313 kB; abgerufen am 8. September 2025]).
  • W. H. Zachariasen: Refined crystal structure of phenacite, Be2SiO4. In: Soviet Physics – Crystallography. Band 16, 1971, S. 1021–1025 (englisch, rruff.info [PDF; 305 kB; abgerufen am 8. September 2025]).
Commons: Phenakite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 8. September 2025]).
  2. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2025. (PDF; 3,2 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2025, abgerufen am 8. September 2025 (englisch).
  3. a b c d e f Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 535 (englisch).
  4. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. David Barthelmy: Phenakite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 31. Dezember 2018 (englisch).
  6. a b c Phenakite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 69 kB; abgerufen am 8. September 2025]).
  7. a b c Phenakite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 8. September 2025 (englisch).
  8. Nils Nordenskjöld: Beskrifning på Phenakit, ett nytt Mineral från Ural. In: Kungl. Svenska vetenskapsakademiens handlingar. 1834, S. 160–165 (schwedisch, rruff.info [PDF; 434 kB; abgerufen am 8. September 2025]).
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – P. (PDF 296 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 8. September 2025 (Gesamtkatalog der IMA).
  10. Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF; 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 8. September 2025 (englisch).
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  12. a b Fundortliste für Phenakit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 8. September 2025.
  13. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 193.
  14. Michael R. W. Peters: Bilder zu rohen und geschliffenen Phenakiten. In: realgems.org. Abgerufen am 8. September 2025.
  15. Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16. überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 196.