Pertrochantäre Femurfraktur

Klassifikation nach ICD-10
S72.1 Pertrochantäre Fraktur
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Mehrfragmentäre, pertrochantäre Femurfraktur rechts

Pertrochantäre Femurfraktur oder Oberschenkelfraktur ist der medizinische Fachbegriff für einen hüftgelenknahen Knochenbruch des Oberschenkelknochens (Femur) im Bereich zwischen großem und kleinem Rollhügel (Trochanter major und Trochanter minor) und ist eine der häufigsten Knochenbrüche vor allem älterer Menschen mit einem hohen Mortalitäts- und Morbiditätsrisiko.

Vorkommen

Die Fraktur kommt meist bei älteren Menschen bei Sturz auf die entsprechende Hüfte vor, typisch sind Stürze aus dem Stand, also Niedrigenergietraumen. In Deutschland werden jährlich 70.000 Fälle erfasst, die Inzidenz beträgt 108,7 pro 100.000 Einwohnern. Zwischen 2009 und 2019 kam es zu einer Zunahme von 24 %. Frauen sind mit 71 % zu 29 % sehr viel öfter betroffen, weil sie postmenopausal eine erhöhte Inzidenz für Osteoporose haben. Und 87 % der Patienten sind über 70 jahre alt, mit mindestens zwei Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) in 82,5 %, bei 43,4 % der Patienten liegen sogar vier oder mehr Komorbiditäten vor.[1]

Bei Hochenergietraumen (z. B. Verkehrsunfällen oder Stürzen aus größerer Höhe) tritt die Fraktur selten auch bei jüngeren Personen auf. Pertrochantäre Frakturen machen etwa 45 Prozent der proximalen Femurfrakturen aus und sind somit genau so häufig wie Schenkelhalsfrakturen.[2]

Symptome

Meist bestehen schwere spontane Schmerzen mit Verstärkung der Beschwerden durch Bewegung im Bereich der betroffenen Hüftregion. Das betroffene Bein ist bei Vorliegen einer Frakturverschiebung (=Dislokation) verkürzt und/oder nach außen rotiert. Die Außenrotation und Verkürzung ist meist nicht so ausgeprägt wie beim Vorliegen einer dislozierten, medialen Schenkelhalsfraktur. Die Beweglichkeit ist meist schmerzbedingt deutlich eingeschränkt bis komplett aufgehoben. Es besteht eine Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit über dem Trochanter major. Im Bereich des proximalen (=körpernahen) Oberschenkels kann durch eine Einblutung in die Muskulatur eine ausgeprägte Schwellung entstehen.

Diagnostik

Röntgenaufnahmen des Hüftgelenkes in zwei Ebenen bestätigen die Diagnose. Bei strittigen Fällen kann eine Computertomographie (CT) durchgeführt werden.

Behandlung

Früher erfolgte die Behandlung von Oberschenkelfrakturen mit einer Streckvorrichtung (einer sog. Extension). Die damit verbundenen Komplikationen durch die lange Bettlägerigkeit wie Lungenentzündungen (Pneumonie), Thrombose und Dekubitus führten zu einer hohen Sterblichkeit.

Heute erfolgt die Versorgung chirurgisch durch eine Osteosynthese.[3] Lediglich Abrissfrakturen am Trochanter können konservativ behandelt werden (die aber keine pertrochantäre Frakturen sind).

Eine neue S3-Leitlinie zur Behandlung der pertrochantären Oberschenkelfrakturen wurde 2025 von den deutschen Fachgesellschaften unter Führung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) herausgegeben.

Demnach sollte eine Operation möglichst umgehend erfolgen und Begleiterkranungen sofort behandelt werden. Allerdings fehlt die Evidenz, um eine Versorgung binnen 24 Stunden zu fordern, auch wenn dies angestrebt werden sollte.[1]

Es kommen zur Behandlung grundsätzlich zwei gelenkerhaltende operative Verfahren in Frage:

