Pädagogische Hochschule Berlin
Die Pädagogische Hochschule Berlin (kurz PH Berlin) war von 1948 bis 1980 eine Pädagogische Hochschule in West-Berlin.
Geschichte
Die Pädagogische Hochschule wurde 1946 auf Betreiben Berliner Bildungspolitiker aller Parteien und mit Hilfe der „kooperierenden vier Besatzungsmächte“[1] zunächst als „Pädagogische Hochschule von Groß-Berlin“ für alle vier Sektoren Berlins gegründet und stand unter der Leitung von Wilhelm Blume. Infolge des Kalten Kriegs, der Währungsreform und der Berlin-Blockade spaltete sie sich in eine westliche und eine östliche Institution auf; am 6. Dezember 1948 zog die eine Hälfte der Hochschule von Berlin-Mitte im sowjetischen Sektor nach Berlin-Lankwitz im amerikanischen Sektor um.[2] Daraufhin trat Blume als Direktor zurück. Ihm folgte ab 1949 Wilhelm Richter[3] als Direktor der West-Berliner „Pädagogischen Hochschule Berlin“. In Ost-Berlin ging die Lehrerbildung zuerst auf die Humboldt-Universität zu Berlin über, dann ab 1951 teilweise auf die Pädagogische Hochschule Potsdam.
Richter wirkte auf den weiteren Ausbau der Pädagogischen Hochschule zu einer wissenschaftlichen Hochschule hin. Diese Bemühungen führten zum „Gesetz über die Pädagogische Hochschule Berlin“ vom 13. November 1958. Durch dieses Gesetz, das am 1. Januar 1959 in Kraft trat, wurde die Pädagogische Hochschule als Wissenschaftliche Hochschule mit dem Recht zur Akademischen Selbstverwaltung anerkannt und erhielt eine Rektoratsverfassung.[4] Während der Amtszeit von Rektor Adolf Schwarzlose wurde „das auf die Anregung Paul Heimanns zurückgehende […] Didaktikum“ als obligatorisches Studiensemester zur Unterrichtsübung, didaktischen Analyse und wissenschaftlichen Durchdringung der Unterrichtspraxis institutionalisiert.[5]
Unter der Leitung des Rektors Walter Heistermann (ab 1969) erlangte die Hochschule in einigen Bereichen das Promotions- (1975) und Habilitationsrecht. 1970 trat sie der Westdeutschen Rektorenkonferenz (WRK) bei, in der sie ab 1975 volles Stimmrecht besaß.[6]
Die ab 1970 stark steigende Zahl von Studierenden führte zu einem hohen Finanzbedarf. Mit einem Zuschussbedarf von 38.667.000 DM lag der Etat der Hochschule 1979 an der Spitze aller Pädagogischen Hochschulen in Deutschland.[7]
Die Hochschule befand sich an der heutigen Malteserstraße (bis 1960 Marienfelder Straße)[8] in Berlin-Lankwitz; der dortige Campus wird heute von der Freien Universität genutzt.
1980 wurde die PH Berlin aufgelöst. Die einzelnen Fachbereiche wurden auf die Freie Universität Berlin, die Technische Universität Berlin sowie die Hochschule der Künste Berlin aufgeteilt; letztere ging später in der Universität der Künste Berlin auf. Die Bibliothek der Hochschule bildete die Hauptprovenienz der Bereichsbibliothek Erziehungswissenschaft, Fachdidaktik und Psychologie[9] der FU Berlin, deren Bestand 2015 wiederum in die Campusbibliothek Natur-, Kultur- und Bildungswissenschaften, Mathematik, Informatik und Psychologie überführt wurde. In der Malteserstraße 74–100 befindet sich die Shaul-B.-und-Hilde-Robinsohn-Bibliothek, kurz Robinsohn-Bibliothek, die insbesondere die Schriften von Saul B. Robinsohn erhält, pflegt und verbreitet.[10]
Rektoren
- Wilhelm Blume 1946–1948
- Ernst Lindenborn (komm.) 1948–1949
- Wilhelm Richter 1949–1959[11]
- Walter Heistermann 1959
- Adolf Schwarzlose 1960–1962
- Herbert Meschkowski 1962–1964
- Herbert Michaelis 1964–1968
- Günter Hartfiel 1968–1969
- Walter Heistermann 1969–1980[12]
Hochschullehrer
siehe Kategorie:Hochschullehrer (Pädagogische Hochschule Berlin)
Bekannte Absolventen
- Elfi Jantzen (* 1954), Politikerin Bündnis 90/Die Grünen
- Olaf-Axel Burow (* 1951), Pädagoge, Professor für Allgemeine Pädagogik
- Manfred Günther (* 1948), Schulpsychologe und Sozialarbeitswissenschaftler
- Reinhard Stollreiter (* 1936), Chorleiter, UdK-Hochschullehrer
- Jürgen Stroech (1930–2023), Bibliothekar und Historiker
- Wolfgang Heinrich (1928–2020). Maler und Grafiker
Literatur
- Dietrich Goldschmidt: Wilhelm Richter. In: Benno Schmoldt (Hrsg.): Pädagogen in Berlin. Auswahl von Biographien zwischen Aufklärung und Gegenwart. Schneider-Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler 1991, ISBN 3-87116-692-8 (= Materialien und Studien zur Geschichte der Berliner Schule, Band 9).
