Pfreundt

Bürgerliches Stammwappen der Pfreundt im Wappenbuch des Westfälischen Adels

Pfreundt (auch Pfreund, Freund o. ä.) ist der Name eines aus Thüringen stammenden Briefadelsgeschlechts, das schon vor der Nobilitierung hohe Ämter bekleidete und ein Familienwappen führte.

Geschichte

Das ursprünglich bürgerliche Geschlecht stammt nach Spießen aus Weimar, nach GHdA aus Saalfeld/Saale in Thüringen und war später in Wittenberg im heutigen Sachsen-Anhalt und im westfälischen Hamm ansässig.[1] Auch im Stift Herford, in der braunschweig-lüneburgischen Herrschaft Dannenberg, im gräflich erbach'schen Amt Michelstadt und der Herrschaft Breuberg war es sesshaft.[2]

Die Stammreihe beginnt mit Barthel Pfrundt, urkundlich 1512–1549, Bürger und Hausbesitzer in Saalfeld an der Saale. Seine Söhne (Johann) Hans und Caspar Pfreund erhielten am 11. Juli 1565 zu Wien einen kaiserlichen Wappenbrief mit Lehenartikel.[3][4] Bereits 1524 bemühten sich die Brüder Johann und Jakob Pfreundt, jedoch unerledigt, um den Reichsadelsstand samt einer Besserung des der Familie zuvor verliehenen Wappens.[5]

Caspar Pfreund immatrikulierte sich 1543 an der Universität Wittenberg. Durch seine 1550 erfolgte Vermählung mit Anna Cranach († 1577), Tochter des Lucas Cranach d. Ä. und Patenkind Martin Luthers[6], erhielt er als Provisor von seinem Schwiegervater dessen Apotheke. Caspar Pfreund gelangte 1551 in den Rat von Wittenberg, dem er 1551, 1554, 1557, 1560, 1563, 1566 als Ratsherr, 1569 und 1572 als Altbürgermeister Beisitzer des Bürgermeisters und 1568 und 1571 als Bürgermeister angehörte. 1565 erhielt Caspar Pfreundt zusammen mit seinem Bruder Johann von Kaiser Maximilian II. einen Wappenbrief.[7] Davon befindet sich eine beglaubigte Abschrift beim Akt von 1524 im Österreichischen Staatsarchiv.[8] 1573 gehörte er zu den reichsten Bürgern der Stadt.[9] Sein Sohn Johann Pfreundt (* um 1558 in Wittenberg, † 1620) war Ratskämmerer, Ratsbaumeister, Erbgesessener zu Hamm, Erbherr zur Ettersburg bei Weimar. Er heiratete um 1580 in Hamm Christine Brechte. Caspar Pfreundts Tochter Anna heiratete Conrad Fluth, Ratsherr und Apotheker in Wittenberg. Deren gemeinsame Tochter Anna Fluth heiratete in die Familie Carpzov ein; sie wurde Ehefrau des Juristen, Kanzlers und Professors Benedikt Carpzov der Ältere (1565–1624) und Mutter der Juristen und Staatsmänner Konrad Carpzov (1593–1658) und Benedikt Carpzov der Jüngere (1595–1666).[10]

Johannes Pfreundt (1585–1625), Doktor beider Rechte, Rat und Kanzlei-Direktor des Stifts Herford, heiratete 1613 Anne Marie Vultejus (* 1594), Tochter des Juristen und kaiserlichen Rats Hermann Vultejus.[11]

Julius Ernst, „der Herzog von Dannenberg“, schenkte 1626 das Münzgebäude in Dannenberg seinem Geheimen Rat und Kanzler Johann Pfreundt[12][13] (1578–1649).[14] Der in Wittenberg getaufte[3] Johann Pfreundt war Erbherr auf Mosel bei Schneeberg/Meißen (= Mosel bei Zwickau[3]) und bekleidete das Kanzleramt bis zum Tod seines Herzogs im Jahr 1636. Späterhin war der Doktor beider Rechte, der seine Braut Barbara Röhling am 16. Februar 1618 in Schneeberg (Erzgebirge) geheiratet hatte,[3] herzoglich mecklenburgischer Geheimer Rat und Kanzler.[3] Der Kanzler stiftete 1634 der Dannenberger Kirche ein zinnernes Taufbecken mit seinem Namen, Wappen und Jahreszahl.[15][16] Das Taufbecken befindet sich heute im Kunstgewerbemuseum Dresden.[17] Seine Tochter Sidonia Pfreundt heiratete 1661 den Juristen Johann Macrinus, Oberbürgermeister von Lüneburg.[18] 1653 war Julius Ernst Pfreundt Erbherr zu Mosel.[19] Die Taufnamen der Kinder des dannenbergischen Kanzlers stammen aus dem Fürstenhaus Dannenbergs: „Julius Ernst“ vom Herzog Julius Ernst (1571–1636), „Sidonia“ von dessen Schwester, der ledig gebliebenen Prinzessin Sidonia (1577–1645),[20] „Adolf Friedrich“ von des Herzogs Julius Ernst von Braunschweig-Dannenberg Schwiegersohn (ab 1635), Herzog Adolf Friedrich I. zu Mecklenburg-Schwerin, Pfreundts nachmaligem Dienstherren.[21]

