Peter Stermann
Peter Stermann (* 28. Januar 1903 in Beeck, heute Duisburg; † 29. April 1945 in Berlin) war ein deutscher Maler der Neuen Sachlichkeit und des Expressionismus. Stermann engagierte sich während des Nationalsozialismus für eine Anerkennung des Expressionismus als „deutsche Kunst“ und wirkte später beim Film.
Leben
Jugend und Ausbildung
Peter Stermann wurde am 28. Januar 1903 in der preußischen Gemeinde Beeck geboren. Die Familie war bereits seit dem 18. Jahrhundert im wenige Kilometer entfernten Baerl ansässig, der Großvater der ebenfalls Peter hieß, besaß hier einen Bauernhof, auf dem der junge Peter seine Ferien verbrachte. Der Vater Heinrich Stermann hatte 1882 in Beeck Anna Klockenberg geheiratet.[1] Beeck gelangte 1905 zusammen mit Ruhrort an die Stadt Duisburg und wurde in einen Stadtteil umgewandelt.
Nach seinem Schulabschluss, der Mittleren Reife, zog Peter Stermann eine Zeitlang auf den großväterlichen Hof, weil er von hier aus schneller das Schullehrerseminar in Moers besuchen konnte. Die Ausbildung zum Lehrer brach er allerdings ab, stattdessen nahm er 1922 ein Kunststudium auf. Er lernte an der Kunstakademie Düsseldorf beim niederländischen Glaskünstler Jan Thorn Prikker und bei Heinrich Nauen, dessen Meisterschüler er wurde.
Stermann wurde früh politisiert. So war er zwischen 1921 und 1922 Mitglied der Bismarckjugend und 1923 bis 1925 Mitglied im Bund Oberland, die beide aus paramilitärischen Freikorps hervorgegangen waren. Bereits am 15. Dezember 1925 wurde Stermann Mitglied der NSDAP, trat aber nur zwei Wochen später schon wieder aus der Partei aus, weil er die Mitgliedsbeiträge nicht bezahlen konnte. Stermann war Teil einer Ateliergemeinschaft in Düsseldorf, zu der auch der spätere Propagandist Hans Weidemann gehörte.[2]
In Duisburg
1923 gründete Stermann zusammen mit anderen Künstlern wie Hans Grohmann, Will Kelter, Werner Kreuzhage, Marianne Nieten, Volkram Anton Scharf, Julius Schmitz-Bous, Heinrich Seepolt und Artur Zahn den Bund Duisburger Künstler, zunächst als Notgemeinschaft. Dabei wurden sie vom späteren Museumsleiter August Hoff protegiert. Im Jahr 1924 waren Arbeiten Stermanns auf der Großen Düsseldorfer Kunstausstellung im Kölner Messepalast zu sehen. 1925 war er Teil einer Ausstellung des Jungen Rheinlands bei der Berliner Secession.
Stermanns Arbeiten, wie das 1926 fertiggestellte Porträt des Duisburger Museumsleiters August Hoff, entstanden im Stil der Neuen Sachlichkeit, nahmen aber auch Ideen des Expressionismus in sich auf. Der Künstler trug in den 1920er Jahren regelmäßig einzelne Arbeiten zu den Ausstellungen des Duisburger Museumsvereins bei und wurde zusammen mit Arbeiten von Pablo Picasso, Oskar Kokoschka oder Max Slevogt präsentiert.
Obwohl Stermann von seiner Kunst leben konnte, so sind immer wieder Ankäufe von Privatpersonen wie dem Architekten Emil Fahrenkamp oder von Vereinen wie dem Duisburger Museumsverein überliefert, begann er während der Weltwirtschaftskrise 1929 als Bergmann zu arbeiten. Daneben gelang es ihm aber auch, Studienreisen nach Holland, Frankreich und in die Schweiz zu unternehmen. 1930 wurde er in den Vorstand des Duisburger Museumsvereins gewählt, 1931 folgte die Gründung der „Notgemeinschaft freischaffender Duisburger Künstler“.[3]
In Berlin
Im Jahr 1932 zog Peter Stermann nach Berlin um. Hier arbeitete er zeitweise im Atelier Wilhelm Lehmbrucks, war aber auch an Ausstellungen beteiligt.[4] Stermann gelang es auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Kunstbetrieb präsent zu bleiben. Gleichzeitig machen Briefe deutlich, dass Stermann bereits magenkrank war und ihn sein Gesundheitszustand immer wieder hinderte, Bilder fertigzustellen.
