Palazzo Martinengo Cesaresco Novarino

Palazzo Martinengo Cesaresco Novarino
Ein Gesamtüberblick über den Palast mit Blick über die Piazza del Foro

Ein Gesamtüberblick über den Palast mit Blick über die Piazza del Foro

Daten
Ort Brescia
Bauherr Conte Cesare Martinengo Cesaresco
Baustil Renaissance
Baujahr 17. Jhd.
Koordinaten 45° 32′ 21,1″ N, 10° 13′ 31,8″ O

Der Palazzo Martinengo Cesaresco Novarino, besser bekannt als Palazzo Martinengo, ist ein Adelspalast in Brescia, der sich auf der Piazza del Foro südlich des Capitolium befindet.

Er war seit jeher der Hauptwohnsitz der Familie Martinengo. Im 20. Jahrhundert war er zunächst Sitz der Polizeibehörde von Brescia, dann wurde er von der Provinzverwaltung gekauft, restauriert und wird heute für Ausstellungen genutzt. Zudem beherbergt er einen unterirdischen archäologischen Rundweg.[1] Ein Teil des Palasts wird hingegen als Verwaltungsbüros der Provinzbehörde genutzt.

Geschichte

Die Geschichte des Palazzo Martinengo reicht bis in die frühe Eisenzeit vom 11. bis etwa zum 5. Jahrhundert v. Chr. zurück, wie die Fundstücke belegen, die den archäologischen Untergrund des Palastes bilden.[2]

In der Römerzeit war das Gebiet, auf dem heute der Palazzo Martinengo steht, ein Wohngebiet. Später wurde es zu einem Stadtgebiet und bildete so das Brixia romana. Im Mittelalter wurde es dann zugunsten von Gebieten wie der Piazza Paolo VI und der heutigen Piazza della Vittoria aufgegeben.
Der heutige Palast wurde Mitte des 17. Jahrhunderts auf den Überresten eines früheren Gebäudes aus dem 15. Jahrhundert im Auftrag von Graf Cesare IV. Martinengo Cesaresco, einem Nachkommen der gleichnamigen Adelsfamilie aus Bergamo, die im 16. Jahrhundert nach Brescia gezogen war und zahlreiche Paläste in der Gegend gekauft hatte, darunter den der Familie Gambara, erbaut.[2]

Zu Ehren des Grafen Cesare Martinengo wurde eine Marmorplatte mit der feierlichen Inschrift Domus haec / aedificata est a comite / Caesare Martinengo Cesaresco / 1663. angebracht.

Nach dem Tod des Grafen ging das Gebäude in den Besitz seiner drei Kinder Cesare, Carlo und Scilla über. Carlo I., Scilla (genannt Silla) und Enrico Martinengo. Diese teilten das Gebäude in drei Teile auf, was zu einer uneinheitlichen Modernisierung und einer immer stärkeren Aufteilung des Eigentums führte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erwarb die Provinz Brescia das Gebäude, das sie bis heute für ihre Aktivitäten nutzt.[2]

Beschreibung

Das Portal in der Via dei Musei

Der heutige Palast verfügt über zwei gleichwertige Fassaden, die jeweils zur Via Musei und zur Piazza del Foro zeigen und jeweils über ein Eingangsportal verfügen. Während der Teil an der Via Musei heute von der Provinzverwaltung von Brescia als Sitz einiger Ämter genutzt wird, dient der Teil, der auf die Piazza del Foro blickt, als Eingang zum Museum des Palasts.

Die zur Via Musei gelegene Fassade des nördlichen Teils des Palastes wurde wahrscheinlich zwischen 1680 und 1690 erbaut, um ein Problem zu beheben, das die damaligen Behörden dem von Cesare Martinengo vorgeschlagenen Erweiterungsprojekt des Gebäudes in den Weg gelegt hatten. Dort befindet sich ein großes Portal, das Stefano Carra und Carlo Carra zugeschrieben wird. Es ist durch zwei majestätische Adler gekennzeichnet, die als Atlanten anstelle von Kapitellen über den beiden Säulen angebracht sind. Diese tragen den Hauptbalkon aus Botticino-Marmor.

Betritt man das Portal und geht durch das mit Fresken verzierte Tonnengewölbe, gelangt man in einen kleinen Innenhof. In diesem befindet sich ein Brunnen aus dem 16. Jahrhundert mit einer Nische für das Becken und einer Statue des Neptun, umgeben von doppelten korinthischen Lisenen auf einem bossierten Hintergrund. Als Krönung befindet sich eine Statue aus dem 18. Jahrhundert, die Cesare Martinengo oder möglicherweise seine Tochter Scilla darstellt. Letztere erbte diesen Teil des Gebäudes nach dem Tod ihres Vaters.[2]