Oberamtmann-Pfreundt-Haus, das um 1475 erbaute Wohnhaus Adolf Friedrich Pfreundts (1635–1716) in Michelstadt, eines der ältesten noch erhaltenen Häuser der Stadt

Am 29. November 1708 wurde Adolf Friedrich Pfreundt, im Jahr 1635 in Dannenberg an der Elbe geboren[22] und gestorben im Alter von 81 Jahren am 26. Juli 1716, gräflich-erbachischer Geheimer Rat und Oberamtmann zu Michelstadt, in den rittermäßigen Adelsstand für das Reich und die Erblande erhoben, in Anerkennung seiner Verdienste um die Grafschaft Erbach in den vergangenen Kriegsjahren.[23] Er verhinderte während des dritten Raubkriegs König Ludwigs XIV. durch Verhandlungen die Zerstörung Michelstadts durch die Franzosen.[24] Gleichzeitig mit der Nobilitierung wurde das Familienwappen gebessert und ihm die Lehenberechtigung zuerkannt.[25]

Adolf Friedrich von Pfreundt wurde bereits einige Jahre zuvor als Kompensation für die wegen durchziehendem Militär erlittenen Drangsale vom Grafen Georg Ludwig von Erbach-Erbach mit den, durch den damals erfolgten Tod des Johann Pleickhard Gans von Otzberg, des Letzten dieses alten Adelsgeschlechts, heimgefallenen Lehngütern in der Herrschaft Breuberg und zu Ober-Kainsbach belehnt. Adolf Friedrich von Pfreundt hinterließ nur einen Sohn, der vor seiner Mündigkeit verstarb. So fielen diese Lehngüter wieder an die Herrschaft, die Grafen von Erbach, zurück. Adolf Friedrich von Pfreundts Tochter Juliane Eugenie (* 25. September 1667 in Erbach, † nach 1725) heiratete am 25. Juni 1690 in Marburg an der Lahn den Archidiakon Johann Heinrich Steuber (1660–1724), durch den sie Mutter des nachmaligen lutherischen Theologen Johann Engelhard Steuber (* 16. März 1693 in Marburg; † 6. Dezember 1747 in Rinteln) wurde.[26]

Die Pfreundt'schen Allodialgüter aber kamen über die Tochter des gräflich erbach'schen Geheimen Rats Georg Friedrich von Pfreundt (1678–1734), Oberamtmanns auf dem Breuberg, und der Dorothea Sophie von Bilefeld (1696–1730)[27], Albertine Friederike von Pfreundt (1726–1803), an deren Ehemann (⚭ 1744) Georg Friedrich von Ploennies[2] (1708–1762), Reichskammergerichtsadvokat zu Wetzlar und erbach'scher Hofkammerrat zu Michelstadt,[28] Sohn des Erich Philipp Ploennies.[29]

Persönlichkeiten

  • Caspar Pfreund (* um 1517; † 1574), Apotheker und Bürgermeister von Wittenberg.
  • Johann Pfreundt (* um 1558 in Wittenberg; † 1620), Ratskämmerer, Ratsbaumeister, Erbgesessener zu Hamm, Erbherr zur Ettersburg bei Weimar.
  • Johannes Pfreundt (* 1585; † 1625), Doktor beider Rechte, Rat und Kanzlei-Direktor des Stifts Herford.
  • Johann Pfreundt (* 1578; † 1649), Geheimer Rat und Kanzler, erst herzoglich braunschweig-lüneburgischer zu Dannenberg, dann herzoglich mecklenburgischer; Erbherr zu Mosel bei Zwickau
  • Adolf Friedrich von Pfreundt (* 1635; † 1716) gräflich erbachischer Geheimer Rat und Oberamtmann zu Michelstadt
  • Georg Friedrich von Pfreundt (* 1678; † 1734), gräflich erbachischer Geheimer Rat und Oberamtmann auf dem Breuberg