Der Kunsthistoriker Burkhard Biella macht deutlich, dass Stermann auch in der Zeit nach 1933 versuchte, die Kunstform des Expressionismus als typisch „deutsche“ Kunst zu verteidigen. 1933 bewarb er sich bei der Preußischen Akademie der Künste um den Großen Staatspreis, scheiterte allerdings. Besondere Unterstützung erfuhr Stermann durch den Kunsthändler Ferdinand Möller, der seine Arbeiten zusammen mit Werken Otto Pankoks, Karl Schmidt-Rottluffs im Juli 1933 in der Ausstellung „30 Deutsche Künstler“ präsentierte.
Zusammen mit Josef Albert Benkert, Wilhelm Philipp, Otto Andreas Schreiber und Hans Weidemann gründete Stermann im Herbst 1933 die Künstlergruppe „Der Norden“, die sich der Rettung des Expressionismus als deutsche Kunst verschrieben hatte. Parallel arbeitete Schreiber an der Kunstzeitschrift Kunst der Nation, an der Stermann ebenfalls mitwirkte und die 1935 verboten wurde. Obwohl sich die Künstler als junge Nationalsozialisten inszenierten, setzten sie mit der Zeitschrift und der Gruppe der Kunstdoktrin Alfred Rosenbergs etwas entgegen, der den Expressionismus als internationalistisch verdammte.[5]
1934 weilte Stermann für einige Wochen in der Villa Massimo in Rom, wohin er jedoch nur als Studiengast und nicht als Stipendiat eingeladen worden war. In der Folge reiste Stermann mit dem Flugzeug auch nach Griechenland. Als Folge des Mittelmeeraufenthalts malte er das Gemälde Flugzeug vor Rhodos. Trotz der Berliner Erfolge blieben die Arbeiten Stermanns auch in dieser Zeit auf Ausstellungen am Niederrhein und im Ruhrgebiet präsent. 1935 gelang es der Künstlergruppe sogar, eine Wanderausstellung mit Stationen in Kassel, Hamburg, Düren, Düsseldorf und Frankfurt am Main zu organisieren. Im gleichen Jahr folgte eine zweite Ausstellung in Berlin.
Mit einer Ausstellungsbeteiligung endete im Jahr 1936 das Wirken der Künstlergruppe. 1937 wurden drei Arbeiten des Künstlers in Duisburg als „entartet“ beschlagnahmt. Im gleichen Jahr trat Peter Stermann nochmals in die NSDAP ein, ehe er 1939 wieder austrat. Stermann orientierte sich in den folgenden Jahren, durch Vermittlung des Freundes Weidemann, mehr in Richtung Film und produzierte als Dramaturg Wochenschauen. Daneben war er als Schnittmeister für die Fox Tönende Wochenschau AG und ab 1940 für die Universum-Film AG tätig. Am 1. April 1941 wurde Stermann von seiner Mitgliedschaft in der Reichskammer der bildenden Künste befreit, weil er seine Arbeit nur noch unregelmäßig ausführte.[6]
Posthum
Am 29. April 1945 erlag Peter Stermann im zerstörten Berlin wegen mangelnder medizinischer Versorgung seiner Magenkrankheit. Die Witwe Berta Stermann nahm 1946 Kontakt mit dem Duisburger Kunstmuseum, dem heutigen Lehmbruck Museum, auf. Am 3. November 1946 fand in Duisburg eine Gedächtnisausstellung für den Künstler statt. Ein Text über Stermann, den der Journalist Carl Mandelartz in der Wochenzeitung Die Zeit publizieren wollte, wurde abgelehnt. Die Arbeiten Stermanns waren auch in den folgenden Jahren immer wieder in Duisburg präsent.
Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Künstler wurde erst 2022 als Vorbereitung für eine Werkschau im Duisburger Museum St. Laurentius in die Wege geleitet.[7] Stermann wurde als Vertreter einer „deutschen Kunst“ dargestellt, der außerdem innerhalb der staatlich kontrollierten Filmbranche an staatsstützenden Werken arbeitete. Dennoch scheint er der umfassenden Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus widerstanden zu haben.[8][9]
Werke (Auswahl)
Peter Stermann war als Maler ein Vertreter der Neuen Sachlichkeit und des Expressionismus. Aus seiner Hand stammen Ölbilder, aber auch Zeichnungen und Skizzen für Kirchenfenster. Dabei werden die Arbeiten Stermanns von einer Verschattung der Farbtöne geprägt, die die vom Expressionismus geforderte Vereinfachung der Formen erreicht und gleichzeitig die charakteristische Düsternis der Bilder des Künstlers hervorbringt. Dabei drückt sich in den Arbeiten Stermanns eine gewisse Nähe zum französischen Impressionisten Paul Cézanne aus.[10]
Als Maler
- 1921, Selbstporträt, Graphit auf Karton, 290 × 240 mm, Privatbesitz
- 1924, Selbstporträt, Öl auf Leinwand, 940 × 550 mm, Privatbesitz
- 1924, Sinnende, Öl auf Leinwand, 1300 × 750 mm, Privatbesitz
- um 1925, Abendunterhaltung (recto), Öl auf Leinwand, 1100 × 1350 mm, Privatbesitz
- um 1925, Abendunterhaltung (verso), Öl auf Leinwand, 1100 × 1350 mm, Privatbesitz
- 1926, Mutter mit Kind, Öl auf Leinwand, 1400 × 760 mm, Museum Ostwall Dortmund
- 1926, Absinthtrinkerin, Öl auf Leinwand, unklar, Privatbesitz
- 1926, Porträt August Hoff, Öl auf Leinwand, 1454 × 756 mm, Lehmbruck Museum Duisburg
- 1926, Beeck, Öl auf Leinwand, 832 × 954 mm, Lehmbruck Museum Duisburg
- 1927, Frauenporträt, Öl auf Leinwand, 1200 × 808 mm, Lehmbruck Museum Duisburg
- 1928, Damenporträt, Bleistift auf Karton, 678 × 494 mm, Lehmbruck Museum Duisburg
- um 1928, Frühlingslandschaft, Öl auf Leinwand, 620 × 730 mm, Privatbesitz
- um 1929, Meiderich Gartsträucherstraße (recto), Öl auf Leinwand, 750 × 1300 mm, Privatbesitz
- um 1929, Meiderich Gartsträucherstraße (verso), Öl auf Leinwand, 750 × 1300 mm, Privatbesitz
- 1930, Herbstlandschaft, Öl auf Leinwand, 1055 × 1097 mm, Lehmbruck Museum Duisburg
- 1930, Hände, Öl auf Leinwand, 600 × 500 mm, Privatbesitz
- 1930, Stilleben mit Farbtuben, Öl auf Leinwand, 600 × 780 mm, Neue Galerie Kaarst
- 1930, Kind in der Wiege, Öl auf Leinwand auf Spanplatte, 750 × 840 mm, Lehmbruck Museum Duisburg
- 1930, Herbstliche Stadt, Öl auf Leinwand, 480 × 630 mm, Lehmbruck Museum Duisburg
- 1931, Stilleben Obstschale mit Flasche, Öl auf Leinwand, 630 × 590 mm, Privatbesitz
- 1931, Stadtlandschaft, Graphit auf Karton, 520 × 500 mm, Privatbesitz
- 1931, Porträt Peter Mandelartz, Bleistift auf Karton, 520 × 430 mm, Privatbesitz
- 1932, Selbstporträt, Öl auf Leinwand, unklar, Privatbesitz
- 1932, Schiff am Abend, Öl auf Leinwand, unklar, Privatbesitz
- 1932, Blick aus dem Sanatorium, Graphit auf Karton, 515 × 730 mm, Privatbesitz
- 1932, Wolken über Park, Graphit auf Karton, 500 × 700 mm, Privatbesitz
- 1932, Park, Graphit auf Karton, 490 × 630 mm, Privatbesitz
- 1932, Stilleben, Bleistift auf Karton, 687 × 499 mm, Lehmbruck Museum Duisburg
- 1932, Stilleben, Bleistift auf Papier, 858 × 642 mm, Lehmbruck Museum Duisburg
- 1934, Matrosenbild, Öl auf Leinwand, unklar, Neue Galerie Kaarst
- 1934, Flugzeug vor Rhodos, Öl auf Leinwand, 750 × 950 mm, Privatbesitz
- 1934, Porträt Carl Mandelartz, Graphit auf Karton, 415 × 315 mm, Privatbesitz
- 1934, Stilleben Obstschale mit Weinflasche, Graphit auf Karton, 685 × 500 mm, Privatbesitz
- 1934, Pfeifenstilleben, Lithographie auf Karton, 455 × 515 mm, Privatbesitz
- 1935, Pistolen, Öl auf Leinwand, unklar, Privatbesitz[11]
Beim Film
- Regiebeteiligung, Die Frau ohne Herz, 1925, Stummfilm
- Drehbuch, Klar Schiff zum Gefecht. Ein Film von der deutschen Flotte, 1936, Dokumentarkurzfilm
- Regie, Männer vor Kohle, 1943, Dokumentarkurzfilm
Literatur
- Burkhard Biella: Im Zwielicht. Peter Stermann 1903–1945. Sonderausstellung vom 1. Mai bis zum 2. Oktober 2022 zum Gedenken an Margret Roos (1947-2021) im Museum St. Laurentius, Duisburg-Rheinhausen (= Schriftenreihe des Museums St. Laurentius. Bd. 9). Albula-Verlag, Duisburg 2022, ISBN 978-3-948281-04-5.
