Peter J. W. Stadler
Peter Stadler (* 2. Juni 1945 in Remscheid) ist ein deutscher Chemiker und Biotechnologe. Er war eine der Führungspersönlichkeiten der Bio- und Gentechnik in Deutschland.[1][2][3]
Werdegang
Er studierte Chemie an der Universität Hamburg und wurde dort 1975 bei Hans Paulsen zum Dr. rer. nat. promoviert.[4] 1976 trat er in die Bayer AG ein und übernahm in Leverkusen und den USA zunächst verschiedene wissenschaftliche und organisatorische Aufgaben. Nach einem einjährigen Aufenthalt als Gastwissenschaftler an der Universität Münster bei Hans-Jürgen Rehm und am Massachusetts Institute of Technology (MIT) bei Daniel C. Wang im Jahre 1986 wurde ihm bei der Bayer AG 1987 die Leitung des Unternehmensbereichs Pharma-Biotechnologie übertragen.[3]
Er hielt von 1992 an Vorlesungen über Pharmazeutische Biotechnologie an der Technischen Fakultät der Universität Bielefeld. Dort wurde er 1996 zum Honorarprofessor ernannt.[5][6][7] Im Jahre 1997 erfolgte die Ernennung zum Mitglied der Königlichen Nationalen Spanischen Akademie der Medizin (Madrid).[8]
2001 wurde ihm die Ehrenmedaille in Titan der DECHEMA für seine Verdienste um die Weiterentwicklung der Biotechnologie in Deutschland verliehen.[9]
Ende 1997 verließ er nach 21-jähriger Tätigkeit die Bayer AG und gründete das Biotechnologie-Unternehmen Artemis Pharmaceuticals GmbH.[10][11] Die Gründungspartner dabei waren Christiane Nüsslein-Volhard, Klaus Rajewsky und die Biotechnologie-Firma Exelixis, Inc., Berkeley USA. Sie wurde von George Scangos, einem ehemaligen Bayer-Manager, geführt. Stadler übernahm die Geschäftsführung in dem neugegründeten Unternehmen.[7]
Ehrenamtliche Tätigkeiten
Stadler war einer der maßgeblichen Industrierepräsentanten für Bio- und Gentechnik und Mitgestalter der langjährigen, zunächst sehr kontroversen gesellschaftlichen Diskussion um die Gentechnik am Standort Deutschland. Im Gegensatz zur Situation in den anderen Industriestaaten wurden die Möglichkeiten für die Nutzung der Gentechnik in der Bundesrepublik damals eher pessimistisch bewertet. Deutschland drohte weltweit den Anschluss zu verlieren. Stadler wurde von der Bundesregierung sowie der Landesregierung von NRW, die nach Möglichkeiten zur Verbesserung suchten, als Berater genutzt.[12] Er hatte einen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung von Bio- und Gentechnik in der Bundesrepublik, sowohl hinsichtlich der betreffenden Innovations-Infrastruktur als auch der damals z. T. sehr kontroversen öffentlichen Meinung. Er nahm eine große Zahl von Auftritten/Interviews in Fernsehen, Rundfunk sowie in Printmedien wahr.[1] Auch war er als Experte zu öffentlichen Anhörungen von Bundestags- und Landtagsausschüssen geladen.[13][14] Thematische Schwerpunkte seiner Aktivitäten waren die Verbesserung der Innovations-Infrastruktur,[15] die Förderung des gesellschaftspolitischen Diskurses um die Gentechnik und die Diskussion der Gentechnik-bezogenen Sicherheitsaspekte.[16] Ein weiterer Schwerpunt war der Themenkreis „ethischer Umgang mit der Gentechnik“.[17] Zudem lieferte er maßgebliche Beiträge im Rahmen der Novellierung des deutschen Gentechnik-Gesetzes (GenTG).[1][18] Er thematisierte die Belastung von Hochschule und Industrie durch die aufwendigen Genehmigungsverfahren, die sich aus dem Gesetz für gentechnisches Arbeiten und entsprechende Anlagen ergaben.[19] Die im Dezember 1993 in Bundestag und Bundesrat mit den Stimmen von Regierungskoalition und SPD-Opposition beschlossene Novelle des Gentechnik-Gesetzes führte zu deutlichen Erleichterungen für die Anwendung der Gentechnik. Sie hatte daher einen entscheidenden, andauernden, positiven Einfluss auf die gesellschaftliche Akzeptanz und damit auf die Weiterentwicklung der Gentechnik in Forschung und Produktion, insbesondere im pharmazeutischen und medizinischen Bereich, in Deutschland.[20][21] Stadler half, den 1995/96 von Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers initiierten, bundesweit ausgelegten BioRegio-Wettbewerb zu beflügeln. Dieser führte zu einer deutlichen Verbesserung des Klimas für die Gründung von Biotechnologie-Firmen in Deutschland.[1][22][23][24]
Über Jahre hinweg bekleidete er eine Reihe von Ehrenämtern.