  • Bei der intramedullären Marknagelosteosyntehse wird ein Nagel in den Oberchenkelschaft eingebracht, in dem eine schräg verlaufende Schruabe fixiert wird, die in den Schenkelhals reicht. Dies ist inzwischen das Verfahren der Wahl. Hierzu zählen der "Gammanagel", der proximale Femurnagel, der Gleitnagel oder das Proximale Femurnagelsystem (TFNA, für "Trochanteric Fixation Nail Advanced").[4] Wenn es möglich ist, wird ein kurzer Marknagel eingestezt, bei komlplexeren Frakturen, die eine bessere intramedulläre Stabilsieirung benötigen, können lange Marknägel verwendet werden. Besonders bei fehlender medialer Abstützung der Frakturfragmente am kleinen Rollhügel hat der Marknagel signifikant weniger chirurgische Kompliaktionen als eine extramaedulläre Stabilisierung. Generell und im Durchschnitt ist eine Marknagelosteosynthese mit einer kürzeren Operationszeit, einem geringerem intraoperativem Blutverlust und einer bessere postoperativen Funktion sowie einem schnelleren Wiedererlangen der Gehfähigkeit verbunden[1]
  • Bei der extramedullären Frakturstabilisierung wird kein Nagel in den Oberschenkelschaft eingebracht, sondern die Kraft aus dem Schenkelhals außen auf den Oberschenekl übertragen. Dies erfolgt mithilfe einer Plattenosyteosythese. Der Klassiker ist dabei die dynamische Hüftschraube (DHS), aber es gibt z. B. auch die perkutane Kompressionsplatte (PCCP) u. a. Dieses Verfahren ist nur dann Mittel der Wahl, wenn der Trochanter minor als mediale Abstützung nicht frakturiert ist, beziehungsweise wieder rekonstruiert werden kann. Bei nicht rekonstruierbarer medialer Abstützung sollte eine intramedulläre Osteosynthese zum Einsatz.

Eine Hüftprothese (Totalendoprothese, "TEP") sollte nur bei einer fortgeschrittenen symptomatischen Hüftgelenksarthrose verwendet werden.[2] Ob eine "Duokopfprothese" bei Patienten über 70 Jahren verwendet werden sollte, oder ob „knochenschonend“ operiert werden sollte, ist momentan Gegenstand kontroverser Diskussionen in der Fachliteratur.

Nachbehandlung

Die Operation sollte zu einer belastungsstabilen Versorgung des Oberschenkelbruchs führen, so dass direkt schmerzadaptiert vollbelastet werden kann. Dies ist in der Regel nach einer Marknagelosteosynthese der Fall. Aufgrund des hohen Morbiditätsrisiko, das bei alten Menschen mit jedem Tag Bettruhe verbunden ist, und dem rapiden Abbau der Muskelmasse sollte bereits am OP-Tag oder spätestens am Folgetag eine Mobilisierung unter Vollbelastung begonnen werden. Es sollten eine tägliche Physiotherapie und eine aktivierende Pflege erfolgen.[1]

Für die peri- und vor allem postoperative Versorgung ist bei den häufig vorliegenden zahlreichen Nebenerkrankungen (Komorbiditäten) eine enge Zusammenarbeit mit der Geriatrie erforderlich.[1]

Komplikationen

Durch den Blutverlust im Bereich des Knochenbruches kann es zu einem Blutmangel kommen, so dass Blutübertragungen notwendig werden können. Weitere mögliche Komplikationen sind Wundheilungsstörungen, Thrombosen, Pneumonien, Ausbrechen oder Ausschneiden („Cut-out“) des Osteosynthesematerials. Beim alten Menschen ist peri- und postoperativ eine bis zu sechsfach höhere Sterblichkeit im Vergleich zur gleichaltrigen Vergleichsgruppe gegeben.

Über die Hälfte der Patienten über 70 Jahre erreicht nicht mehr das vorherige Aktivitäts- bzw. Mobilitätsniveau, häufig ist auch ein selbständiges Wohnen nicht mehr möglich und oft der Wechsel in ein Altersheim notwendig. Zudem besteht ein Risiko von 11–29 %, innerhalb des ersten Jahres nach der Fraktur zu sterben, obwohl die Fraktur in der Regel gut ausheilt. Häufige Folgekomplikationen sind Harnwegsinfekte und Lungenentzündungen (Pneumonien). Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind mit 27 % der Hauptgrund für die erhöhte Sterblichkeit. Längere "Bettruhe" erhöht das Risiko für Thrombosen, Delir und Lungenentzündung[1].

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Carl Neuerburg, Anna Fuhrmann, Stefanie Deckert, Sebastian Fuchs, Susanne Mayer, Marc Maegele, Stefan Piltz, Cornelia Lützner: "EvidenT-Hip" - das Wichtigste. Aus der S3-Leitlinie Pertorchantäre Oberschenkelfrakturen. Orthopädie und Unfallchirurgie 2025, Band 15, Ausgabe 4 vom August 2025, Seiten 8–12, keine DOI
  2. a b B. Weigel, M. Nerlich: Praxisbuch Unfallchirurgie. Band 1, Springer, 2005, ISBN 3-540-41115-1.
  3. A. Ficklscherer: Basics Orthopädie und Traumatologie. 3. Auflage. Elsevier, Urban & Fischer, 2012, ISBN 978-3-437-42208-9, S. 68.
  4. TFN-ADVANCED™ Proximaler-Femurnagel-System (TFNA). In: Website von DePuy Synthes. Johnson & Johnson, 2020, abgerufen am 4. April 2023.