- Hans-Peter Stermann, Herbert Stermann: Peter Stermann, ein Maler mit Baerler Wurzeln. In: Jahrbuch für die linksrheinischen Ortsteile der Stadt Duisburg 15 (1999). S. 111–113.
Einzelnachweise
- ↑ Hans-Peter Stermann, Herbert Stermann: Peter Stermann, ein Maler mit Baerler Wurzeln. In: Jahrbuch für die linksrheinischen Ortsteile der Stadt Duisburg 15 (1999). S. 113.
- ↑ Burkhard Biella: Im Zwielicht. Peter Stermann 1903–1945. Sonderausstellung vom 1. Mai bis zum 2. Oktober 2022 zum Gedenken an Margret Roos (1947-2021) im Museum St. Laurentius, Duisburg-Rheinhausen (= Schriftenreihe des Museums St. Laurentius. Bd. 9). Albula-Verlag, Duisburg 2022, ISBN 978-3-948281-04-5. S. 14.
- ↑ Burkhard Biella: Im Zwielicht. Peter Stermann 1903–1945. Sonderausstellung vom 1. Mai bis zum 2. Oktober 2022 zum Gedenken an Margret Roos (1947-2021) im Museum St. Laurentius, Duisburg-Rheinhausen (= Schriftenreihe des Museums St. Laurentius. Bd. 9). Albula-Verlag, Duisburg 2022, ISBN 978-3-948281-04-5. S. 33.
- ↑ Hans-Peter Stermann, Herbert Stermann: Peter Stermann, ein Maler mit Baerler Wurzeln. In: Jahrbuch für die linksrheinischen Ortsteile der Stadt Duisburg 15 (1999). S. 111.
- ↑ Burkhard Biella: Im Zwielicht. Peter Stermann 1903–1945. Sonderausstellung vom 1. Mai bis zum 2. Oktober 2022 zum Gedenken an Margret Roos (1947-2021) im Museum St. Laurentius, Duisburg-Rheinhausen (= Schriftenreihe des Museums St. Laurentius. Bd. 9). Albula-Verlag, Duisburg 2022, ISBN 978-3-948281-04-5. S. 61.
- ↑ Burkhard Biella: Im Zwielicht. Peter Stermann 1903–1945. Sonderausstellung vom 1. Mai bis zum 2. Oktober 2022 zum Gedenken an Margret Roos (1947-2021) im Museum St. Laurentius, Duisburg-Rheinhausen (= Schriftenreihe des Museums St. Laurentius. Bd. 9). Albula-Verlag, Duisburg 2022, ISBN 978-3-948281-04-5. S. 102 f.
- ↑ Burkhard Biella: Im Zwielicht. Peter Stermann 1903–1945. Sonderausstellung vom 1. Mai bis zum 2. Oktober 2022 zum Gedenken an Margret Roos (1947-2021) im Museum St. Laurentius, Duisburg-Rheinhausen (= Schriftenreihe des Museums St. Laurentius. Bd. 9). Albula-Verlag, Duisburg 2022, ISBN 978-3-948281-04-5. S. 105–108.
- ↑ Stephan Sadowski: Peter Stermann: So lief die Vernissage in Friemersheim, WAZ (2022), abgerufen am 7. September 2025.
- ↑ Julia Müller: Peter Stermann: Rätselhafter Maler wird enthüllt, WAZ (2022), abgerufen am 7. September 2025.
- ↑ Christoph Brockhaus (Hg.): Seit Lehmbruck. Duisburger Künstlerportraits (= Duisburger Forschungen 54. Bd.). Mercator-Verlag, Duisburg 2008, ISBN 978-3-87463-407-6. S. 286.
- ↑ Burkhard Biella: Im Zwielicht. Peter Stermann 1903–1945. Sonderausstellung vom 1. Mai bis zum 2. Oktober 2022 zum Gedenken an Margret Roos (1947-2021) im Museum St. Laurentius, Duisburg-Rheinhausen (= Schriftenreihe des Museums St. Laurentius. Bd. 9). Albula-Verlag, Duisburg 2022, ISBN 978-3-948281-04-5. S. 136–180.