- Ehrenämter (Auswahl)
- Vorsitz des Vorstandes der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie DIB beim VCI (Frankfurt)[25]
- Mitgründer und Vorstand der VBU, Vereinigung Deutscher Biotechnologieunternehmen (Frankfurt)[26]
- Mitglied im Beirat der BioGenTec NRW[27]
- Mitglied im Vorstand von EuropaBio, European Association for Bio Industries (Brüssel)[7]
Privates
Stadler spielt Golf und ist Ehrenpräsident des „Golfclub Haan-Düsseltal“.[28]
Schriften
Herausgeber
- mit H.-J. Rehm, G. Reed und A. Pühler: „Biotechnology“, Wiley-VCH Publishing Group 1993-1995, Second Completely Revised Edition, 12-bändiges Standardwerk, ISBN 3-527-28310-2
- mit K. Dembowsky: „Novel Therapeutic Proteins“, Wiley-VCH 2001, ISBN 3-527-30270-0; https://onlinelibrary.wiley.com
- mit G. Kreysa:„Potentiale und Grenzen der Konsensfindung zu Bio- und Gentechnik“, DECHEMA, Frankfurt am Main, 1997, ISBN 3-926959-82-7, Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
- Veröffentlichungen bei Researgate abgerufen am 11. Februar 2025
Autor
- mit H. Wehlmann: „Arbeitssicherheit und Umweltschutz in Bio- und Gentechnik“, VCH Verlagsgesellschaft 1992, ISBN 3-527-30006-6
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Joachim Pietzsch: Die Angst der Deutschen vor den Genen . In: BIO Deutschland Jubiläumshandbuch, 2004 - 2014. S. 56–66 (biodeutschland.org). und (https://www.wissenswort.info >uploads>2017/03); abgerufen am 1. Februar 2025.
- ↑ Hannelore Crolly: Matador der Gentechnik. In: welt.de. 11. Dezember 2002, abgerufen am 10. März 2025.
- ↑ a b Stadler Peter J.W. Dr. Prof, Eintrag in „Who Is Who In Der Bundesrepublik Deutschland“, Ausgabe 2002, Who Is Who Verlag für Personenenzyklopädien AG, (Hübners blaues Who Is Who).
- ↑ „Synthesen Von Disacchariden Aus Dem Streptomycinbereich“, Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades des Fachbereichs Chemie an der Universität Hamburg vorgelegt von Peter Stadler.
- ↑ Nachrichten BIOforum (7-8/96), S. 286.
- ↑ Pharm. Ind. 58.Nr.5 (1996). „Peter Stadler“
- ↑ a b c „He is a Professor of Biotechnology at the University of Bielefeld“. In: marketscreener.com. Abgerufen am 9. Februar 2025.
- ↑ Personalien. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. April 1997, abgerufen am 1. Februar 2025.
- ↑ Prize Winners since 1999. In: dechema.de. Abgerufen am 1. Februar 2025 (englisch).
- ↑ Stephen D. Moore: „Upstart Firm Shows How to Slice Biotech Onto German Society“. Wall Street Journal Europe, 28. November 1997.
- ↑ Ludger Weß: „Vom Prediger zum Macher“. Buchbeitrag in „101 Köpfe Der New Economy“, Herausgeber: Financial Times Prentice Hall (2001), Deutsche Bibliothek - CIP Einheitsaufnahme.
- ↑ "Rüttgers: Spät gestartet, aber jetzt wird aufgeholt", Kölnische Rundschau (Ausgabe Leverkusen), 25. Februar 1997.
- ↑ „Anhörung der Bundestagsausschüsse für Forschung und Gesundheit am 12. Februar 1992 in Bonn“. Frankfurter Allgemeine vom 19. Februar 1992. Peter Stadler: „Stellungnahme für die Bayer AG“.
- ↑ „Öffentliche Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Gentechnik“ vor dem Bundestagsausschuss für Gesundheit in Bonn am 16. Januar 1990. Peter Stadler „Stellungnahme für die Bayer AG“; Handelsblatt 19./20. Januar 1990.
- ↑ Gastkommentar: „Die Basis für High-Tech-Forschung muss in Deutschland verbessert werden“, Peter Stadler, Welt am Sonntag, 26. Juni 1994.
- ↑ Peter Stadler. „Gewährleistung der Sicherheit bei der Gentechnik“; Sicherheitsingenieur Nr. 9/1990, S. 12–23
- ↑ Peter Stadler. „Gentechnik und ethische Verantwortung“, Pharm.Ind. 57, Nr. 9, 199, S. 701–707.
- ↑ Peter Stadler: „Die Gentechnik nicht zu Tode verwalten“, Welt am Sonntag, 18. April 1993.
- ↑ „Gentechnik in Deutschland: Belastung von Hochschule und Industrie durch Genehmigungsverfahren“; Peter Stadler in „Unternehmensführung und externe Rahmenbedingungen“. Herausgeber Schmalenbach-Gesellschaft Köln und Berlin, Schäffer Pöschel Verlag 1994, ISBN 3-7910-0763-7, Seiten 203–18.
- ↑ Anja Plowright: „Ausgangsbasis für Gentechnik ist vielversprechend“, Interview mit Peter Stadler, Die Welt vom 3. März 1997.
- ↑ Stadler, Peter J.W. (1997): „Germany: New beginnings for Biotechnology“, the FASEB Journal (Vol.11, Issue 7).
- ↑ Susanne Dohm: „Mehrheit für die Gentechnik“, Interview mit Peter Stadler, Vorwärts vom 1. November 1996.
- ↑ Hans Harald Bräutigam: „Eine Wende zum Positiven“, Interview mit Peter Stadler, DIE ZEIT vom 21. März 1997.
- ↑ Peter Stadler: „Von der Bremsspur auf die Überholspur“, Chemische Industrie, 1. Juni 1997.
- ↑ Peter Stadler neuer DIB-Vorsitzender. In: pharma-food.de. 16. Oktober 2002, abgerufen am 3. Februar 2015.
- ↑ „Gründung: Vereinigung der Deutschen Biotechnologie-Unternehmen Transkript (Zeitschrift) Nr.5, 31.Mai 1996, 2. Jahrgang“.
- ↑ Nachrichten: „Beirat der BioGenTec NRW gewählt“, BIO Forum1-2/97.
- ↑ Golfclub-Präsident Peter Stadler feiert 70. Geburtstag. In: rp-online.de. 10. Juni 2015, abgerufen am 9. März 2025.