Wappen

Blasonierung des bürgerlichen Stammwappens
In Blau zwei gestürzte silberne Sparren übereinander, aus deren Obersten ein silberner Einhornkopf hervorwächst. Auf dem Helm mit blau-silbernen Helmdecken der Einhornkopf zwischen einem offenen blauen Flug, die Flügel jeweils mit zwei nach außen aufsteigenden silbernen Schrägbalken belegt.[1] Davon abweichend zeigt das 1602er Wappen des Johann Pfreundt nicht nur einen Einhornkopf, sondern das Einhorn wachsend, sowohl im Schild als auch auf dem Helm. Außerdem sind die Flügel jeweils mit zwei Sparren anstatt zwei Schrägbalken belegt.[30]
Blasonierung des 1524 beantragten, aber nicht genehmigten gebesserten Wappens
Geviert. Feld 1 in Blau ein linksspringendes silbernes Einhorn; Feld 2 von Gold, Blau, Silber, Blau und Gold viermal schräglinks geteilt; Feld 3 von Silber, Blau, Gold, Blau und Silber schrägrechts geteilt; Feld 4 in Blau ein gekrönter goldener Löwe, der eine schwarze aufrecht gestellte Lanze in den Pranken hält. Auf dem gekrönten Helm mit blau-silbern-goldenen Decken das silberne Einhorn wachsend zwischen einen rechts wie Feld 3 und links wie Feld 4 geteilten offenen Flug.
Blasonierung des gebesserten adeligen Wappens (1708)
In Blau ein goldener Balken. Unten zwei silberne Sparren übereinander, oben ein silbernes Einhorn wachsend. Auf dem blau-silbern bewulsteten Helm mit rechts blau-goldenen und links blau-silbernen Decken das silberne Einhorn wachsend zwischen einem offenen blauen Flug, die Flügel jeweils mit einem goldenen Balken und darunter zwei silbernen Sparren belegt.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Spießen (1901–1903), S. 99.
  2. a b Gustav Simon: Die Geschichte der Dynasten und Grafen zu Erbach und ihres Landes. Mit 2 Karten, etc, Band 1, Frankfurt am Main 1858, S. 442 ff.
  3. a b c d e Genealogisches Handbuch des Adels, Band 52, Limburg an der Lahn 1972, S. 346.
  4. Genealogisches Handbuch des Adels, Band 119, Limburg an der Lahn 1999, S. 335.
  5. AT-OeStA/AVA Adel RAA 316.20.
  6. Barbara Beck: Lucas Cranach d. Ä. Kunst zwischen Kommerz und Glaube, Regensburg 2023, S. 60.
  7. Wolfram Kaiser und Arina Völker: Medizin und Naturwissenschaften in der Wittenberger Reformationsära, 1982, S. 199.
  8. AT-OeStA/AVA Adel RAA 316.20 Pfreundt, Johann, Jakob, Brüder, Reichsadelsverhandlung, unerledigtes Gesuch um Wappenbesserung, 1524.
  9. Elke Strauchenbruch: Luthers Kinder, 2017, S. 185.
  10. Erich Döhring: Carpzov, Benedict in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 156–157 (online abgerufen am 15. Juni 2025.)
  11. Vultejus, Hermann, in: Hessische Biografie (Stand: 27. Mai 2025)
  12. Numismatische Zeitung, Band 32, Weißensee in Thüringen 1865, S. 139.
  13. Numismatische Zeitschrift, Band 25, Wien 1893, S. 301.
  14. Gelegenheitsmusik des Ostseeraums vom 16. bis 18. Jahrhundert: Pfreundt, Johannes (Abgerufen am 15. Juni 2025.)
  15. Hector Wilhelm Heinrich Mithoff: Kunstdenkmale und Alterthümer im Hannoverschen Fürstenthum Lüneburg, Band 4, Hannover 1877, S. 59 f.
  16. Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Band 64, 1992, S. 68.
  17. Taufbecken (Stiftung des Fürstlich Braunschweig-Lüneburgischen Kanzlers Johann Pfreundt zu Dannenberg) (Abgerufen am 15. Juni 2025.)
  18. Gelegenheitsmusik des Ostseeraums vom 16. bis 18. Jahrhundert: Macrinus, Johannes (Abgerufen am 15. Juni 2025.)
  19. Jahrbuch für Geschichte des Feudalismus, Band 6, 1982, S. 384.
  20. Vaterländisches Archiv des Historischen Vereins für Niedersachsen, Hannover 1820, S. 21.
  21. Carl von Lützow: Beitrag zur Charakteristik des Herzogs Adolf Friedrich von Meklenburg-Schwerin, wie auch zur Schilderung der Sitten des siebenzehnten Jahrhunderts, entlehnt aus des obgedachten Herzogs eigenhändig geführten Tagebüchern im großherzoglichen Archive zu Schwerin, in: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Band 12 (1847), S. 59–122, hier S. 107.
  22. Pfreundt, Adolph Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie (Stand 14. Juni 2025).
  23. Heinrich Winter: Das Bürgerhaus zwischen Rhein, Main und Neckar, 1961, S. 55.
  24. Hessisches Staatsarchiv Darmstadt: HStAD, R 12 P, 4748
  25. AT-OeStA/AVA Adel RAA 316.21.
  26. „Mutterstammbaum Goethe“ in Listenform, Stand: 22. November 2008, VI. 13.
  27. Sie war eine Enkelin des Christian Bilefeld (1617–1695), lutherischer Theologe, Hochschullehrer und Superintendent, Schwiegersohn des Theologen Johann Hülsemann (1602–1661).
  28. Bilefeld, Johann Christoph, in: Hessische Biografie (Stand: 2. April 2025)
  29. Genealogisches Taschenbuch der Ritter- und Adels-Geschlechter, Band 6, Brünn 1881, S. 470.
  30. Seyler (1890), S. 31 u. Tfl. 36.