In diesem Bereich des Palastes befindet sich die private Kapelle des Bischofs von Famagusta, Mattia Ugoni. Er war Mitglied der Adelsfamilie Ugoni aus Brescia, die im 16. Jahrhundert Eigentümerin dieses Flügels des Palastes wurde, bevor er von Cesare IV. Martinengo Cesaresco erworben wurde. Im Inneren befanden sich Fresken von Moretto, dessen Hauptauftraggeber der Bischof war. Sie stellten die zwölf Propheten sowie Moses und den brennenden Dornbusch dar. Sie wurden im 19. Jahrhundert entfernt und befinden sich heute in der Pinacoteca Tosio Martinengo.[2]

Die von der Piazza del Foro aus sichtbare andere Fassade zeichnet sich durch einen eher unscheinbaren, strengen Stil aus, der wahrscheinlich von Cesare Martinengo gewünscht wurde, um eine Homogenität mit den Innenräumen zu gewährleisten. Diese waren ein Jahrhundert zuvor von den Familien Gambara und Ugoni gestaltet worden und waren auch nach der Renovierung im 17. Jahrhundert fast unverändert geblieben.

Der südliche Innenportikus

Die zum Platz hin gerichtete Fassade ist länger als die zur Straße hin gerichtete Fassade und verfügt über zwei fast identische Tore, die sich lediglich durch die über jedem Tor angebrachten Wappen unterscheiden. Das Tor im Norden zeigt das ursprüngliche Wappen der Familie Martinengo: einen roten Adler in der Mitte eines goldenen Schildes. Das Tor im Süden zeigt das Symbol der Martinengo Cesaresco, das dem vorherigen ähnelt, aber geviertelt ist.

Durch das südliche Portal gelangt man in den Innenhof, in dem sich drei Loggien befinden. Zwei davon wurden mit Glasfenstern und Paneelen verschlossen, nur die südliche Loggia ist offen. Der Portikus wurde 1697 von Carlo I. Martinengo erbaut, der diesen Teil des Gebäudes geerbt hatte. Später wurde er mit zahlreichen Fresken verziert. Der Weg führt zu einer Galerie, die Carlo als private Bibliothek nutzte. Der nördliche Säulengang, der Carlo I. auf der gegenüberliegenden Seite als Inspiration diente, wurde im 16. Jahrhundert von den Gambara erbaut. Er besteht aus sieben Jochen, die mit mythologischen Szenen und Friesen des „Gambero Rosso“, dem Symbol der Familie, bemalt sind.

Die große Treppe aus dem 17. Jahrhundert im östlichen Teil der Loggia führt in das Obergeschoss, das aus sieben Räumen besteht. Einer davon ist im neoklassizistischen Stil gehalten und diente wahrscheinlich im frühen 19. Jahrhundert als Treffpunkt zwischen der damaligen Besitzerin des Palastes, Marzia Martinengo, und dem Poeten Ugo Foscolo.[2] Im Norden des Palasts befindet sich eine weitere große Treppe aus dem 18. Jahrhundert, die mit zahlreichen Fresken verziert ist, die sich mit der Familie Martinengo befass

Archäologischer Rundgang

Im Untergeschoss des Palasts wurde 1998 eine Ausstellung der seit 1989 durchgeführten archäologischen Ausgrabungen eröffnet. Sie erstreckt sich über fünf Räume und bietet dank der außergewöhnlichen Stratigraphie unter dem Gebäude ein vollständiges Bild der Stadtgeschichte von der Vorgeschichte bis zur Gegenwart, natürlich einschließlich der Römerzeit, die das gesamte Gebiet archäologisch prägt.

Die Ausgrabungen werden von einem Ausstellungsraum mit Dokumenten und Funden begleitet, die während der Arbeiten zutage traten. Außerdem gibt es Räume für Kunstausstellungen, die ständig im Inneren des Palastes stattfinden.

Ausstellungen im Palazzo Martinengo

Über den Zugang vom Garten in der Via dei Musei 30 gelangt man zu den Räumen für Wechselausstellungen. In diesen fanden seit den 1990er Jahren zahlreiche Ausstellungen statt, darunter die Retrospektive über den Pianisten Arturo Benedetti Michelangeli (1996), die Zyklen über die Impressionisten und die europäische Malerei (2001 und 2002), die Retrospektive über den Maler Angelo Inganni (1998), die Installationen der Gruppe GAC – Giovane Arte Contemporanea (2007 und 2012) sowie die Ausstellungen über die Felskunst des Val Camonica (2009) und den Starkult in der Oper. Von 1996 bis 2006 wurden die Aktivitäten des Palazzo Martinengo im Auftrag der Provinz Brescia vom Verein „Brescia Mostre Grandi Eventi“ organisiert, von 2006 bis 2011 von der Einrichtung „Palazzo Martinengo“ und seit 2011 von der „Fondazione Provincia di Brescia Eventi“. Zu den bedeutendsten Ausstellungen, die im Palazzo stattfanden, zählen:

  • Lotto, Romanino, Moretto, Ceruti. Die Meister der Malerei in Brescia und Bergamo, 21. Januar bis zum 11. Juni 2023.[3]
  • Die Pracht Venedigs: Canaletto, Bellotto, Guardi und die Vedutenmaler des 19. Jahrhunderts, 23. Januar bis zum 12. Juni 2016.[4]
  • Simone Butti Musica delle forme kuratiert von Paolo Bolpagni, 13. Oktober bis 11. November 2012.
  • Misure d'infinito. GAC – Giovane Arte Contemporanea. Camilla Franzoni, Stefano Crespi, Liuba Gabriele, Anna-Riikka Emilia Leppala, Fabiana Zanola kuratiert von Paolo Bolpagni, kuratiert von Paolo Bolpagni, 30. August bis 30. September 2012.
  • Das Tal der Gravuren kuratiert von Raffaella Poggiani Keller, 21. März bis 10. Mai 2009-
  • Giuliano Prati 1931–2003 kuratiert von Gabriele Archetti, 31. Januar bis 8. März 2009.
  • Vittorio Botticini 1909–1978. Die Rhythmen der Farbe, kuratiert von Elena Pontiggia, 7. Dezember 2008 bis 18. Januar 2009.
  • Foibe/Exodus – eine verleugnete Geschichte, kuratiert von Roberto Chiarini, 10. Februar bis 9. März 2008.
  • In Polvere. GAC – Giovane Arte Contemporanea. Silvia Cascio, Piero Galli, Emiliano Guarneri, Vittorio Bedogna, Silvia Beltrami, Davide Dattola, Stefano Crespi, Anna-Riikka Emilia Leppala, Fabrizio Odori, Fabiana Zanola, Francesco Cancarini, Angelo Guerrini, Elena Bernini, Caterina Noci, kuratiert von Paolo Bolpagni, 22. September bis 21. Oktober 2007.
  • Die Welt der Figuren. Puppen und Marionetten der Tradition der Poebene, kuratiert von Luigi Allegri, 25. März bis 27. Mai 2007.
  • Adolfo Wildt und seine Schüler kuratiert von Elena Pontiggia, 2001.
  • Der unschuldige Blick. Kunst, Kindheit und das 20. Jahrhundert, 12. Mai bis zum 5. November 2000.
  • Von Pont-Aven bis Nabis. Die Jahreszeiten des französischen Symbolismus. Denis, Sérusier, Gaugin, Vallotton und andere kuratiert von Agnès Delannoy, 23. Juli bis zum 21. November 1999.
  • Arturo Tosi. Natur und Emotion, 24. April bis 13. Juli 1999.
  • Impressionisten von Corot bis Renoir kuratiert von Claude Pétry und Gilles Genty, 4. Dezember 1998 bis 18. April 1999.
  • Von Boccioni bis Sironi. Die Welt von Margherita Sarfatti kuratiert von Elena Pontiggia, 1997.
  • Cagnaccio di San Pietro. Die Magie des Blicks kuratiert von Claudia Gian Ferrari, 23. März bis 15. Juni 1997.
  • Arturo Benedetti Michelangeli. Der Schoß des Klangs kuratiert von Antonio Sabatucci, 5. Mai bis 5. September 1996.

Einzelnachweise

  1. Scavi Archeologici di Palazzo Martinengo Cesaresco. Museoitalia, abgerufen am 30. August 2025 (italienisch).
  2. a b c d e f La storia di Palazzo Martinengo. In: beniculturalionline.it. Abgerufen am 22. August 2025 (italienisch).
  3. Mostra Lotto, Romanino, Moretto, Ceruti. Associazione Amici di Palazzo Martinengo, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 30. Mai 2023; abgerufen am 30. August 2025 (italienisch).
  4. Mostra Lo Splendore di Venezia. Associazione Amici di Palazzo Martinengo, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. April 2016; abgerufen am 30. August 2025 (italienisch).

Literatur

  • Antonio Fappani: MARTINENGO CESARESCO. In: Fondazione Civiltà Bresciana O.n.l.u.s. (Hrsg.): Enciclopedia bresciana. Band 8. Brescia 1991 (italienisch, enciclopediabresciana.it).
  • Fausto Lechi: 5: Il Seicento. In: Le dimore bresciane in cinque secoli di storia. Band V. Edizioni di Storia bresciana, Brescia 1976, S. 210–216 (italienisch).
  • Giuseppe Merlo: Novità documentarie per «la fabrica dell’ill.mo signor Conte Cesare Martinengo» al Novarino. In: Civiltà Bresciana. Nr. 1-2. Brescia Juni 2012, S. 205–214 (italienisch).
  • Paolo Guerrini: Una celebre famiglia lombarda: i conti di Martinengo: studi e ricerche genealogiche. Tipo-litografia F.lli Geroldi, Brescia 1930, I Martinengo della Mottella, S. 511–521 (italienisch).
  • Luigi Francesco Fè d'Ostiani: Storia, tradizione e arte nelle vie di Brescia. Hrsg.: Paolo Guerrini. Figli di Maria Immacolata, Brescia 1927, S. 508–509 (italienisch).
  • Francesco De Leonardis (Hrsg.): Guida di Brescia, La storia, l'arte, il volto della città. Grafo, Brescia 2018, ISBN 978-88-7385-991-8 (italienisch).