- Michael-Sören Schuppan: 30 Jahre Pädagogische Hochschule Berlin. Reden, Aufsätze und bildungspolitische Stellungnahmen ihrer Rektoren seit 1946. Herausgegeben vom Rektor der Pädagogischen Hochschule Berlin. Berlin 1978, ISBN 3-921619-02-5.
- Gerd Heinrich (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte der Pädagogischen Hochschule Berlin. Colloquium-Verlag, Berlin 1980, ISBN 3-7678-0498-0 (= Abhandlungen aus der Pädagogischen Hochschule Berlin, Band 6).
- Walter Heistermann (Hrsg.): Aus Erziehungs-, Sozial und Geisteswissenschaften. Colloquium Verlag, Berlin 1974, ISBN 3-7678-0371-2 (= Abhandlungen aus der Pädagogischen Hochschule Berlin, Band 1).
- Walter Heistermann (Hrsg.): Spätlese aus Forschung und Lehre einer aufgelösten Hochschule. Colloquium Verlag, Berlin 1980. ISBN 3-7678-0499-9 (= Abhandlungen aus der Pädagogischen Hochschule Berlin, Band 7).
- Michael-Sören Schuppan: Berliner Lehrerbildung nach dem Zweiten Weltkrieg. Die pädagogische Hochschule im bildungspolitischen Kräftespiel unter den Bedingungen der Vier-Mächte-Stadt (1945–1958). Lang, Frankfurt am Main u. w. 1990, ISBN 3-631-47745-7 (zugleich Diss. FU Berlin; = Europäische Hochschulschriften. Reihe 11, Pädagogik. Band 403)..
Einzelnachweise
- ↑ G. Heinrich (Hrsg.): Beiträge zur […]. S. 6 f.
- ↑ G. Heinrich (Hrsg.): Beiträge zur […]. S. 19 f., 39, 74.
- ↑ Dietrich Goldschmidt: Wilhelm Richter. In: Benno Schmoldt (Hrsg.): Pädagogen in Berlin. Schneider, 1991, S. 332 f.
- ↑ Wolfgang Ribbe: Berlin als Standort historischer Forschung. In: Reimer Hansen / Wolfgang Ribbe (Hrsg.): Geschichtswissenschaft in Berlin im 19. und 20. Jahrhundert. Persönlichkeiten und Institutionen. Walter de Gruyter, Berlin 1992, ISBN 3-11-012841-1, S. 46–88, hier S. 87.
- ↑ G. Heinrich (Hrsg.): Beiträge zur […]. S. 147 f.; vgl. dazu auch Goldschmidt, S. 332.
- ↑ G. Heinrich (Hrsg.): Beiträge zur […]. S. 49 und 53.
- ↑ Michael-Sören Schuppan: Zeittafel 1964-1979. In: G. Heinrich (Hrsg.): Beiträge zur […]. S. 52–56
- ↑ Malteserstraße. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
- ↑ Bereichsbibliothek Erziehungswissenschaft, Fachdidaktik und Psychologie auf den Webseiten der FU Berlin. Abgerufen am 24. April 2012.
- ↑ Shaul und Hilde Robinsohn Stiftung ( vom 27. Juli 2012 im Internet Archive) nebst Shaul-B.-und-Hilde-Robinsohn-Bibliothek auf den Webseiten der FU Berlin. Abgerufen am 24. April 2012.
- ↑ Lebenslauf Wilhelm Richter ( vom 4. März 2016 im Internet Archive) (Landesarchiv Berlin)
- ↑ G. Heinrich (Hrsg.): Beiträge zur […]. S. 57.
Koordinaten: 52° 25′ 35,3″ N, 13° 21′ 27″ O